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Siebzehntes Kapitel.

In dem das Gefängnis beschrieben wird und das, was in ihm vorfiel, bis wir herauskamen, die Alte gestäupt, die Kameraden an den Pranger und ich unter Bürgschaft.

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Einem jeden von uns legte man beim Eintritt zwei paar Fußschellen an und warf uns in ein Loch. Da ich mich dahin bringen sah, bediente ich mich des Gelds, das ich bei mir hatte, und indem ich eine Dublone hervorzog, sagte ich zum Kerkermeister: »Señor, hören mich Euer Edeln im geheimen.« – Und damit er es täte, ließ ich ihm einen Goldskudo in die Augen blinken, und als er ihn sah, führte er mich beiseite. »Ich bitte Euer Edeln,« sagte ich zu ihm, »haben Sie Mitleid mit einem ehrlichen Mann.« – Ich suchte seine Hände, und da seine Finger gemacht waren, ähnliche Datteln zu pflücken Unübersetzlicher Doppelsinn des Wortes palma, das sowohl die flache Hand, als auch die Palme bedeutet. Wörtlich heißt es: und da seine Palmen (Hände) gemacht waren, ähnliche Datteln zu tragen., so griff er mit allen zehnen zu, indem er sagte: »Ich will die Krankheit untersuchen, und wenn sie nicht dringend gefährlich ist, so müßt Ihr in den Stock hinunter.« – Ich erkannte den Vorwand und antwortete ihm bescheiden. Er ließ mich außen, und die Freunde schaffte man hinab.

Ich unterlasse es, das große Gelächter zu erzählen, das im Gefängnis und durch die Gassen über uns entstand; denn da man uns gebunden und gewaltsamerweise fortführte, einige ohne Mäntel und andre sie nachschleppend, so glichen einige Körper getigerten Schecken, andre waren rot und weiß gefleckt. Diesen, um ihn an einem festen Teil anzufassen, weil alles so mürbe war, packte der Häscher am bloßen Fleisch, und auch da fand er nicht, wo er ihn fassen konnte, so vom Hunger abgezehrt war es; andre ließen den Häschern die Stücken der Kleider und Hosen in den Händen. Beim Abnehmen des Stricks, an den sie angereiht waren, blieben die Lumpen an ihm kleben.

Endlich ging ich, als die Nacht anbrach, in den Saal der Standespersonen schlafen. Man gab mir ein kleines Bett. Sehenswert war es, wie einige eingepackt schliefen, ohne etwas abzulegen von dem, was sie am Tag trugen, und wie andre sich auf einen Ruck entblößten von allem, was sie an sich hatten. Einige spielten, und zuletzt wurden wir eingeschlossen, und das Licht wurde ausgelöscht. Wir vergaßen alle der Fesseln. Mir zu Häupten stand der Nachtstuhl und um Mitternacht geschah nichts, als daß Gefangne kamen und Gefangne losließen. Ich, der ich das Geräusch hörte, glaubte anfangs, es seien Donnerschläge, und fing an unruhig zu werden; als ich aber merkte, daß sie übel rochen, ward ich inne, daß es keine Donnerschläge von guter Art waren. Sie rochen so sehr, daß ich gezwungen war, die Nase im Bett zu halten. Einige hatten Durchlauf, andre Durchgang. Zuletzt sah ich mich genötigt, ihnen zu sagen, sie möchten das Geschirr an einen andern Ort stellen, und darüber, ob dies anginge oder nicht, kamen wir in Wortwechsel. Ich übte das Amt eines Statthalters und leistete einen Vorschuß (denn es ist besser ihn auf eine dicke Backe zu leisten, als auf die Provinz Kastilien), und gab einem die Hälfte meines Gürtels ins Gesicht. Beim schnellen Aufstehn warf er das Geschirr um, und über den Lärm erwachte die ganze Gesellschaft. Wir bearbeiteten uns jetzt im Finstern mit Gürtelhieben, und der Gestank war so stark, daß alle aufstehn mußten. Darüber erhob sich ein großes Geschrei, und der Kerkermeister, argwöhnend, daß ihm einige seiner Vasallen durchgingen, kam eilig bewaffnet herbei mit seiner ganzen Schar. Er öffnete den Saal, brachte Licht und unterrichtete sich über den Vorfall. Alle klagten mich an, und ich entschuldigte mich, indem ich sagte, in der ganzen Nacht hätten sie mich kein Auge schließen lassen, bloß weil sie die ihrigen immer geöffnet hätten. Der Kerkermeister, in der Hoffnung, ich würde ihm, wenn er mich nicht im Loch würde stecken lassen, eine zweite Dublone geben, ergriff die Gelegenheit und befahl mir, hinabzusteigen. Ich entschloß mich lieber zu gehorchen, als meinen Beutel noch mehr zu zwicken, als es schon geschehn war. Ich wurde hinuntergebracht, wo mich meine Kameraden und Freunde mit großem Freudengeschrei und Vergnügen empfingen.

