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Lachen links, 25. 4. 1924
Ein Kasernenhof stand kühl und düster
eingefangen zwischen Kasematten.
Täglich exerzierten dort Soldaten; –
über ihnen war ein Kriegsminister,
wie ein schwarzer Heldentodesschatten.
Alle Tage schoß man mit Patronen
auf die Mittelpunkte weißer Scheiben,
aß zu Mittag altgedörrte Bohnen,
putzte das Gewehr zum Zeitvertreiben. –
Niemals ruht' ein Vogel hier vom Fluge,
denn er fürchtete die Geßlerhüte –
und es wuchert' giftig aus der Fuge
zwischen Steinen die Kasernhofblüte.
Also hieß die Flora dieser Gegend. –
Ihre Fauna waren Offiziere;
und die Pest der Disziplin erregend,
kommandierten Chargen: exerziere! – –
Eines Tages aber sprengte
der Kasernenhof die grauen Wände
und begann zu wandern und er lenkte
seinen Schritt in blühendes Gelände.
Alsobald starb unter seinen Tritten
Wald und Feld und Stadt und Hof und Garten,
Offiziere trampelten beritten
und sie schwangen Leichentuchstandarten –
Alles Lebende ward schnell geändert
in Zielscheiben, deren schwarze Mitte
Herzen waren, blut- und fleischgerändert, –
sie zu treffen war Befehl und Sitte.
Der Kasernenhof, dem das nicht genügt hat,
wandert weiter, Land und Stadt verschlingend,
aber, weil der Reichstag es verfügt hat,
tut er seine Arbeit fröhlich singend.
Aber ich erschau an seiner Seite
einen Tambour, weiß und lang und hager,
fröhlich trommelnd späht er nach der Beute – –
Ein Kasernenhof noch wandert heute:
morgen ist er schon ein Leichenlager.
Josephus