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In Mantua ist Festesfreude. Die neue virtuosa, la bell' Adriana ist gekommen. Fiebernd hat Herzog Vincenzo sie erwartet. Und sie hat es verstanden, Spannungen zu steigern, die eigene Kostbarkeit durch Zögern in immer helleres Licht zu rücken. Wie hat Ottavio Gentili, Impresario des Herzogs in Neapel, seine diplomatischen Künste bemühen und verfeinern müssen, um die »Sirene von Posilippo« für den unersättlichen Hof einzufangen, und nachdem ihm dies scheinbar geglückt war, die neuen Gründe und Scheingründe zu entkräften, mit denen das Weib sich von der Abrede lösen will. Nicht ohne Grund sträubt sich die Sirene. Man weiß in Neapel, daß in Mantua seit 1587 ein musikalischer Harem sich auf getan hat. Man hört, wie Musik dem Eros sich lächelnd dort fügt. Vincenzo, der blonde, elegante Schwärmer und Eroberer, ist in Neapel gewesen, hat aristokratische Damen bezaubert und hegt Erinnerungen an sie in Wort und Bild. Aber unter den Nachrichten, die von Norden nach Süden fliegen, ist auch schlimme Kunde. Ein Opfer ist gefallen. Das Geheimnis schwebt über Caterina Martinelli, der armen Caterinuccia. Ein überglücklicher, weil von herzoglicher Gunst begnadeter römischer Vater weigert sich nicht, die dreizehnjährige Tochter, die in strenger Zucht zum Belcanto heranwächst und Glänzendes verheißt, einer Probe auf ihre Jungfräulichkeit zu unterwerfen, damit knospende Kunst sich den raffinierten Künsten eines musikbegeisterten Genußmenschen rein darbiete und die junge Primadonna ihm sich künstlerisch und körperlich ganz zu eigen gebe. Vermittelt hat Paolo Fachoni, Sänger an der sixtinischen Kapelle und Impresario zugleich. Geholfen hat auch ein würdiger Pater. Es ist die Zeit, da das neue Musikdrama, von den Köpfen der Theoretiker in Florenz ersonnen, in Claudio Monteverdi sich mit Blut füllt. Der geniale Mann selbst leitet die Musik in Mantua. Dieser adligsten Renaissance zu dienen, sind fremde und heimische virtuose, unvergleichlich höher bezahlt als der Maestro, hier versammelt: so Madama Europa, des jüdischen Komponisten Salomone de Rossi Schwester, so Claudia Cattaneo, die Monteverdi heiratet und ihn bald zum Witwer macht. Aber unter ihnen besitzt Herz und Sinn des Herzogs Vincenzo eben diese Caterinuccia. Schon hat sie in Peris »Dafne« staunen gemacht und rüstet sich zu neuem Triumph in »Arianna«, die mit Rezitativen Peris und Arien Monteverdis in Szene gehen soll. Da stirbt sie. Was ist geschehen? Man ahnt es, Herzog Vincenzo hat es verschuldet, ist erschüttert, läßt sie von Monteverdi besingen und in einem eigenen Mausoleum beisetzen. Gewonnen wird als Arianna Virginia Andreini, von Beruf Schauspielerin, doch auch dem rezitativischen Gesang gewachsen, ebenso reizend wie sittsam.
