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Die gemeine Waffenfliege.

( Stratiomys chamaeleon)
siehe Bildunterschrift

a. Larve. b. Puppe. c. Dieselbe etwas vergrößert und ihre Haut geöffnet, um die eigentliche Puppe in jener liegen zu sehen. d. Weibliche Fliege.

Am 27. Juli 1856 befand ich mich auf einem kleinen entomologischen Ausfluge am salzigen See, einem der beiden zwischen Halle und Eisleben gelegenen Mansfelder Seen. Diese Gegend ist nicht nur den Käfersammlern seit lange durch ihre reichen Schätze als klassischer Ort hinreichend bekannt und wird alljährlich von einzelnen aus weiterer Ferne, wie aus Berlin, Wien, Dresden, Lund u. a. besucht, sondern bietet auch während der Badezeit zahlreichen Fremden aus der Nachbarschaft und aus dem durch die Eisenbahn Halle nahegebrachten Leipzig einen angenehmen Sommeraufenthalt, wie der See selbst mit seinem Salzwasser stärkende Bäder. Die im allgemeinen flache Gegend zeigt an einzelnen Punkten reizende Bilder und ist schon werth von jedem besucht zu werden, den weiter keine Interessen treiben, als den überraschenden Anblick einer größern Wasserfläche einmal genießen zu wollen; vollkommen befriedigt wird der Bewohner eines an Seen armen Binnenlandes wieder heimkehren.

Der Tag war heiß, und Insekten allerlei Art, besonders Fliegen umschwärmten geschäftig die mannigfachen Formen und bunten Teppiche eines reichen Pflanzenwuchses. Eine elegante Fliege ( Stratiomys furcata) saß am Rande eines kleinen Wassertümpels ruhig auf der Unterseite eines Schilfblattes, etwa in Manneshöhe über dem Spiegel des nicht spiegelnden, mehr schlammigen Loches und zog um so mehr meine Aufmerksamkeit auf sich, als ich dieselbe Art bisher nur in wildem, aber geräuschlosem Fluge von Blume zu Blume eilen sah und dort mit großer Ausdauer und Vorsicht auch einige Stücke erbeutet hatte. Von der Schüchternheit und Eile dieser Art vollkommen überzeugt, nahte ich mich mit der größten Vorsicht und erreichte meinen Zweck. Das Thierchen blieb nicht nur sitzen, sondern fuhr in seiner Beschäftigung – – Eier zu legen fort. Ein anscheinend filziger Klumpen hinter ihm wurde größer, indem es mit der sonst zurückgezogenen, jetzt bemerkbaren Spitze seines Hinterleibes mehr und mehr vorwärts rückte. Mehr zu beobachten war mir der Entfernung wegen nicht möglich, der unsichere Boden unter meinen Füßen erlaubte kein weiteres Vordringen, und dieses würde, wenn es möglich gewesen, die Fliege sicherlich verscheucht haben. Ich fing diese schließlich und bemächtigte mich des Blattes mit den Eiern. Es mochten einige hundert walzige, grünlichgraue, etwa eine Linie lange Körnchen sein, welche gedrängt neben einander schräg aufrecht standen, von einer grünlichgelben Salbe festgehalten und eingebettet wurden und in ihrer ganzen Erscheinung eine große Zartheit verriethen. In einer Schachtel nahm ich sie mit heim, warum, weiß ich eigentlich selbst nicht; denn ich sammelte wohl Fliegen, es fiel mir aber nicht ein, daß man sie unter Umständen auch ziehen könne wie die Schmetterlinge. Sie zeigten sich bald viel dunkler, wurden aber vergessen, und nach etwa zehn Tagen fand ich in derselben Schachtel wenige winzig kleine, lanzettförmige Lärvchen mit deutlichen Quereindrücken; weiter ließen die etwas zusammengetrockneten Wesen nichts erkennen.

