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Die Erlösung

Ungarn.

(Col-Nidre. – Kapores.)

Es war Col-Nidre, der Abend vor dem Versöhnungstage. Die sonnige Heiterkeit des Herbstes lag wie süsser Duft auf den buntfarbigen Bäumen des Waldes, den weiten, stillen Fluren und den kleinen, mit rauchigen Schindeln gedeckten Häusern des ungarischen Städtchens. Ein letzter warmer Lichtstrahl stahl sich fast verschämt durch die halb erblindeten Fensterscheiben in das Haus des Kaufmanns Teller Herschmann und zitterte auf der Diele der grossen Stube, gerade als die beiden Männer hier eintraten, von deren Antlitz gleichfalls Licht, der Sonnenschein des Geistes und der Wissenschaft, in diesen dunklen Raum strahlte, in dem die Seelen ebenso dunkel waren, wie die zahlreichen Winkel und Winkelchen, welche die alten, massiven Möbel bildeten.

Der zuerst hereinkam, war der Arzt Jonas Bienenfeld, der Bruder der Frau Herschmann. Er kam, um ihr und den Ihren Glück zu wünschen, und es war nur an diesem Tage, dass er kam, denn er galt als arger Freigeist in der frommen strenggläubigen Gemeinde und war deshalb halb ausgestossen, einer von Jenen, denen die Zeloten der Synagoge von ganzem Herzen wünschen, »dass sie die Erde verschlinge«, und wenn ihn die Erde noch nicht verschlungen hatte, so war es wahrlich nicht die Schuld der Eiferer, die an den Wänden des Tempels zu stehen und dieselben betend anzurufen pflegten.

Mit Jonas Bienenfeld war diesmal ein junger Mann gekommen, dessen schlanke Gestalt, dessen feines, ein wenig bleiches Gesicht bei all' seiner Jugend den Denker, den ernst und entschlossen nach Erkenntniss, nach Wahrheit Ringenden verriethen. Es war dies der Liebling des geistvollen, jovialen Arztes, der Student der Medizin, Abner Barach, den der Erstere mitgebracht hatte, damit er seine Nichten kennen lerne.

Als die Beiden erschienen, hatte Frau Maecha Herschmann eben mit den am Col-Nidre üblichen, seltsamen, jüdischen Zeremonien begonnen. Während die übrigen Kinder, festlich gekleidet, feierlich im Halbkreise um sie standen und eine Anzahl Hühner, die Kapores (Opfer) gleichfalls geschmückt und die Füsse mit farbigen Bändern zusammengebunden, auf dem Boden lag, sass mitten in der Stube, auf einem Stuhl, mit gesenktem Haupte ein Mädchen, ihre älteste Tochter Mathele. Von dem einfachen weissen Kleid, das sie trug, hob sich ihr leicht geröthetes, unschuldiges Gesicht mit den dunklen Flechten reizvoll und herzgewinnend ab.

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Abner's Blick ruhte überrascht auf dieser keuschen, schönen Erscheinung, die geboren schien, um zu dienen, zu gehorchen, zu leiden, und jetzt schlug auch sie die Augen auf, zwei grosse, dunkle, sanfte Augen, in denen ein schwermüthiger Glanz war, der Glanz der Thränen. Sie sahen sich zum erstenmal, der junge Arzt und die Tochter des Zeloten, aber sie blickten einander an, als wären sie sich schon einmal auf einem anderen Sterne begegnet, ja, als wären ihre Seelen seit Ewigkeit mit einander vereint.