Aber unruhvoll denkt Vincenzo an Adriana Basile, jene Neapolitanerin, die das Entzücken des heimischen Adels und die Muse der Sonettendichter ist; die, den Posilipp umfahrend, mit vergoldeter Harfe ihren Gesang begleitet. Sproß einer kinderreichen Familie, Gattin des Signor Muzio Baroni und im Zuge, die herkömmliche Fruchtbarkeit fortzusetzen, erhält sie von Neapel, in dem musikalische Naturbegabung Scheidemünze ist, doch den Preis als Sängerin. Und der Frau, die den seltenen Zweiklang blonden Haares und dunkler Augen zeigt, gewährt man auch den Preis der Schönheit. Aber müde, nur für Neapel zu singen, nur von ihm besungen zu werden, auch ihres Wertes bewußt und als Kind ihres Landes auf Geldgewinn erpicht, bleibt sie nicht unempfänglich für die Lockungen des Nordens. Dort in Mantua zahlt man den virtuose Tausende von scudi. Freilich: den Harem des Herzogs bereichern mag sie nicht. Daß sie es nicht müsse, soll ihr um ihres Rufes willen bescheinigt werden: der Herzogin Eleonora, der stillen, duldenden Gattin Vincenzos, nicht dem Herzog will sie dienen. Neues Bedenken: Wird sie die Luft von Mantua vertragen? Nein, lieber ins Kloster, als Neapel verlassen. So gibt es ein Vincenzo entnervendes Hin und Her. Sieben eigenhändige Briefe, denen Eleonora sich anschließt, sprechen für die Erregung des Künstlers und des Mannes.
Im Mai des Jahres 1610 also ist sie mit ihrer Familie, im ganzen sieben Personen, die Vincenzo vertraglich mit in den Kauf nehmen muß, nun wirklich abgereist, hat Rom und hier zumal Kardinal Ferdinando Gonzaga, Vincenzos zwanzigjährigen Bruder, erschauern gemacht, in Florenz alle Künstler zur Huldigung gezwungen, die bisher unbestrittene Meistersängerin Vittoria Archilei völlig eingeschüchtert und erscheint Ende Juni in Mantua. Dort kniet sofort alles vor der nun dreißigjährigen virtuosa. Jeden Freitag Musik im Spiegelsaal. Adriana weiß die Naturbegabung, die in allen Gliedern der Familie gärt, durch ihre ganz eigene Kunst für die Welt fruchtbar zu machen. Mit dem dichtenden Bruder Giovanni Battista singt sie das Madrigal: Ahi che morir mi sento. Rhapsodengleich schafft sie nach der Eingebung des Augenblicks, wird hinreißend, rührend im Ausdruck, ist unerschöpflich in Veränderungen. Der Triller, der Lauf, der Seufzer, die Pause sind ihre wechselnden, niemals übertriebenen Hilfsmittel, ihren Vortrag der Canzone zu schmücken und zu beseelen. Dahinter aber steht das die Sinne reizende Weib. Es ist wahr: die Hymnen einer über alle Maßen begeisterten Mitwelt verschleiern eher den Tatbestand, als daß sie ihn durch einprägsame Züge aufklären. Das Weib, das die Dichter als die Verkörperung aller Reize, als bella comme una Dea feiern, wird von einem nüchternen Ketzer eher häßlich als schön genannt. Andere rühmen ihre Augen als zwei blitzende Korallen und ihre alabastergleichen Zähne. Die Sängerin, die sich auf einer spanischen Kitharra begleitet, bezaubert alle. Doch findet der Hof von Modena, den sie besucht, die Neapolitanerin Ippolita ihr an Stimme überlegen. Meister Monteverdi hält Adriana hoch. Er berichtet von ihr sachlich, daß sie vorzüglich singt, spielt und spricht. Wie die Bühnensängerin wirkt, wissen wir nicht; nur daß sie mit 2000 scudi jährlicher Gage in Hauptrollen Siege feiert.