Ich suchte nun nach, ob ich über die Entwicklungsgeschichte dieser Fliege Auskunft fände. Für diese Art war mein Forschen erfolglos, nicht aber für eine andere, ungemein ähnliche, die gemeine Waffenfliege ( Stratiomys chamaeleon). Die Hauptsache von dem, was man über deren Entwicklungsgeschichte beobachtet hat, ist etwa folgendes.

Sobald die in die nächste Nähe stehenden Wassers oder kleiner fließender Gräben gelegten Eier durchnagt sind, begeben sich die Larven in das Wasser, wo sie im Schlamme, auch unter Steinen, die dort auf dem Boden liegen, von verwesenden Pflanzen- und Thierresten leben; in der Gefangenschaft ließen sie sich auch mit Weißbrot füttern und zeigten sich in der Nahrung nichts weniger als wählerisch. Sie begnügen sich jedoch nicht mit dem einfachen Taucherleben und den Wühlereien im Grunde ihres Wasserbehälters, sondern kommen dann und wann an die Oberfläche, wo sie eine Zeit lang mit ihrer Hinterleibsspitze hängen, aus nicht schwer zu errathendem Grunde, wovon nachher mehr. Reich mit Meerlinsen belegte Teiche scheinen ihnen besonders günstig zu sein. Ich trug am 29. Mai (1859), eine ziemliche Menge an Schilfstengeln haufenweise angeklebter Eier von Stratiomys longicornis, einer wieder andern, aber ähnlichen und zu den großen gehörigen Art ein, welche nach acht Tagen auskrochen, Wasser bekamen, aber nicht gedeihen wollten. Sie hatten ganz die Form der ausgewachsenen Larve und krochen gern an den Wänden des Glasgefäßes über das Wasser in die Höhe.

Wir erblicken in Fig. a eine erwachsene Larve, über deren Gestalt nur noch hinzugefügt sein mag, daß der Körper etwas breitgedrückt ist, in einem Querschnitte also etwa dem einer Linse gleichkommt. Von den zwölf Leibesgliedern deckt an den vier vordersten der Vorderrand des nächsten allemal den hintern Rand des vorangehenden Gliedes, das vierte dagegen aber auch mit seinem Hinterrande den Vorderrand des folgenden und in dieser umgekehrten Weise geht es bis an das Ende. Will man den Bau des Leibes mit der Einrichtung eines Fernrohrs vergleichen, so würde also vom letzten bis zum vierten Gliede jedes in das vorhergehende einschiebbar sein, und von der andern Seite her das erste wieder bis zu demselben vierten. Sie alle sind bräunlich erdgrau gefärbt und bei näherer Betrachtung durch schwärzliche Längsstrichelchen und Pünktchen auf ihrer Oberfläche gekörnt. Die äußerste Schwanzspitze führt eine Oeffnung, nicht als Abzugskanal der Auswürfe, dessen Mündung vielmehr etwas weiter nach vorn liegt, sondern zum Athmen, und ist mit einem Sterne zierlich gewimperter Härchen umgeben. Diese stehen nicht immer so regelmäßig, wie die Figur sie darstellt, sondern ordnen sich häufig in drei, nicht gerade gleich breite, mehr oder weniger zusammenhaltende Gruppen, oder klappen sich, nach oben mit ihren Spitzen zusammenstoßend, in der Weise zusammen, daß sie einen hohlen, kugelähnlichen Raum einschließen, weil die Strahlen des Sternes nicht gerade, sondern mit den Spitzen aufwärts gebogene Linien darstellen. In ihren Bewegungen haben diese Thiere viel Aehnlichkeit mit den oben erwähnten Larven der Stechmücke. In S- oder C-förmigen Windungen, das Schwanzende nach oben, den Kopf nach unten gekehrt, schlängeln sie sich auf und nieder und hängen oft auch senkrecht mit ausgebreitetem Schwanzsterne an der Oberfläche. Sobald sie untertauchen, nimmt letzterer die erwähnte Kugelgestalt an und schließt ein silberglänzendes Luftbläschen ein, als Vorrath zum Athmen und dazu geeignet, ihnen einen längern Aufenthalt unter dem Wasser zu gestatten; denn zum Untersinken wäre es ihnen nur hinderlich, zum Aufsteigen allerdings förderlich. Die frühern Beobachter scheinen anzunehmen, daß es ihnen hierzu sogar unumgänglich nöthig wäre und daß, »wenn es ihnen einmal entglitte, dasselbe aus den Luftröhren wieder ersetzt werden müsse.« Diese Behauptung ist mir unklar, wie eine andere, daß in den schlängelnden Bewegungen, welche das Aufsteigen vermitteln, »sichtbare Angst« vom Thiere verrathen werden sollte, welches dazu bestimmt sei, so lange an dem Boden der Gewässer hinzukriechen, bis es dieser Weg von selbst an die Oberfläche führe.

