Richard Voß
Zwei Menschen
Richard Voß

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Drittes Kapitel

Die Königsfrau betet und Pater Paulus befreit seine Seele von seiner sündhaften Liebe

Pater Paulus kam und ging – ging und kam. Die Königsfrau duldete sein Kommen und Gehen, wie sie jeden Fremden, der zu ihrer Höhe hinaufstieg, in ihr Haus eintreten, sich ausruhen und wieder von dannen schreiten ließ. Sie bewirtete den Priester mit der großen Gastfreiheit ihres Hauses, wie sie jeden andern Gast bewirtet hätte; hörte ihn an, als wäre er ihr fremd; antwortete ihm, als spräche sie das erste Mal in ihrem Leben mit ihm.

Von Mal zu Mal versuchte er mit wachsendem Ungestüm in ihr Seelenleben zu dringen. Ihres Hauses Tür fand er stets offen; alles andre, das ihr eigen war, blieb ihm gleich einem Buch mit sieben Siegeln verschlossen. Um so leidenschaftlicher war sein Begehren, sich dennoch und dennoch bei ihr Eingang zu verschaffen, und das in ihr tiefstes, ihr geheimstes Sein. Es mußte ihm gelingen! Denn –

Trug sie doch noch immer an ihrem Finger seinen Ring –

Sie hätte sich den Reif vor seinen Augen abstreifen und in irgendeinen Abgrund werfen können. Das wäre jedoch wider ihre Natur gewesen, und sie tat nichts, was ihrer Natur nicht gemäß war. Als er bei einem seiner Besuche wiederum starr auf ihre rechte Hand schaute, sagte sie in ihrer gelassenen Weise:

»Ihr betrachtet Euch so oft diesen Ring. Es ist mein Verlobungsring. Aber der Jüngling, der mir den Reif gab, ist tot. Seinen Ring trage ich bis zu meinem Tode und darüber hinaus, als Zeichen, daß ich dem Gestorbenen meine Treue halte bis zum Tode und darüber hinaus. Ich ward eine arme Witwe, bevor ich eine glückliche Ehefrau werden durfte.«

Eine echte Judithrede war's. Dem Mann, dem sie galt, war dabei zumute, als empfinge er einen Schlag ins Gesicht. Einen Augenblick schwindelte ihm, daß er die Augen schließen mußte. Als er sie wieder öffnete, war sein Antlitz fahl wie das eines Sterbenden. Er fragte:

»Hieß Euer toter Verlobter Rochus?«

»Rochus von Enna.«

»Er war Euch sehr lieb?«

»Ihr sagt es.«

»Wie war der Jüngling, der so hieß?«

»Wie er war?«

»Da er Euch lieb war, muß er ein prächtiges junges Menschenkind gewesen sein.«

Judith erwiderte: »Er war die gute und reine Jugend selbst. Seine Seele war licht wie sein Haar. Wenn er jauchzte, so jubelte aus ihm das Leben, die Freude und die Kraft. Er schien in seiner Lebensfülle und Daseinskraft unsterblich. Und dann doch; dann doch! ... Da ei nach Rom ging, trug er den Todeskeim bereits in sich. Wie das geschehen konnte? Auch er war eben ein sterblicher Mensch – selbst er! Aber es ist um ihn ein Jammer, nicht auszudenken.«

Mit seinem todbleichen Antlitz stieß der Priester hervor:

»Ihr liebt ihn noch immer?«

»Den toten Rochus? ... Wie sollte ich ihn nicht immer noch lieben? Kann eine Liebe zu einem Gestorbenen je aufhören? Das gibt es nicht. Nicht für eine Frau; nicht für mich.«

Da rief der Mann Gottes in Qualen:

»Ihr scheint ihm seinen Tod nicht vergeben zu können.«

»Ihr fragt mich zuviel.«

Sie grüßte ihn mit einem leichten Neigen und schritt davon...

