Carl Franz van der Velde
Das Liebhaber-Theater
Carl Franz van der Velde

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14.

Große Tafel war am Mittage des feldherrlichen Geburt-Sonntages bei dem Amtsrathe. Der gastfreie Mann hatte alle fremde Schauspieler und auch einige der einheimischen gebeten. Wespe, sein Fac totum, hatte natürlich nicht ausgelassen werden können, und mit pfiffiger Bescheidenheit hatte sich dieser ganz unten an die Tafel, wo Aphanasia waltete, manövrirt und den Platz des Herrn von Brauß besetzt, der geladen, doch nicht erschienen war.

Was Tausend, lieber Wespe! rief gegen das Ende des Mahles, vom Weine erheitert, der Amtsrath über die Tafel hinunter: Sie sind ja schon wieder einmal der Substitut des Herrn von Brauß. Das fängt an mir bedenklich vorzukommen.

Wohl mir, antwortete Wespe: wenn ich nur überall als ein brauchbarer Lückenbüßer 203 erscheine. Solche anspruchlose Leute sind in der Regel die willkommensten.

Den Teufel mag er anspruchlos seyn! raunte der Amtsrath dem Assessor Walther zu, der neben ihm saß. Er hat es faustdick hinter den Ohren.

Was ist denn das für ein schwarzes Pflaster am Schlafe, was Sie mit den Locken so künstlich versteckt haben? fragte plötzlich Aphanasia Wespen erschrocken. Sie haben doch nicht Schaden genommen?

Ich hatte blos die Ungeschicklichkeit, antwortete er: heute früh meinen Kopf mit einer Coulisse in gewaltsamen Conflict zu bringen. Es ist nicht von Bedeutung.

Ihr Wort in Ehren, lieber Wespe! rief Lieutenant Seethal: aber so ist die Sache nicht. Das Schlachtexercitium, erzählte er der Gesellschaft: ging gut, als unsere Dragoner nur erst die Hauptsache begriffen hatten, aber wild, und die Kerls wurden so verbissen auf einander, daß sie am liebsten Ernst gemacht hätten. Besonders wollten die Franzosen durchaus nicht 204 retiriren. Wir mußten sie ein Paar Mal aus einander reißen, und es ist doch ohne einige Blessuren nicht abgegangen.

Um Gottes willen! rief ängstlich Aphanasia, Wespe's Hand unter dem Tische zärtlich drückend.

Ja, im Kriege geht es nicht anders! rief lachend der Amtsrath, der sich an dem Kunsteifer der Dragoner innig ergötzte.

Lieutenant Dornenstein, erzählte Seethal weiter: schlug sich mit Wespe, und mußte, wie es verabredet war, zurückweichen. Darüber erboßte sich einer seiner Leute so, daß der verfluchte Kerl nach unserm guten Wespe mit der Hellebarde sticht. Zum Glück streifte der Stoß nur, aber es konnte wirklich ein Malheur geschehen. Ich war auch so giftig, auf Ehre, daß ich den Schurken mit dem Degengefäß niederschlagen wollte. Aber Wespe selbst fiel mir in den Arm und bat um Gnade für ihn. Das Blut lief ihm dabei am Gesicht herunter, das that mir so weh, daß ich ihm in dem Augenblicke nichts abschlagen konnte. Aber geschenkt ist es dem Himmelhund nicht!

205 Wenn meine Wunde Ihnen weh that, Herr Lieutenant, bat Wespe mit herzlicher Wärme: wenn Sie mir wohlwollen, wie Ihre freundliche Theilnahme zeigt, so pardonniren Sie den guten Kerl. Er hat ja nichts verbrochen, als daß er mehr als seine Pflicht that. Ein solches Mehr ist eine respectable Seltenheit in unserer Zeit, und in einigen Tagen ist meine Haut wieder heil.

Da sprang, von Wein und Rührung aufgeregt, Seethal vom Stuhl, rannte mit dem vollen Glase zu Wespen hin und fiel ihm um den Hals.

Gott straf mich, rief er: Ihr seyd ein braver Kerl! So human wäre ich nicht gewesen in solchem Falle, denn die Bestie stach doch immer mit Fleiß. Auf Ehre, wir müssen Freunde werden! Auf Dein Wohl, mein Bruder!

