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Zwanzigstes Kapitel.

In dem die Erzählung fortgesetzt wird, nebst andern Vorgängen und bemerkenswerten Unglücksfällen.

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Es wurde Tag, und wir erwachten, um Anordnungen zu treffen wegen der Bedienten, des Silbergeschirrs und der Speisen. Kurz, da das Geld sich angemaßt hat, allen zu befehlen, und es niemanden gibt, der die Ehrfurcht vor dem Geld verliert, so lieh mir der Silberdiener eines vornehmen Herrn, gegen Bezahlung, Silbergeschirr, und er und drei Bediente warteten auf. Der Morgen verstrich unter Zurichtung des Nötigen, und abends hatte ich schon ein Pferdchen gemietet. Zur bestimmten Stunde trat ich meinen Weg nach dem Landhause an. Ich hatte den ganzen Gürtel voll Papiere, als ob es Memoriale wären, und sechs Knöpfe vom Rock aufgeknöpft, aus denen einige Papiere hervorsahn. Ich kam an, und schon waren die erwähnten Damen, die Kavaliere und alles da.

Jene empfingen mich mit vieler Liebe, und diese nannten mich Ihr, zum Zeichen der Vertraulichkeit. Im Spanischen nennt man jedermann vuestra merced, d. i. Euer Edeln oder Euer Gnaden, und nur vertraute Freunde reden sich mit dem bloßen Ihr an, dessen sich auch außerdem noch Höhere gegen Niedre bedienen. Ich hatte gesagt, daß ich Don Philipp Tristan hieße, und den ganzen Tag gab es nichts, als Don Philipp hinten und Don Philipp vorn. Ich sagte, ich wäre so beschäftigt gewesen in Angelegenheiten Seiner Majestät und mit Rechnungen meines Majorats, daß ich gefürchtet hätte, mein Versprechen nicht erfüllen zu können, und so müsse ich sie auf eine eilig veranstaltete Kollation vorbereiten.

Da kam auch schon der Silberdiener mit seinem Gerät, Silber und Bedienten, und die Kavaliere und die Damen taten nichts als mich anzusehn und schweigen. Ich befahl ihm, nach dem Gartensalon zu gehn und daselbst alles zurechtzumachen, während wir indes an die Teiche gehn wollten. Die Alten näherten sich mir und machten mir Komplimente, und ich war sehr erfreut, die Mädchen entschleiert zu sehn; denn nie habe ich, seit Gott mich erschuf, eine so liebliche Erscheinung gesehn als die, auf die ich meine Heiratsgedanken gerichtet hatte, weiß und rot, frisch von Farbe, einen kleinen Mund, kleine und dichte Zähne, eine feine Nase, dunkle, schön geschlitzte Augen, schlank von Körper, artige Händchen und ein wenig lispelnd. Die andre war auch nicht übel; aber sie besaß mehr Dreistigkeit, und ich hatte sie im Verdacht, daß sie eigensinnig sei.

Wir gingen an die Teiche und besahn alles, und im Gespräch bemerkte ich, daß meine Braut zur Zeit des Herodes als ein unschuldiges Kind in Gefahr gewesen sein würde. Sie wußte nichts zu sprechen; aber da ich die Weiber weder zu Ratgeberinnen, noch zu Spaßmacherinnen begehre, sondern dazu, mich mit ihnen niederzulegen (und sind sie häßlich und verständig, so ist es dasselbe, als mit dem Aristoteles oder dem Seneca, oder mit einem Buch zu Bett zu gehn), so sehe ich mehr auf andre gute Eigenschaften, die zur Kunst zu sündigen tauglich sind.