Alle derartige Larven, sind um ein Geringes schwerer, als die durch ihren Körper verdrängte Wassermasse, also zum Untersinken befähigt, sie erhalten sich aber durch geeignete Bewegungen im Wasser mit Leichtigkeit und können auch dann an seiner Oberfläche ohne Kraftvergeudung schwimmen, wenn irgend welche Anhängsel, wie hier die strahlig ausgebreiteten Schwanzborsten, ihre Körperoberfläche vergrößern. Am schwarzen, hornigen Kopfe stehen zwei einfache Augen, vorn eine Art Schnabel und daneben ein Paar beweglicher Kiefern, Fühler oder wie man die gezahnten und bewimperten Werkzeuge nennen mag, welche sich wie bei den Mückenlarven in steter Bewegung befinden, beim Fortkriechen im Schlamme aber zum Einhaken gebraucht werden, so daß die Larve dabei an die Gewohnheit eines Papageien erinnert, sich seines Schnabels als dritten Fußes zu bedienen.

Uebrigens kann man beobachten, wie sie mit Hilfe ihres Schnabels die Meerlinsen benagen und theilweise verschwinden lassen. Gleich den Larven der Mücken häuten sich auch diese mehre Male, ehe sie vollkommen erwachsen sind. Auf dem Rücken des fünften Gliedes öffnet sich das zu eng gewordene Kleid in der gewöhnlichen Längsspalte, und leicht arbeitet sich der Vordertheil hervor, das Schwanzende soll mehr Mühe machen und in ein bis zwei Tagen bisweilen erst abgestreift werden. Dies beobachtete Schrank an seinen gefangen gehaltenen Larven, die Mitgefangenen mußten dabei noch zu Hilfe kommen und an dem sich in Stücken auflösenden alten Balge zerren und reißen, indem sie dieselben verzehrten, bis sie fetzenweise vom verjüngten Leibe sich ablösten; er meint, daß dies im Freien, wenn die Thiere zwischen den Meerlinsen umherkröchen, jedenfalls alles viel schneller von Statten ginge. Eine gefangen gehaltene Larve von mittlerer Größe überstand eine von mir zufällig beobachtete Häutung in einer Zeit von kaum einer Stunde.

Scheinen schon in dieser Hinsicht die Lebensbedingungen, welche Schrank seinen Larven darbot, nicht ganz günstig und naturgemäß gewesen zu sein, so tritt das bei der Verpuppung derselben noch mehr hervor.