Ich schlief diese Nacht ziemlich unruhig. Gott der Herr ließ es endlich Tag werden, und wir gingen aus dem Loch. Wir traten zusammen, und das erste, was uns bekannt gemacht wurde, war, die Gebühr der Reinigung zu entrichten (aber nicht der der unbefleckten Jungfrau) bei Strafe der Schlangenknute. Eine Strafe der neuen Ankömmlinge in einem Gefängnis, die keinen Willkomm oder kein Eintrittsgeld zahlen, die darin besteht, daß sie von den übrigen Gefangenen bei ausgelöschten Lichtern mit Stricken gepeitscht werden. Ich gab sogleich sechs Reale. Meine Kameraden hatten nichts zu geben, und so blieb es ihnen bis zur Nacht erlassen. Es befand sich in dem Loch ein einäugiger Gesell, groß, mit einem Knebelbart, grämlich von Gesicht, breit von Schultern, mit Striemen auf ihnen. Er trug mehr Eisen, als Biscaya, Die Eisenminen von Biscaya sind wegen ihrer Ergiebigkeit berühmt. zwei Paar Fußschellen und eine schwere Kette. Sie nannten ihn den Riesen. Er sagte, er sei gefangen wegen Luftsachen, so daß ich vermutete, es wäre wegen einiger Blasebälge, Schalmein oder Fächer. Denen aber, die ihn fragten, ob es etwas davon wäre, antwortete er, nein, sondern wegen Rücksünden. Ich glaubte, er meine wegen alter vergangner Dinge; aber zuletzt erfuhr ich, es sei eines Buhlknabens wegen. Wenn der Kerkermeister ihn ausschalt wegen irgend einer Unziemlichkeit, nannte er ihn einen Kämmerer des Henkers und Hauptverwalter der Verbrechen; andre Male drohte er ihm, indem er sagte: »Was erdreistest du dich, Tropf, gegen den, der dich noch zu Rauch machen wird? Gott ist Gott, der möge dich im Vorbeigehn abpflücken!« – Er hatte sein Verbrechen gestanden, und er war so verrucht, daß wir alle hinten Stachelhalsbänder tragen mußten, gleich Hofhunden, und niemand wagte es, sich einer Blähung zu entledigen, aus Furcht, ihn zu erinnern, wo er das Gesäß hatte.

Er unterhielt Freundschaft mit einem andern, den sie Robledo nannten und mit einem Beinamen den Klettrer. Er sagte, er sitze gefangen wegen seiner Gewandtheit, und bei näherer Untersuchung ergab sich, daß es die seiner Hände war im Wegfischen alles dessen, was er fand. Er war mehr gepeitscht worden als ein Postklepper, denn alle Büttel hatten ihre Hand an ihm versucht. Ein Gesicht hatte er mit so vielen Schrammen, daß ihm, bei Darlegung so vieler Stiche, kein Spiel abzugewinnen gewesen wäre. Er hatte ein ungleiches Paar Ohren, und seine Nase war geheftet, wiewohl nicht so gut, als der Hieb, der sie ihm gespalten hatte, ihm aufgeheftet war. Zu diesen gesellten sich noch vier andre Kerle, geschoren wie Wappenlöwen, alle gefesselt und zum Bruder des Romulus Der Bruder des Romulus, Remus, im Spanischen Remo, das zugleich auch das Ruder, die Galeere bedeutet. verurteilt. Sie meinten, in kurzem würden sie sagen können, sie hätten ihrem König zu Wasser und zu Land gedient. Man konnte sich die ausgelaßne Freude nicht vorstellen, mit der sie ihre Absendung erwarteten.