Wir kamen dem Gartensalon nah, und beim Umbiegen um eine Laube blieb mir die Garnierung meiner Halskrause an einem Ast hängen und zerriß ein wenig. Das Mädchen kam, heftete mir sie an mit einer silbernen Nadel, und die Mutter sagte, ich möchte die Krause den andern Tag in ihr Haus schicken, da sollte sie Doña Anna (denn so hieß das Kind) ausbessern. Es war alles im Überfluß da, ein reichliches Vesperbrot, Warmes und Kaltes, Früchte und Konfekt. Man deckte die Tischtücher ab.

Da sah ich einen Kavalier mit zwei Bedienten den Garten herauf kommen, und als ich mich es am wenigsten versah, erkannte ich meinen guten Don Diego Coronel. Er näherte sich mir, und da ich in solcher Kleidung stak, tat er nichts als mich anzusehn. Er sprach mit den Damen und nannte sie Muhmen, und bei alledem tat er nichts, als mich immer von neuem anzusehn. Ich redete eben mit dem Silberdiener, und die beiden andern, die seine Freunde waren, waren im tiefen Gespräch mit ihm. Er fragte sie, wie man nachher sehn konnte, nach meinem Namen, und sie sagten: » Don Philipp Tristan, ein sehr geehrter und reicher Kavalier.« – Ich sah, wie er sich bekreuzte. Endlich, in Gegenwart der Damen und aller, kam er zu mir und sagte: »Euer Gnaden verzeihn mir; bei Gott! ich hielt Sie, eh ich Ihren Namen wußte, für einen ganz andern, als Sie sind; denn ich habe nichts so Ähnliches gesehn mit einem Bedienten, den ich in Segovia hatte, der sich Paulchen nannte, der Sohn eines Barbiers desselben Orts.«

Alle lachten sehr, und ich zwang mich, daß mich nicht die Farbe verriete, und sagte zu ihm, ich hätte wohl Lust, diesen Menschen zu sehn; denn Unzählige hätten mir gesagt, daß ich ihm sehr ähnlich wäre. – »Jesus!« rief Don Diego, »und wie ähnlich! Der Wuchs, die Stimme, die Bewegungen! ich Hab so etwas nie gesehn. Ich sage Ihnen, Señor, daß es zum Erstaunen ist, und daß ich etwas so ganz Gleiches noch nie gesehn habe.«

Jetzt fragten die Alten, die Tante und Mutter, wie es möglich wäre, daß ein so vornehmer Kavalier einem so niedrigen Schurken wie jenem gleichen könne. Und damit man gegen sie keinen Argwohn hegen möchte, sagte die eine: »Ich kenne den Señor Don Philipp sehr gut; denn er ist derselbe, der uns auf Bitten meines Mannes in Ocana Eine Stadt in der Provinz Toledo. bewirtete.« – Ich erriet ihre Absicht und sagte, mein Wunsch wäre und würde sein, ihnen an allen Orten mit meinem geringen Vermögen zu dienen. Don Diego empfahl sich mir und bat um Verzeihung wegen der Beleidigung, die er mir zugefügt hatte, indem er mich für den Sohn des Barbiers gehalten habe; und er setzte noch hinzu: »Euer Gnaden werden es nicht glauben, seine Mutter war eine Hexe, sein Vater ein Spitzbube und sein Oheim ein Henker, und er selbst der bösartigste und ruchloseste Mensch, den Gott auf der Welt hat.« – Was mußte ich empfinden, als ich mir ins Gesicht solche schimpfliche Dinge über mich sagen hörte. Ich stand, obgleich ich mich verstellte, wie auf Kohlen. Wir sprachen von der Rückkehr nach der Stadt; ich und die andern zwei empfahlen uns, und Don Diego stieg mit den Damen in die Kutsche. Er fragte sie, was das ganze bedeute und ihre Gesellschaft bei mir, und die Mutter und Tante sagten, daß ich der Erbe von so und so viel Dukaten Zinsen wäre und mich mit Annchen verheiraten wolle; er möchte sich erkundigen und würde sehn, daß die Sache nicht allein passend sei, sondern auch sehr ehrenvoll für ihre ganze Familie.

