Maximilian Schmidt
Die Künischen Freibauern
Maximilian Schmidt

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Schlußwort.

Die künischen Freibauern konnten sich nicht lange der unmittelbaren Unterthänigkeit unter die königliche Kammer erfreuen, denn schon nach drei Jahren (1640) wurden von Ferdinand III. sechs der Waldhwozder Freigerichte an Ulrich Adam Popel Lobkowitz zum freierblichen Eigentum abgetreten und zwar: Haidl, Kochet, Seewiesen, Eisenstraß, Hammern und St. Katharina. Der Kaufpreis hiefür betrug 18 666 fl., welche ihm jedoch als Gnadengeschenk erlassen wurden. Die übrigen drei Gerichte, Stachau, Stadeln und Neustadeln wurden dem Vizekanzler Albrecht Liebsteinsky von Kolowrat für eine ihm von seiten des Kaisers schuldige Summe von 20 000 fl. ebenfalls erblich abgetreten, wornach das künische Gebiet in den Besitz der Herrschaften von Bistritz und Stubenbach überging, die Freibauern aber ausdrücklich ihre alten Rechte beibehielten. Der geringe Kaufpreis hatte seinen Grund in den damaligen Zeitverhältnissen, denn infolge der AuswanderungEin Teil ließ sich im untern bayrischen Walde, damals dem Fürstbischof von Passau gehörig, nieder und zwar in den Ortschaften Jandelsbrnnn, Wollaberg, Hintereben, Heindlschlag, Rosenberg, Aßberg und Grund. Man heißt diese Ortschaften noch heute die »Künischen sieben Dörfer.« 303 und Entweichung der Bauern, den Opfern, welche der Krieg erheischte, wurden in den sechs erstgenannten Gerichten im Jahre 1640 nur mehr 121 Angesessene, die Schalupper miteingerechnet, vorgefunden. Nachdem der Krieg noch acht Jahre lang in Böhmen gewütet, war das Königreich nach dem westfälischen Frieden (1648) so verödet, daß man im ganzen Lande nur mehr 800 000 Einwohner zählte, während es vor Beginn des Krieges daselbst über 3 Millionen gab. In manchen Gegenden gab es weit und breit kein Dorf und man berief deutsche Kolonisten dahin, mit denen sich die böhmischen Nachkommen allmählich vermengten. Auch die verlassenen Wohnsitze der Freibauern wurden nach und nach wieder besetzt, teils durch die Entflohenen selbst oder ihre Erben, teils durch neue Ansiedler aus Altbayern und der Oberpfalz, angelockt durch die gewährten Privilegien. Alle haben ihre Sitten und Gebräuche bis zum heutigen Tage beibehalten.

Lobkowitz' Sohn trat die ererbten sechs Freigerichte im Jahre 1674 an Wilhelm Grafen von Kolowrat ab, welcher dieselben der Herrschaft Deschenitz einverleibte.

Noch einmal, im Jahre 1770, versuchten es die Waldhwozder, sich frei zu machen, indem sie der Regierung den Antrag stellten, sich durch die Summe von 47 000 fl. und Zurücklassung ihrer Forderung von 19 386 fl., des im französischen Kriege zur Bewachung des dortigen Grenzpasses vorgeschossenen Geldes, von der Schutzherrschaft loszulösen, was aber erfolglos war. Dagegen wurden sie von allen Herrschern in ihren Rechten aufs nachdrücklichste beschützt.

Seit Aufhebung des Robots und der Patrimonialgerichtsbarkeit (1850) durch die neue k. k. östreichische Staatsverfassung sind auch die Freiheiten und Privilegien 304 der Freibauern hinfällig geworden; aber sie bewegen sich noch jetzt mit einer gewissen Selbständigkeit als kleine Herrscher auf ihren Höfen, ihrem Gebiete; sie bilden einen Bauernadel, welcher am Althergebrachten festhält, thun sich etwas darauf zu gute, daß ihre Vorfahren von jeher freie Grundbesitzer und nur dem »Kunig« von Böhmen unterthan gewesen.

Die Schäden, welche ihnen der dreißigjährige Krieg geschlagen, sind längst vernarbt und vergessen, aber mit gerechtem Stolz gedenken sie noch heutigen Tages ihres Landsmannes, des wackern Johann Baptist Eisner, des einstigen Oberrichters von Seewiesen.

Und noch in anderer Beziehung zeichnen sich die deutschen Freibauern rühmlich aus, nämlich daß sie mit ihren böhmischen Nachbarn, mit denen sie ein politisches Band umschließt, in Frieden leben wollen, eingedenk der namenlosen Drangsale, welche die beiderseitigen Vorfahren in schweren Zeitläuften gemeinsam erduldet und wobei jeder seine Nationalität bewahrt hat. Möchte dieselbe auch fernerhin gepflegt werden ohne gegenseitige Anfeindung. Sobald das Vaterland ruft, sind Tschechen wie Deutsche bereit, Gut und Blut zu opfern in gemeinsamer Waffenbrüderschaft. Die Alten werden dies den Jungen bestätigen. Und soll das schöne Böhmerland, die Perle unter Östreichs Ländern, gesegnet sein, wie es dasselbe verdient, so möge nicht erst der Frieden der Nationalitäten im Kriege erfolgen, sondern der Krieg im Frieden schon jetzt aufrichtiger Versöhnung Platz machen. Das walte Gott!

 

 


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