Alle diese, verdrießlich zu sehn, daß meine Kameraden nichts beisteuerten, beschlossen, ihnen des Nachts eine tüchtige Schlangenknute zu geben mit einem zu diesem Zweck geweihten Strick. Es kam die Nacht. Wir wurden in dem äußersten Winkel des Hauses verwahrt; sie löschten das Licht aus, und ich steckte mich gleich unter die Fußbank. Zwei von ihnen fingen zu pfeifen an und ein andrer Strickhiebe auszuteilen. Die guten Ritter, die den verworrnen Handel sahn, drängten dergestalt ihr nüchternes, von Krätze und Läusen aufgezehrtes, verspeistes und gefrühstücktes Fleisch aneinander, daß alle Platz hatten in einem Winkel der Fußbank. Sie saßen aufeinander wie Nüsse in den Haaren oder Wanzen in einer Bettsponde. Es schallten die Schläge auf dem Brett, aber die Ritter waren still. Als die Schurken sahn, daß sie sich nicht beklagten, ließen sie ab, Hiebe zu geben, und fingen an Ziegelstücken zu werfen und Steine und Schutt, den sie zusammengelesen hatten. Jetzt geschah es, daß einer den Hinterkopf des Don Toribio traf und ihm ein Beulchen zwei Finger hoch schlug. Er fing an zu schrein, man brächte ihn um, und die Schelme, damit man sein Heulen nicht höre, sangen alle zusammen und machten Geräusch mit den Ketten. Er, um sich zu verbergen, packte die andern an und suchte sich unter sie zu stecken. Jetzt hätte man sehn sollen, wie ihnen, bei den Anstrengungen, die sie machten, die Knochen tönten gleich St. Lazarusklappern. Man sehe die Anmerkung S. 18. Die Kleider ließen ihr Leben, und es blieb kein Lumpen auf den Beinen. Die Steine und Kalkstücke regneten so dicht herab, daß binnen kurzer Zeit der erwähnte Don Toribio mehr Löcher im Kopf hatte als eine zerrissne Jacke, und da er kein Mittel fand gegen den Hagel, der auf ihn herabregnete, und sich nahe daran sah, als Märtyrer zu sterben, ohne irgend eine heilige oder auch nur gute Eigenschaft zu besitzen, rief er, sie möchten ihn herauslassen, er wollte gleich bezahlen und seine Kleider zum Pfand hergeben. Sie gestanden es ihm zu, und zum Leidwesen der andern, die sich mit ihm schirmten, erhob er sich, mit eingeworfnem Kopfe, so gut er konnte, und kam an meine Seite.

Die andern, so schnell sie auch beschlossen, dasselbe zu versprechen, hatten schon auf ihren Schädeln mehr Ziegel als Haare. Sie boten, um den Willkomm zu bezahlen, ihre Kleider, indem sie überlegten, daß es besser sei im Bett zu bleiben aus Nacktheit als wegen Verwundung, und so ließen sie sie diese Nacht in Ruhe, und des Morgens verlangten sie, daß sie sich entkleiden sollten. Sie zogen sich aus, und es fand sich, daß man aus allen ihren Kleidern zusammen nicht einen Docht in eine Lampe machen konnte. Sie blieben, wie ich eben sagte, im Bett, eingehüllt in eine wollne Decke von der Art, die man eine Betteldecke nennt und die dazu dient, daß sich alle auf ihr lausen. Sie fingen bald an, ihre Decke zu fühlen, denn sie enthielt Läuse mit einem hündischen Hunger, und andre, die mit einem Anbiß auf einen der Ritter ihr achttägiges Fasten zu brechen suchten. Es gab wahre Friesländer Die friesischen Pferde sind wegen ihrer Größe und Stärke bekannt. Unter ihnen, und andre, die man in das Ohr eines Stieres werfen konnte. Bei den Stiergefechten werden, um die Stiere zu reizen, kleine spitzige Pfeile nach ihnen geworfen, vorzüglich nach ihren Köpfen. Sie fürchteten, diesen Morgen von ihnen als Frühstück aufgezehrt zu werden. Ihr Geschick verwünschend, warfen sie die Decke ab und zerfleischten sich, bloß durch Kratzen mit den Nägeln.