Damit unterhielten sie sich den ganzen Weg bis an ihr Haus, das in der Straße des Arenal bei St. Philipp war. Wir begaben uns zusammen nach Hause wie den vorigen Abend. Sie luden mich zu einem Spiel ein, in der Absicht, mich zu rupfen. Ich merkte ihre List und setzte mich. Man brachte Karten (sie waren künstlich verfälscht wie Pasteten), ich verlor ein Spiel, ging dann auf den Grund und gewann ihnen etwa dreihundert Reale ab, und damit empfahl ich mich und ging nach Hause.

Ich fand meine Kameraden, den Lizentiaten Brandalagas und Pero Lopez, die beschäftigt waren, neue Kniffe mit einem Paar Würfeln zu studieren. Als sie mich sahn, ließen sie es, um mich zu fragen, was mir begegnet wäre. Ich sagte ihnen nichts weiter, als daß ich mich in einer großen Verlegenheit gesehn hätte, erzählte ihnen, wie ich mit Don Diego zusammengetroffen und was mir widerfahren wäre. Sie trösteten mich und rieten mir, mich zu verstellen und das Vorhaben auf keine Art und Weise aufzugeben.

Da erfuhren wir, daß man in dem Hause eines benachbarten Apothekers Pharo spiele. Ich verstand es damals sehr gut; denn ich hatte mehr Kniffe als der Mai Blüten und vortrefflich verfälschte Karten. Wir beschlossen, hinzugehn und ihnen einen Toten zu liefern; denn so benannte man das Sprengen einer Bank. Ich schickte die Freunde voraus. Sie traten in das Zimmer und fragten, ob es ihnen gefällig wäre, mit einem Bruder Benediktiner zu spielen, der eben angekommen sei, sich in dem Haus einer seiner Muhmen kurieren zu lassen; er sei krank und habe Vorrat von Achtrealenstücken und Scudos bei sich. Alle machten große Augen und riefen: es komme der Bruder in Gottes Namen! – »Er ist ein sehr wichtiger Mann beim Orden,« versetzte Pero Lopez; »und da er sich einmal losgemacht hat, so will er sich unterhalten, denn er tut es bloß wegen der Gesellschaft.« – Er komme nur, und es sei, wie ihm wolle. – »In Hinsicht der Verschwiegenheit …« sagte Brandalagas. – »Es bedarf keiner Rede mehr,« entgegnete der Wirt. – Damit waren sie von dem Anlaß überzeugt, und die Lüge wurde geglaubt.

Meine Chorknaben kamen; schon hatte ich eine Kapuze um den Kopf genommen, mein Benediktinerkleid an, das bei einer gewissen Gelegenheit in meinen Besitz gekommen war, eine Brille auf, und der Bart, obschon er geschoren war, war nicht hinderlich. Ich trat sehr demütig ein, setzte mich, das Spiel begann. Sie machten tüchtige Abzüge, und drei verbanden sich, mich zu scheren, aber die drei wurden geschoren; denn ich, der ich mehr wußte als sie, gab ihnen eine solche Schlappe, daß ich in Zeit von drei Stunden mehr als dreizehnhundert Reale einsteckte. Ich gab Kartengeld, und mit meinem: gelobt sei der Herr! empfahl ich mich, indem ich sie ermahnte, kein Ärgernis zu nehmen, mich spielen zu sehn, weil es bloßer Zeitvertreib wäre, und nichts andres. Die andern, die alles, was sie besaßen, verloren hatten, schrien tausend Teufel. Ich nahm Abschied, und wir gingen fort. Wir kamen um halb zwei Uhr nach Haus und legten uns nieder, nachdem wir den Gewinn geteilt hatten. Ich tröstete mich damit ein wenig über das Vorgefallne, und des Morgens stand ich auf, mir ein Pferd zu suchen, fand aber keins zu mieten, woraus ich ersah, daß es viele andre wie ich gäbe; denn zu Fuß zu gehn, stand mir schlecht an, besonders damals.

