Emile Zola
Ein Blatt Liebe
Emile Zola

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6

Nach der Suppe sagte Helene an ihrem heutigen Dienstag:

»Welch ein Regenguß! Hören Sie? Meine armen Freunde! Sie werden heute abend gut eingeweicht.«

»Oh! ein paar Tropfen!« sprach der Abbé leise, dessen Soutane schon bis auf die Schultern durchnäßt war.

»Ich habe einen guten Schritt,« meinte Herr Rambaud, »aber ich bin trotzdem meinen Schlendrian gegangen; ich liebe so ein Wetter ... Übrigens hat man ja auch seinen Schirm.«

Jeanne überlegte, den ernsten Blick auf ihren letzten Löffel mit Makkaroni gerichtet.

»Rosalie meinte, Sie würden nicht kommen, wegen des schlechten Wetters. Mama aber sagt, Sie würden schon kommen ... Oh! Sie sind nett, Sie kommen immer.«

Man lächelte bei Tisch. Helene nickte den beiden Brüdern zärtlich zu. Draußen klatschte der Regen mit dumpfem Prasseln, und plötzliche Windstöße rüttelten an den Fensterläden. Der Winter schien gekommen. Rosalie hatte die roten Ripsgardinen zugezogen; das kleine wohlverwahrte Eßzimmer, vom matten Scheine der weißen Hängelampe erhellt, gewann inmitten des stürmischen Wetters draußen eine süße vertrauliche Heimeligkeit. Und in diesem Frieden plauderten die vier, ohne sich zu beeilen, ruhig der freundlichen Dienste der Köchin wartend.

»Ach! Sie haben gewartet! Um so schlimmer,« meinte vertraulich Rosalie, als sie mit einer Schüssel eintrat. »Es sind Rostbratenscheiben für Herrn Rambaud, und so etwas muß doch bis zuletzt aufgespart werden.«

Herr Rambaud gab sich als Feinschmecker aus, um Jeanne zu amüsieren, auch Rosalie zuliebe, die auf ihr Kochtalent sehr stolz war. Er wandte sich nach ihr um und fragte:

»Ei, ei, was haben Sie heute wieder gemacht? Sie bringen immer Überraschungen, wenn ich keinen Hunger habe ...«

»Oh! Drei Gänge gibt's wie immer, nicht mehr ... Nach den Rostbratenschnitten sollen Sie einen Hammelrücken und Brüsseler Sprossenkohl haben ...«

Aber Herr Rambaud sah Jeanne blinzelnd an. Das Kind lachte sich ins Fäustchen und schüttelte den Kopf, als ob es sagen wollte: Die Köchin lügt. Dann schnalzte sie zweifelnd mit der Zunge, und Rosalie fing an, ärgerlich zu werden.

»Sie glauben mir nicht, weil das Fräulein wieder einmal lacht! Nun! Sie werden ja sehen, wer recht hat! Essen Sie, essen Sie von dem, was Sie haben, und warten Sie nicht auf Dinge, die vielleicht nie kommen werden.«

Als die Köchin gegangen war, fühlte Jeanne, noch immer lachend, lebhafte Neigung zu sprechen.

»Du bist doch ein rechter Feinschmecker,« sagte sie, »ich bin in der Küche gewesen ...«

Aber sie unterbrach sich.

»Oh, nicht doch! Man darf es ihm nicht sagen, nicht wahr, Mama? Es ist nichts, durchaus nichts mehr da. Ich habe bloß gelacht, um dich zum besten zu haben.«