Ich ging aus dem Loch, indem ich ihnen sagte, sie möchten mir verzeihn, wenn ich ihnen nicht lang Gesellschaft leistete, weil mir daran läge, es nicht zu tun. Ich schmierte die Hände des Kerkermeisters von neuem mit drei Achtelstücken, und da ich erfuhr, wer der Schreiber beim Prozeß war, ließ ich ihn durch einen Burschen rufen. Er kam, ich führte ihn in ein Zimmer und begann, nachdem ich von dem Prozeß gesprochen habe, ihm zu sagen, ich hätte einiges Geld bei mir. Ich ersuchte ihn, es mir aufzubewahren und so viel als möglich den Prozeß eines unglücklichen Edelmanns zu begünstigen, der aus Täuschung zu solch einem Verbrechen gekommen sei. – »Glauben Euer Edeln,« sagte er, nachdem er das Geld gefischt hatte, »auf uns beruht das ganze Spiel, und wenn einer darauf ausgeht, ein schlechter Mann zu sein, so kann er viel Böses stiften. Ich habe bloß aus Laune mehr auf den Galeeren, als es Buchstaben gibt im Prozeß. Vertraun Sie mir, und glauben Sie, daß ich Sie herausziehn werde, sicher und unverletzt.«

Damit ging er, kehrte aber an der Tür um, mich noch um etwas für den guten Diego Garcia, den Alguazil, zu bitten, den es nötig wäre mit einem silbernen Knebel zum Schweigen zu bringen. Er erwähnte auch noch, ich weiß nicht, was von dem Referendar, damit der ihm behilflich sei, eine ganze Klausel zu verschlucken. Er sagte: »Ein Referendar, Señor, kann durch Zusammenziehn der Augenbrauen, durch Erheben der Stimme, durch das Stampfen seines Fußes, womit er den zerstreuten Alkalde aufmerksam macht (denn meistenteils sind sie das) und durch irgend eine Gebärde, die er macht, einen Christen zugrunde richten.« – Ich gab ihm zu erkennen, daß ich ihn verstanden hätte, und fügte noch fünfzig Reale hinzu. Und zur Belohnung sagte er mir, ich möchte den Kragen meines Mantels aufschlagen, und riet mir zwei Mittel gegen den Katarrh, den ich von der Kälte des Gefängnisses bekommen hatte. Zuletzt sagte er zu mir: »Ersparen Sie sich jeden weitern Verdruß; mit acht Realen, die Sie dem Kerkermeister geben, wird er alles beseitigen; denn das sind Leute, die nichts Gutes tun als aus Eigennutz.« Dieser Rat gefiel mir ausnehmend.

