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Kaiser Franz hatte sich heute Morgen früher, wie er sonst pflegte, in sein Arbeits-Cabinet zurückgezogen und war dort eifrig damit beschäftigt, einen kleinen Miniatur-Becher, den er gestern aus einem Pfirsichkern zu schnitzen begonnen, zu seiner Vollendung weiter zu führen. Vor ihm auf dem Tisch lag die Zeichnung, das Modell, nach welchem der Kaiser seinen Becher schnitzte, und nur zuweilen hob Franz seine Augen von der Arbeit empor, um die prüfenden Blicke auf die Zeichnung zu heften, und sie mit seinem Werke zu vergleichen. Aber diese Vergleichungen schienen den Kaiser so eben nicht zu einem erfreulichen Resultat zu führen, denn er runzelte die Stirn, und setzte seinen Becher ziemlich unsanft dicht neben der Zeichnung hin.
I' glaub' halt wahrhaftig, das Ding ist schief' worden, brummte der Kaiser vor sich hin, indem er den kleinen Becher, dessen Arbeit ihm so viel Mühe machte, von allen Seiten betrachtete. Ja, gewiß, es ist halt nit zu leugnen, das Ding wackelt, und hat 'nen Höcker auf der einen Seite. Ja ja, es geht Alles schief, und selbst unser Herrgott da droben macht seine Sach' halt nit mehr grad', und genirt sich gar nit, wenn die Pfirsichkern schief wachsen. Aber freilich, was Gott thut, das ist wohlgethan, fuhr der Kaiser sich fromm bekreuzigend fort, selbst ein Kaiser darf nit d'ran mäkeln, und muß sich's gefallen lassen, daß sein Becher wackelt, weil Gott dem Pfirsichkern 'nen Höcker gegeben hat. Na, vielleicht läßt's sich noch ändern, und wir können den Schaden noch restauriren.
Er nahm den kleinen Becher wieder zur Hand, und begann eifrig wieder mit den scharfen Feilen und den spitzen Messern und Bohrern daran zu arbeiten. Es war eine harte und beschwerliche Arbeit, und der Schweiß stand dem Kaiser in großen Tropfen auf der Stirn, seine Arme schmerzten ihn, und seine Finger bekamen Schwielen von dem Druck der Messer und Feilen, aber der Kaiser achtete nicht darauf, und wischte nur von Zeit zu Zeit mit der umgekehrten Fläche der Hand die Schweißtropfen von seiner Stirn, um dann mit erneuertem Eifer weiter zu arbeiten.
Dicht neben seinem kleinen Tisch mit den Werkzeugen stand der große Schreibtisch des Kaisers. Ganze Stöße von Acten und Papieren lagen auf dem Tisch, und viele Briefe und Depeschen mit großen offiziellen Siegeln. Aber der Kaiser hatte noch nicht daran gedacht, diese Depeschen zu öffnen, und diese Briefe zu entsiegeln. Der Pfirsichkern hatte alle seine Zeit heute Morgen in Anspruch genommen, und nur eins von diesen Papieren hatte er entsiegelt, nur den Rapport der geheimen Polizei über den gestrigen Tag hatte der Kaiser gelesen. Dieser geheime Rapport der Polizei und des Chiffre-Cabinets das war die Lieblingslectüre des Kaisers Franz, und er würde sehr zornig gewesen sein, wenn er einmal in der Frühe des Morgens denselben auf seinem Arbeitstisch nicht gefunden hätte.
Dank diesem Rapport wußte der Kaiser aber an jedem Morgen mit unverbrüchlicher Genauigkeit, was am Tage zuvor in Wien geschehen, womit sich die Gesandten der fremden Mächte beschäftigt, und vor allen Dingen, was seine Brüder, die Erzherzöge Carl, Ferdinand, Joseph und Johann gesagt, gethan, ja vielleicht auch nur gedacht hatten. – Der heutige Bericht der geheimen Polizei hatte indeß dem Kaiser wenig Bemerkenswerthes gebracht, nur hatte er vermeldet, daß beim Anbruch des Tages ein Courier aus Paris beim französischen Gesandten Grafen Andreossy eingetroffen sei, und daß, wie man Grund habe zu glauben, derselbe sehr wichtige Nachrichten zu überbringen habe.
Gerade um sich von dieser unangenehmen Meldung zu erholen, hatte Franz den Rapport bei Seite gelegt, und sich an seine Schnitzarbeit begeben, und dieser war es gelungen, die Wolke von der Stirn des Kaisers zu verjagen, ihn wieder der schweren Regierungspflichten vergessen zu Machen.