Ein andres Mal versuchte Pater Paulus ihr den Tod des jungen Rochus in Rom zu erklären. Er sprach so beredt, wie er nie zuvor gesprochen hatte; fand erschütternde Worte für das Sterben des Jünglings in der ewigen Stadt, für seine Leiden, bevor er starb, für seinen grausamen Todeskampf. Aber Judith verstand seine Erklärung nicht und blieb unerschütterlich bei ihrem Glauben. Der Priester erwähnte, der Sohn sei aus Liebe zu seiner toten Mutter dem Leben abgestorben. Aber Judith Platter verstand auch das nicht. Ihrem ganzen Wesen nach konnte sie das nicht verstehen.

So blieb es denn hoffnungslos zwischen den beiden. Ihren Kampf führten sie jedoch fort.

Es kam eine Zeit, wo Judith glaubte, ihre innige Liebe zu Junker Rochus habe sich in leidenschaftlichen Haß gegen Pater Paulus verwandelt. Daß sie hassen konnte! Sie haßte sich selbst wegen dieser Empfindung, die sie demütigte, als sei ihr dadurch ein Schimpf zugefügt worden. Fortan kämpfte sie nicht nur mit dem Priester, sondern auch mit sich selbst; und sie kämpfte damit, wie andere Frauen mit ihrer Liebe kämpfen.

Wie leicht und schön war es doch für die Frau, lieben zu dürfen; wie schwer und schrecklich, hassen zu müssen. Es entstellte das Antlitz der Frau, Antlitz und Seele, die eine von der Gottheit berührte Seele ist, wenn die Frau liebt. In diesem blutigen Ringen mit dem Dämon des Hasses erkannte Judith, daß nur Liebe die Natur der Frau sei, daß die Frau mit ihrem Haß einen Frevel gegen ihre eigene Natur begehe. Und so kam denn für sie die bitterste Zeit ihres Lebens.

Was sollte aus ihr werden, wenn sie ihres Hasses nicht Herr ward?

Es würde einer Selbstvernichtung gleichkommen, einem Selbstmord, an ihrer Seele vollbracht ...

Nun betete sie, die in keiner Kirche beten wollte, tagtäglich, allnächtlich in ihrem Kämmerlein jenes Gebet St. Francisci, dieses heiligsten und zugleich menschlichsten aller Heiligen der katholischen Kirche:

»Gelobt sei, mein Herr, durch die, welche verzeihen um deiner Liebe willen.«

»Und Schwachheit ertragen und Trübsal.«

»Glückselig die, welche sie ertragen im Frieden!«

»Denn von dir, o Höchster, sollen sie gekrönet werden ...«

Aus ihrer Kinderzeit her besaß sie einen alten Holzschnitt. Das Bild stellte den Gekreuzigten dar, wie er sich vom Kreuze herabneigt, um mit seiner durchbohrten Rechten freundlich den heiligen Franz zu umfassen, der mit beiden Armen an seinen blutigen Leichnam sich klammert. Voll unsäglicher Liebe schaut der Heilige zu dem Heiland empor und Christus sieht ihm mit einem Blick göttlichen Mitleids in die Augen.

Zwei holdselige Engelknaben umschweben Gott und Mensch ...

Unter dieses Bild schrieb Judith mit steilen starren Schriftzügen die Worte des Heiligen und stellte es neben ihrem Bette auf. Wenn sie sich spät abends entkleidet hatte und ihr schönes Haupt von dem düsteren Mantel ihres prachtvollen Haares umwallt war, trat sie vor das Bildnis und sprach mit lauter feierlicher Stimme den Vers; und sie sprach die großen Worte jeden frühen Morgen, ehe sie ihr Tagewerk begann, welches Arbeit, Mühe und Kampf war.

