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Der schwarze Kornwurm, Kornkäfer, gemeine Getreiderüßler.

( Sitophilus granarius, Calandra granaria)
siehe Bildunterschrift

b. Puppe. c. Käfer (vergrößert). a. Larve und Käfer an Gerstenkörnern (kaum vergrößert).

Hie und da hat zeitweilig der sogenannte »Kornwurm« wegen des großen Schadens in Getreidespeichern solches Aufsehen verursacht, daß u. a. die Ackerbaugesellschaft von Limoges 1768 einen Preis auf seine Vertilgung auszusetzen für angemessen hielt. Man pflegt zwei wesentlich verschiedene Kerfe unter diesem Namen zu begreifen und da, wo man sie zu unterscheiden versteht, den einen den »weißen«, den andern den »schwarzen« zu nennen. Jener ist die Raupe der allgemeiner verbreiteten, auch im Freien lebenden, seltener aber in gefährlicher Weise massenhaft auftretenden »Kornmotte« ( Tinea granella), dieser gehört als Larve einem kleinen Rüsselkäfer an, der aus wärmeren Erdgegenden bei uns eingeschleppt und noch nicht soweit heimisch geworden ist, daß er in freier Natur bestehen könnte.

Im Frühlinge, dann wieder und vorzugsweise im Juli zeigen sich ab und zu da, wo Roggen, Weizen, Mais u. a. Körnerfrüchte in größeren Mengen aufbewahrt werden, also in Scheunen, Getreidespeichern, Kähnen, wenn sie dergleichen Ladungen haben, auf den Säcken, den Kornhaufen, an den Wänden der Gebäude und Behälter einzeln, oder an besonders der Sonne ausgesetzten Stellen in zahlreichen Gruppen zusammengedrängt, kleine Thierchen. Wo sie einmal zur Plage geworden sind, trifft man sie häufig truppweise versammelt; sie dringen auch in die Wohnzimmer und Schlafkammern ein, wenn diese nicht zu entfernt von den Kornböden liegen, und sollen sogar die Schlafenden in ihren Betten zwicken. Um sie genauer kennen zu lernen, muß man sie durch eine vergrößernde Linse betrachten, weil sie sehr klein sind, diese rothbraunen, seltner ganz schwarzen, mehr platten und außerordentlich stark bepanzerten Käfer. Ihr Rüssel ist dünn und fadenförmig, sanft gebogen und beinahe so lang wie das Halsschild, er trägt die geknickten Fühler an seiner Wurzel, unmittelbar vor den Augen. Die Geißel jener ist bis zu dem langeiförmigen, ungegliederten Endknopfe sechsgliedrig, das Halsschild ist länger als breit, vorn etwas verengt, hinten so breit wie die Flügeldecken, mit länglichen großen Punkten bestreut, welche jedoch eine glänzende Mittellinie frei lassen. Die nur wenig längeren, streifig tief punktirten Flügeldecken sind hinten zusammen abgerundet und etwas abgekürzt, so daß sie die Hinterleibsspitze unbedeckt lassen. Die Schienen der Beine haben einen Hornhaken an ihrer Spitze und tragen nur je vier Fußglieder Eine zweite, seltenere, ungemein ähnliche Art kommt gleichfalls bei uns vor und lebt im Reiße, daher führt sie den Namen Reißkäfer ( Calandra oder Sitophilus oryzae). Der Reißkäfer unterscheidet sich hauptsächlich durch seine pechschwarze Farbe, die dichten, runden Punkte auf dem Halsschilde und durch die sehr eng punktirt gestreiften Flügeldecken, welche in den Zwischenräumen mit gelblichen Borstchen besetzt sind, von dem Kornrüßler. Im Marke der Palmen leben mehrere sehr ähnliche, aber bedeutend größere Arten, von zum Theil mehr als Zolllänge, deren Maden zum Theil von den Indianern und Kreolen »Cabiswürmer« genannt und, auf Kohlen geröstet, für einen Leckerbissen gehalten werden..