Er war jetzt eifrig damit beschäftigt, die schiefe Seite seines Bechers zu ebnen, als ein leises Klopfen an der kleinen Tapetenthür, die auf den kleinen Corridor, und von da in die Gemächer der Kaiserin führte, ihn unterbrach.
Der Kaiser zuckte leise zusammen und blickte horchend nach der Thür hin, vielleicht hoffend, daß sein Ohr ihn getäuscht habe. Aber nein, abermals ließ sich dies leise Klopfen vernehmen, es war kein Zweifel, man begehrte Einlaß, man wollte die friedliche Einsamkeit des Kaisers stören.
Was will denn die Kaiserin? murmelte Franz. Warum kommt sie hieher? Es wird halt wieder Aergerniß geben, fürcht' ich!
Er erhob sich achselzuckend von seinem Lehnstuhl, schob seinen kleinen Becher hastig in eine Schatulle seines Tisches, und eilte jetzt die Tapetenthür zu öffnen.
Franz hatte sich nicht geirrt, es war wirklich die Kaiserin Ludovica, die dritte Gemahlin des Kaisers, ihm erst seit wenigen Monaten vermählt. Sie war in einem leichten Negligé von gesticktem, weißem Mousseline, das ihre zarte schlanke Gestalt eng umschloß und unterhalb mit reichen Spitzenvolants garnirt war. Das weiße Leibchen reichte bis zum Halse empor, und ward dort von einer rosa Schleife zusammengehalten. Ihr schönes schwarzes Haar, das in dicken Locken zu beiden Seiten ihrer Wangen niederfiel, war geschmückt mit einem kostbaren Spitzenbonnet, von dem breite rosa Atlasbänder über den Nacken niederfielen. Aber zu diesem coquetten und jugendfrischen Anzug paßte das Antlitz der Kaiserin gar wenig. Die Kaiserin war jung und schön, aber ein Ausdruck tiefer Schwermuth sprach aus ihren Zügen. Ihre Wangen waren von durchsichtiger Blässe, um die feinen schmalen Lippen zitterte ein trauriges rührendes Lächeln, ihre hohe durchsichtige Stirn war wie von einer Wolke der Trauer überschattet, und aus ihren großen schwarzen Augen schossen zuweilen dunkle Gluthblitze, wie aus einem Abgrund feuerglühender Schmerzen. Aber welche Gluth und welche Leidenschaft auch diese zarte ätherische Gestalt entflammen mochte, so hatte die Kaiserin es doch gelernt über ihre Seele und ihr Herz einen Schleier zu legen, und niemals verriethen ihre Lippen die Schmerzen ihres Innern. Nur ihre Vertrauten durften sie errathen, nur diese wußten, daß Ludovica's Feuerseele an zwiefachen Qualen litt, an den Qualen des Hasses und des beleidigten Stolzes. Napoleon! Das war der glühende Haß der Kaiserin, und – verschmäht, vernachlässigt von ihrem Gemahl, dem Kaiser Franz, das war das Gefühl des beleidigten Stolzes, das fort und fort an ihrer Seele nagte. Sie war, Dank den Intriguen und den ungeheuren Reichthümern ihrer Mutter Beatrice von Este, Herzogin von Modena, die Gemahlin des Kaisers und selber eine Kaiserin geworden, aber sie hatte sich nur einer hohen Stellung, einem erhabenen Range vermählt, nicht aber einem Gemahl, nicht einem Mann. Sie war nur Kaiserin, dem Namen und Titel, nicht aber der Wahrheit nach. Franz hatte ihr seine Hand gegeben, aber nicht sein Herz, nicht seine Liebe! Er verschmähete die schöne liebreizende Gemahlin, er vermied scheu und ängstlich jedes vertrauliche Beisammensein und nur vor den Augen des Hofes und der Welt gab er der Kaiserin die Rechte seiner Gemahlin, verweilte er in ihrer Nähe. Anfangs hatte Ludovica dieses seltsame Begegnen ihres Gemahls mit stolzer Gleichgültigkeit hingenommen, und nicht die leiseste Klage, der geringste Vorwurf war über ihre Lippen gekommen. Sie auch hatte ja den Gemahl nicht aus Liebe gewählt, sondern nur aus Ehrgeiz, aus Stolz. Sie hatte sich gesagt, daß es schöner sei, eine Kaiserin von Oesterreich, denn eine Prinzessin von Modena und Este zu sein, und selbst das Loos: die dritte Gemahlin, die Stiefmutter von zehn Kindern der zweiten Gemahlin zu sein, hatte sie nicht geschreckt. Sie wollte nicht den Mann heirathen, sondern den Kaiser, sie wollte eine Rolle spielen, Einfluß haben, die Geschicke der Welt gestalten helfen. Aber in dieser Hoffnung sollte sie sich bald getäuscht sehen! Der Kaiser gönnte ihr vor der Welt alle Vorrechte ihrer Stellung an seiner Seite, aber in der Stille ihrer Gemächer gönnte er ihr nicht sein Vertrauen, er ließ sie keinen Einfluß haben auf seine Entschließungen, er sprach niemals mit ihr von den Angelegenheiten seiner Regierung, er forderte niemals ihre Ansicht, ihren Rath!
