Carl Franz van der Velde
Das Liebhaber-Theater
Carl Franz van der Velde

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20.

Hell schien der Mond auf den stillen, beschneiten Schloßhof. Die vier Jünglinge kamen rasch und schweigend daher geschritten und stellten sich. Die Degen blitzten aus ihren Scheiden und klirrten sogleich lustig gegen einander. Beide fochten gut und muthig, und keiner wich auch nur einen Fußbreit zurück. Doch schien auf Wespe's Seite die höhere Kunstfertigkeit, bei Falkenbergen die größere Kraft zu seyn. Und zu dem Geklinge der Degen rauschte vom Theatersaale das bestellte Furioso herab, zum wilderen Fechten die Kämpfer entflammend. Halt! riefen zugleich beide Secundanten, und fuhren mit ihren Degen dazwischen. Beide Streiter waren verletzt. Falkenbergs rechter Arm war gefleischt, Wespe's linke Wange hatte eine leichte Streifwunde.

Bonne amitié! rief der Rittmeister, und die Secundanten führten die Kämpfer zur Umarmung zusammen.

247 Bonne amitié! sprach Falkenberg, Wespen herzlich küssend. Sie sind ein braver Mann.

Und wie hat er sich geschlagen! Süperb, auf Ehre! sagte Seethal. Ich will Euch gleich unsern Escadron-Chirurgus aus dem Parterre holen. Er ging.

Um so weniger kann ich begreifen, sprach Falkenberg: was Sie veranlassen konnte, sich nachtheilig über mich zu äussern.

Nach der bonne amitié muß die Vergangenheit versunken seyn, erinnerte der Rittmeister.

Vielleicht gilt mein Wort jetzt mehr bei Ihnen als vor einigen Minuten, sagte Wespe. Auf meine Ehre, ich habe nichts gegen Sie gesprochen!

Was konnte aber die Willig zu dieser teuflischen Lüge bewegen?! rief Falkenberg.

Einige Schuld trage ich wohl dabei, antwortete Wespe. Um das mannsüchtige Mädchen für die Miranda zu gewinnen, hatte ich ihr ein wenig die Cour gemacht. Mich zu binden, hatte sie das benutzt, sich in der Stadt 248 für meine Braut ausgegeben. Heute hat sie wahrscheinlich eine Unterredung belauscht, aus der sie erkennen mußte, daß ich sie verachte, und daß meine Liebe einem andern Gegenstande geweiht ist. Deßhalb hat sie sich durch Sie an mir rächen wollen.

Sie hat sich für Ihre Braut ausgegeben? fragte Falkenberg entsetzt. Das wäre abscheulich! Wann?

Gestern! erwiederte Wespe. Aphanasia kann Ihnen die Details erzählen.

Ist nicht nöthig, sagte kleinlaut der Graf Erbach. Sie hat es gestern in meiner Gegenwart bei dem Postmeister gesagt. Die Dame taugt überhaupt nicht viel, und wir hätten sämmtlich wohlgethan, uns nicht an sie wegzuwerfen.

Noch einmal bonne amitié! rief Falkenberg, Wespen wiederholt küssend. Schade um unser edles Blut! Wir hätten es wohl um einen würdigeren Gegenstand vergießen können. Dafür muß ich mich auch noch bei der Hexe revangiren durch etwas Blâme und einige Todesangst.

249 Und nun hinein zum Verbinden! trieb Seethal, der mit dem Escadron-Chirurgus aus dem Schlosse trat. Die Wunden sind zwar leicht, aber der scharfe Nachtfrost taugt nichts für sie.

Und nicht wahr, Falkenberg, jetzt spielen Sie den Bourbon? fragte freundlich Wespe.

Wie sollte ich dieser Laura die Freude machen, Euch und dem guten, alten Amtsrath die Freude zu verderben! rief Falkenberg, Wespen umschlingend. Auf Ehre! ich will Euch von meinen Leuten ein Fahnendach machen, das sich gewaschen haben soll!

Und Arm in Arm gingen die versöhnten Gegner in das Schloß.

 


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