Fiducit! rief Wespe fröhlich, der alten, schönen Burschenzeit eingedenk, deren Klänge noch in seinem Herzen nachbebten, lehrte den neuen Bruder, in der Geschwindigkeit, das Schmollis normalmäßig mit verschränkten Armen trinken, und sie küßten sich herzlich.

206 Und nicht wahr, der Hellebardierer hat Pardon? fragte Wespe mit hingehaltener Hand.

Wie kann ich Dir etwas refüsiren, mein Bruder! rief Seethal einschlagend, und ging nach seinem Stuhle zurück.

Gute Seele! lispelte Aphanasia mit einem noch wärmeren Händedrucke, und auf dem Gesichte des Amtsrathes begann ein wunderliches Spiel. Der Wunsch, der guten Seele etwas recht extra Verbindliches zu sagen, kämpfte mit dem alten Grolle, und dieser war schon ziemlich matt gerungen, als des Amtsrathes Jäger, der Wespen hinaus rief, dem Streit ein Ende machte.

In seinen Mantel tief verhüllt, eine Fuchsmütze über die Stirn gezogen, stand ein junger, hübscher, sehr erhitzter Mensch vor ihm.

Er ist fertig, sprach dieser. Soll ich ihn jetzt auf das Schloß liefern?

Und alles gut abgegangen? fragte Wespe.

Gut und leicht, antwortete die Fuchsmütze. Von Dir instruirt, kannten wir seine schwachen Seiten, und kitzelten ihn dort so lange, 207 bis er cordial wurde und sich hinter den Weintisch setzte. Dann war er unser.

Aber meine Bedingung habt Ihr doch nicht vergessen? fragte Wespe ernstlich.

Auf Burschenwort! erwiederte die Fuchsmütze. Es ist alles ehrlich zugegangen. Einige Sorten Ungar legten den Grund. Ein Paar Trinklieder und Champagner, so aufrichtig, wie ihn ein deutscher Weinschenk nur brauet, gaben ihm die letzte Hilfe. Freilich haben wir ihm tüchtig zugetrunken. Aber er ist doch molum geworden mit völliger Willensfreiheit, also mit Zurechnung.

Ist er gesprächig? fragte Wespe.

Das will ich meinen, war die Antwort. Er hat uns mehr erzählt, als wir hören mochten, und hat er auch die Hälfte gelogen, so ist er doch nicht einen Spieß werth.

So kommt mir es auch vor, sprach Wespe. Bring' ihn her.

Bon! erwiederte der junge Mensch. Denn lasse ich ihn länger dort, so trinkt er noch mehr, wird moloch, und dann kannst Du ihn nicht mehr brauchen.

208 Er sprang fort. Wespe ging in das Tafelzimmer zurück, wo die Gäste eben aufgestanden waren und sich, zur gesegneten Mahlzeit, die Lippen nicht eben zierlich küßten.

Ich möchte aber doch wissen, wo heute der Herr von Brauß geblieben ist, sprach, während der Kaffee servirt wurde, bekümmert der Amtsrath. Er ist geladen, hat zugesagt, hat nicht absagen lassen und ist doch nicht gekommen. Wenn ihm nur kein Unglück widerfahren ist. Ich wäre untröstlich, einmal, weil ich den jungen Cavallier hochschätze, und dann wäre ja auch unser Bayard caduc.

Ohne Sorgen, Herr Amtsrath! sagte Seethal. Heute Morgen, Glock Neun, als ich die Ställe revidirte, sah ich ihn an der Gartenthür des Herrn von Horst, und als ich Glock Eins hierher ging, trieb er sich mit einigen jungen Leuten, die mir wie Studenten vorkamen, vor dem Weinhause herum. Er ist also schon längst in der Stadt.

Das weiß der Himmel, was der Mensch treibt! seufzte der Amtsrath, mit der Uhr in 209 der Hand. Ich fange sogar an, ihn etwas unverschämt zu finden. Es ist bald fünfe, um sechse soll es angehen. Wir müssen uns noch alle anziehen und vielerlei arrangiren, und wenn er nun auch noch vor Thores Zuschluß kommt, so hat er mich doch bis dahin die Pein der Ungewißheit genießen lassen.

Große Notiz von dem, was Sie wünschen und nicht wünschen, scheint er überhaupt nicht zu nehmen, bemerkte Walther.