Das war der Gram, welcher an der Seele der jungen Kaiserin nagte, die Wunde, an welcher ihr stolzes, kühnes Herz blutete! Aber seit einigen Wochen hatte sie sich aus ihrem verschwiegenen Kummer wieder emporgerafft, und die Anwesenheit ihrer Mutter, der klugen und intriguanten Herzogin von Modena, schien der Kaiserin neue Kraft des Widerstandes gegeben, sie in dem Entschluß bestärkt zu haben, sich das Herz und das Vertrauen ihres Gemahls erobern zu wollen. Während sie sonst vor der Gleichgültigkeit ihres Gemahls sich in stolzem Schweigen zurückgehalten, und dieselbe gar nicht bemerkt hatte, war sie jetzt freundlich, sogar zuvorkommend gegen ihn, und oft geschah es, daß sie, das Vorrecht ihrer Stellung benutzend, durch den geheimen Corridor, der die Gemächer des Kaisers und der Kaiserin verband, unangemeldet sich in das Cabinet ihres Gemahls begab, um mit ihm von Politik zu sprechen, da er nicht mit ihr von derselben sprach.
Aber der Kaiser haßte diese Gespräche von ganzem Herzen, und ein Schauer durchrieselte seine Seele und eine Wolke lagerte sich auf seiner Stirn, sobald er an der geheimen Thür das leise Klopfen der Kaiserin vernahm.
Auch heute stand die dunkle Wolke noch auf seiner Stirn, als die Kaiserin schon zu ihm eingetreten war. Ludovica sah es, und ein schmerzliches Lächeln flog einen Moment über ihr bleiches Angesicht.
Da Ew. Majestät nicht zu mir gekommen sind, um mir einen Morgengruß zu sagen, nun wohl, so komme ich zu Ihnen, sagte sie mit sanfter freundlicher Stimme, indem sie dem Kaiser ihre schmale, weiße Hand darreichte.
Franz nahm diese Hand und drückte sie an seine Lippen. Es ist wahr, sagte er verlegen, ich bin heute Morgen nicht gekommen, Ihnen meine Aufwartung zu machen, aber es fehlt mir an Zeit. Ich mußte mich gleich in mein Cabinet begeben, hatte viel zu arbeiten, und bin sehr beschäftigt.
Ich sehe es, sagte Ludovica, die Kleider Eurer Majestät tragen noch die Spuren Ihrer Beschäftigung.
Der Kaiser beeilte sich die kleinen Splitter des Pfirsichkerns die auf seiner Brust und seinem Aermel hafteten, mit der Hand hinweg zu streichen, aber indem er das that, verfinsterte sich seine Stirn noch mehr, und er warf einen düstern, trotzigen Blick auf seine Gemahlin hin.
Schauen's, Frau Kaiserin, sagte er lachend, am Ende gar gehören's zu der geheimen Polizei, und sind über mich gesetzt, daß Sie ausspüren sollen, womit ich mich beschäftige wenn ich allein in meinem Cabinet bin. Ei, wenn ich das wüßt', so würd' ich auf meiner Huth sein, und diese Thür hier vermauern lassen müssen, damit meine Frau Gemahlin mich nicht unvermuthet überfallen und beobachten kann.
Ew. Majestät werden das sicher nicht thun, sagte Ludovica, deren Stimme bebte, und deren Wangen noch bleicher geworden waren. Nein, Ew. Majestät werden mir nicht diese Schmach anthun, daß Sie der Welt das unselige Geheimniß verrathen, welches bis jetzt nur von uns Beiden gewußt wird. Ew. Majestät werden mir nicht dieses einzige und letzte Vorrecht, das ich mit Ihren früheren Gemahlinnen theile, noch rauben wollen, und damit aller Welt verkünden, daß ich in diesem Schloß eine Fremde bin, die nicht einmal den Zutritt zu den Gemächern ihres Gemahls hat.