Nach ihm bleibt das Insekt »in der schönen Jahreszeit auf der Oberfläche des Wassers, bis endlich die Fliege auskriecht.« Ueber das Auskriechen selbst erzählt er weiter wie folgt: Beitrag zur Naturgeschichte der Stratiomys chamaeleon von Franz Paula Schrank im »Naturforscher« siebenundzwanzigstes Stück. Halle 1793. »Ich hatte meine Larven in Kaffeetassen hingestellt, die ich beständig voll Wasser hielt (allerdings wenig geeignete Behälter, um den Thieren ihren natürlichen Aufenthalt zu ersetzen, was sie auch dadurch bewiesen, daß sie, wie er bei anderer Gelegenheit mittheilt, ihm oft genug davonkrochen). Die Fliege, die nun zum vollkommenen Insekt herangereift war, schob sich, nach abgeworfenem vordersten Theile der Larvenhaut, heraus, gerade wie das Réaumur beschreibt. So lange noch ein Theil ihres Leibes in dieser Haut steckte, war mir für die Fliege nicht bange; aber nun war sie ganz herausgekommen, und ich wunderte mich, sie jetzt als Wassertreterin kennen zu lernen. Sie stand eine kleine Weile stille und war vermuthlich über den neuen Anblick der Luftwelt betroffen, dann ging, sie ziemlich langsam über das Wasser, bis an den Rand der Tasse, fiel über denselben hinab auf den Tisch, ging einige Schritte weiter und ließ nun die Natur an der Festigkeit ihres Körpers arbeiten. Der sehr aufgeblasene Körper erhielt allmählich die bei der Art bekannte Gestalt: die Flügel, welche gleich anfangs ihre ganze Länge hatten, aber wie zwei dünne Borsten längs des Hinterleibes in paralleler Richtung hinlagen, entfalteten sich in die Breite, was binnen einer Viertelstunde geschieht, blieben aber gleichwohl noch parallel, endlich kreuzten sie sich und nun, vielleicht schon etwas eher, kann das Insekt das Wasser nicht mehr treten, sondern sinkt bis an den Leib ein. Die Erscheinung, daß eine Fliege mit ihren höchst dünnen Füßen im Stande ist, das Wasser zu treten, ist übrigens so seltsam nicht, als es scheinen mag; Das hat seine Richtigkeit; denn es giebt verschiedene Fliegen, welche auf dem Wasser mit großer Gewandtheit umherlaufen und sich mit Vorliebe darauf paaren, ohne nur im Geringsten durch ihre doppelte Last einzusinken. Ja es dürfte solche geben, die unter dem Wasser auskriechen, und dann erst am Stengel einer Wasserpflanze sich in die Höhe begeben. jeder Flaum thut eben das (!?), er berührt nur mit einigen wenigen seiner Haare die Oberfläche des Wassers, auf der er herumtreibt; ihn und die Fliege, wenn sie seine specifische Leichtigkeit hat (?), trägt die Luft, und diese Leichtigkeit hat unsere von Luft aufgedunsene und dabei gleichwohl viel mehr breite als dicke Waffenfliege in den ersten Augenblicken ihres Hervorgehens gewiß (?).« So weit Schrank.

