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Der Brand der Pfarrkirche zu Biberach.

Am Sonntag, den 10. Mai 1584 schlug nachts zwischen 11 und 12 Uhr der Blitz in den Turm der Pfarrkirche. Der Dachstuhl stand bald in hellen Flammen, und da man nicht imstande war, dem Feuer, wegen der Höhe des Turmes, beizukommen, brannte der Turm und ein Teil der Kirche nieder; die Glocken, die Turmuhr und die neue Orgel gingen zugrunde. Von dem herabfallenden Gebälk wurde die dicht nebenan stehende Stadtkanzlei entzündet, die bis auf den Grund niederbrannte; dabei gingen viele wertvolle Urkunden verloren. Dreißig Menschen wurden verletzt und vier getötet, darunter eine Braut, die beim Retten in der Stadtkanzlei behilflich war und am andern Tag Hochzeit halten wollte. Der Brand war schrecklich anzusehen, hoch zum Himmel hinauf schlugen die Flammen, und unten standen die Menschen und konnten nicht helfen. Der starke Wind jagte die Flammen bis zur Bleiche, wo nur der starke Regen es verhinderte, daß das viele Tuch, das dort lag, nicht in Brand geriet. Der niedergebrannte Turm war ein herrliches Bauwerk, das auch Kaiser Maximilian I. bei seinem Besuch mit Interesse bewundert hatte. Er hatte 5 Spitzen, die mittlere Spitze ragte hoch über die anderen empor und trug auf den vier Ecken wieder vier kleine Türmchen, so daß der ganze Turm mit neun Knöpfen verziert war. Der jetzige einfache Turm, 69 1/3 Meter hoch, ist von Baumeister Allgöwer wieder aufgebaut worden. Als der Knopf aufgesetzt wurde, wurde es einem Gesellen schwindlig. Er rief: »Meister, o mir wird schwarz vor den Augen,« und stürzte hinab auf den Platz vor der Hauptwache, wo er gräßlich zerschmettert liegen blieb. An der Stelle wurde ein Kreuz von roten Ziegeln in das Pflaster gesetzt. Zur Erbauung des Turmes, der Uhr, der Glocken und der Orgel, sowie zur Herstellung des Schiffes trugen Evangelische und Katholiken in gleicher Weise bei, wie die Pfarrkirche heute noch paritätisch ist.

 

Nach Georg Luz, Beiträge zur Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Biberach von A. K.


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