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7.

Wieder in ihrem alten lustigen Fahrwasser schwimmend, trennte sich die Gräfin Mompach eines Mittags, ihre Toilette eben beendend, vom Spiegel, dem sie drei kostbare Morgenstunden gewidmet hatte.

Durch den Salon rauschend, sah sie die neue Kammerjungfer verlegen in der Mitte des Empfangzimmers stehen, anstatt vor ihr dienstfertig alle Thüren zu öffnen.

»Gnädigste Gräfin, der Wagen ist noch nicht vorgefahren!« meldete diese der heranschreitenden Herrin.

»Kaum acht Tage in meinem Dienst und schon nachlässig? Der Kutscher weiß doch, daß er zur Minute vorzufahren hat. Geh'! Er soll sich eilen!«

Die Gräfin war sehr ungehalten und stieß die Ombrelle auf den Teppich.

»Ich war schon im Hof! Der Diener sagte mir dort, er habe den Kutscher vergebens gesucht.«

»Was heißt das?«

Die Kammerjungfer that, als habe sie selber was verbrochen.

»Er sagt, die Livrée liege sauber zusammen gepackt im Stall, Pferde und Wagen aber seien verschwunden.«

Die Gräfin biß sich auf die Lippe.

»Man soll eiligst einen Fiaker holen!«

Gräfin Mompach zog empört die Handschuhe aus, warf sie von sich und setzte sich an den Schreibtisch. Moritzsohn sollte sogleich erfahren, welch' einen Schurken er ihr als Kutscher engagirt; derselbe sei vermuthlich mit Pferd und Wagen durchgegangen.

Als sie zum Diner zurückkehrte, fand sie Moritzsohn's Antwort. Er bedaure den Vorfall unendlich, schrieb er, man werde sofort nachforschen.

Pferd und Wagen kehrten aber auch am nächsten Tage nicht wieder. In Moritzsohn's Comtoir, das schon wieder mit Gehülfen überfüllt war, sagte man ihrem Diener sehr trocken, der Chef sei an der Börse und komme erst am Abend zurück.

Die Gräfin wartete vergeblich auf Moritzsohn; ein von ihr bestellter Fiaker hielt täglich zur Stunde vor ihrer Thür, anstatt der Equipage mit dem Mompach'schen Wappen.

Sie hatte des Aergers zu viel gehabt während der letzten Woche. Da war an jenem Tage, wo ihre Equipage zum ersten Mal wieder vorfuhr, der »alte Esel«, wie es schien, leidlich geheilt, aus dem Hospital zurückgekehrt. Ein gerichtliches Schreiben hatte während seiner Abwesenheit schon seit vierzehn Tagen für ihn im Corridor gelegen, wahrscheinlich irgend eine Klagesache. Sie hatte ihm das Papier endlich oben vor seine Thür werfen lassen.

Und jetzt hatte sie schon am Tage nach seiner Rückkehr aus dem Hospital erleben müssen, daß neue und höchst elegante Möbel in's Haus und die Treppe hinauf geschafft wurden. Der »alte Esel« war am Tage darauf zu Gericht gefahren, um ein anständiges Legat zu erheben, das ihm von einem entfernten Vetter vermacht worden.

Er hatte wieder Geld, der da über ihr, mit dem sie längst kein Wort mehr sprach! Er hatte jetzt einen Diener, sogar einen Koch engagirt, fuhr im eigenen Coupé davon, saß Abends in einer Theater-Loge, kam Nachts spät nach Hause, Gott mochte wissen, was er wieder trieb, und fuhr am Sonntag wieder mit dem Gesangbuch in die Kirche. Die Damen patronnesses einiger Frauen-Vereine hatten ihm wieder ihren Besuch gemacht; ihre Zofe behauptete sogar, sie habe schon junge Damen mit hohen Talons an den kleinen Füßchen und Spitzen unter den Röcken die Treppe hinaufgehen sehen.

Und sie mußte im Fiaker fahren, mußte hinter den Gardinen versteckt zuschauen, wie er in sein Coupé stieg, diese Ruine, die sich doch nur mühselig und auf ihre Kosten zusammengeflickt hatte.