Das Tagwerk ihres Lebens sollte fortan sein, des Heiligen Worte für sich zur Wahrheit zu machen. Dann würde vielleicht auch nach ihr eine Heilandshand sich ausstrecken; würde vielleicht auch sie eine Krone empfangen, und sollte das Siegeszeichen ein Dornenkranz sein. Auf Judiths Hof ahnte niemand, daß der geistliche Herr, der so häufig aus seiner Tiefe heraufgestiegen kam, ein alter Bekannter der Königsfrau war. Alle empfanden vor des Mannes gebietender Gestalt und machtvollem Wesen Ehrfurcht und Scheu zugleich; und alle dachten bei seinem Anblick daran, daß er es gewesen, der das Sakrament zu ihrer wilden Höhe hinaufgebracht und den priesterlosen Dolomitenleuten den Priester gegeben hatte.

Von den Klausnern durfte er allein die Beichte abnehmen und Absolution erteilen; er allein durfte Messe lesen und an großen Festtagen Hochamt halten. Allein er besaß das Recht, die Sterbenden mit der Gottheit zu versöhnen und die Toten zu segnen.

Er war ein gar eifriger und gestrenger Diener des Herrn; und er wurde immer gestrenger, immer eifriger, wurde ein Fanatiker und Asket. Die Sünder wagten ihm nur ihre kleinsten Sünden zu bekennen; die Schwerkranken sandten nach ihm nur in ihrem letzten Stündlein; die Sterbenden hingen mit Blicken voll Todesangst an seinem Munde, ob ei ihnen vergeben würde?

Wo er erschien, entliefen die Kinder. Konnten sie sich vor ihm nicht mehr verstecken, so näherten sie sich furchtsam und haschten ängstlich nach seiner Hand, die er sich von keinem Kinde küssen ließ.

Mit vieler Mühe brachte Judith es dahin, daß ihre Hunde sich nicht auf ihn stürzten wie auf einen Feind ihres Hauses und Friedens. Wenn er jetzt eintrat, verkrochen sie sich mit dumpfem Knurren und fletschten die Zähne nach dem Manne, der einst von seinen Rüden heftig geliebt worden war und zu dessen Füßen der Hund Argos starb ...

In der Anstalt der Sündhaften und Büßenden führte Pater Paulus neue Zucht ein; und was er einführte, hielt er. Seine Zucht war so streng wie sein Antlitz und Geist, war so scharf, wie sie sündigen und büßenden Geistlichen gebührte. Er selbst unterwarf sich seinen Geboten am ausschließlichsten, mit einer wahren Wut des Büßens und Strafens.

Wie es in den ersten Stunden seiner Ankunft geworden war, so war es geblieben: die Mönche haßten ihn. Zu dem allgemeinen Haß gesellte sich jedoch die Furcht. Freilich wußten alle, daß er von dem Orden auf die nachdrücklichste Weise geschützt ward. Aber auch ohne die ihm erteilte Machtbefugnis hätten sie sich seinem Willen unterwerfen müssen; denn er war der geborene Beherrscher der Seelen.

Was galt ihm das, solange er sich nicht die eine Seele unterworfen hatte? Es war überdies die Seele einer Frau, die über den Tod hinaus liebte und getreu war.

Wenn er den Toten für sie wieder erwecken konnte, wenn er ein Wunder vollbringen konnte ... Sie würde alsdann den Lebenden lieben; würde sich selbst die Treue brechen; und das mußte sie schuldig machen!... Diese stolze starre Seele in Schuld und Sünde zu verstricken, hätte ihre Unterwerfung bedeutet. Denn es war von jeher Schuld und Sünde, welche die Menschheit der Kirche, also der Gottheit, unterwarf. Das nämliche würde als, dann auch mit dieser einen geschehen.

Bei der bloßen Vorstellung, ihm möchte Judiths Unterwerfung durch eine von ihr begangene Schuld gelingen, ergriff ihn ein Taumel. Seine Phantasie berauschte sich an der bloßen Vorstellung solchen Sieges. Wie er triumphieren wollte! Nie seinen Triumph ihr zu fühlen geben! Demütigen wollte er sie, knechten. Nur zuerst! Nach ihrer Unterwerfung wollte er ihr gebeugtes Haupt und Herz mit starken Armen aufziehen, zur Gottheit empor... So hatte sich denn auch die Liebe dieses leidenschaftlichen Gemütes in Haß verwandelt und – Pater Paulus freute sich seines Hasses, der den Priester von der Todsünde seiner Liebe befreite.