Wattier: Sie wird triumphieren
(aus La journée d'une comédienne)
Alles ist im Banne dieser Frau. Jung Ferdinand sendet in fliegender Hitze von Rom Briefchen auf Briefchen. Adriana erbittet von dem lustigen Kardinal lustige canzoni und frottole. Man spürt, daß sie in heiterstem Volkstum wurzelt. Aber die Frau gibt ihre Sinnlichkeit durchaus im Rahmen der Gesetzlichkeit aus. Sie läßt sich zum höheren Ruhme eines Gatten vergöttern, ja in Worten entkleiden, auskosten, hat aber einen eisernen Wall um ihre eheliche Ehrbarkeit gebaut. Auch Vincenzo gegenüber, der immer erobert und hier ganz trunken ist, besteht sie auf ihrem Schein. Aber da sind zwei Schwestern Vittoria und Margherita, heranreifende Künstlerinnen, auf die seine Lüsternheit schaut. Uebrigens stirbt der Genießer langsam ab. 1612 liegt er auf dem Totenbett. Den immer fordernden Herrn haben die Frauen aufgezehrt. Der Künstler hat seiner Leidenschaft alles geopfert. Hier Gebieter, dort Mitspieler ist er rasch und hemmungslos durchs Leben geschritten. Zwanzig Millionen Scudi: das ist die Schlußrechnung für Prunk, Genuß und Schaffen.
Einen kurzen Blick noch auf unsere Adriana. Das Erbe von Mantua wird scheinbar im gleichen Geist verwaltet. Aber Leere und Oede offenbaren sich. Francesco und Ferdinando sind nur genußsüchtige Epigonen. Monteverdi hat sich verabschiedet. Adriana reift in die Vierzig hinein, ohne an Glanz einzubüßen. Schwester Margherita wird von Neapel herbefohlen, singt, wird gefügig gemacht und dann mit irgend wem verheiratet. Schwester Tolla singt am Kaiserlichen Hof zu Wien. Die einst Sirene von Posilipp war, ist eine alternde Primadonna geworden und heimst nun doppelt eifersüchtig in Venedig, in Mailand Kränze und Sonette ein, die Dichter im Wortrausch ihr willig spenden. Endlich wird man auch in Mantua kühler. La bell' Adriana freut sich Neapels, geht dann aber mit ihrem Muzio, dem wohlberechnenden Hüter ihrer Schätze, nach Rom; Eine Tochter Leonora wächst ihr heran, frühreif und bereit, ehrgeizigste Hoffnungen zu erfüllen. Sie selbst begnügt sich allmählich damit, in jenem Buch zu blättern, das, in Venedig gedruckt, Ruhm und Lorbeer zu verewigen scheint: il Teatro delle Glorie della Sigra Adriana Basile. Welke Blätter, die der Spürsinn des Forschers Ademollo wieder ans Licht gezogen hat.
Aber diese wahrhaft erste Primadonna mußte samt dem mitschwingenden Hintergrunde gezeigt werden, wie sie sich in klarem Umriß dem Hofe von Mantua einfügt. Hier enthüllt sich uns ein Geheimnis. Der Historiker fragt: wie ist's möglich, daß alle die Geistigkeit, die um 1600 das Musikdrama schuf, so bald von der Koloraturoper getrübt und im achtzehnten Jahrhundert völlig überwunden wird? Da heißt es nun, die seelischen Quellen aufzusuchen, aus denen das Künstlerische der Oper fließt; in die Gründe des Instinktes hinabzusteigen. Das zweite Wort erst hat die Technik. Der singende Mensch formt und verwandelt die Gattung.
Die Menschenstimme als Instrument der Liebe: habt ihr dies erkannt, so seid ihr an den Quellen des Gesanges. Das Weib als schöpferische Urkraft der Oper: habt ihr dies erkannt, so seid ihr über die Schwelle der Erkenntnis getreten. Dieses Mantua ist aufschlußreich. In Florenz wird ein künstlerisches pronunciamento erlassen: Giulio Caccini schreibt zu seinen »Nuove musiche« eine Vorrede, die warnen und erziehen will: hütet euch vor unnötigem gesanglichem Zierat. Sprache und Rhythmus entscheiden. Der Klang folge ihnen. Nach solcher Vorschrift, die dem Hirn gebildeter, in ihrer Sinnlichkeit angetasteter Menschen entstammt, tritt die Oper ins Dasein. Nicht zu Florenz, am Hofe Ferdinands von Medici, des Großherzogs von Toscana, sondern in der mit Erotik geschwängerten Luft von Mantua wird sie ihrer Hauptprobe unterworfen. Man bewundert in der Arnostadt Vittoria Archilei, die in ihrer neuen Kunst des Einzelgesanges die erste überzeugende Sprecherin ist. Häßlich und bescheiden, unprimadonnenhaft, verrät sie den Sieg der Vernunft über die Sinnlichkeit. So ist sie auch vor Adriana verstummt, die den ungebrochenen Instinkt mit der Miene der Siegerin ausströmen läßt. Da ist in Florenz auch Caccinis Tochter Francesca, die »Cecchina« genannt. Sie spielt, singt, komponiert: ein Muster renaissancehafter Vielseitigkeit. Und doch nicht zwingend, weil Sinnlichkeit von Gescheitheit durchkreuzt, die Natur durch Künstlichkeit bedroht wird.