Ich sag' ja nicht, daß ich das will, bemerkte Franz achselzuckend, ich sag' nur, das ich es nit leiden kann, beobachtet und ausspionirt zu werden. Es ist wahr, die frühere Kaiserin hatte auch die Schlüssel zu diesem geheimen Corridor, aber, Ew. Majestät verzeihen mir diese Bemerkung, die Kaiserin machte fast niemals von demselben Gebrauch, sondern sie wartete ab, daß ich es that.
Und sie wartete nicht vergeblich, sagte die Kaiserin schnell, Ew. Majestät kamen, denn Sie liebten Ihre Gemahlin, und wie man mir sagte, vergingen kaum einige Stunden, ohne daß der Kaiser sein Cabinet verließ und den geheimen Corridor überschritt um sich in die Gemächer seiner Gemahlin zu begeben.
Aber niemals, wenn ich bei ihr war, rief der Kaiser, niemals versuchte es die gute Kaiserin Therese, mit mir von Politik und Staatsangelegenheiten zu sprechen.
Das ist begreiflich, sagte Ludovica, Sie hatten Beide so viele gemeinschaftliche Interessen, über welche sie sprechen konnten. Sie konnten von Ihrer gegenseitigen Liebe sprechen, von Ihren Kindern! Ich, die ich so unglücklich bin, von diesen beiden Dingen nicht mit Ew. Majestät sprechen zu können, so sehr mein Herz sich auch darnach sehnt, ich muß mich wohl begnügen, mit meinem Gemahl von andern Dingen zu sprechen, und hege den Wunsch, wenigstens Theil nehmen zu dürfen an seinen Sorgen, da ich nicht Antheil haben kann an seiner Liebe. Mein Gemahl, ich bitte Sie, stoßen Sie mindestens meine Freundschaft nicht zurück, nehmen Sie die Hand der Freundin an, die ich ehrlich und herzlich Ihnen biete.
Mein Gott, ich wünsche ja nichts mehr, als das, rief der Kaiser lebhaft, indem er zum zweiten Mal die dargereichte Hand der Kaiserin an seine Lippen drückte. Mein höchster Wunsch ist erfüllt, wenn Ew. Majestät mir Ihre Freundschaft schenken und mir als Ihrem besten, ergebensten und treuesten Freund vertrauen wollen!
Aber dieses Vertrauen muß gegenseitig sein, mein theuerster Freund, sagte Ludovica, ihre Hand auf die Schultern des Kaisers legend, und ihn mit einem langen, glühenden Blick anschauend. Auch Ew. Majestät müssen mir vertrauen, und unbedingt auf meine Treue rechnen!
Ich thue das, sagte Franz hastig, nie würde ich es wagen, an der Treue der reinsten, tugendhaftesten und keuschesten Kaiserin und Frau, an der Treue meiner Gemahlin zu zweifeln.
Ich sprach nicht von der Treue der Frau, sagte Ludovica seufzend, sondern von der Treue meiner Freundschaft, die freudig bereit ist, alle Sorgen und Kümmernisse mit Ihnen zu theilen.
Nun wohl denn, sagte der Kaiser, ihr lächelnd zunickend, ich will Ihnen einen Beweis geben von meinem Glauben an Ihre Freundschaft. Ja, ich will mit Ihnen meine Sorgen und Kümmernisse theilen.
Oh, mein Gemahl, wie glücklich machen Sie mich durch dieses Wort, rief Ludovica, und ein leiser Schimmer von Röthe verschönte ihr edles Angesicht.
Ich will Sie Theil haben lassen an meiner heutigen Arbeit, und Sie sollen mir Ihren Rath schenken, sagte der Kaiser, indem er der Kaiserin zunickte, und zu dem Arbeitstisch tretend, aus der Schatulle derselben den kleinen angefangenen Becher hervorholte.
Sehen Sie, meine liebe Freundin, fuhr der Kaiser fort, seiner Gemahlin den Becher darreichend, sehen Sie, ich wollte da aus diesem Pfirsichkern einen kleinen Becher schnitzen, und ihn der Marie Louise schenken, die an solchen Dingen viel Vergnügen findet, aber nun zeigt sich's halt auf einmal, daß der Pfirsichkern schief gewachsen ist und nicht auf beiden Seiten die gleiche Rundung hat. Jetzt also geben Sie mir einen Rath, meine Freundin, sagen Sie mir, was ich machen soll, um den Becher seine richtige Positur zu geben, denn es wäre doch halt eine ewige Schande für einen Kaiser, wenn man von ihm sagen könne, er habe sich mit seiner eigenen Arbeit in eine schiefe Positur gebracht. Schauen's also das Ding an, und sagen's mir, was dabei zu thun ist?