Es kommt mir seit einiger Zeit auch so vor, antwortete leise der Amtsrath. Aber das soll anders werden, oder es wird anderweitig anders!

Jetzt erhoben sich draußen zwei streitende Stimmen. Wollten der gnädige Herr nicht zuvor ein Viertelstündchen in der Unterstube respiriren und ein Täßchen Thee oder schwarzen Caffee genießen? schlug der Rentschreiber vor. Es ist große Gesellschaft drinnen.

Thee? Caffee? antwortete der Herr von Brauß. Nichts, nichts von Thee und Caffee. Wein ist die Losung, Champagner! Heda! 210 Champagner her! Bibamus, bibamus! drum, Brüderchen, ergo bibamus! Gesellschaft? Gut! Laß die Gesellschaft herkommen! Hahaha! Ich bin gern in Gesellschaft, wenn sie gut ist. Vivat die Gesellschaft! Und dazu prallte die Thür auf, und vergebens von dem Rentschreiber zurückgehalten, stolperte Brauß über die Schwelle in das Zimmer, hielt sich an einer Stuhllehne, um nicht zu fallen, und rief dann, sich vergnügt ringsum verneigend: Allerseits ganz ergebenster Diener!

Gerechter! jammerte der Amtsrath. Das ist ein neues Malheur! Der Unglücksmensch hat zu viel geladen!

Geladen? fragte Brauß, den Amtsrath scheel ansehend. Zu viel geladen? Was wollen Sie damit sagen? Er erhitzte sich noch mehr und wäre gerade auf den Amtsrath losgegangen, wenn er sich nicht gescheuet hätte, seine feste Position an der Stuhllehne zu verlassen. Zu viel geladen?! lärmte er nach einer Pause. Mir das? Mir! Laden Sie erst Ihren eigenen Hirnkasten, daß Sie nur etwas 211 drinnen haben, ehe Sie von zu viel reden. Sie Hohlkopf!

Hohlkopf?! rief der Amtsrath, und wollte auf ihn los.

Bedenken Sie seinen Zustand, bat Wespe, ihn zurückhaltend. Jetzt ist er unfähig, Sie zu beleidigen.

Hohlkopf! Nun ja, Hohlkopf! stammelte Brauß. Meinen Sie etwa, daß Sie keiner sind, weil Sie ein Liebhaber-Theater unterhalten? Deßhalb können Sie nebenbei ein recht completter Hohlkopf seyn. Und da es ein schlechtes Theater ist, und da Sie so viel Geld daran wenden, sich zu prostituiren, so sind Sie noch obendrein ein lächerlicher Hohlkopf.

Unbescheidener Mensch! rief der Amtsrath in stillem Grimm. Wenn Sie den Rausch ausgeschlafen haben, werden wir weiter mit einander sprechen.

Unbescheiden? fragte, ein immerwährendes Echo, der Trunkene. Recht! Unbescheiden muß 212 ich seyn, will ich seyn! Nur die Lumpe sind bescheiden, Brave freuen sich der That!

Nun aber sagen Sie mir, Sie braver Mann, fragte ärgerlich der Lieutenant Falkenberg: wie Sie in diesem Zustande den Bayard spielen wollen?

Bayard? Bayard spielen? fragte Brauß. Herrlich! vortrefflich! einzig! Ich habe mir das ausgerechnet bei der letzten Flasche Champagner. Ich soll ja einen Franzosen machen. Nun ist aber ein nüchterner Franzose so inspirirt und agil und mobil, wie ein Deutscher, der schon seine zwei, drei Flaschen im Leibe hat. Deßhalb habe ich mich blos zum Franzosen hinaufgetrunken.

Und können nicht gerade auf den Beinen stehn! lärmte der Amtsrath. Nun, Sie haben zum letzten Mal auf meinem schlechten Theater gespielt. Es soll Ihnen nicht mehr beschwerlich fallen.

Danke ergebenst, danke, lieber Amtsrath, danke! rief Brauß mit mehrern verunglückenden Bücklingen. Geschieht mir, auf Ehre, 213 ein großer Gefallen damit. Habe mich ohnehin nur dabei ennuyirt, wegen Ihrer Tochter und Ihrem Gelde, und wegen Ihrem Gelde und Ihrer Tochter, und wegen Ihrem Gelde. Aber wo ist sie denn, Aphanasia? Wo ist denn das hübsche naseweise Näschen?