Endlich ging er weg, und ich gab dem Kerkermeister einen Skudo. Er nahm mir die Schellen ab und ließ mich in sein Haus gehn. Er hatte einen wahren Walfisch zur Frau und zwei Teufelstöchter, häßlich und dumm und lebenslustig trotz ihrer Gesichter. Es traf sich, daß der Kerkermeister (er nannte sich Blandonis de San Pablo und seine Frau Doña Anna Moraez) einmal, während ich da war, zum Essen kam, sehr aufgebracht und voll übler Laune. Die Frau, die irgend einen großen Verdruß vermutete, trat zu ihm und setzte ihm so lange mit ihrer gewöhnlichen Zudringlichkeit zu, bis er sagte: »Was wird es sein? Der spitzbübische Schurke Almendros, unser Mietsherr, hat mir eben gesagt, als ich mit ihm über den Mietzins in Wortwechsel kam, Ihr wärt nicht rein.« – »Hat mir denn der Schurke schon Schmutzhadern abgenommen?« sagte sie. »Bei der Seligkeit meines Großvaters, Ihr seid kein Mann, wenn Ihr ihm nicht den Bart ausrauftet! Ruf ich denn seine Diener, daß sie mich reinigen?« – Und indem sie sich zu mir wendete, fuhr sie fort: »Bei Gott! er wird nicht sagen können, daß ich eine Jüdin bin wie er ein Jude; denn von vier Vierteln, die er hat, sind zwei vom Dauer und die andern acht Maravedis Quarto bedeutet ein Vierteil und einen Quarto, eine Kupfermünze, die vier Maravedis gilt. vom Hebräer. Bei meiner Treu, Sektor Don Paul, wenn er es hörte, wie wollte ich ihn erinnern, daß er seine Schultern noch im St. Andreaskreuz hat.« Das St. Andreaskreuz besteht aus rotem Tuch und wird auf den Röcken der Inquisitionssträflinge und der Juden, die sich zum Christentum bekehren, befestigt. – Jetzt erwiderte der Kerkermeister sehr aufgebracht: »Weib, schweig! Denn er sagte, daß Ihr noch zwei oder drei Haarzöpfe darin hättet. Und an dem Unreinen gab er Euch nicht Schuld wegen Ähnlichkeit mit dem Schwein, sondern weil Ihr keins äßet.« – »Also eine Jüdin,« sagte er, »wäre ich? Und Ihr sagt das mit solcher Gelassenheit? Du liebe Zeit! So bekümmert Ihr Euch um die Ehre der Doña Anna Moraez, der Tochter der Estefania Rubio und des Johann von Madrid, wie Gott und alle Welt weiß?« – »Wie,« sagte ich, »Tochter des Johann von Madrid?« – »Des Johann von Madrid,« antwortete sie, »des von Auñon.« – Ich schwöre hoch und teuer, daß der Schurke, der so etwas sagte, ein Jude ist, ein Sodomit und Hahnrei! – Und indem ich mich zu ihnen wendete, fuhr ich fort: » Johann von Madrid, mein Herr, den Gott selig haben möge! war leiblich Geschwisterkind mit meinem Vater, und ich werde den Beweis führen, von wem er abstammt und auf welche Weise, und dies kommt mir zu; und wenn ich aus dem Gefängnis komm, werd ich den Schurken hundertmal widerrufen lassen. Einen Adelsbrief hab ich in der Stadt mit goldnen Buchstaben, der uns beide angeht.

Alle waren sehr erfreut über den neuen Verwandten und faßten eine hohe Idee von dem Adelsbrief; aber ich besaß ihn weder, noch wußte ich, wer sie waren. Der Mann fing an, sich von der Verwandtschaft unterrichten zu wollen, und damit er mich nicht auf einer Lüge ertappen möchte, tat ich, als ob ich wegging aus Verdruß, fluchend und schwörend. Sie hielten mich zurück und sagten, ich solle nicht mehr davon reden, noch daran denken. Ich fuhr von Zeit zu Zeit verstellterweise auf, indem ich rief: » Johann von Madrid? Spaß ist der Beweis, den ich habe!« – Andre Male sagte ich: » Johann von Madrid, der Große? Sein Vater Johann von Madrid war vermählt mit Anna von Acevedo, der Dicken.« – Und dann schwieg ich wieder eine Weile. Kurz, mit diesen Dingen gab der Kerkermeister mir Essen und Bett in seinem Haus, und der gute Schreiber, von ihm gedrängt und bestochen durch das Geld, machte es so gut, daß man vor allen die Alte herausbrachte auf einem grauen Zelter, am Zügel geführt, mit einem Ausrufer der Verbrechen voraus. Der Ruf war folgender: dieses Weib als Diebin! Der Henker schlug ihr den Takt auf die Rippen, so wie ihn die Herrn in den langen Amtskleidern angegeben hatten. Darauf folgten alle meine Kameraden auf Eseln, ohne Hüte und die Gesichter entblößt. Man führte sie aus zur Scham, und ein jeder trug die seinige bloß, wegen der zerlumpten Kleider. Sie wurden auf sechs Jahre Landes verwiesen. Ich wurde durch die Rechtschaffenheit des Schreibers unter Bürgschaft entlassen, und auch der Referendar hatte nichts verabsäumt, denn er änderte den Ton, sprach leise, überhüpfte Gründe und verschluckte ganze Klauseln.


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