Die Kaiserin war wieder bleich geworden, ihre dunklen Augen flammten einen Moment höher auf wie im Feuer des Zorns, sie preßte die Lippen aufeinander, als wolle sie einen Ausruf des Unmuths zurückhalten. Aber sie unterdrückte schnell genug ihre Erregung, und nahm hastig den kleinen Becher, den der Kaiser ihr noch immer entgegenhielt.
Ew. Majestät haben Recht, sagte sie hastig, der Becher ist wirklich ganz schief und mißrathen. Wenn man ihn so auf den Tisch stellt, hat er wirklich eine ganz schiefe Positur, und droht alle Augenblicke umzufallen. Da Ew. Majestät mich nun gefragt haben, was dabei zu thun sei, so gebe ich Ihnen den Rath, diesem Ding rasch ein Ende zu machen, dem kleinen Becher den Krieg zu erklären, und ihn so durch einen Stoß Ihres kleinen Fingers für immer niederzuschmettern.
Sie schnellte ihren schlanken kleinen Finger gegen den Miniaturbecher, daß das kleine Ding umfiel und bis an das andere Ende des Tisches hinrollte.
Das ist allerdings ein sehr energischer Rath, sagte Franz lächelnd, aber er gefällt mir halt nit! Eine mißrathene Sach' umstoßen, heißt nit, sie verbessern.
Doch, Majestät, das Mißrathene vernichten, heißt schon das Bessere anbahnen, rief Ludovica lebhaft. Ew. Majestät sagten es vorher selbst: es wäre für einen Kaiser eine ewige Schande, wenn er sich mit seiner eigenen Arbeit in eine schiefe Positur und Stellung gebracht hätte. Die Schande aber ist die schlimmste Niederlage, welche einem Kaiser widerfahren kann, und um sie zu vermeiden, muß er also eilen, jeder schiefen Stellung den Krieg zu erklären. Wenn das aber schon bei einer so unbedeutenden Sache, wie der Pfirsichkern da, Pflicht ist, um wieviel mehr ist das Pflicht, wenn es sich um eine so große und heilige Sache handelt, wie es die Freiheit und Ehre Ihres Reiches und Ihrer Politik ist!
Schauen's, schauen's, sagte der Kaiser, sich mit einem Ausdruck komischer Ueberraschung hinterm Ohr kratzend, da sind wir also richtig doch von dem Pfirsichkern auf die Politik und den Krieg gekommen. Das ist aber halt ein Pfirsichkern, der schwer zu knacken ist, und bei dem es mir halt ganz lang um die Zähne wird. –
Ach, sagte Ludovica, Ihre Zähne sind fest und stark, denn sie sind zusammengesetzt aus dreimalhunderttausend Schwertern, aus tausenden von Kanonen und Gewehrläufen. Wenn der Löwe nur seine Zähne gebrauchen will, wird er den Währwolf leicht vernichten, denn dieser reißende, blutgierige Währwolf ist nur tapfer und unüberwindlich Lämmern gegenüber, und nur die Wehrlosen haben ihn zu fürchten.
Sie meinen doch ohne Zweifel mit dem Währwolf den Kaiser Napoleon? fragte der Kaiser lächelnd. Muß Ihnen aber halt sagen, daß Sie da in Ihrer Kriegsbegeisterung dem Mann doch Unrecht thun. Er ist, wie mir scheint, nicht bloß Lämmern gegenüber tapfer, und nicht blos die Wehrlosen allein haben ihn zu fürchten. Ich denk', ich habe ihm bei Austerlitz halt nicht Lämmer gegenüber gestellt, sondern tapfere Männer, und sie waren nicht wehrlos, sondern bis an die Zähne bewaffnet. Der Bonaparte aber bat sie doch überwunden, hat uns doch die Schlacht von Austerlitz abgewonnen, und wir mußten uns vor ihm beugen und seine Friedensbedingungen annehmen.
Ja, Ew. Majestät mußten sich vor ihm beugen, rief die Kaiserin glühend, Sie mußten zu ihm in das Lager gehen, und den stolzen Usurpator um Frieden bitten!