Frau Maecha Herschmann sprach indess mit einem vielsagenden Blick auf ihren halb verlorenen Bruder das uralte, wundersame Eingangsgebet: »Menschenkinder, welche in Finsterniss sitzen, sie sind gefesselt in Armuth und Eisen. Er soll sie aus der Finsterniss herausführen und ihre Bande zerreissen. Sie sind bethört von ihrem frevelhaften Wesen, von ihren Sünden sind sie gequält. Jede Speise verabscheut ihre Seele und sie gelangen bis zur Pforte des Todes, sie flehen zum Ewigen in ihrer Noth. Von ihren Drangsalen hilft er ihnen, er schickt seine Worte und rettet sie von ihrem Verderben. Sie danken dem Ewigen für seine Gnade und seine Wunderthaten. Wenn er einen Engel zum Vorsprecher hat, der von des Menschen Redlichkeit zu sagen weiss, dann wird er ihn begnadigen und wird ihn erretten vom Untergange, von der Gruft, und er wird sagen: Ich habe Erlösung gefunden.«

Als dies Gebet zu Ende war, schwang die Mutter den ängstlich flatternden und schreienden, jungen Hahn, den sie in der Hand hielt, dreimal um das Haupt Matheles und fuhr fort: »Das ist meine Umwandlung, das ist mein Tausch, das ist meine Vergebung. Dieser Hahn soll dem Tode geweiht sein, und ich soll langes Wohlleben und Freude erlangen.«

Nachdem die Sühnezeremonie auch an den anderen Kindern vollzogen war, wurden die armen Opfer, die Kapores den armen Leuten geschenkt, welche bereits freudig erregt in der Flur den willkommenen Braten erwarteten.

Die Familie sass dann um den grossen Tisch herum, und während Bienenfeld seinen gutmüthigen Witz an den Zeloten des Städtchens übte, Teller Herschmann beharrlich schwieg und Frau Maecha entrüstet seufzte, wechselten Abner und Mathele von Zeit zu Zeit einen Blick oder ein paar Worte, die, so gewöhnlich sie auch klangen, für diese Beiden süsse Musik waren.

Der lange Tag, so genannt, weil das strenge Fasten und Dürsten von Sonnenuntergang zu Sonnenuntergang auch dem Frömmsten schwer wird, ging glücklich vorüber. Alles nahm wieder fröhliche Miene in Israel an, und Abner, der bei Bienenfeld wohnte, und sich zu seinem Doktorexamen vorbereitete, begann in seinen freien Stunden das dunkle Haus des strengen finsteren Teller Herschmann fleissig und immer fleissiger zu besuchen.

Als er wieder eines Nachmittags kam, fand er die schönen Augen Mathele's in der That mit echtem Thränenglanz gefüllt.

»Was ist denn geschehen«, fragte er erschreckt.

Das schöne Mädchen deutete auf ihre Katze, die unter dem Ofen lag und schwer athmete.

»Ich glaube, sie stirbt.«

»Wer?«

»Meine Lili.«

»Oh! man stirbt nicht so schnell«, Versetzte Abner lächelnd, »und die Katzen insbesondere haben ein zähes Leben. Machen Sie mich, also nur getrost zu Ihrem Hofmedikus, und lassen Sie mich Ihre kleine Freundin sehen.«

Mathele lächelte verlegen, nahm Lili auf den Arm und der zukünftige Doktor begann das niedliche Thier zu untersuchen.

»Das hat nicht viel zu bedeuten,« sagte er dann, »ein Katarrh, weiter nichts. Lili ist meine erste Patientin, und ich will es als ein gutes Omen nehmen, wenn ich sie heilen kann. Aber, um Sie zu beruhigen, Fräulein, will ich sofort die Arznei holen.«

Abner ging und kehrte rasch mit einem homöopathischen Mittel zurück. Während jetzt Mathele das niedliche Thierchen festhielt, öffnete der junge Mediziner demselben mit einem kleinen Löffel die Zähne und flösste demselben die Medizin ein. Das Kätzchen wehrte sich heldenmüthig mit den beiden Sammtpfötchen, indem es zugleich miaute, aber trotz seines Widerstandes wurde die Kur glücklich begonnen und zu Ende geführt, und als Lili zum erstenmal, ihr schneeweisses Fell an der Sonne wärmend, behaglich zu schnurren begann, da blickten Mathele's grosse Kinderaugen mit heiterer Dankbarkeit auf Abner, sie hätten nicht dankbarer blicken können, wenn er sie selbst vom Tode errettet hätte.

Fortan bekam der Mediziner jedesmal ein freundliches, gutes Lächeln zum Gruss, und wenn er unter den Kindern sass und ihnen von den Wundern des menschlichen Organismus erzählte, da hingen die grossen Augen Mathele's mit fast zärtlicher Bewunderung an seinem geistvollen Gesicht, seinen feurigen Lippen.