Diese Szene wiederholte sich alle Dienstage und hatte immer den gleichen Erfolg. Helene war gerührt von der Leutseligkeit, mit der Herr Rambaud diese Scherze aufnahm, denn sie wußte nicht, daß er lange mit provenzalischer Genügsamkeit von Fisch und einem halben Dutzend Oliven gelebt hatte. Was den Abbé Jouve anging, so wußte er niemals, was er aß; man hänselte ihn oft mit seiner Unwissenheit und Vergeßlichkeit. Heute war der Abbé übrigens zerstreuter als sonst; er aß mit der Hast eines Menschen, den die Tafel langweilt und der bei sich zu Hause im Stehen das Essen zu sich nimmt. Dann wartete er geistesabwesend, bis die anderen fertig waren, und antwortete bloß mit einem Lächeln. Alle Minuten warf er auf seinen Bruder einen Blick, in dem Ermutigung und Unruhe zugleich lagen. Herr Rambaud schien ebenfalls seine übliche Ruhe verloren zu haben, aber seine Verlegenheit verriet sich durch ein Bedürfnis zu sprechen und auf seinem Stuhl herumzurücken. Im Eßzimmer war es zum Ersticken heiß. Helene fühlte, daß die Stimmung nicht die gleiche war, vielmehr zwischen den beiden Brüdern etwas vorging, was sie nicht sagten. Sie sah sie aufmerksam an, dann sagte sie leise:

»Herrgott! Ein furchtbarer Regen! – Nicht wahr? Das stört Sie? Sie scheinen bedrückt zu sein!«

Aber sie verneinten und bemühten sich beide, sie zu beruhigen. Und als Rosalie mit einer ungeheuren Schüssel kam, rief Herr Rambaud, um seine Erregung zu verbergen:

»Was hab ich gesagt? Noch eine Überraschung!«

Die Überraschung bestand heute in Vanillencreme, einem der Triumphe von Rosaliens Kochkunst. Oh! das breite, stumme Lachen, mit welchem sie die Schüssel auf den Tisch setzte! Jeanne klatschte in die Händchen:

»Ich wußte's! ich wußte's! Ich hatte die Eier in der Küche gesehen.«

»Aber ich habe keinen Hunger mehr!« rief Herr Rambaud verzweifelt. »Es ist mir nicht möglich, auch nur noch einen Bissen herunterzubringen.«

Da wurde Rosalie energisch.

»Wie! Eine Cremespeise, die ich extra für Sie gemacht habe! – Nun! versuchen Sie doch! – versuchen Sie!«

Er ergab sich und nahm ein großes Stück. Der Abbé blieb zerstreut. Er drehte seine Serviette und erhob sich, bevor noch das Dessert abgedeckt war. Eine Weile ging er, den Kopf auf die Schulter geneigt, umher. Als dann auch Helene von der Tafel aufstand, warf er Herrn Rambaud einen Blick des Einverständnisses zu und führte die junge Frau ins Schlafzimmer. Durch die offen gelassene Tür vernahm man alsbald ihre leisen Stimmen.

Der Abbé war im Grunde des Zimmers im hellen Schatten stehengeblieben. Helene hatte ihren gewohnten Platz am Fenster wieder eingenommen, und da sie sich dienstags vor ihren Freunden nicht genierte, arbeitete sie. Man sah nur ihre blassen Hände, die ein Kinderhäubchen nähten, unter dem runden Fleck lebhafter Helligkeit.

»Macht Ihnen Jeanne keine Sorge mehr?« fragte der Abbé.

Sie hob aufmerksam den Kopf.

»Doktor Deberle scheint zufrieden zu sein,« meinte sie. »Aber das arme Ding ist noch sehr nervös. Gestern hab ich sie bewußtlos auf dem Stuhle gefunden.«

»Das Kind hat nicht genügend Bewegung,« erwiderte der Priester. »Sie schließen sie zu viel ab, Sie führen eben kein Leben wie andere Leute!«

Er schwieg. Es trat eine Pause ein. Ohne Zweifel hatte er den Ton der Überzeugung gefunden, den er suchte. Im Augenblick des Sprechens sammelte er sich, nahm einen Stuhl, setzte sich neben Helene und sagte:

»Hören Sie, meine teure Tochter, ich wünsche schon seit einiger Zeit einmal ernstlich mit Ihnen zu reden. Das Leben, das Sie hier führen, ist nicht gut. In Ihrem Alter soll man sich nicht abschließen, wie Sie es tun. Dieser Verzicht ist gleich schlimm für Ihr Kind wie für Sie. Es gibt tausenderlei Gefahren für die Gesundheit, auch Gefahren anderer Natur ...«

Helene hätte erstaunt aufgesehen.