Befreiten Herzens würde er fortan seinem Gott und Herrn dienen. Er würde fortan kein schlechter, kein falscher Priester mehr sein.

Hosianna!

Von Kloster Neustift kam ein Chorherr mit Botschaft von dem hochwürdigen Herrn Prälaten an Pater Paulus. In seiner gewölbten Zelle empfing dieser den Gast aus seiner einstmaligen Heimat.

»Du hättest für deine Schuld, die im höchsten Sinne keine Schuld war, genug gebüßt – soll ich dir melden.«

»Ich fühle sie als Gewissensschuld neben mancher andern noch immer auf mir lasten.«

»Diese Wildnis so lang« Zeit ertragen zu haben, ist Strafe genug für ein in Wahrheit begangenes schweres Verbrechen. Wolle also mit mir zurückkehren.«

»Wurdest du deshalb hergesandt?«

»Deshalb.«

»Ich möchte noch bleiben.«

Und nach einer Weile mit schwerem Atem: »Bleiben muß ich noch.«

»Du mußt?«

»Mein Versprechen blieb noch unerfüllt; und es war ein Gelöbnis.«

»Darf ich es wissen?«

»Der hochwürdige Herr Prälat weiß es.«

»Sicher hat er dich dessen entbunden; sonst hätte er mich nicht gesandt.«

»Melde ihm, ich selbst könnte mich davon nicht lösen.«

»Du wirst es, wenn du hörst, was der hochwürdige Herr Prälat, was unser heiliger Orden mit dir im Sinne hat.«

»Was ist's?«

»Gutes, Großes. Unser Orden erkennt die Kraft, die von dir ausgeht, denn er vernahm von deiner Zucht in diesem Hause der Zuchtlosen. Du sollst zurückkehren und steigen in Würden sowohl wie im Wirken.«

Da rief der Erwählte: »Ich darf nicht erhoben werden! Ich darf es nicht, weil ich dessen unwert bin. Jetzt noch unwert! ... Ich bitte dich, lieber Bruder, dieses dem hochwürdigen Herrn Prälaten mit meinem demütigen Gruße zu melden.«

»Zaudernd und ungern.«

»Zugleich mit meiner inständigen Bitte. Sie möge in unserm Orden wohl erwogen und alsdann darüber beschlossen werden: über Aufhebung dieses Hauses als Strafanstalt. Ich mache mich anheischig, in dieser hohen wilden Welt unserm Heiligen ein Haus zu gründen und zu verwalten, welches eine Zukunft haben wird. Reiches Gut gibt es hier zu erwerben. Schaffen und Arbeit gibt es hier. Ich kann es hier unten im Schaffen und Arbeiten einer Kraft nachtun, die dort oben über den höchsten Wäldern dieses Tales, unmittelbar unter den wüsten Felsenöden aus dem Chaos eine Welt erstehen ließ ... Verweile einige Tage bei uns, lieber Bruder, und lasse dich von mir führen. Du wirst mir recht geben müssen, wirst für mich bei unsern Oberen sprechen. Auch sie werden erkennen, daß mein Vorschlag weise ist, unserm Orden zum Frommen und der Kirche zur Ehre.«

So sprach er mit seiner heißen Beredsamkeit lange auf den Boten ein ...

Der Chorherr aus Kloster Neustift blieb einige Tage in der Wildnis von Fels und Wald. Er lernte die von Pater Paulus eingeführte scharfe Zucht unter den Schuldigen kennen; sah, wie diese dem Herrschergeist des einen sich unterwarfen; sah ihr heimliches Knirschen und vergebliches Sich-Auflehnen. Der kluge Herr erkannte den Reichtum der Wälder und die Möglichkeit segensreichen Gedeihens, wenn die starke Hand sich fand, hier Zukünftiges vorzubereiten und Bleibendes zu schaffen. Nicht nur, daß die kraftvolle Hand sich bereits gefunden hatte – sie streckte sich begierig aus, um hier zu gründen und aufzubauen.