Auch zu Lenning hatte sie vergeblich gesandt. Der war nie zu Hause in seiner drei Treppen hoch gelegenen Wohnung und kümmerte sich nicht um sie.

Der Gräfin ward's sehr nüchtern und unruhig zu Muthe. Ihre alten Freundinnen schienen nicht recht an die Wiederaufrichtung ihrer finanziellen Verhältnisse glauben zu wollen. Man besuchte sie nicht; sie fand auch kaum einige Karten vor, wenn sie heimfuhr, und die waren von Leuten, die von ihr was haben wollten.

Auch das Portefeuille mit zweitausend Thalern, das ihr Moritzsohn zugleich mit der Equipage geschickt, war leer, und Moritzsohn antwortete nicht einmal auf ihre Briefe mehr.

Diese Impertinenz von einem Juden, der ihr so viel zu verdanken hatte!

Das Prinzenhaus war inzwischen schon in die Hände der Geschäftsleute übergegangen. Sie war vor einigen Tagen an demselben vorbei gefahren und hatte gesehen, wie man daran war, es zu demoliren.

Gräfin Mompach hatte zu ihrem Verdruß auch mit dem Gericht zu thun gehabt, aber nicht um Legate zu erheben. Man hatte sie gezwungen, vor demselben zu erscheinen, um das Türkisen-Collier zu recognosciren, das ihr die endlich erwischte Hausdiebin, Marion, entwendet hatte. Süß Oppenheims eigenes Kind war aus Freundschaft die Hehlerin gewesen, die ihr aus der Kasse des Vaters Geld darauf gegeben und das Halsband geheim gehalten. Auch die kleine hübsche Jüdin war mit vor Gericht gewesen. Marion hatte ihr, um Verzeihung bittend, die bittersten Thränen geweint, aber der Gegenstand war dem Richter zu bedeutend erschienen, als daß er der Bestohlenen das Recht der Verzeihung hätte einräumen können. Die Voruntersuchung war bereits geschlossen.

Immerhin hätte es der Gräfin angestanden, jetzt das Halsband selbst zu Geld zu machen; aber es lag noch beim Gericht. Ihre Lage ward bedenklich; ihre neue Dienerschaft schien auch schon Mißtrauen zu fassen. Sich an den »alten Esel« da droben zu wenden, das litt ihr Stolz nicht.

In der That sah's trübe genug um sie aus.

Moritzsohn, der wegen Ankauf des Prinzenhauses zum Hofmarschall-Amt gefahren, hatte dort die Antwort erhalten, daß die Veräußerung des Gebäudes sammt seinem Areal schon eine beschlossene Sache sei. Seit dem Kriege sei es nicht benutzt worden. Der Krankengeruch des Hospitals sei nicht mehr heraus zu bringen, die ganze Parterre-Etage sei schon seit vielen Jahren derart vom Schwamm zerfressen, daß man sie dem armen Gärtner unentgeltlich überlassen; es seien große Reparaturen nothwendig, welche die Chatulle nicht übernehmen wolle, zumal täglich das Ableben des Prinzen zu erwarten sei.

Moritzsohn ward also über den Preis einig. Er fuhr nach Hause mit der Ueberzeugung, daß er die Mühwaltung der Gräfin um den Erwerb dieses Grundstücks mit jenem ihr am Morgen gesandten Portefeuille reichlich bezahlt habe.

Er hatte vorläufig durch Lenning, um die Eitelkeit der Dame zu befriedigen, bei einem Lohnkutscher nur einen fast neuen Landauer gemiethet gehabt, in aller Eile ihr Wappen auf die Thür malen lassen, den Kutscher beordert, sich die Livrée der Gräfin ausliefern zu lassen, und als er sah, daß das Geschäft auch ohne sie zu Stande gekommen, vergaß er wirklich eine Equipage für sie zu kaufen.

Der Lohnkutscher blieb aus, als seine acht Tage Miethszeit um waren und trug gewissenhaft die Livrée in das Stallgebäude zurück, wie er das bei anderen Herrschaften gewohnt war. Die Gräfin hatte ihn nie gefragt, wie viel Pferde und Wagen kosteten. Sie hatte auch Anderes zu denken gehabt.