»Was wollen Sie damit sagen, lieber Freund?«

»Du mein Gott, ich kenne die Welt wenig,« fuhr der Priester mit leichter Verlegenheit fort, »aber ich weiß doch, daß eine Frau sehr gefährdet ist, wenn sie ohne Schutz bleibt. Kurz und gut: Sie sind zu allein, und diese Einsamkeit, in die Sie sich vergraben, ist nicht gesund, glauben Sie es mir! Es wird, es muß ein Tag kommen, an welchem Sie davon Kummer haben werden ...«

»Aber ich klage doch nicht, ich fühle mich doch ganz wohl, so wie ich bin!« rief Helene lebhaft.

Der alte Priester schüttelte seinen großen Kopf.

»Gewiß, alles schön und gut. Sie fühlen sich vollkommen glücklich, ich verstehe das. Bloß weiß man auf diesem abschüssigen Pfade der Einsamkeit und Träumerei nicht, wohin man geht ... Oh! Ich kenne Sie, Sie sind unfähig, Böses zu tun ... Aber Sie könnten doch am Ende früher oder später Ihre Seelenruhe verlieren ... Eines Morgens würde es zu spät sein; der Platz, den Sie um sich und in sich leer lassen, würde von irgendeiner schmerzvollen uneingestandenen Empfindung besetzt sein.«

Im Schatten war in Helenes Antlitz die Röte gestiegen. Der Abbé hatte in ihrem Herzen gelesen? Kannte er die Verwirrung, die in ihr aufkeimte? Jene innere Erregung, die ihr Leben erfüllte und die sie selbst bisher nicht hatte wahrhaben wollen? Die Arbeit entfiel ihren Händen. Eine Weichheit ergriff sie, sie erwartete vom Priester fromme Stimmung, die ihr endlich gestatten sollte, laut jene unbestimmten Dinge zu gestehen und zu schildern, die sie im Grunde ihres Seins zurück dämmte. Da er alles wußte, mochte er fragen, sie wollte versuchen, zu antworten.

»Ich gebe mich in Ihre Hände, mein Freund,« flüsterte sie. »Sie wissen doch, daß ich auf Ihr Wort immer gehört habe.«

Da bewahrte der Priester einen Augenblick das Stillschweigen der Sammlung. Dann sagte er schwer und ernst:

»Meine Tochter! Sie müssen wieder heiraten.«

Helene blieb stumm, die Hände übereinander geschlagen, sitzen in der Bestürzung, in die ein solcher Rat sie brachte. Sie hatte andere Worte erwartet, begriff nicht mehr. Der Abbé setzte ihr die Gründe auseinander, die für eine Wiederverheiratung sprechen mußten.

»Denken Sie doch, Sie sind noch jung... Sie können nicht länger in diesem abgelegenen Winkel von Paris bleiben; Sie wagen ja kaum auszugehen. Sie müssen beide in das gesellige Leben zurück, wenn Sie nicht später einmal Ihre Vereinsamung bitter bereuen wollen. Sie selbst merken die langsame Arbeit dieser Abgeschlossenheit nicht, aber Ihre Freunde sehen Ihre Blässe und machen sich Gedanken.«

Der Priester hielt bei jedem Satze in der Hoffnung ein, daß sie ihn unterbrechen und seinen Vorschlag erörtern würde. Aber Helene blieb kalt, wie zu Eis verwandelt.

»Ohne Zweifel, Sie haben ein Kind. Das ist immer ein wenig schwierig. Sagen Sie mir, ob nicht im Interesse Jeannes die feste Hand eines Mannes hier von Nutzen sein würde ... Oh! Ich weiß, man müßte jemanden von vollkommener Güte finden, der ein wahrer Vater wäre ...«

Helene ließ ihn nicht zu Ende reden. Mit brüsker Abweisung sagte sie rauh:

»Nein, nein! ich will nicht ... Was für einen Rat geben Sie mir da, mein Freund! Niemals, verstehen Sie, niemals!«

Ihr Herz empörte sich – sie war selbst von der Heftigkeit ihrer Weigerung erschreckt. Sie empfand die Scham einer Frau, die ihr letztes Gewand niedergleiten fühlt.