Und so geschah es, dass er einmal zur Dämmerstunde in das Verkaufsgewölbe Herrn Teller Herschmann's trat, und während die Mutter mit den Kleinbürgern und Bauern schacherte, die Tochter in dem kleinen, mit allerhand bunten Bildern beklebten Verschlag vor dem Hauptbuch sitzend und emsig rechnend fand. Sie sah zu ihm auf, steckte die Feder hinter das Ohr und bot ihm die Hand.

»Guten Abend, Herr Barach.«

»Guten Abend, mein Fräulein.«

»Ich bitte Sie, sich nur einige Minuten zu gedulden«, fuhr sie fast flehend fort, »ich bin gleich fertig.«

»Oh! ich kann warten.«

Er setzte sich auf einen Ballen, der in der Ecke lag, und wurde nicht müde, der kleinen weissen Hand zu folgen, die eilig auf dem Papier hin und her flog, oder das feine gute Gesicht zu betrachten, das sich mit kindischem Ernst über das grosse Buch neigte, während die vollen rothen Lippen sich zählend bewegten.

Endlich legte das Mädchen die Feder hin, und als Abner aufstand, sah er, dass ihre niedlichen Finger ganz schwarz von Tinte waren. Sie hob sie in die Höhe und blickte rathlos empor.

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Ehe sie noch Zeit hatt», ihm zu antworten, hatte er die Hand des jungen Mädchens ergriffen. (Von Ed. Loevy.)

»Erlauben Sie mir, Mathele, von diesen reizenden, kleinen Fingern die garstige Tinte wegzuküssen«, sprach Abner, und ehe noch die Erlaubniss ertheilt war, hatte er die Hand des süssen Mädchens ergriffen und seine Lippen auf ihre Finger gedrückt.

»Was thun Sie?« flüsterte Mathele, »wenn die Mutter ...«

»Ich thue, was ich muss«, murmelte Abner.

»Und was müssen Sie?« fragte Mathele schalkhaft, »doch nicht mir die garstige Hand ...«

»Ich muss Sie lieben, Mathele«, fiel Abner ein, »ich kann nicht anders, ich liebte Sie vom ersten Augenblicke an, wo ich Sie gesehen. Es ist wie ein Märchen.«

»Oh! ich kann Ihnen ein Märchen erzählen«, erwiderte Mathele selig lachend, »das ebenso schön ist, von einem thörichten Mädchen, dessen armes Herz auch beim ersten Blick erobert wurde von einem jungen Manne, der sehr gescheidt ist und gelehrt. Ach, Abner! ich liebe Sie ja auch. Aber was soll daraus werden?«

»Etwas Gutes, Mathele«, rief der Mediziner, »denn wo zwei Herzen sich in Treue begegnen, da wachen Gottes Engel, und kein Dämon hat Macht über sie.«

Aber der Dämon war doch nicht so leicht zu besiegen, der Dämon der Finsterniss, des Zelotismus, vereint mit jenem der Habsucht.

Maecha sah die Besuche Abner's in ihrem Hause von allem Anfang mit misstrauischen Blicken an, und mit der Zeit wurde auch Teller Herschmann aufmerksam. Er hatte eine gute Partie für seine Tochter, einen Mann, »wie Gold«, und nun sollte ihm dieser »Bettler«, dieser Amcharetz (Ketzer), wie er ihn nannte, seine Fäden zerreissen. Nein, das duldete er nicht, er war Herr des Hauses und auch seiner Tochter. Sie musste gehorchen, das war eine religiöse Pflicht in seinen Augen.

Es kam der Tag, wo Teller Herschmann unerwartet den reichen Kornhändler Mark Leiser aus Kaschau seiner Frau und Tochter als den Bräutigam der letzteren vorstellte. So sanft und folgsam Mathele war, diesmal fand sie doch Worte des Widerspruches, ja sie setzte sich sogar muthig zur Wehre.