Ich ging nach St. Philipp und stieß auf den Lakaien eines Advokaten, der ein Pferd hielt und seinen Herrn erwartete, der eben abgestiegen war, die Messe zu hören. Ich drückte ihm vier Reale in die Hand, damit er mich, während sein Herr in der Kirche wäre, auf dem Pferd ein paar Volten machen ließe durch die Straße des Arenal, die die meiner Dame war. Er willigte ein, ich stieg auf und machte zwei Volten Gasse auf und ab, ohne jemanden zu sehn; aber bei der dritten trat Doña Anna ans Fenster. Als ich sie erblickte und die Tücken des Pferds nicht kannte, und da ich auch kein guter Reiter war, wollte ich nur einige Paraden machen. Ich gab ihm zwei Gertenhiebe und zog es am Zügel; es bäumte sich, schlug zweimal aus, sprengte davon und warf mich bis über die Ohren in eine Pfütze. Als ich mich in diesem Zustande sah, umringt von Kindern, die herzugelaufen waren, und vor meiner Dame, begann ich zu rufen: »O du Bestie! bist du nicht aus Valencia? Diese Tollkühnheiten werden mich noch umbringen.« Man hatte mir die Tücken gesagt, und ich bestand doch darauf.

Der Lakai hielt schon das Pferd, das sogleich still stand, und ich stieg wieder auf. Bei dem Lärm war Don Diego Coronel am Fenster erschienen, der mit seinen Muhmen in demselben Hause wohnte. Als ich ihn sah, verfärbte ich mich. Er fragte mich, ob ich Schaden gelitten habe. Ich sagte nein, wiewohl ich einen Fuß verstaucht hatte. Der Lakai trieb mich zur Eile, damit nicht sein Herr, der nach dem Gerichtshof gehn müsse, herauskäme und es sähe. Ich war so unglücklich, daß, als ich eben sagte, wir wollen uns nun wegbegeben, das Advokatchen von hinten herzukam, und als er seinen Klepper erkannte, über den Lakaien herfiel und anfing, ihm Faustschläge zu geben, indem er laut rief, was das für eine Schelmerei wäre, sein Pferd jemandem zu geben. Und das schlimmste war, daß er sich zu mir wendete und mir sehr aufgebracht sagte, ich möchte in Gottes Namen absteigen.

Alles dies ging vor in Gegenwart meiner Dame und des Don Diego. Mit solcher Scham hat man noch keinen Gestäupten gesehn. Ich war sehr traurig, und dies mit vielem Recht, zwei so große Unfälle auf einer Handbreit Erde zu erleben. Kurz, ich mußte absteigen. Der Advokat stieg auf und ritt fort, und ich, um eine Ausflucht zu machen, blieb stehn und sprach mit Don Diego von der Gasse aus. Ich sagte: »In meinem Leben bestieg ich noch keine so schlimme Bestie. Dort steht meine Falbe zu St. Philipp, und sie ist sehr hart im Galoppieren und Traben. Ich erzählte soeben, wie ich sie zuritte und pariere, als man mir sagte, daß hier eins stände, an dem ich das nicht tun würde, und es war das des Lizentiaten. Ich wollte es probieren; man kann es aber nicht glauben, wie hart es in der Kruppe ist, und was für einen schlechten Sattel es hat, so daß es ein Wunder ist, daß es mich nicht umbrachte.« – »Ja, das war es,« sagte Don Diego; »und bei alledem scheint es, als ob Euer Gnaden dieses Bein schmerzt.« – »Ja, es schmerzt mich,« sagte ich jetzt, »und ich will gehen, mein Pferd zu holen, und dann nach Hause.«