Er sah sich überall mit gläsernen Augen um und entdeckte endlich Aphanasien, die sich hinter den Assessor Walther versteckt hatte.

Aha, das ist sie, da ist Näschen! stammelte er, und schwankte mit halb rechts und halb links in mäandrischen Wellenlinien auf sie los. Sie retirirte zur Thür. Ei, Näschen, Näschen! rief er. Warum mir desertiren, kleine Maus, holdes Bräutchen?

Schwerlich! rief Aphanasia und verschwand.

Schwerlich? fragte Brauß, sich wieder rund umsehend. Schwerlich? Curios! Ein junger, blühender Mann, Herr von zwei Rittergütern, trunken, nämlich von der Milch der schönen Künste. Reite, fahre, tanze, fechte, wie Kastor und – die andern Namen sind mir entfallen. Und schwerlich? – Auch gut! Es gibt noch 214 fünfhundert Billionen oder Trillionen Frauenzimmer auf der Welt. Und – hahaha, sie sind nicht alle unerbittlich! Das weiß ich am beßten! Erst heute – wenn der Eheherr auf der Jagd ist, wird der Cortejo zur Gartenthür hereingelassen.

Ich will hoffen, daß aus dem Unholde nur der Wein faselt, sagte der Amtsrath zu Seethal: denn sonst verböte ich ihm mein Haus für immer.

Wer weiß, antwortete dieser. Ich sah ihn heute an einer Gartenthür warten, und der Herr des Gartens war wirklich auf der Jagd.

Der Wein erfindet nicht, er schwatzt nur aus! citirte Walther aus den Piccolomini.

Ja, ja, begann schläfrig Brauß von neuem. Man hat seine Ressourcen. Wenn Fräulein Aphanasia die Lotte spielen will, ich werde nicht den Werther machen. Auf Ehre, es wäre Schade um diesen schönen Schädel! Fräulein Aphanasia! Fräulein? Nun ja, aber plattirt. Weil der Vater herzoglicher Amtsrath ist, so rechnet man ihn quasi zum Adel. Doch nur 215 tolle Tressen! Wir sind von echtem Golde, wir! Ja, um das von ist es doch eine schöne Sache. Wer gescheit ist von uns, muß zwar auswendig thun, als ob er nichts darauf gäbe, aber, hahaha! inwendig wissen wir schon, woran wir sind. Hätte der alte Rotürier nicht so unbändig viel Geld, man bliebe doch lieber bei seines Gleichen. Es ist doch ein ganz anderes Wesen. Die Frau von Horst. Ein Prachtweib! Er taumelte schon halb schlafend zum Tische, goß eine Flasche Wein theils in ein Bierglas, theils daneben auf den Tisch, und warf sich damit auf das nahestehende Sopha. Die Frau von Horst! hoch! rief er und zog das Glas aus. Die Frau von Horst und die Gartenthür! lallte er noch einmal und entschlief. Das Glas entfiel seiner erschlaffenden Hand, aber er merkte es nicht, und bald verrieth sein kräftiges Schnarchen, daß er fest eingeschlafen war.

Da liegt der Ritter ohne Furcht und Tadel, sprach trostlos der Amtsrath, vor ihn tretend. Da liegt er und schnarcht! und meine 216 Freude schläft auch, aber den Todesschlaf. Das ist mein Letztes!

Personal und Orchester sind versammelt, meldete eintretend der Rentschreiber. Parterre und Logen wimmeln, fünf Uhr ist vorbei. Der Herr Amtsrath möchten sich ankleiden lassen.

Ja, in mein Todtenhemde, erwiederte der Amtsrath. Denn wenn auch der General erkennt, daß ich an dem Scandal unschuldig bin, so wird mich doch alles zum Narren haben, und ich allein werde es ausbaden müssen, daß sich der Luriban, und nicht einmal bei mir, betrunken hat. Der Director ist doch ein für allemal der unglückliche Henkel, den jeder anpackt, der an dem Theaterkruge etwas flicken will. Nun, morgen wird alles über den Haufen gerissen, und damit basta in Ewigkeit!