Moritzsohn also ließ sie fallen als die Fabrik und das Areal umher gekauft waren, und Lenning seinerseits hatte volle Entschuldigung, sich nicht um sie zu kümmern.

Auch ihn hatte Moritzsohn stets nur wie einen Galopin der Gräfin betrachtet, der ohne eigenes Geschäftstalent nur als Handlanger zu gebrauchen und groß war, wenn Andere ihn groß machten. Er zahlte auch ihm eine Summe als Abfindung. Sein eigenes Schiff steuerte wieder auf hoher Welle. Die Gläubiger selbst hatten geholfen, es flott zu machen; sie glaubten gedeckt zu sein durch Betheiligung an dem neuen Unternehmen, das gleich mit dreißig Prozent Agio an die Börse gebracht werden sollte.

Lenning war empört über Moritzsohn, als dieser ihn mit einer Bagatelle an demselben betheiligte, ohne Rücksicht dies damit motivirend, daß er seine Gläubiger habe bevorzugen müssen, die sich mit Nowinkow in die Actien getheilt. Die Gräfin habe ihm gar nichts genutzt, sagte er wegwerfend; er habe keine Verpflichtung, sie zu bevorzugen, wo schon so Viele mitspeisen wollten. Nur diesen Blume, den ersten Buchhalter der Fabrik, habe er anständig bezahlen müssen; nur sein Einfluß als Geschäftsführer und Vormund habe die Besitzerin überredet, die Fabrik zu veräußern, und sicher sei es nichts Leichtes gewesen, eine Mutter von der Unheilbarkeit eines Sohnes in dem Alter zu überzeugen, in welchem überhaupt von einem jungen Menschen noch nichts zu verlangen sei. Es habe ja auch an Blume's Willen gelegen, die Fabrik selbst zu übernehmen; wenn man ihm also nicht einen ganz wirksamen Köder gezeigt hätte, wäre aus der ganzen Sache nichts geworden; er, Moritzsohn, habe ganze Abende mit ihm zusammen gesessen, um ihn für seine Idee zu gewinnen.

Moritzsohn machte sich auch für Lenning unnahbar; er ließ ihn endlich abweisen, selbst wenn er in seinem Bureau war, und beantwortete die Briefe nicht, in denen Lenning ihn für den Verlust seines Vermögens verantwortlich machte.

Lenning versuchte es wieder an der Börse, aber er hatte kein Glück. Moritzsohn wich ihm hier mit derselben Consequenz aus, mit der er selbst dem unglücklichen alten Pfeiffer auswich, den er zu seiner Beruhigung lange nicht mehr gesehen.

Er sollte indeß von ihm hören, denn eines Tages suchte ihn Dr. Ballmann in dringender Angelegenheit auf.

Ballmann's Name schon machte ihn nervös; er erinnerte ihn an eine widerwärtige Epoche, die zu vergessen er sich längst mit Erfolg bemüht hatte.

Ballmann, zweimal abgewiesen, kehrte zum dritten Mal wieder. Er war nicht gealtert während der Zeit, immer noch der Lebemann mit elegantem Exterieur und dem verschmitzten Lächeln.

»Ich muß mich sehr entschuldigen, mein verehrter Herr Lenning,« begann er, sich selbst einen Stuhl nehmend, nachdem er sich prüfend in der bescheidenen Wohnung umgesehen, »es ist mir da eine sehr heikle Sache übergeben worden, in der ich es an meinem guten Willen, zu vermitteln, nicht fehlen lassen möchte. Erlauben Sie mir, Ihre Zeit auf ein Viertelstündchen durch einen kleinen Vortrag in Anspruch nehmen zu dürfen.«

Lenning rückte unwillig auf seinem Stuhl. Ballmanns Gesicht war ihm verhaßt; er konnte auch nichts Gutes bringen.

