Balder Olden
Ich bin Ich
Balder Olden

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Neunzehntes Kapitel

Einen Tag und eine Nacht lang hielt Peters sich in Bombay auf. Er hatte Lunch und Dinner mit Georges und Maud, eine Rundfahrt durch die Stadt der Tempel und Paläste, zu den Türmen des Schweigens, in denen das Volk der Parsi seine Toten den Geiern gibt.

Georges triumphierte wie nie in seinem Leben. Nicht, als er Mauds süße Mutter gewann, nicht beim ersten bengalischen Tiger, nicht beim einzigen Royal Flush seines Lebens, 1872 in Montreal.

Peters Bonaparte – Georges hatte Recht behalten! Unter den Tausenden von Menschen, die ihm das Leben gezeigt, hatte er den einen großen Formats mit erstem Blick gewittert und gestützt!

Gegen den Widerstand seiner klügeren Tochter, gegen die Stimmen der Londoner Gesellschaft!

»Charles, wundervoller Bursche! Charlie, Eroberer!«

Maud wußte ihr Schicksal.

Als Peters in ihr Schlafzimmer eindrang, die Hand auf ihren Mund preßte, der nicht mehr zum Hohnlachen offen war, sondern zum Angstschrei, als er sie im Taumel seines Sieges mit der Wucht lang gebändigten Sturmes nahm – in vernichtender Liebe, schluchzend und tobend – war all das schon erwartet, immer gewußt, immer notwendig gewesen.

Schmähworte und Küsse, Schläge und Verzückung gingen hin über Maud, die junge, schöne Maud, der kein Haß mehr Kraft zur Abwehr gab.

War das Liebe, dies tobsüchtige, grausame Nehmen?

Liebe dies jammervoll ergebene Nehmenlassen?

Bestimmung war es, ihm zu dienen, auf bloßen 203 Sohlen über Matten und Steinboden hin, nach seinen Befehlen. Worte der Unterwerfung, Schwüre der Treue stammeln – nach seinem Befehl, vorgesprochen von ihm!

Schicksal war es, mochte es für Liebe gelten.

Aber als sie in Not und Schmerzen eingeschlafen, das schöne Haupt an seiner kochenden Brust, sagte ihr ein Traum voll Grimm, sagten ihm Worte voll Abscheu aus schlafenden Lippen, daß er nicht Sieger war und niemals würde.

Als sie erwachten, sagte unnahbar kühle Hoheit dieser Frau, daß er sie nie besessen hatte. Nur ergriffen!

Unnahbar, unfaßbar lag sie neben ihm, entkleidet wie er, preisgegeben neuem Zorn.

Nie war er dieser Dame nah gewesen, die ihm wenig Stunden später, weiß und gnädig, nach Georges den Toast servierte.

So blieb sie. Unberührt wie Stein, den eine Brandung gepeitscht hat, als sie neben Georges zum Abschied im Hafen stand; schöner heute als je, unendlich schöner als jener Kolibri in Hannover! Einundzwanzig Jahre alt, unerreichbar, – allein auf dieser Welt begehrenswert!

Sie konnte ihm die Hand zum Abschied reichen, lächelnd sogar, ohne etwas zu geben. Konnte dem Schiff nachwinken, mit dieser blühenden Hand, ohne die Niederlage dieser Nacht von ihm zu nehmen, die allen Stolz vernichtet hatte.

Durch sein Glas sah er sie neben Georges davonschreiten. Nicht einmal wandte sie sich um, nicht berührt war ihr Körper, der hundert Male seiner Lust trug.

Für diese Sehnsucht war man Titan geworden!

Hätte er bettelnd vor ihrer Tür gewacht, hundert 204 Nächte lang – Triumph wär's gewesen neben solcher Liebesnacht!

Gebt Ihr Euch so, Königinnen, die Ihr kniend den Sieger im Zelt erwartet?

 


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