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Vorwort.

Meine Reise nach Brasilien unternahm ich in Begleitung einer Dame, eines dienstthuenden Kavaliers und eines Dieners, welcher sich taxidermische Fertigkeiten angeeignet hatte. Zweck meiner Reise war, die Tropen kennen zu lernen, womöglich Indianerstämme aufzusuchen und Pflanzen, Thiere und ethnographische Gegenstände zu sammeln. Als Ergebniss der Reise ist unter Anderem das Entdecken einiger neuer Thier- und Pflanzenarten und -varietäten und die Feststellung einiger neuer Fund- und Standorte zu verzeichnen.

Zunächst die Absicht, zur Thier- und Pflanzengeographie ergänzend beizutragen, bewog mich, die diesbezüglichen Resultate meiner Reise auszuarbeiten und an ihre Veröffentlichung zu denken. Während ich mit dieser Arbeit beschäftigt war, ereignete sich die grosse politische Umwälzung in Brasilien. Und bald auch wurde das einstige, edle Herrscherpaar dieses Landes zur ewigen Ruhe gebettet. Nun gehörte einer abgeschlossenen Geschichtsperiode an, was ich in Brasilien am Hof gesehen und erlebt, und Manches davon gewann an Interesse dadurch, dass es fernerhin nicht mehr beobachtet werden konnte. Dies veranlasste mich, schliesslich auch diesen, anfangs nicht für die Oeffentlichkeit bestimmten Theil meiner Reise einer Ausarbeitung zu unterziehen, und den geographischen Schilderungen anzugliedern. –

Es war leider nicht möglich, diese Blätter früher dem Druck zu übergeben, da allein fünf Jahre auf Bestimmen der von mir gesehenen und gesammelten Pflanzen und Thiere und auf Vergleich der von mir mitgebrachten ethnographischen Gegenstände mit denjenigen verschiedener ethnographischer Museen verwendet werden mussten. Wohl hatten Männer von Fach die Güte, die meisten Objekte zu bestimmen, doch liess ich es nicht dabei bewenden, sondern arbeitete selbst jeden einzelnen Gegenstand nochmals durch, zu welchem Zweck ich mich mit der einschlägigen Literatur erst eingehend bekannt machen musste. Eine weitere Verzögerung der Veröffentlichung ergab sich dadurch, dass ich mich genöthigt sah, verschiedene Reisen zur Vervollständigung meiner Studien zu unternehmen. So war ich im Jahre 1889 in Paris, die dort in noch nie dagewesener Uebersichtlichkeit aufgestellte altindianische Keramik Mexicos und verschiedener central- und südamerikanischer Staaten, behufs Vergleiches mit derjenigen Brasiliens, einer Besichtigung zu unterziehen. Dann war ich in Nordamerika, um in möglichst viel ethnographisches Vergleichsmaterial Einblick zu erhalten. Dies gelang mir, ausser durch Besuch der Sammlungen, auch insofern, als ich von Canada bis Südmexico Indianer aus siebzehn verschiedenen Stämmen zu Gesicht bekam.

Es wurde mir gerathen, meine Reiseerlebnisse in Tagebuchform zu kleiden. Ich folgte diesem Rath. Je mehr ich aber im Schreiben meines Buches vorwärts gelangte, desto mehr kam mir zum Bewusstsein, dass diese Form keine glückliche ist. Sie verhindert z. B. das Zusammenfassen der Eindrücke und das Verwerthen später erworbener, ergänzender Erfahrungen. Verwerthet man letztere aber dennoch, so ergiebt sich der Missstand, dass man anscheinend Dinge zu einer Zeit gewusst hat, zu der man sie kaum oder unmöglich hat wissen können. Als ich dieser und noch vieler anderer Nachtheile der Tagebuchform gründlich inne geworden, war das Werk jedoch schon zu weit fortgeschritten, um in veränderter Fassung wieder von vorne begonnen zu werden.

Ausser durch letztgenannten Uebelstand, wurde ich auch noch durch Mangel an Literatur gehindert, mein Buch nach Wunsch auszuarbeiten. So sind, um nur Einiges zu erwähnen, mehrere der wichtigsten Pflanzenfamilien in der Flora Brasiliensis von Martius noch nicht erschienen. Ebenso ist der die Reiher etc. behandelnde Band des ornithologischen Kataloges, welchen das Britische Museum herausgiebt, noch nicht veröffentlicht worden. Da während meiner langjährigen Arbeit sich manche neue naturwissenschaftliche Standpunkte geltend gemacht haben, war ich später gezwungen, im schon vollendeten Werk Verschiedenes abzuändern. Es mag nun vielleicht geschehen sein, dass ich an einer Stelle die Berichtigung angebracht, sie an einer anderen anzubringen jedoch übersehen habe und hierdurch in meinem Buche Widersprüche entstanden sind. Ueberhaupt mögen, trotz mehrmaliger peinlicher Revision des Ganzen noch so manche Fehler mituntergelaufen sein. –

Ehe ich dieses einleitende Wort beende, kann ich nicht umhin, all Denjenigen zu danken, welche mir mit so grosser Liebenswürdigkeit im Bestimmen des von mir gesammelten naturwissenschaftlichen Materials oder sonstwie hilfreich an die Hand gegangen sind. Zu diesen gehören die Herren an der zoologischen, paläontologischen, mineralogischen und prähistorischen Sammlung und dem ethnographischen und botanischen Museum zu München, verschiedene Herren an dem naturhistorischen Museum zu Wien, dem Museum für Naturkunde und botanischen Museum zu Berlin und dem Britischen Museum zu London, die Botaniker Professor Dr. Weiss in Freysing, Dingler in Aschaffenburg, Schenk in Darmstadt, Köhne in Berlin, Mez in Breslau, Cogniaux in Verviers, Dr. Stapf in Kew und Petersen in Kopenhagen, die Zoologen Graf Otting in München, Graf Berlepsch in Münden, Professor Dr. Forel in Zürich, Baron de Sélys-Longchamps in Lüttich und Dr. Goeldi in Pará, schliesslich der Geologe Professor Orville A. Derby in São Paulo.

München 1897.

Die Verfasserin.


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