»Du machst mich unglücklich, Tate«, sprach sie, als sie mit ihrem Vater allein war, »ich will nicht, ich kann nicht Mark Leiser's Frau werden, Du brichst mir das Herz, denn ich liebe Abner Barach, ich kann keinen Anderen lieben.«

Teller Herschmann aber kehrte sich nicht an ihre Vorstellungen, ihre Bitten rührten ihn ebenso wenig, wie ihre Thränen, wie ihre von Tag zu Tag bleicher werdenden Wangen. Vergebens kam Jonas Bienenfeld, um zu ihren Gunsten zu sprechen.

»Soll ich mein Kind geben, meine Mathele«, schrie Teller Herschmann,»einem Manne, der verachtet die Gesetze, einem Menschen, der kein eigen Haus hat und keinen Kreuzer in der Tasche!«

»Abner hat mehr als ein eigen Haus und mehr als Geld«, erwiderte Bienenfeld, »er hat einen guten Kopf und er hat etwas Rechtes gelernt, er trägt seinen Schatz mit sich herum, und kann ihn deshalb niemals verlieren, weder durch eine Feuersbrunst noch durch verfehlte Spekulationen. Er wird aber Geld verdienen und wird sich bauen ein eigen Haus, denn er wird ein Arzt werden, den man wird bezahlen mit vollen Händen.«

»Mag sein, aber ich will ihn nicht zum Schwiegersohne haben«, gab Herschmann erbost zur Antwort, »ich will nicht, Jonas, hörst Du, ich will nicht.«

»Auch ich will ihn nicht«, sagte Maecha.

»Ihr wollt Euer Kind opfern«, entgegnete jetzt Bienenfeld gleichfalls gereizt, »Eurer Thorheit, Eurer Geldgier wollt Ihr es opfern, denn ich sage Euch, als Arzt sage ich es Euch, Mathele wird sterben, wenn man sie von Abner trennt, wie die Blume stirbt, die man ausreisst. Eure Kinder werden dahinsterben, eines wie das andere, und Ihr werdet allein stehen im Alter, einsam, ungeliebt und verlassen, denn alle Eure Kinder sind nur die Kapores Eurer Habsucht.«

»Gott wird uns beschützen.«

»Gott hat mit Euresgleichen nichts zu schaffen. Guten Morgen.«

Seitdem durfte Abner das Haus Herschmann's nicht mehr betreten, aber Mathele entfloh, so oft es nur anging, den finsteren Räumen, in denen der Wahn und die Selbstsucht regierte und schlich heimlich zu ihrem Oheim Jonas Bienenfeld und sprach dort mit dem Geliebten.

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Das währte einige Zeit. Dann musste Abner nach Wien, sein Examen zu machen, und die Liebenden sahen sich lange Zeit nicht, aber Dank dem guten Onkel konnten sie sich wenigstens schreiben, er nahm Abner's Briefe für Mathele in Empfang und sendete die ihren an ihn.

Nachdem er sich das Doktordiplom errungen hatte, liess sich Abner in der Hauptstadt Budapest nieder und begann seine Praxis, und jetzt lächelte ihm das Glück. Ein paar glückliche Kuren machten ihn bekannt, und bald war er ein gesuchter Arzt in der Hauptstadt. Indess wurde Mathele von Tag zu Tag bleicher, sie sehnte sich nach dem Geliebten, sie kränkelte, ihre Augen glühten unheimlich und auf ihren Wangen zeigten sich von Zeit zu Zeit die traurigen Rosen des schleichenden Fiebers.

Zum Ueberfluss entdeckte die Mutter auch noch ihren Briefwechsel mit Abner, und der Vater drohte sie zu verfluchen, wenn sie noch eine Zeile an Abner schreibe oder von ihm empfange. Mathele ergab sich, aber sie welkte dahin, wie ein Mairöslein im Wasserglase.

Und wieder war es Col-Nidre, der Abend vor dem Versöhnungstage, und als Maecha die Kinder in die grosse Stube berief, um die Kapores zu opfern, da fehlte Mathele. Sie war nicht mehr im Stande, ihr Zimmer, den Lehnstuhl, in dem sie sass, zu verlassen. Als die Mutter, einen jungen, mit blauen Bändern aufgeputzten Hahn in der Hand, bei ihr eintrat, streckte sie ihr abwehrend beide Hände entgegen.

