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An eine junge Prinzessin bei Übersendung der fünften Ausgabe der Wilhelmine.

Dem Zirkel Deines Hofs, dem festlichen Turniere
Der um Dich Kämpfenden und ihren Schmeichelei'n
Gottlob! einmal entschlüpft zu seyn,
Wie fröhlich ladest Du am heimlichen Klaviere
Dein schönes Herz Dir zur Gesellschaft ein!
Du glaubst Dich unbehorcht – allein
Schon klopfet leis ein Finger an die Thüre.
»Ist's meine Schwester? nur herein!«
Doch da erscheint ein Weib im tiefsten Trauerputze
Von grauem Zeug, verbrämt mit schwarzem Flor.
Ihr unbekannt Gesicht blickt schüchtern, unterm Schutze
Vergelbter Brüßler Kanten, vor.
Um Deiner Robe Saum zu küssen
Wirft sie sich schnell zu Deinen Füßen,
Will sprechen – aber inn're Schaam
Droht ihre Stimme zu ersticken,
Sie stottert – Du wirst roth und fragst mit sanften Blicken:
Was ist zu Ihrem Dienst, Madam?
Dein Wort ermuntert sie – Sie seufzt, ach ich verdiene
Kaum diesen holden Blick – denn, Gnädigste, ich bin
Die weltbekannte Wilhelmine.
Auch nannten mich – Gott weiß in welchem Sinn –
Die Pagen oft die kleine Marschallin.
»Ganz recht, Madam, man hat von Ihrem Leben
Am Hof, ich war noch Kind, mir mancherlei erzählt,
Was eben nicht – Sie werden mir vergeben –
Ihr Lob enthielt« – Ach Gott! gerade dieses eben
Ist das, was mich am meisten quält.
Der Jugend Leichtsinn, ich gestehe
Es schaamroth, hatte mich bis zu der Zeit bethört,
Da mich ein Mann, der Sie als seine Göttin ehrt,
Zum stillen Uebergang ins Heiligthum der Ehe –
Es geht ins zehnte Jahr – bekehrt.
Wie viel verdank' ich ihm! Er bracht' aus dem Getümmel
Des Hofes mich zurück aufs Land,
Und so ward ich, geführt von seiner Hand,
Des Pastors Hausfrau – Gott im Himmel
Vergelt' es ihm einmal in seinem Ehestand!
Dort lebt' ich nun in meinem frommen stillen
Beruf – zwar kinderlos – und dennoch gern dem Willen
Des besten Mannes unterthan;
Doch dieser liebe beste Mann
Starb, eh' ich mich's versah, vor etwa vierzehn Tagen,
Und hinterließ mir nichts in dieser Zeitlichkeit
Als Bücher, Predigten und Klagen.
»Madam, Ihr Schicksal thut mir leid,
Dem Seligen ist wohl; entschlagen
Sie ihn Sich aus dem Sinn – Ihr knappes Wittwenkleid
Steht Ihnen gut und – mit Vernunft und Zeit
Läßt solch ein Unglück sich ertragen –
Allein, darf ich noch einmal fragen,
Was suchen Sie bei mir – ein Zehrgeld – einen Mann?«
O nein, Durchlauchtigste, mir drückt ein schönrer Plan
Das Herz bald ab – »Nun gut; darf ich ihn wissen,
So reden Sie doch nur« – Wohlan!
Um sittsam, fromm und froh mein Leben zu beschließen,
Wünscht' ich – gleich einer Heiligen zu Füßen,
Der himmlisch reizendsten Prinzessin mich zu nah'n.
Vergessen Sie an Wilhelminen
Den schwachen Theil von ihrem Lebenslauf.
Ach nähm' in Ihnen mich die Tugend wieder auf,
Wie treu würd' ich der Tugend dienen.
Der junge Herr, dem ich zuerst die Wiederkehr
Zum Guten danke, ist auch der,
Der mich zu Ihnen schickt; er gab mir im Vertrauen
Den Wink, es sey bei Ihren Kammerfrauen
Seit gestern eine Stelle leer.
Bewerbe, Mienchen, Dich um diesen Platz, sprach er,
Denn unter Ihrem himmelblauen
Gewölbten Augenpaar zu leben – zu ergrauen,
Wo ist am ganzen Hof ein Ehrenplatz, der mehr
Belohnend, durch sich selber, wär'?
»Gut, Frau Magisterin – ich helfe gern – zur Probe
Mag es denn sehn – ich hoff' Ihr ehrliches Gesicht
Soll halten, was es mir verspricht.«
Dank, edle Fürstin, Dank! »Schweig Sie von meinem Lobe,
Geh Sie in meine Garderobe
Und störe Sie mich weiter nicht!«


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