»Sie erinnern sich ohne Zweifel des Herrn Pfeiffer, eines Ihrer früheren Kollegen im Hofstaat des Prinzen Leopold. Dem unglücklichen Mann wurde damals ein versiegeltes Couvert mit dreitausend Thalern aus dem eisernen Geldschrank entwendet oder sagen wir: es verschwand, als er den Schrank offen gelassen, während er abgerufen worden. Der arme Mann kam um seine Stellung; man wollte ihn nicht gerade der Veruntreuung beschuldigen. Er hatte schon früher viel Unglück in seiner Familie gehabt, war dadurch mittellos und lebte mit seiner einzigen, ihm übrig gebliebenen Tochter, einem erwachsenen Mädchen, von seinem Gehalt.«

Lenning rückte auf seinem Stuhl. Er wollte Ballmann heftig unterbrechen. Der fuhr ruhig fort:

»Er versank nun in Armuth; seine Tochter entschloß sich, die in den Zeitungen ausgebotene Stellung einer Gouvernante in der Walachei anzunehmen, um von dort aus den Vater zu unterstützen. Leider aber wurden von ihr in jenem Bojaren-Hause persönliche Dienste für den Hausherrn verlangt, die sie zwangen, dasselbe sofort zu verlassen. Ohne Hülfsmittel suchte sie ein neues Unterkommen. In einem anderen Hause erging's ihr noch schlimmer; es scheint das in jenem Lande so Mode zu sein, denn man hat schon skandaleuse Sachen darüber gelesen.

»Als Kind einer achtbaren Familie kämpfte sie muthig gegen die Schande, unter die man sie beugen wollte; sie kam nach Jahr und Tag wieder hier an, in der ärmlichsten Kleidung, krank und elend, aber sie kam mit Ehren und fand den Vater als der Gemeinde zur Last gefallenen Greis in einem städtischen Lazareth.

»Sie haben Recht!« Ballmann betrachtete lächelnd Lenning's Aufregung. »Ich will Sie nicht ermüden mit Aufzählung all' der Entbehrungen und Prüfungen, unter denen Vater und Tochter bis dahin ihr Leben gefristet. Ich hatte Gelegenheit, dem Mann vor einiger Zeit zu begegnen, als es sich darum handelte, ihm eine dürftige Unterstützung zu erkämpfen, die ihm versagt worden, weil er nicht im Stande gewesen, sich von jenem entehrenden Verdacht zu reinigen.

»Der arme Mann, nach langen körperlichen Leiden einigermaßen wieder hergestellt, aber nicht mehr fähig, selbst durch Abschreiben ein trockenes Brod zu verdienen, erwirbt dasselbe jetzt als Colporteur und durch andere Hülfsleistungen und dies brachte ihn auch kürzlich in das sogenannte Prinzenhaus. Dasselbe sollte nämlich demolirt werden. Man erlaubte ihm und einigen anderen Bedürftigen zu eigenem Vortheil das alte werthlose Gerümpel fortzuräumen, das sich seit vielen Jahren in Kammer und Bodenräumen aufgehäuft.«

Lenning ward roth und wieder bleich.

»Was kümmert mich das Alles, meine Zeit ist beschränkt!« rief er heftig.

»Nur einige Minuten noch!«

Ballmann achtete nicht auf Lenning's Entrüstung.

»Diesem Umstande verdankt es nun der arme Mann, daß er in einem Treppenwinkel, der zu Ihrer früheren Wohnung gehörte, in welchen man den Papierkorb geleert, auch später bei Räumung Ihrer Wohnung allerlei alte, werthlose Papiere geworfen, die man aus Schränken, Kommoden etc. in der Hast des Auszugs meist nur unvollkommen oder gar nicht zerrissen, wie man das mit dergleichen zu machen pflegt ... Ich sage, daß er in Gegenwart einer alten Frau, die gleich ihm auf die traurigste Weise zurückgekommen, einer Amerikanerin ... Mistreß Blount nannte sie sich als Zeugin in meinem Bureau ... Vielleicht ist sie Ihnen bekannt? Sie hat sich leider dem Trunk ergeben und sucht mit allerlei Abfall ihren Unterhalt zu verdienen ...«

Lenning's Lippen preßten sich krampfhaft zusammen; er schaute schweigend vor sich nieder.