Wir haben keinen Grund, dem um die Naturgeschichte wohl verdienten und durch seine zahlreichen zoologischen und besonders botanischen Schriften rühmlichst bekannten Forscher nicht zu glauben, müssen aber sein Glück bewundern, das er bei Erziehung der in Rede stehenden Larven hatte, und die Art und Weise als eine ziemlich unnatürliche bezeichnen, wie schon aus der oben markirten Stelle seiner Mittheilungen bei einigem Nachdenken erhellt. Swammerdamm führt an, die Larve krieche zur Verpuppung auf die Wasserfäden, d. h. auf die Blätter irgend welcher im Wasser schwimmenden Pflanzen, so daß sie halb naß und halb trocken liege. In diesem Falle ist die Fliege allerdings nicht der Gefahr ausgesetzt, beim längern Wassertreten sich so weit zu entfalten, daß sie nicht mehr getragen werden könnte und mithin ertrinken müßte. Ich kann aus Erfahrung diese Ansicht nur bestätigen. An demselben Tage, an dem ich, wie oben erwähnt, die Eier der langhörnigen Waffenfliege ( St. longicornis) fand, fischte ich beim Suchen nach Wasserkäfern mehrere Puppen mit heraus, welche zwischen allerlei Wasserpflanzen verborgen waren und sich jedenfalls, wie die Schmetterlingspuppe aus der Erde oder dem Holze, je mehr und mehr empor arbeiten, bis sich ihr vorderer Theil in der Luft befindet, je näher der Augenblick des Ausschlüpfens rückt. Eine unter ihnen erschien mir besonders trocken, so daß sie schon länger über dem Wasser angelangt gewesen sein mußte. Ich brach sie im vordem Viertel ihrer Länge quer durch, und zu meinem Staunen zeigte sich die vordere Hälfte einer lebendigen Waffenfliege. Selbige brachte ich, ohne weiter der Natur vorzugreifen, in ein trockenes Gläschen. Erst nach etwa zwei Stunden, als Rast gemacht ward, sah ich wieder nach. Alles war noch in dem alten Zustande. Durch das unzeitige und gewaltsame Oeffnen der Puppe schien der Fliege die Möglichkeit genommen, weiter vorzudringen und ihren Hinterleib zu befreien, einige Häutchen beengten sie. Dieselben wurden gelöst, und sofort arbeitete sich das vorher ruhige Thier mit großer Lebendigkeit und ohne weitere Mühe vollständig aus der Hülse hervor. Die letzten Hinterleibsglieder standen ihr weit heraus, die gelbe Farbe an allen war bleich, doch erkannte ich deutlich genug, daß es die »gemeine Waffenfliege« sei. Sie ward wieder in ihr Gefängniß gebracht und in die Tasche gesteckt. Nach einer Stunde sah ich nach ihr und fand sie zu meiner größten Verwunderung nicht nur vollständig ausgefärbt, ihre letzten Leibesglieder eingezogen, sondern auch die Flügel vollkommen ausgewachsen, was ich nicht erwartet hatte, mit einem Worte ein Thier, welches in jeder Hinsicht keine Spur einer gestörten Entwickelung an sich trug. Aus diesen Mittheilungen geht zur Genüge hervor, daß die Waffenfliegen eben nicht sehr empfindlich sind und die Natur bei ihnen den Fall vorgesehen zu haben scheint, daß sie nicht gleich verkümmern oder zu Grunde gehen, wenn die eine und die andere beim Auskriechen mit mehr Schwierigkeiten und Hindernissen zu kämpfen hat, als gewöhnlich der Fall zu sein pflegt. Ein Schmetterling wäre unter den hier obwaltenden Umständen entschieden zu Grunde gegangen.

Eine weitere Beobachtung, welche ich später anzustellen Gelegenheit hatte, spricht noch mehr für das Amphibienartige im Leben dieser sonderbaren Larven. Am 12. April fand ich einige derselben in der Nähe eines Teiches, welcher im vergangenen heißen Sommer sehr wasserarm gewesen war, unter Steinen und zwar an einer Berglehne, mindestens 9 Meter vom damaligen Wasserstande entfernt und beinahe einen Meter über demselben erhaben. Hierhin mußten die auf Landreisen nicht eben eingerichteten Thiere mit nicht unbedeutendem Kraft- und Zeitaufwande marschirt sein; denn daß sie vom Wasser dahin gespült und nun daselbst zurückgeblieben sein sollten, daran war bei den örtlichen Verhältnissen nicht zu denken. Ich brachte die Puppen in dem geheizten Zimmer auf ziemlich trockne Erde, wo sie etwas unter die Oberfläche gegangen waren. Am 4. Mai erschien die erste Fliege; ein Männchen von der langhörnigen Waffenfliege ( Stratiomys longicornis Scop).