Unter dem forschend lächelnden Blick des alten Seelsorgers wehrte sie sich:

»Aber ich will nicht! Ich liebe niemand!«

Und als er sie noch immer ansah, glaubte sie, daß er die Lüge auf ihrem Gesichte lesen könne. Sie stammelte errötend:

»Denken Sie doch, vor kaum vierzehn Tagen erst habe ich die Trauer abgelegt ... Nein, das ist nicht möglich.«

»Meine Tochter,« sprach ruhig der Priester, »ich habe lange überlegt, bevor ich jetzt spreche. Ich glaube, daß Ihr Glück da ist ... Beruhigen Sie sich! Sie werden niemals gegen Ihren Willen handeln.«

Die Unterhaltung stockte. Helene versuchte die Widerworte, die sich ihr auf die Lippen drängten, zu unterdrücken. Sie nahm ihre Arbeit wieder auf, machte mit gesenktem Kopf einige Stiche, und inmitten des Schweigens hörte man Jeannes Flötenstimme vom Eßzimmer her: »Ach, lieber Freund, mach mir doch ein Pferd, das ich vor den Wagen spannen kann.«

Herr Rambaud machte dem Kinde oft die Freude, Figuren aus Papier zu schneiden.

»Mein liebes Kind!« antwortete er, »Pferde sind schwer zu schneiden. Aber wenn du willst, will ich dir zeigen, wie man einen Wagen schneidet.«

Damit war das Spiel in der Regel zu Ende. Jeanne schaute aufmerksam ihrem Freunde zu, der jetzt das Papier in eine Menge kleiner Vierecke faltete. Dann versuchte Jeanne es selbst, aber sie machte Fehler und stampfte mit dem Füßchen auf. Doch verstand sie schon, Kähne und Bischofsmützen zu falten.

»Du siehst doch,« belehrte Herr Rambaud geduldig, »zuerst vier Ecken wie diese da, dann biegst du um...«

Seit einer Weile mußte er einiges von den in dem Nachbarzimmer gewechselten Worten erhascht haben, seine Hände zitterten stärker, und er begann zu stottern.

Helene, die sich nicht beruhigen konnte, nahm das Thema wieder auf.

»Mich wieder verheiraten, und mit wem?« fragte sie plötzlich den Priester und legte ihre Arbeit wieder auf das Nähtischchen. »Sie haben wohl gar jemand im Auge?«

Abbé Jouve war aufgestanden und schritt langsam auf und nieder. Er nickte.

»Nun! so nennen Sie mir doch einmal den Namen,« entfuhr es Helene.

Einen Augenblick blieb er vor ihr stehen. Dann zuckte er leicht mit den Achseln:

»Wozu das? wenn Sie doch nein sagen.«

»Immerhin will ich es wissen! Wie könnte ich mich sonst überhaupt entschließen?« Jouve antwortete nicht sogleich. Ein trauriges Lächeln legte sich auf seine Lippen, und resigniert sagte er schließlich:

»Wie! Sie haben es nicht erraten?«

Nein, Helene erriet es nicht. Sie suchte und wunderte sich. Da deutete er mit einer Kopfbewegung zum Eßzimmer.

»Er?« rief sie, überrascht die Stimme dämpfend.

Helene sträubte sich nicht mehr. Auf ihrem Gesicht blieben nur Erstaunen und Kummer. Lange blieb sie träumerisch, mit niedergeschlagenen Augen sitzen. Gewiß, sie hätte nicht auf ihn geraten, und doch fand sie keinen Einwand. Herr Rambaud war der einzige Mann, in dessen Hand sie die ihre vertrauensvoll gelegt haben würde. Sie kannte seine Güte und lachte nicht über seine kleinbürgerliche Unbeholfenheit. Aber trotz aller freundschaftlichen Zuneigung ließ sie der Gedanke an das Geliebtwerden völlig kalt.

Als der Abbé, der seinen Weg von einem Zimmerende zum andern wieder aufgenommen hatte, am Eßzimmer vorbeikam, rief er Helene leise an.