In Mantua regieren die Sinne. Das Herrentum der Fürsten betrachtet die Oper als seine Angelegenheit. Sie wird mit einem ungeheuren Aufwand von Maschinen inszeniert, damit das Auge nicht aufhört zu staunen. Schon das äußere Bild dieser wiedererweckten Mythologie weiß nichts vom Geist antiker Einfachheit, der hier erstehen, soll. Nicht umsonst hat die gesättigte Renaissance diesen Spätling aus sich heraus geboren. Alles was sie den Menschen an Plastik, Farbe, Perspektive geschenkt hat, kann in der Oper ausgespielt werden. Und nun wird der Persönlichkeit mit dem neuen Einzelgesange ein Mittel geboten sich auszuleben. Da reißt ganz natürlich die Frau die Herrschaft in der Oper an sich als das Wesen, das der Sache und der Person am fruchtbarsten dienen kann.
Das befreite Melodische hängt an der Diskant- und Kontraaltlage, der Tenor und der Bassist treten allmählich in den Schatten. Die Sinnlichkeit von Menschen, die in freier Luft atmen, sucht den hellsten, reinsten, durchdringendsten Klang als Ausdruck der Freiheit und Fröhlichkeit. Die Männlichkeit verkörpert sich genug im Kontraalt, der im italienischen Klima maskulinen Timbre? gewinnt. Das alles gibt von selbst der Frau als der Trägerin des Melodischen den Vorrang. Aber mehr noch: die Oper muß der Schauplatz alles dessen werden, was im Weibe stark und schwach ist. Wird im Tierreich der Ruf des Männchens lockender Gesang, so entfaltet im Menschenreich das Weibchen als Opernsängerin eine für sich werbende Kraft, wenn sie die erste Scham des Sichausspielens überwunden hat. Nun aber variiert sie das eine Thema: Liebe. Sie schmückt sich, von den Hemmungen der Konvention entlastet, auffälliger als die Frau aus dem Volke. Kann es auch um so mehr, als sie sich von der Fürstin zur Sklavin, von der Göttin zur Nymphe verwandelt. Wird sie im Kleid die Wahrheit suchen? Es schwingt Musik in ihr, die sich ihrer eingeborenen Leidenschaft vermählt. Diese ist ihr die einzige Wahrheit. So wird auch ihr Gewand vor allem ihre Reize erhöhen müssen. Zweierlei aber schwebt der Singenden vor: ihre Melodie mit dem leidenschaftlichsten Ton zu erfüllen und ihre Eitelkeit mit höchster Wirkung auszusprechen. Das eine zeugt allen Zauber der Lyrik im getragenen Gesang, das andere wird fruchtbar für das Ornament, für die Koloratur. In beidem ist das Erotische schöpferisch. Und darf sich ungehemmt ausleben, weil die Vernunft im Wort schweigt, das nur klingender Vorwand für die Arienherrlichkeit wird. Diese Primadonna ist nicht gelernte Musikerin. Sie folgt nur ihrem Ohr und ihrem Instinkt. Sie ist nur Instrument ihrer Geschlechtlichkeit, die sich anders als im Instrumentalisten unmittelbar durch einen aus dem Körperlichen herauswachsenden, jedem Reiz antwortenden Klang offenbart.