»Daß er also,« fuhr Ballmann fort, »bei dieser Gelegenheit in Gemeinschaft mit dieser Zeugin ein noch mit den fünf zum Theil erbrochenen Siegeln des prinzlichen Kabinets versehenes Couvert fand, auf welchem er mit eigener Hand und mit seinem Namen als Kassenbeamter des Prinzen den Inhalt von dreitausend Thalern in Banknoten deklarirt hatte.«

Ballmann sah den Farbenwechsel in Lennings Antlitz. Er bedurfte dieses Zeichens kaum noch.

»Ich hielt es nicht für gerathen, dieses Couvert, das in meinem Verwahr, mitzubringen; es handelt sich ja nur zunächst um eine Erörterung, wie dasselbe in Ihren Besitz gekommen, obgleich Pfeiffer, der früher keinen Vertheidiger gefunden – bei mir ist er nämlich nicht gewesen – beschwören will, daß Sie, als er das Amtszimmer verließ, durch dasselbe und an dem Geldschrank vorüber gegangen ...«

»Mein Herr! ...« Lenning sprang auf und legte die Hand auf die Stuhllehne.

»Sie begreifen, warum es meine Absicht war, Ihnen dies mitzutheilen, denn ich hatte nicht nöthig, zu Ihnen zu kommen ... Es würde sich darum handeln, einen öffentlichen Skandal zu vermeiden, der doch mit einer Anklage Seitens des Staatsanwalts verknüpft ist, und zu überlegen, zu welchen Opfern Sie bereit sein würden. Den armen Mann für seine Schande, für seine Leiden zu entschädigen, dafür reicht kaum eine Summe aus, aber Sie würden mich, seinen Mandatar, billig finden ...«

Ballmann blickte abermals unzufrieden mit dem, was er sah, im Zimmer umher, dann ohne seinen Sitz zu verlassen, zu ihm auf.

»Sie haben Eile?« fragte er trocken.

»Allerdings! Am wenigsten habe ich Zeit, dergleichen, meine Ehre beleidigende Dinge anzuhören!« rief Lenning barsch und hochmüthig.

»Sie begreifen, daß ich für mich auch nichts Angenehmes darin finde! Ich selbst habe wenig Zeit; der Staatsanwalt läßt sie mir nicht; nur aus Freundschaft für mich gab er meinen Bitten nach, versuchen zu dürfen, was sich in Güte machen lasse. Ich vermuthe, Sie sind nicht hierzu bereit?«

Ballmann erhob sich umständlich und griff nach seinem Hut. Noch einmal schielte er Lenning an.

»Es wird mir angenehm sein, Ihren Entschluß bis zum Abend zu hören,« sagte er mit derselben Trockenheit. »Ich erlaube mir hinzuzufügen, daß Sie bis dahin keinen Schritt thun werden, ohne beobachtet zu sein ... Ich habe die Ehre, mich zu empfehlen.«

Ballmann ging. Lenning stand Minuten lang da, keinen Zug in seinem Gesichte regend, erstarrend vor den Gespenstern aus vergangenen Tagen, die sich vor ihm aufrichteten ... Pfeiffer und als dessen Helferin Mrs. Blount, sein Dämon von ehedem!

So stand er lange noch, bis seine Knie zu wanken begannen, als ihm Ballmann's Drohung im Ohr sauste: Sie werden keinen Schritt thun, ohne beobachtet zu sein!

Er brach zusammen, sank auf den Stuhl, den Jener soeben verlassen, stützte die Einbogen auf den Tisch, die pochenden Schläfe in die eiskalten Hände. Und wie er endlich die Augen öffnete und auf das ihm vor Ballmann's Ankunft eben erst überbrachte Tagesblatt schaute, las er an der Spitze desselben mit fetten Buchstaben, in großem Trauerrand: Se. Hoheit Prinz Leopold ist soeben 10 Uhr morgens verschieden.« ...

Mrs. Blount und dieser Mann, die Quellen seines Elends! ... Sie, die ihn verfolgt, ein Bettelweib, und er selbst ... verloren!

Ein Schüttelfrost überfiel ihn; seine Zähne schlugen klappernd zusammen, sein Kopf sank auf die Arme. Eine Ohnmacht ließ ihn Alles vergessen.

* * *


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