Mit keinem Wort erkundigte sich der Sohn des schönen Brixener Tales nach den Stätten seiner Kindheit, nach Vaterhaus und Muttergrab. Er schien in Wahrheit keine andre Heimat zu besitzen als seine Kirche, keine andre Familie als die Gemeinschaft katholischer Christen; er schien in der engen Genossenschaft mit den Büßenden, in der großen Wildnis der Dolomiten zu einem Priester sich geläutert zu haben, wie sein Amt ihn forderte: ein Knecht Gottes und ein Diener der Kirche, an dem der Herr und die geistliche Behörde ihr Wohlgefallen haben konnten.

In Pater Paulus' Zelle befand sich kein Spiegel. Er war daher nicht imstande, zu sehen, ob sein Gesicht sich verändert hatte; vermochte nicht die Wandlung seiner Züge zu beobachten und das Merkmal zu erkennen, welches sein Priestertum diesen aufdrückte – sie »zeichnete« mit dem Mal ihres heiligen Berufs. Die Wasser der Wildbäche, daran er entlang schritt, waren zu eilig, um sein Spiegelbild wiederzugeben; auch würde er wohl nicht hineingeschaut haben, hätte sich hastig abgewendet, wie in Scheu vor dem eigenen Anblick.

Aber er las die Veränderung, die jetzt auch mit seinem Antlitz allmählich vorging, in den Gesichtern der andern, in denen der Mönche sowohl wie in denen der Dolomitenleute; besonders in den Mienen der Kinder. Und er bemühte sich, die Wandlung in den Augen der Königsfrau zu lesen, wenn er ihr in ihrem Hause gegenübersaß, um ihre freie Seele zu fassen und niederzubeugen – niederzuwerfen.

Aber Judiths Augen verrieten ihm so wenig wie ihre Lippen. Nach wie vor ruhten sie kühl und fremd auf ihm, fast feindselig; und oft packte den Priester unter diesem Blick der Jugendgeliebten ein ungeheurer Schmerz, daß er laut aufschreien wollte. Doch er erstickte den Aufschrei seines Herzens, und der ungeheure Schmerz verwandelte sich in heftigen Zorn, in den heiligen Eifer des Priesters für seine Mission: Seelen zu binden und Seelen zu lösen ...

Nach einiger Zeit traf aus der Welt weit, weit da unten, weit, weit da draußen Kunde ein: die geistliche Behörde des Augustinerordens hob die Wildklause als Büßeranstalt auf, versetzte die daselbst in Strafe befindlichen Priester und Mönche nach einem andern Ort, sandte eine kleine Schar Auserwählter in das Hochtal und ernannte Pater Paulus zum Superior des neuen Heiligtums.

Weihe und Installation wurden zu einem hohen Festtage gemacht. Klöster und geistliche Behörden schickten Abgesandte; Kirchengeräte, Meßgewänder und Heiligtümer wurden gestiftet und in feierlicher Prozession eingeholt. Nicht nur aus den nächsten Tälern und von den nächsten Höhen kamen die Bewohner herbeigeströmt, sondern aus allen Teilen Tirols, dem ganzen Dolomitengebiet. Pater Paulus mußte eine Andacht vor dem Kloster halten, da die Kirche die Scharen nicht faßte. Herrlich angetan stand er da, ein Dienender und dennoch ein Gebietender. Er hatte das Gesicht aufgehoben und den Dolomitengipfeln zugewendet, den Königswänden zu; und es war, als richtete er seine leidenschaftliche Predigt nicht an seine andächtige Gemeinde, sondern an eine Seele dort oben, die einzige, die seinen Worten nicht lauschen wollte.

Aber auch für Judith Platter würde die Stunde schlagen. Nur durfte es bis dahin nicht mehr zu lange währen; denn er mußte zur Ehre Gottes noch andres vollbringen.

Nach diesem einen glücklich Vollbrachten sollte das Schwerste ihm leicht werden.


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