»Da! sehen Sie!«

Herr Rambaud hatte Jeanne auf seinen Stuhl gehoben. Er war, erst gegen den Tisch gestützt, im Spiele allmählich bis zu den Füßen des kleinen Mädchens geglitten. Er kniete jetzt vor ihr und umschlang sie mit seinen Armen. Auf dem Tische stand ein Wagen, aus Papier geschnitten, dazu Kähne, Kästen und Bischofsmützen.

»Also liebst du mich wirklich?« fragte er immer wieder. »Sag, daß du mich wirklich liebst.«

»Ja doch, ich liebe dich wirklich und wahrhaftig. Du weißt es doch.«

Der starke Mann zitterte, als ob er eine Liebeserklärung zu fürchten hätte.

»Und wenn ich dich fragte, ob ich immer hier bei dir bleiben solle. Was würdest du antworten, kleine Jeanne?«

»Oh! ich wär's zufrieden! Wir würden zusammen spielen, nicht wahr? ach! das wäre herrlich!«

»Immer, hörst du, würde ich dableiben!«

»Sie sehen es,« sagte der Priester lächelnd, »das Kind will es.«

Helene blieb ernst, sagte nichts mehr dagegen. Der Brautwerber hatte sein Amt wieder aufgenommen und verweilte bei den Verdiensten des Herrn Rambaud. Wäre er nicht der beste Vater für Jeanne? Sie kannte ihn und brauchte nichts dem Zufall überlassen. Als sie noch immer schwieg, fügte der Abbé mit großer Erregung und Würde hinzu: Wenn man sich zu einem solchen ungewöhnlichen Wege entschlossen hätte – nicht an seinen Bruder, sondern an sie, an ihr Glück habe er dabei gedacht.

»Ich glaube Ihnen, ich weiß ja, wie sehr Sie mein Bestes wollen!« antwortete Helene lebhaft. »Warten Sie! Ich will Ihrem Bruder in Ihrer Gegenwart antworten.«

Es schlug zehn Uhr. Rambaud trat ins Schlafzimmer. Sie ging ihm mit ausgestreckten Händen entgegen:

»Ich danke Ihnen für Ihren Antrag, lieber Freund, und bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet. Bloß« – sie schaute ihm ruhig ins Gesicht und hielt seine große Hand in der ihrigen – »ich bitte um Bedenkzeit, und ... ich werde vielleicht viel Zeit dazu brauchen.«

Er zitterte und wagte nicht, aufzuschauen.

»Oh! soviel Sie wollen!« stotterte Rambaud mit gesenktem Blick, »ein halbes, ein ganzes Jahr, noch mehr, wenn Sie wollen!«

Helene lächelte matt.

»Aber ich wünsche, daß wir Freunde bleiben! Sie werden wie bisher kommen... Sie versprechen mir bloß zu warten, bis ich selbst wieder davon reden werde – sind wir einig?«

Rambaud hatte seine Hand aus der ihrigen gelöst und suchte nach seinem Hute. Erst als er den Fuß aus der Türe setzen wollte, fand er Worte.

»Hören Sie!« sagte er leise, »Sie wissen jetzt, daß ich da bin, nicht wahr? Nun! sagen Sie, daß ich immer dasein werde, mag kommen, was da will!... In zehn Jahren, wenn Sie wollen. Sie werden nur einen Wink zu geben brauchen...«

Zum letzten Male faßte er Helenes Hand und drückte sie heftig. Auf der Treppe drehten sich nach alter Gewohnheit die Brüder um und sagten:

»Auf nächsten Dienstag.«

»Ja, Dienstag,« gab Helene zurück.

Als sie ins Zimmer zurückkam, hörte sie das Getöse eines neuen Platzregens, der an die Jalousien schlug. War das ein hartnäckiger Regen! Wie naß ihre armen Freunde würden! Sie öffnete das Fenster und warf einen Blick auf die Straße. Mitten unter den blanken Güssen sah sie den rundlichen Rücken des Herrn Rambaud, der, ohne sich um diese Sintflut zu kümmern, glücklich tänzelnd durch die Finsternis schritt.


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