Ludwig Preller
Griechische Mythologie II - Heroen
Ludwig Preller

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g. Sarpedon.

Als lykischer Heros hinlänglich bekannt aus der Ilias, er und Glaukos, die Anführer der Lykier aus dem Xanthosthale, reich und glänzend, tapfer und vornehm, beide vorn Geschlecht des Bellerophon, Sarpedon ein Sohn des Zeus und der Laodameia und Liebling des Apollo, zu welchem auch Glaukos, der Sohn des Hippolochos als zu dem lykischen Stammgotte betetIl. 2, 876; 5, 479 ff. 635; 6, 196 ff.; 12, 292; 16, 514 ff. 666 ff.. Dagegen später und zwar seit Hesiod ein zweiter Sarpedon auftaucht, den man einen Kreter von Geburt nannte, Sohn des Zeus und der Europa, also Bruder des Minos und Rhadamanthys, welcher in Folge eines Streites mit Minos von Kreta nach Lykien entwichen sei und die den Kretern und Karern verwandten Termilen, die späteren Lykier, dahin geführt habeEurip. Rhes. 28 ἢ τὸν Εὐρώπας, Λυκίων ἀγὸν ἀνδρῶν, wo die Scholien sich auf Hesiod und Hellanikos berufen. Vgl. Herod. 1, 173, Strabo 12, 573, Diod. 5, 79, oben S. 84, [Anmerkung 281].. Man unterschied denselben gewöhnlich von jenem zu Xanthos in einem prächtigen Denkmale verehrten Heros SarpedonDas Σαρπηδόνειον Appian bell. civ. 4, 78. 79. Der Name Σαρπηδών Σαρπηδονίς ist nicht selten in kleinasiatischen, besonders lykischen Inschriften. Vgl. C. I. Vol. 3 n. 4269b p. 1123 Αἴχμων Ἀπολλοδότου Σαρπηδόνος ναυαρχήσας κατὰ πολεμὸν ἁπάντων Λυκίων – Σαρπηδόνι καὶ Γλαύκω ἥρωσι χαριστήριον, nach vielen Siegen zu Wasser und zu Lande. als einen älteren, aber mit Unrecht, da wie gewöhnlich nur andere Traditionen zu Grunde lagen, welche die spätere Chronologie nicht zu vereinigen wußte. Erzählte man doch auch von der Entführung der Europa durch Xanthos, einen König der KreterVarro b. Augustin C. D. 18, 12, C. I. n. 4269c p. 1123 Αἴχμων Ἐπαφροδίτου τοῦ Αἴχμωνος Ξάνϑιος ἱερασάμενος τοῦ πατρώου ϑεοῦ Ξάνϑου. Wahrscheinlich der Flußgott als ältester Landeskönig, in welcher Eigenschaft er auch von Diod. 5, 81 Ξάνϑος ὁ Τριόπου τῶν ἐξ Ἄργου βασιλεύων καὶ κατασχὼν μέρος τι τῆς Λυκίας χώρας und Steph. B. Ξάνϑος – ἀπὸ Ξάνϑου Αἰγυπτίου ἢ Κρητὸς οἰκιστοῦ erwähnt wird., offenbar 132 mit Beziehung auf die bekannte Hauptstadt der Lykier und einen Landesgott desselben Namens, während es in dem benachbarten Kilikien in der Nähe von Seleukia auf einem nach Sarpedon benannten Vorgebirge ein Heiligthum des Apollo Sarpedonios und der Artemis Sarpedonia mit einem Orakel gab, welches den Glauben dieser Gegenden noch in den Zeiten Aurelians beschäftigteStrabo 14, 676, Diod. 32, 11 (b. Phot. bibl. p. 377), Zosim. 1, 57, R. Koehler im Rh. Mus. f. Philol. N. F. 14, 471 ff. In Troas gab es ein Traumorakel des Sarpedon, Tertull. d. an. 46.. Man erzählte daß Sarpedon auf diesem Vorgebirge begraben liege oder daß er von Kreta zunächst nach Kilikien zu seinem Oheim Kilix geflohen sei und sich mit dessen Unterstützung eines Theils von Lykien bemächtigt habeApollod. 3, 1, 2 vgl. Aesch. Suppl. 870 κατὰ Σαρπηδόνιον χῶμα πολυψάμαϑον.. Eben jenes Vorgebirge galt aber auch für sehr stürmisch, wodurch wir auf einen neuen und eigenthümlichen Zug dieser Ueberlieferungen geführt werden, denn auch in andern Gegenden wurden verschiedene Gebirge, Küsten und Inseln mit dem Namen Sarpedons benannt, welche dadurch als Sammelpunkte für Sturm und Ungewitter bezeichnet werden sollten. So hatte Simonides gedichtet daß Boreas die Oreithyia nach dem Sarpedonischen Felsen d. h. nach seiner Burg in Thrakien (1, 369, [1137]) entführt habe, und Stesichoros und die Kyprien wußten von einer Sarpedonischen Felseninsel im großen Weltmeere, wo die Gorgonen haustenHerodian π. μον. λεξ. p. 9, 8 Σαρπηδὼν Σαρπηδόνος, εἴτε ὁ ἥρως εἴτε ἡ πέτρα εἴτε ἡ ακτὴ εἴτε ἡ νῆσος u. s. w. Vgl. Sophokl. fr. 42. 575, Schol. Apollon. 1, 212, Schol. Eur. Rhes. 28, Hesych Σαρπηδόνιον.. Ja es gab bei Aenos an der thrakischen Küste einen wegen seiner Stürme und brandenden Wogen verrufenen Strand mit einem Heiligthume Poseidons, wo man von einem wilden Recken Sarpedon, einem Sohne Poseidons, erzählte, der durch die Pfeile des Herakles gefallen seiApollod. 2, 5, 9 vgl. Herod. 7, 58, Strabo 7, 331, 52, Zenob. 5, 86. Ganymedes entführt im Hafen Ἁρπαγίας Schol. Il. 20, 234, oder in Chalkis auf der Stätte Ἁρπάγιον Athen. 13, 7., und auch der Name Σαρπηδὼν wird sich wie der der Harpyien am natürlichsten durch ἁρπάζειν erklären lassen. Also scheint bei allen diesen zerstreuten Zügen einer alten Tradition ein Glaube der Kiliker, Lykier und Karer, 133 denn auch bei diesen wurde Sarpedon genannt und zwar als Gründer von MiletEphoros b. Str. 14, 634 vgl. 12, 573 u. Schol. Apollon. 1, 186., vermuthlich auch der alten Kreter zu Grunde zu liegen, der Glaube an einen Gott, welcher zugleich dem Zeus und Apollon oder Helios und auf der andern Seite dem Poseidon verwandt war, also an einen Zenoposeidon, durch welchen Namen die Griechen den karischen Osogos umschrieben (1, 452, [1388]). Sind uns doch auch in der korinthischen und lykischen Sage vom Bellerophon, dem Sonnenheros und Herrn des Donnerrosses Pegasos, welcher für einen Sohn Poseidons gehalten wurde, ähnliche Züge einer Verschmelzung von solarischer und neptunischer Macht bereits begegnet, abgesehn vom Apollo Delphinios und andern Gottesdiensten, wo den himmlischen Mächten zugleich eine Gewalt über das Meer und seine Stürme eingeräumt wurde.


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