Man begreift nun, wie an der Wiege der reinsten Kunst, die je in die Welt gesetzt wurde, gerade dort, wo sie ihre glühendsten Huldigungen empfing, in Mantua die Begleiterscheinungen des Erotischen, Verführung und Kuppelei, stehen; sieht auch, wie die Ablegung aller Scheu sich auszuspielen, der Trieb, die Verwandlung in Schönheit zu vollziehen, diese ganze Mischung von Brunst und Inbrunst, von leidenschaftlicher Echtheit und Spielerei die große Virtuosin der großen Courtisane benachbart, so daß beide Aspasia als Urahne zu verehren haben. Und findet es endlich ganz natürlich, daß der Adel und die Vernunft der Renaissanceoper vor der Wirklichkeit, vor der Weiblichkeit bald zurückweichen mußten. Schon im Beginn scheidet sich der stile recitativo von dem rappresentativo. Dieser will das Drama rein, ohne der Eitelkeit zu opfern, im Wort und in der gesteigerten Rede zur vollendeten Aussprache führen; jener macht Zugeständnisse an den singenden Menschen. Die Koloratur nimmt von einem malenden Wort ihren Anlauf, verweilt mit Liebe auf einem a oder e, haßt das i oder u, wo es zum Heulen werden könnte, ergeht sich in den trilli, die nur Wiederholungen desselben Tones, in den groppi, die unserem Triller ähnlicher sind, in passaggi, geboren aus der Diminution, den kleinen Noten über einer Silbe. Kurz: schon ist auch vom Maestro der Sängerin das ganze Rüstzeug der Arie bereitet. Der Komponist, selbst Sänger, empfindet mit ihm: ein Giulio Caccini, ein Jacopo Peri sind zugleich Köpfe und Sänger. Die florentiner Luft scheint den Köpfen günstiger. In jahrzehntelangem höfischen Dienst aber erkennt Caccini, daß der Kompromiß Lebensbedingung der Oper ist. Sie hat eine Vergangenheit: in Intermezzi, die sich zwischen Festspielen einschieben, blüht sie schüchtern auf. Sie ist gewachsen in der Commedia dell' arte, wo sie der ungezwungensten Buffoseligkeit der volkstümlichen Maskenkomödie neue Reize schenkt. Trägt auch der Karren noch die Bühne, ist er selbst die Bühne, schon wird gesungen. Freilich: der neue Einzelgesang, die neue Monodie erst gibt dem Singen eine neue Richtung. Der Mensch verjagt den Kontrapunkt. Das Tanzlied, das Madrigal, in dem bisher Stimmen oder Instrumente auf verschlungenen Wegen und ohne Liebe zum Wort miteinander verkehrten, wird zum persönlichen Bekenntnis. Francesca Caccini, die lateinisch und italienisch dichtende, singende, komponierende, ihre Schwestern Settimia und Lucia singen es, die chitarra zupfend oder das cembalino mit Silberglöckchen tastend; allen voran aber jene vielgerühmte Vittoria Archilei, berufenste Fürsprecherin des neuen Stils. Solche Vereinigung der Künste lebt im Festspiel, das etwa einem fürstlichen Beilager gilt, am Hofe von Florenz. Es ist wahr: die Götter sind stärker als die Menschen. Die Maschine herrscht in Himmel und Hölle. Aber es geschieht doch, daß die Klage der verlassenen Ariadne in Monteverdis Oper menschlich rührt. Und von hier spinnen sich Fäden nach Mantua, wo wir das Neue in der Beleuchtung durch das Erotische sehen; wo das Aristokratische durch das Triebhafte vermenschlicht wird; wo man zwar einen gefeierten Tenor Francesco Rasi verehrt und als Gast nach Florenz entsendet, aber doch sich mit erregter Sinnlichkeit nur vor der wahren Königin der Oper, der Primadonna, verneigt.
Mr. Jeliotte als Pygmalion