Das Mädchen war auf alle Weise zufriedengestellt und voll Mitleid und Bedauern, wie ich bemerkte, über meinen Fall; aber Don Diego faßte einen übeln Verdacht wegen der Szene mit dem Advokaten und wegen dessen, was auf der Straße vorgefallen war. Und er wurde, nächst vielem andern, was mir zustieß, die Ursache meines völligen Unglücks. Und das größte und der Grund alles übrigen war, daß ich, als ich nach Hause kam und nach einer Kiste sah, worin ich in einem Mantelsack alles Geld hatte, das mir von meiner Erbschaft geblieben war und vom Gewinn beim Spiel, außer hundert Realen, die ich bei mir trug, fand, daß der gute Lizentiat Brandalagas und Pero Lopez sich damit belastet hatten und nicht zum Vorschein kamen. Ich war wie tot, ohne zu wissen, welchen Rat ich mir zum Heil ergreifen sollte. Ich sagte bei mir selbst: übel tut der, der auf unrecht erworbnes Gut baut; denn es geht, wie es kommt. Ich Unglücklicher! was soll ich tun? – Ich wußte nicht, ob ich gehn sollte, sie zu suchen, oder ob ich der Polizei Anzeige davon machen sollte. Das letzte schien mir nicht gut, weil, wenn man sie fing, sie das mit der Verkleidung angegeben haben würden und andre Dinge mehr, und das war soviel als am Galgen sterben; sodann ihnen zu folgen, wußte ich nicht wohin.

Endlich, um nicht auch die Heirat zu verlieren (denn schon glaubte ich mir geholfen durch die Mitgift), beschloß ich, zu bleiben und diese auf das eifrigste zu betreiben. Ich aß, und gegen Abend mietete ich mir ein Pferdchen und begab mich nach der Gasse meiner Dame, und da ich keinen Lakaien hatte, so wartete ich, um nicht ohne einen vorbeizukommen, an der Ecke, ehe ich hineinritt, bis irgend ein Mensch kam, der so aussah, und wenn er vorbei war, ritt ich hinter ihm her und machte ihn so zum Lakaien, ohne daß er es war. Kam ich an das Ende der Straße, so zog ich mich zurück, bis ein andrer kam, der so aussah, und begann so einen zweiten Ritt zurück.

Ich weiß nicht, ob es die Stärke der Wahrheit war, daß ich derselbe Schelm sei, den Don Diego vermutete, oder ob der Argwohn wegen des Pferds und Lakaien des Advokaten, oder was es sonst war, daß er anfing nachzuforschen, wer ich wäre und wovon ich lebte, und mich auskundschaftete. Kurz, er trieb es so weit, daß er auf dem außerordentlichsten Weg von der Welt die Wahrheit erfuhr: denn ich betrieb die Angelegenheit der Heirat durch Briefe auf das eifrigste, und er, gedrängt von den Damen, die Lust hatten, sie zustand zu bringen, suchte mich ausfindig zu machen und stieß auf den Lizentiaten Flechilla, denselben, der mich zum Essen einlud, als ich mich bei den Rittern befand. Und dieser, aufgebracht, daß ich nicht wiedergekommen war, ihn zu besuchen, sprach mit Don Diego, und da er erfuhr, daß ich sein Bedienter gewesen wäre, erzählte er ihm die Art, wie er mir begegnet war, als er mich zum Essen mitgenommen hatte, und wie es nicht zwei Tage wären, daß er mich zu Pferde getroffen habe, sehr gut gekleidet, und wie ich ihm erzählt hätte, daß ich eine sehr reiche Heirat schlösse.