Ich mußt nicht, aber ich that's, um meinem Volk den Frieden zu geben, und nit ganz Oesterreich in Trümmer fallen zu lassen. Es ist wahr, es war ein harter Gang, und seit ich damals den Kaiser am Wachtfeuer zum ersten Mal gesehen hab', kann ich ihn halt erst gar nit mehr leiden Des Kaisers eigene Worte. Siehe: Lebensbilder aus dem Befreiungskriege. Th I.. Aber die Wahrheit muß deshalb doch wahr bleiben, und die Wahrheit ist, daß der Kaiser Napoleon mehr ist als ein Währwolf, der blos Lämmer erwürgt, daß er ein Löwe ist, dessen Wuthgebrüll alle Throne zittern macht, und der, wenn er seine Mähne schüttelt, ganz Europa in Bewegung bringt.
Um so mehr ist es Pflicht, diesem unnatürlichen Zustand ein Ende zu machen, rief die Kaiserin heftig, die Throne zu befestigen, und Europa endlich die Ruhe wieder zu geben. Dazu aber, mein Herr und mein Kaiser, dazu giebt es nur Ein Mittel, nur den Krieg! Man muß den Löwen vernichten, damit die friedliebenden Menschen Ruhe haben.
Aber wenn wir nun statt den Löwen zu vernichten, von ihm vernichtet würden? fragte der Kaiser achselzuckend. Wenn der Löwe uns zum zweiten Mal den Fuß auf den Nacken setzte, uns in den Staub träte, und uns abermals einen schmachvollen Frieden dictirte? Meinen Sie etwa, daß es halt so eine angenehme und ehrenvolle Stellung ist, wie der König von Preußen sie jetzt einnimmt, und daß es mich gelüstet, ein gleiches Schicksal zu erleben? Ich dank' halt dafür! Bin gar nit begierig, statt meiner Kaiserkrone eine Märtyrerkrone zu tragen, sondern will lieber mein Augenmerk darauf richten, meine Krone auf meinem Haupte festzuhalten, allem Kriegsgeschrei der deutschen Eisenfresser zum Trotz. Allerliebste Leute, diese deutschen Schreier. Thun wollen sie halt nichts, meinen, daß es genug ist, wenn sie Krieg, Krieg! schreien, und daß damit der Bonaparte besiegt werden kann. Dazu gehört aber mehr, Frau Kaiserin, als das fanatische Kriegsgeschrei in den aristokratischen Salons, und das Federgekritzel der Herren Journalisten und Freiheitsdichter, dazu gehört, daß sich ganz Deutschland unter Wehr und Waffen stelle, daß ganz Deutschland einig und bereit sei zum Kampf wider den Feind.
Und es ist so, wie Ew. Majestät sagen, rief Ludovica glühend, ganz Deutschland ist bereit zum Kampf wider den Feind. Es wartet nur darauf, daß Oesterreich das Zeichen zum Angriff gebe, daß Oesterreich sein Schwert erhebe, und vorwärts schreite, Allen voran, damit Alle ihm nachfolgen können!
Kenn' diese schönen Redensarten, sagte Franz achselzuckend, hör' sie täglich von meinen kriegsdurstigen Herren Brüdern, die sich mit diesen schönen Phrasen auf so bequeme Art beim Volk populär zu machen wissen. Aber es sind halt doch nur Phrasen ohne Sinn und Bedeutung. Denn, sagen's wir halt einmal, Frau Kaiserin, wo ist denn das Deutschland, das nur darauf lauert, bis Oesterreich das Zeichen zum Angriff gäbe, wo sind die deutschen Heere, die nur sehen wollen, daß Oesterreich vorwärts gehe, um gleich hinter ihm drein zu kommen! Hab' halt gute gesunde Augen, aber ich sehe nirgends solche Heere! Hab' halt auch recht gut meine Geographie von Deutschland im Kopf, und kenn' all' die Länder, die zu ihm gerechnet werden, schau' mich aber vergebens unter ihnen um nach denen, die nur auf's Zeichen zum Angriff warten. Preußen liegt ohnmächtig darnieder, und kann halt nichts thun, und die Herren Rheinbundsfürsten, die warten allerdings auf's Zeichen zum Angriff, aber der Herr Bonaparte wird's ihnen geben, und wenn sie marschiren, so marschiren sie gegen uns und werden bemüht sein, tapfer gegen uns zu kämpfen, um sich vom französischen Kaiser Lob und Ehr', Titel und Land zu gewinnen. Nein, nein, ich laß mich halt nit blenden von tapfern Phrasen und bombendonnernden Redensarten, ich weiß, was ich weiß: daß Oesterreich nämlich, wenn's zum Kriege kommt, ganz allein steht, und daß es entweder siegen oder zu Grunde gehen muß. Damals, im Jahre 1805, als wir die unglückliche Geschicht bei Austerlitz hatten, die mir die Hälfte von meinen Staaten gekostet hat, damals war ich nit einmal allein, da hatt' ich aber halt noch Rußland zum Bundesgenossen. Heut aber hat Rußland erklärt, daß, wenn es wirklich zum ernsthaften Krieg käme, Rußland nicht gegen Napoleon kämpfen würde, sondern so lange als möglich strenge Neutralität beobachten werde; wenn es sich aber entscheiden und Partei nehmen müsse, daß es alsdann mit Frankreich gegen uns stehen würde. Ich bin also heut ganz allein, während der Napoleon viel Bundesgenossen hat.