Die jegliches Leben aus dem Winterschlummer aufweckende Frühlingssonne lockt auch die Kornkäfer aus ihren Verstecken, aus den Ritzen der Balken, aus Stroh und Spreu, aus der Erde in den Scheunen u. s. w. hervor und durchglüht sie zu neuer Lebenslust. Die Weibchen suchen sich sodann Körner auf, um ihre Eier, an jedes nur eins, abzulegen. Im Grunde gilt ihm jedes Korn gleich, doch, hat es die Wahl, so scheint es etwas dumpfige Stellen vorzuziehen, darum kriecht es auch immer einige Zoll tief in die Fruchthaufen hinein und zieht, der Wärme wegen, die Mittagsseite allen andern Lagen vor. Die Art, wie es sein schwach durchsichtiges Ei legt, bietet keine Eigenthümlichkeit: es bohrt ein flacheres oder tieferes Loch in das Korn und schiebt jenes hinein. Diese Arbeit kann ein Weibchen bis 150 Mal wiederholen; denn so groß soll der Vorrath an Eiern in seinem Eierstocke sein. Nach zehn bis zwölf Tagen kommt die Larve aus, welche nach und nach das Mehl des ganzen Kornes aufzehrt. Der Unrath, welcher höchstens die Oeffnung verstopft, durch welche das Ei hineingebracht worden war, bleibt im Innern der Hülse, verursacht auch keinen üblen Geruch, und da keine Körner zusammengesponnen werden, wie vom weißen Kornwurme, so ist am Getreide äußerlich die Gegenwart des »schwarzen« Feindes durchaus nicht zu bemerken. Ein Korn reicht für eine Larve aus, und sie verläßt es nie, um ein anderes aufzusuchen. Sie sieht weiß aus, hat einen durchsichtigen, am Maule braunen Kopf und eine beinahe kugelige Gestalt, ist fußlos und, wie alle Verwandte, etwas faltig (Fig. a). In dem von ihr zur bloßen Hülse ausgefressenen Korne, falls es einem unserer gewöhnlichen Getreidearten und nicht dem großkörnigen Mais angehört, wird sie schließlich zu einer der Gestalt des künftigen Käfers entsprechenden Puppe (Fig. b). Dies Alles wickelt sich so rasch hinter einander ab, daß durchschnittlich vierzig Tage nach der, Eiablage der fertige Käfer aus der Hülse herausspaziert. Daß anhaltend rauhes Wetter die Entwickelung um einige Tage verzögern könne, läßt sich hier um so eher erwarten, als nach den gemachten Beobachtungen der Käfer zehn bis zwölf Grad Réaumur über 0° bedarf, um durch größere Beweglichkeit sein Wohlbehagen ausdrücken zu können. Merkwürdiger Weise ist in Haufen, welche von: Kornwurme stark bevölkert sind, die Temperatur so gesteigert, daß man nicht des empfindlicheren Quecksilber-Wärmemessers als Anzeiger bedarf, sondern die Erhöhung an der eingesteckten Hand fühlt. Die junge Brut nährt und vermehrt sich noch einmal in demselben Jahre, wie ihre Eltern, wenn sie nicht gestört wird. Die Fruchthaufen aber nehmen zwar nicht an Körnerzahl ab, desto mehr aber an Gewicht, und die sich sättigenden Käfer bleiben nicht bei dem einen Korne stehen, welches sie angenagt haben, sondern suchen sich den mehligen Inhalt aus jedem beliebigen andern zu verschaffen, so daß immer mehr und mehr Körner befressen, wenn auch nicht ausgefressen werden. Es ist mir zwar kein Fall bekannt geworden, aber er würde eben so sicher eintreten und der Getreidehaufen mit der Zeit in einen Knäuel von Kornkäfern verwandelt werden, wie vor Zeiten aus einem kleinen Häuflein Gerste Mehlmilben geworden waren, weil man jenes vollständig unberücksichtigt hatte liegen lassen.

Je mehr die Speicher, dem Lichte und der Luft zugänglich gemacht werden, je größere Sauberkeit auf denselben herrscht und je besser das Getreide, besonders im Frühjahre und im Juli, umgeschaufelt wird, desto eher dürfte man vor diesem kleinen, aber nicht zu unterschätzenden Feinde geschützt sein! Um bei größeren Getreidevorräthen das zeitraubende Umarbeiten zu ersparen, das ja auch ohne Gegenwart des Kornwurmes nöthig wird, ist man auf den sinnreichen Einfall gekommen, den Haufen zu »drainiren«. Das will sagen: man legt Thonröhren, welche ursprünglich dazu bestimmt sind, in einem Erdreiche das Wasser zu sammeln und abfließen zu lassen, in der Weise durch den Getreidehaufen, daß sie die Luft durch denselben streichen lassen und so seine Erwärmung und sein Dumpfwerden verhüten.

Der Umstand, daß der schwarze Kornwurm, auch das » Krebsel« in manchen Gegenden genannt, die Geselligkeit und noch mehr die Wärme liebt, hat einfache Mittel an die Hand gegeben, ihn durch Darreichung einer Wärmequelle, namentlich um die Zeit seines Erwachens aus dem Winterschlafe, in welcher die Wärme noch keineswegs hoch und anhaltend gleichmäßig auftritt, zu ködern und die auf eine bestimmte Stelle angehäuften Käfer einzufangen und zu tödten (in kochendem Wasser etc.) Man breitet zu diesem Zwecke am Fuße des Getreidehaufens ein Schaffell mit der Wollseite nach unten, alte Lappen aus, legt ein Säckchen mit angewärmtem Sande, heißgemachten Pflaumenkernen, welche beim Pflaumenmußkochen abfallen, oder sonst einen geeigneten, Wärme erzeugenden oder Wärme bindenden Gegenstand dahin, wo sich die Käfer zeigen.

In Frankreich hat man ganz zufällig in Erfahrung gebracht, daß die Ausdünstung des Hanfes die Käfer vertreiben kann. In einem Speicher wo 200 Hektoliter Weizen, vom Kornwurme stark heimgesucht, lagen, brachte man Hanfsamen und noch nicht geklopften Hanf. Am andern Morgen fand man die Dachbalken über und über mit Käfern bedeckt, die nach dem Giebel des Daches flüchteten. Der Weizen ward fleißig umgewendet; fünf bis sieben Tage lang beobachtete man den Abzug der Käfer und seitdem waren sie aus dem Speicher verschwunden. Ein Landwirth in hiesiger Gegend will durch Gegenwart einiger Centner Fenchelsamen auf seinem von Kornkäfern bewohnten Boden ganz dieselbe Wirkung hervorgebracht haben. In gedrängten Schaaren zogen dieselben an der Außenwand des Gebäudes abwärts und gelangten in das Bereich der Hühner auf dem Hofe, welche dieselben aufpickten.


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