Don Diego wartete nicht länger, und als er nach Hause zurückkehrte, begegnete er den beiden Kavalieren mit dem Orden und der Kette, meinen Freunden, nah am Sonnentor, erzählte ihnen, was vorging, und sagte ihnen, sie möchten sich bereit halten, und wenn sie mich des Nachts auf der Gasse sähn, mir den Schädel einschlagen; sie würden mich an dem Mantel erkennen, den er umhätte, und den ich dann tragen würde. Sie wurden darüber einig, und als sie in die Straße kamen, trafen sie mich, und die drei verstellten sich dergestalt, daß ich niemals geglaubt hätte, sie wären so sehr meine Freunde als damals. Wir blieben im Gespräche stehn und überlegten, was wohl am besten für den Abend vorzunehmen sei. Dann empfahlen sich die beiden und gingen die Straße hinunter, und ich und Don Diego blieben allein und gingen nach St. Philipp. Als wir an den Eingang der Straße de la Paz kamen, sagte Don Diego: »Beim St. Philipp, laßt uns die Mäntel wechseln, denn es liegt mir daran, hier vorbeizukommen, ohne daß man mich erkennt.« – »In Gottes Namen«, sagte ich; nahm ohne Arges den seinigen und gab ihm in des Henkers Namen den meinigen. Ich bot ihm meine Person an, ihm den Rücken zu decken, aber er, der es darauf angelegt hatte, den meinigen zuzudecken, sagte, ihm liege daran, allein zu gehn, ich möchte mich entfernen.

Kaum war ich von ihm gegangen mit seinem Mantel, als es der Teufel fügte, daß zwei, die ihm auflauerten, um ihn eines Weibsbildes wegen abzuprügeln, indem sie nach dem Mantel schlossen, ich sei Don Diego, hervorsprangen und einen Regen von Degenhieben auf mich herabschütteten. Ich erhob ein Geschrei, und daran und am Gesicht erkannten sie, daß ich es nicht war. Sie flohn, und ich blieb mit den Schlägen auf der Straße. Ich übersah drei oder vier Beulen, die ich hatte, und blieb eine Weile stehn, weil ich aus Furcht nicht wagte, in die Straße zu gehn.

Endlich um zwölf Uhr, da die Stunde war, wo ich meine Dame zu sprechen pflegte, ging ich an die Tür, und als ich ankam, stürzte einer von den beiden, die mir, angestellt durch Don Diego, aufpaßten, auf mich los, gab mir mit einem Knüttel zwei Hiebe über die Beine und warf mich zu Boden, und nun kam der andre und gab mir einen Kreuzhieb von einem Ohr zum andern. Sie rissen mir den Mantel ab und ließen mich auf der Erde liegen, mit den Worten: »So bezahlt man schlechte, betrügerische Schurken!«

Ich fing an, ein Geschrei zu erheben und die Beichte zu verlangen, und da ich nicht wußte, wer es gewesen war, argwöhnte ich nach den Worten, daß es vielleicht der Wirt gewesen sein möchte, von dem ich mich fortgemacht hatte unter dem Vorwand der Inquisition oder der gefoppte Kerkermeister oder meine geflohnen Kameraden. Kurz, ich erwartete von so vielen Seiten die Hiebe, daß ich nicht wußte, wem ich sie zuschreiben sollte; aber auf Don Diego fiel keineswegs mein Verdacht, und ebensowenig fiel ich auf das, was es war. Ich schrie: »Mänteldiebe!« Darauf kam die Polizei. Sie hoben mich auf, und als sie mein Gesicht mit einer handbreiten Schmarre erblickten und mich ohne Mantel sahen, und unwissend, was es wäre, faßten sie mich an und führten mich weg, mich verbinden zu lassen. Sie brachten mich in das Haus eines Barbiers, der mich verband, fragten mich sodann, wo ich wohne, und schafften mich dahin. Ich legte mich nieder und war diese Nacht verwirrt und im Nachsinnen vertieft, da ich mein Gesicht in zwei Teile gespalten sah, den Leib zerschlagen und die Beine durch die Prügel so gelähmt, daß ich mich weder auf ihnen halten konnte, noch sie fühlte. Ich war nun verwundet, beraubt und in einem Zustand, daß ich weder den Freunden folgen, noch die Heirat betreiben, noch am Hofe bleiben, noch weggehen konnte.


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