»Kein Kapores für mich«, stammelte sie, von heisser Fiebergluth geröthet, »ich werde dennoch sterben. Der Tate soll zu mir kommen auf der Stelle.«

Teller Herschmann kam, noch immer hart und trotzig, aber der Anblick seines Kindes erweichte sein steinernes Herz.

»Ich will also die Hochzeit feiern mit Mark Leiser«, sprach Mathele, »aber Du musst Dich damit beeilen, Tate. Wenn ich schon das Kapores bin, so will ich doch nicht zwecklos geopfert sein. Hast Du Mark Leiser's Geld in Dein Geschäft gezogen, dann darf ich ja wohl sterben, und ich werde sterben. Mach' es rasch ab, Tate, denn Du kannst doch nicht dem Mark Leiser eine Tode zum Weibe geben.«

Teller Herschmann nahm sich mit beiden Händen beim Kopf und rannte fort, er rannte geradeaus zu Jonas Bienenfeld.

»Mathele stirbt,« schrie er und raufte sich den Bart, »rette sie, Jonas. Ich bezahle, was Du willst.«

»Ich bin nicht der Arzt, um Mathele zu heilen.«

»Also keine Hülfe? keine?«

»Doch – aber der sie heilen kann – ist nur Einer – Abner Barach.«

»Er soll kommen«, schrie Teller Herschmann, »wenn er Mathele rettet, geb' ich sie ihm zur Frau, Gott soll mich strafen, die Erde soll sich aufthun, und das Feuer der Hölle soll mich verschlingen, wenn ich es nicht thue; wenn er sie aber nicht rettet, dann bekommt er sie nicht.«

»Du kluger Mensch«, erwiderte Bienenfeld bitter lächelnd, »wenn er Mathele nicht rettet, wenn sie stirbt, wird sie Abner so nicht zum Weibe nehmen können.«

»Ich bin schon ganz verwirrt«, seufzte Teller Herschmann.

Bienenfeld sendete sofort eine Depesche an Abner, und als der Abendstern die tröstliche Botschaft brachte, dass der »lange Tag« zu Ende sei, dass Gott sich mit dem Volke Israel versöhnt habe, trat er mit Abner in Mathele's Stübchen.

»Nun, Mathele«, rief Bienenfeld lachend, »willst Du auf der Stelle gesund werden?«

»Du willst nicht?« fuhr der Arzt fort, »warte nur, ich will Dir schon eine Medizin verschreiben, die sofort hilft, und die Du gerne nehmen wirst.«

Er setzte sich an den kleinen Schreibtisch, an dem sonst Mathele ihre Briefe an Abner und ihr wehmüthiges Tagebuch geschrieben hatte, und warf auf einen Streifen Papier ein Rezept hin: »da!«

Mathele las: »Recipe den Abner Barach von früh bis abends Dein ganzes Leben lang.« Jetzt lächelte sie wieder, aber nicht mehr schmerzlich, sondern froh und glücklich.

»Er soll Dein Mann werden«, rief Teller Herschmann, »aber nur, wenn er Dich retten kann.«

»Siehst Du, dass Du gesund werden musst«, fügte Bienenfeld hinzu, »willst Du also, oder bleibst Du halsstarrig, Du ungerathenes Kind?«

»Oh! ich bin schon gesund«, flüsterte Mathele und blickte so selig auf Abner, der vor ihr kniete und ihre Hände küsste. Und sie wurde wirklich gesund, Dank der Kunst der beiden Aerzte und Dank jener süssen, alles heilenden Arznei der Liebe, welche den Balsam des Lebens in todkranke Herzen träufelt.

Als es wieder Frühling wurde, blühte das holde Mädchen mit den Blumen um die Wette auf, und ehe es Sommer ward, war sie Abner's Frau und baute sich ihr kleines, liebliches Nest in Budapest, mitten unter seinen Skeletten, Spirituspräparaten und Instrumenten.

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