Ich habe Ihnen einen Vorschlag zu machen, Herr Amtsrath, sprach Wespe, den verzweifelnden Director an das Fenster ziehend. Ich habe den Bayard schon früher gelesen und mich jetzt ganz in ihn einstudirt, was ich für 217 die Pflicht jedes Schauspielers halte, wenn er auch nur eine unbedeutende Rolle hat. Ich habe drei Proben mitgemacht, in zweien den Bayard selbst gelesen, ich darf mich eines sehr guten Gedächtnisses rühmen, und die Jamben behalten sich fast unwillkührlich –

Ganz wohl, ganz wohl, mein charmanter Freund, unterbrach ihn der Amtsrath ungeduldig. Aber was ist denn eigentlich der langen Rede kurzer Sinn?

Wenn ich mir, platzte Wespe heraus: den Bayard während Aphanasiens Prolog noch einmal durchsouffliren lasse, so getraue ich mir ihn heute Abend zu spielen.

Herr, sind Sie bei sich?! schrie der Amtsrath, ausser sich vor freudigem Schrecken.

Ich hoffe, erwiederte Wespe lächelnd: und will das, wenn Sie es erlauben, heute Abend beweisen.

Sie haben den Volteggio in der General-Probe recht hübsch gespielt, sagte der Amtsrath: aber ein Volteggio ist noch lange kein Bayard. Und abgesehen von allen dem, wo 218 wollen wir denn in der Geschwindigkeit einen Volteggio herbekommen?

Der Sohn des Präsidenten, erwiederte Wespe: eine lustige Halle'sche Muse und mein sehr guter Freund, war gerade zu den Ferien bei seinen Aeltern, als meine Bestallung ankam.

Als Assessor hier, nicht wahr? Ich gratulire herzlich, warf der Amtsrath dazwischen.

Er konnte sich, fuhr Wespe, sich verbeugend, fort: das Vergnügen nicht versagen, sie mir selbst zu bringen, und macht schon Ihnen und mir zu Liebe den Volteggio, dessen zwölf Zeilen er von jetzt bis zum Ende des ersten Aktes leicht lernen kann. Dann halten wir im Zwischenakt eine kleine Probe seiner Scene, und Alles ist in Ordnung.

Nur zwölf Zeilen hatte der Volteggio? fragte der Amtsrath, zog den Bayard, den er beständig bei sich führte, aus der Tasche und zählte nach. Wahrhaftig, kaum lumpige zwölf Zeilen! rief er gerührt und reumüthig: und das war Ihre ganze Rolle, Sie braver Mann, 219 Sie Schlußstein, der das ganze Gewölbe zusammenhält! Nun, auf mein Wort! ich will mich zu revangiren suchen. Aber wie wird es mit dem Costüme stehn, he?

Der Studiosus erhält das meine, antwortete Wespe. Ich bin mit Brauß von einer Größe. Seine Kleider liegen bereits in der Garderobe –

Und werden in Beschlag genommen von Rechts wegen! fiel der Amtsrath ein. Da auf dem Sopha kann sie der Schnarcher ohnehin nicht brauchen.

So eben sind die Excellenzen angekommen! rief der Rentschreiber zur Thür herein.

Auch der Feldmarschall? fragte hastig Lieutenant Falkenberg.

Das weiß ich nicht, Herr Lieutenant, erwiederte der Rentschreiber. Ein ältlicher, großer Herr im blauen Sürtout ist mitgekommen, den ich aber nicht kenne.

Donner und Wetter! das wird er seyn! rief Seethal. Allons, meine Herren!

Alles strömte fort. Der Amtsrath und 220 Wespe gingen zuletzt. So hätte ich am Ende die Wahrheit gesagt mit meiner Nothlüge? fragte dieser jenen leise. –

Ich zweifle, antwortete der Amtsrath, ihn vertraulich unter den Arm nehmend. Der General wollte den alten Obersten Brandenstein mitbringen, der wird es wohl seyn. Aber es ist mir recht lieb, wenn ihn die Herren Militairs für den Feldmarschall halten. Desto mehr Mühe werden sie sich geben. Alle Vortheile gelten.

Wohl mir, rief Wespe mit einem vielsagenden Blick auf den schnarchenden Brauß: wenn Sie den Satz überall gelten lassen! Und sie gingen mit einander fort.

 


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