Die reife Larve wird mehr und mehr regungslos, verkürzt sich etwas auf Kosten ihres Umfanges und die sogenannte Puppe ist fertig, d. h. die letzte Larvenhaut bildet eine verhärtete, gedrungenere Umhüllung für die Mumienpuppe, wie das bei allen ächten Fliegen der Fall ist. Da die Fliege, mithin auch ihre Puppe wesentlich kürzer als die Larve ist, so füllt letztere die Larvenhaut auch nicht vollkommen aus, wie bei anderen, aus sogenannten »Tonnenpüppchen« entstehenden Fliegen, sondern die reichliche Spitzenhälfte derselben enthält nur Luft, während die dickere Vorderhälfte mit Ausnahme des eingesunkenen Kopftheiles die Puppe birgt (Fig. c). Diese zeigt die Gliedmaßen der künftigen Fliege sehr deutlich und an den Seiten des Hinterleibes je vier Luftlöcher. Man sieht an ihr das Rückengefäß pulsiren. Die innern Theile und besonders der vorher ungemein lange und darum vielfach gewundene Darm haben sich bedeutend verkürzt, der Fettkörper sehr verkleinert, kurz es ist eine gründliche Umwandlung vorgegangen, jedenfalls nicht abweichend von der, welche alle anderen Insekten mit vollkommener Verwandlung zu bestehen haben. Wie nach durchschnittlich elf Tagen die Fliege sich hervorarbeitet, wissen wir bereits aus der obigen Mittheilung Schranks; wie aber das ausgebildete, schön geformte und lebhaft gezeichnete Thier, elegant in seiner ganzen Erscheinung, eigentlich beschaffen, müssen wir unter Anleitung des oben in natürlicher Größe abgebildeten Weibchens (Fig. d) in aller Kürze noch kennen lernen.

Die Gestalt des Kopfes und der übrigen Haupttheile des Körpers bedarf keiner weitern Erörterung, das Bild vergegenwärtigt sie; jener ist an den Backen, der hinter den Augen etwas leistenartig vortretenden Stelle, lebhaft gelb gefärbt und ebenso vorn am gleichmäßig gewölbten Gesichte mit Ausschluß einer schmalen, schwarzglänzenden Längsstrieme, Auf dem schwarzen Scheitel stehen drei Nebenaugen dicht bei einander. Die vorgestreckten Fühler bestehen aus drei Gliedern, deren mittelstes sehr kurz, letztes etwas breitgedrückt und geringelt ist. Der geknickte fleischige Rüssel wird in der Ruhe eingezogen getragen und hat sehr kurze Borsten, die nie stechen. Die drei Ringe des schwarzen, bräunlich seidenhaarigen Bruststückes sind auf dem Rücken durch Quereinschnitte angedeutet und der mittelste, wulstig vortretende Theil des zweiten, Schildchen genannt, mehr oder weniger gelb gefärbt. Dieses Schildchen hat der Fliege ihren deutschen Namen verliehen. Es ist nämlich an seinen abgerundeten Hinterecken mit zwei spießartigen, schräg aufstehenden Dornen bewaffnet. Die drei ersten, gleich breiten Ringe des schwarzen Hinterleibes ziert jederseits ein mehr oder weniger viereckiger, schwefelgelber Seitenfleck, sowie den vierten und letzten ein solcher dreieckiger an seiner Spitze; der gelbe Bauch führt drei schwarze, in der Mitte unterbrochene Querbinden am Vorderrande der Glieder. Das Gelb der Zeichnungen, im Leben sehr lebhaft, bekommt im Tode mit der Zeit ein trübes und schmutziges Ansehen, weil es von dem mehr oder weniger chemisch sich ändernden Fettkörper herrührt. Die gelbgeaderten, glashellen Flügel mit einer geschlossenen, unregelmäßig sechseckigen Zelle unter dem Male liegen in vollkommener Ruhe so gekreuzt über dem Rücken, daß die beiden Seiten des Hinterleibes ziemlich breit hervorragen; die Tracht erinnert an die fast vergessene, geschmacklose Mode des langen, spitzen Frackes. Die schlanken, bis auf einen schwarzen Ring um die Schenkel gelbgefärbten Beine sind kaum merklich behaart, ohne Dornen an den Schienen, deren hinterste nicht ganz gerade, und tragen zwischen den Krallen je zwei kleine, runde Ballen. Das Männchen unterscheidet sich vom Weibchen durch geringere Größe und durch oben auf dem Scheitel zusammenstoßende Augen.

Es wurden bereits mehrere Arten von Waffenfliegen genannt, mit jenen Namen aber bei weitem nicht alle einheimischen Arten erschöpft. In der Form stimmen sie alle überein, nur in der Färbung der einzelnen Körpertheile und in den Längenverhältnissen der Fühlerglieder sind die wesentlichsten Artunterschiede begründet.


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