Aber Ew. Majestät haben einen mächtigen Bundesgenossen in der allgemeinen Begeisterung Oesterreichs und Deutschlands, in der allgemeinen Empörung gegen Napoleon, Sie haben den mächtigsten Bundesgenossen für sich: die öffentliche Meinung!
Ach, gehen's mir mit dem abscheulichen Bundesgenossen, rief der Kaiser heftig, ich mag halt nichts hören von ihm, und nichts mit ihm zu thun haben. Die öffentliche Meinung, das ist halt das Steckenpferd, das mein Herr Bruder, der populaire Erzherzog Johann, immer reitet, aber es wird ihn schon einmal abwerfen und in den Straßenkoth schmeißen, und dann wird er sehen, was er davon hat. Ich bitt' Sie, Frau Kaiserin, kommen's mir nie wieder mit der öffentlichen Meinung, denn ich hab' einen Abscheu vor ihr. Sie riecht nach Revolution und Empörung, und läßt sich wie ein geduldiger Esel von Jedermann leiten, der sich die Mühe giebt, ihm 'ne Distel als Lockspeise vorzuhalten. Ich verzichte einmal für allemal auf den Bundesgenossen: die öffentliche Meinung; und es wird mir halt einerlei sein, ob sie mich kreuzigt oder segnet, ob sie mich einen Dummbart oder einen Kaiser nennt. – Sie sehen also, Frau Kaiserin, daß ich ganz allein steh', denn den Bundesgenossen, den Sie mir anbieten, den weise ich zurück, und einen andern giebt es nicht für mich. Meine eigene Meinung aber, der folge ich, und werd' ihr allezeit folgen. Es war meine Meinung, daß es, den furchtbaren Rüstungen Frankreichs gegenüber, nothwendig sei, auch zu rüsten und dem Gegner zu zeigen, daß ich ihn nicht fürchte, sondern auf Alles gefaßt, zu Allem bereit bin. Ich habe also mein Heer in Kriegsbereitschaft gesetzt, habe dem Bonaparte gezeigt, daß Oesterreich wohl im Stande ist, es mit ihm aufzunehmen, daß es ihm weder an Geld, noch an Armeen, noch an Kriegsbereitschaft fehlt. Aber vor der Hand werd' ich nit weiter gehen, und wenn nicht etwas Besonderes geschieht, wird alles Kriegsgeschrei und alles Drängen mich nicht vorwärts treiben. Das Besondere aber, was geschehen könnt', das wär', daß Napoleon in Spanien nicht Sieger bliebe, daß er gezwungen wär', seine Armee dort zu behalten. Wenn das wäre, dann freilich ständ' ich halt nicht ganz allein, dann hätte ich an Spanien meinen Bundesgenossen, und es wär' möglich, das ich vorwärts ginge. Wenn das aber nicht ist, wenn das Glück dem Herrn Napoleon dort wie überall treu bleibt, dann werd' ich mich von der Nothwendigkeit allein bestimmen lassen, dann werde ich nicht der Angreifer sein, der freiwillig sein Geschick herausfordert, sondern dann werde ich mit dem Schwert in der Hand erwarten, ob ich angreifen soll. Geschieht das, nun dann werden Gott und mein gutes Recht mir zur Seite stehen, und was auch komme, so wird man dann doch nit sagen können, daß ich vorwitzig den Krieg angefangen und den Frieden gebrochen habe. Unterliegen wir dann, so ist es der Wille Gottes und der heiligen Jungfrau, und nit unsere eigene Schuld! – Und jetzt, Frau Kaiserin, sagte der Kaiser hochaufathmend, jetzt hab' ich Ihnen den Willen gethan, und Ihren Wunsch erfüllt, ich habe mit Ihnen von Politik gesprochen. Denk' aber wohl, Sie werden ein für alle Mal genug daran haben, und Sie und Ihre politischen Freunde und Freundinnen werden einsehen, daß halt mit mir gar nichts anzufangen ist, und daß es am Besten sein wird, mich ganz und gar aufzugeben, weil ich doch einmal so störrisch bin, nit von Anderen mich leiten zu lassen, sondern meinen eigenen Weg gehen zu wollen. Sie haben mir aber versprochen, Frau Kaiserin, daß Sie mir eine treue Freundin sein wollen. Ich fordere also einen Beweis davon. Reden wir nicht mehr von Politik, das ist Alles, was ich von Ihrer Freundschaft erbitten will!
