Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die Blankovollmacht Lenins

In der bolschewistischen Fraktion des allrussischen Zentralausschusses der Gewerkschaften sagte Lenin am 12. Januar 1920:

»Wenn wir Denikin und Koltschak geschlagen haben, so geschah es, weil unsere Disziplin höher stand als die aller kapitalistischen Länder der Welt. Genosse Trotzki hat die Todesstrafe eingeführt, und wir werden ihm zustimmen. Er hat sie eingeführt unter bewußter Leitung und Beihilfe der Kommunisten.«

Ich habe nicht die vielen anderen Reden Lenins zur Hand, in denen er meine militärische Politik, die ich übrigens in vollem Einvernehmen mit ihm durchführte, verteidigt hat. Besonders ist der Bericht der Delegiertensitzung des achten Kongresses über militärische Fragen nicht veröffentlicht worden. Warum hat man diesen Bericht nicht veröffentlicht? Weil Lenin auf jener Sitzung mit aller Energie den Freunden Stalins, die jetzt so betriebsam die Vergangenheit fälschen, entgegentrat.

Aber ich besitze ein Dokument, das hundert andere aufwiegt. Ich sprach über dieses Dokument im Vorstand des Kontrollausschusses, als Jaroslawski eine vergiftete Intrige gegen mich begann. Ich zitierte es auf dem letzten Plenum im August 1927, als Woroschilow sich auf die Seite Jaroslawskis stellte.

Lenin gab mir ganz aus freien Stücken ein leeres Blatt Papier, auf dessen unterem Ende folgende Zeilen geschrieben waren:

»Genossen: indem ich den strengen Charakter der von Genossen Trotzki gegebenen Befehle kenne, bin ich zugleich so überzeugt, so völlig überzeugt von der Richtigkeit, Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit der von ihm im Interesse der guten Sache gegebenen Befehle, daß ich sie in jeder Hinsicht billige.

W. Ulianow (Lenin).«

Den Zweck dieses Blanketts erklärte ich dem Vorstand des Kontrollausschusses in folgenden Worten:

»Als er mir das Blatt Papier mit den unter einem freien Raum geschriebenen Zeilen einhändigte, war ich verblüfft. Er sagte: ›Ich habe erfahren, daß Gerüchte gegen Sie verbreitet sind, Sie ließen Kommunisten erschießen. Ich gebe Ihnen dieses Blankett und will Ihnen so viele geben, wie Sie wünschen, um damit zum Ausdruck zu bringen, daß ich Ihre Entschließungen billige. Sie können darüber jeden Beschluß, den Sie gefaßt haben, setzen und haben dann schon meine Unterschrift.‹ Das war im Juli 1919. Da nun jetzt mancher Klatsch über meine Beziehungen zu Wladimir Iljitsch und, was noch wichtiger ist, über seine Haltung mir gegenüber im Umlauf ist, so möchte ich vorschlagen, daß irgend jemand anderer mir ein solches weißes Blatt mit der Unterschrift Lenins und seiner Vollmacht für in der Zukunft zu machende Beschlüsse vorzeigte. Von meinen damaligen Entschlüssen hingen aber nicht nur die Schicksale einzelner Kommunisten, sondern oft viel größere Dinge ab.«


 << zurück weiter >>