Alexander Roda Roda
Russenjagd
Alexander Roda Roda

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Der Korpsstab.

– 25. August 1915.

Am Morgen nach dem Nachtgefecht erwachte ich im Panzerzug und konnte nun erst sehen, wo ich war: auf einem Bahnhof mitten in der ostgalizischen Ebene, nächst Ostrow, einem Dorf. Auf telephonischen Anruf bekam ich einen Wagen und fuhr auf das Etappenstationskommando.

Der alte Major dort bewirtete mich in seiner Bauernhütte; zeigte mir einen Scheinwerfer, den er erfunden hatte – »Fahrrad und Scheinwerfer in einer Person« nannte er's; und gab mir einen neuen Wagen – nach dem Korpskommando. Ich fuhr den hellen Nachmittag durch – in Gesellschaft eines Oberleutnants, Richters aus Preßburg, der die Landgüter hier rundum verwaltet. Gegen Abend war ich beim Wiener Korps, in Zabtsche.

Zabtsche bedeutet so was wie Krötendorf. Ich habe hübsche Tage dort verlebt. Ein ziemlich umfangreiches ruthenisches Nest. Der Korpskommandant wohnte auf dem Hügel in der Pfarre. Im Pfarrgarten unter einem Riesenzelt aß man; des Abends, wenn die Kerzen brannten, war's besonders traulich.

44 Ein paar Schritte weg die Kirche – uralt, hölzern. Des Sonntags fanden kaum die Weiber darin Platz; die Bauern knieten draußen auf den Stufen.

Mein Quartier war eine Hütte »beim Tümpel«, mein Lager ein Feldbett. Manchmal veranstaltete Graf Gudenus, Führer des Stabskavalleriezugs, venezianische Nacht auf dem Inselchen im Tümpel. Das Inselchen war nicht größer als eine Stube. Man ließ sich lachend und kreischend auf einer schwanken Plätte übersetzen – im Mondschein – ausgehöhlte Kürbisse strahlten als Lampions – die Herren mit Goldkragen drängten sich am Tischchen zusammen, und über ihren Köpfen in den Weidenästen saßen die Ordonnanzoffiziere. Am Ufer des Festlandes spielte eine Schrammelmusik, vier Dragoner – so laut und lustig, daß man oft die Kanonenschläge aus der Front überhörte.

Die Gesellschaft im Riesenzelt: der Korpskommandant General der Infanterie Freiherr v. Kirchbach; sein Generalstabschef Oberst Graf Szeptycki; und der Stab, Herren aller Rangs- und Altersstufen. Einmal war auch Rittmeister Prinz Hohenlohe zu Gast da; er ist jetzt Minister in Oesterreich.

Johann v. Kirchbach heißt in der Armee »Kirchbach II.« – zum Unterschied von seinem Bruder Karl, dem Kavalleristen, Kommandanten des Krakauer Korps. Zwei seiner Vettern sind 45 Korpskommandeure in Preußen. Man wird dem Exzellenzherrn einst nachrühmen, daß er ein Herz für seine Soldaten hatte, nicht bloß Energie in der Führung.

Oberst Graf Szeptycki, Bruder des von den Russen entführten Lemberger Metropoliten, hat als Attachee den japanischen Krieg mitgemacht, insbesondre den Raid des Generals Mischtschenko, und ein Buch darüber geschrieben. Ein heller Kopf, ein Arbeitsmensch, ein Kavalier, ein Recke.

Von Zabtsche aus habe ich dann meine Ausflüge in die Front gemacht. Vor allem einen Morgenritt über Stoppeln und Sandhügel zu den Deutschmeistern.

Was die Maikäfer, Gardefüsiliere dem Berliner, bedeutet das k. und k. Infanterieregiment Hoch- und Deutschmeister Nr. 4 in Wien: stellt Wien auch fünf und noch mehr Regimenter auf – geliebt, betreut, besungen wird vor allen das älteste – jenes Regiment, dessen Oberstinhaber stets der Hochmeister des Deutschen Ritterordens ist – ein kaiserlicher Prinz, jetzt Erzherzog Eugen. 46

 


 


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