Wohl denn, reden wir nicht mehr von Politik, sagte die Kaiserin mit einem tiefen Seufzer. Erlauben mir Ew. Majestät nur noch, Ihnen eine Bitte vorzutragen.
Ach, Sie reden halt, als ob es Etwas gäbe, was ich Ihnen abschlagen könnt', rief der Kaiser lächelnd.
Ludovica verneigte sich leicht. Ich bitte also, sagte sie, daß Ew. Majestät mir die Freude machen, mit mir in das große Concert im Universitätssaal zu gehen. Man wird dort Haydns Schöpfung aufführen, und wie ich glaube, wird der alte Maestro selbst zugegen sein, um die Huldigungen seiner Verehrer entgegenzunehmen.
Hm hm, ich hab' die Ahnung, daß da halt noch was Anderes dahinter steckt, sagte der Kaiser gedankenvoll, und daß es mit der bloßen Huldigung für den alten Meister Haydn nicht abgethan ist. Aber gleichviel, Ew. Majestät wünschen hinzugehen und es wird mir ein Vergnügen sein, meine Frau Gemahlin zu begleiten.
Ein leises Kratzen an der Thür, die von dem Cabinet des Kaisers in das Conferenzzimmer führte, in welchem die Beamten der geheimen kaiserlichen Kanzlei sich befanden, machte sich hörbar.
Nun, was giebt's, rief der Kaiser, kommen Sie nur herein.
Der Geheim-Kämmerer des Kaisers schlüpfte leise durch die nur halbgeöffnete Thür, und blieb dann, die Kaiserin gewahrend, stumm und ängstlich neben der Thür stehen.
Es macht nichts, die Frau Kaiserin wird verzeihen, sagte Franz. Sagen Sie nur, was Sie zu sagen haben.
Majestät, sagte der Geheim-Kämmerer, der französische Herr Gesandte Graf Andreossy ist so eben vorgefahren, und läßt Ew. Majestät in dringender Angelegenheit sogleich um Audienz bitten.
Warum hat er sich deshalb nicht an meinen Minister des Auswärtigen gewandt? fragte der Kaiser unmuthig.
Majestät, der Herr Gesandte läßt deshalb um Entschuldigung bitten, aber er sagt, er habe von seinem Kaiser Napoleon den ausdrücklichen Befehl erhalten: zu versuchen, unmittelbar zu Eurer Majestät zu gelangen.
Und er ist schon im Vorsaal und wartet sogleich auf die Audienz?
Zu Befehl, Majestät.
Nun denn, so will ich ihn empfangen, sagte der Kaiser ausstehend. Führen Sie den Gesandten in den kleinen Audienzsaal – Nun? fragte der Kaiser verwundert, als der Kämmerer noch immer stehen blieb, Sie gehen nicht? Sie haben mir also noch mehr zu sagen? –
Ja Majestät, es ist so eben ein Courier aus Paris vom Grafen Metternich angelangt mit dringenden Depeschen für Ew. Majestät.
Ach, das ist halt etwas Anderes, rief der Kaiser. Sagen's dem Herrn Gesandten, daß ich ihn jetzt nicht empfangen könnt', daß er sich aber in einer Stunde, genau um elf Uhr, wieder herbemühen möcht', und daß ich dann bereit sei, dem Herrn Gesandten die gewünschte Audienz zu bewilligen. Der Courier soll sogleich hierher in mein Cabinet kommen!
Der Geheim-Kämmerer schlüpfte geräuschlos wieder zur Thür hinaus, und der Kaiser wandte sich jetzt seiner Gemahlin zu.
Frau Kaiserin, sagte er, erlauben Sie, daß ich die Ehre haben darf Ihnen meinen Arm zu bieten und Sie in Ihre Gemächer zurückzuführen. Sie sehen es wohl, ich bin ein armer geplagter Mann, dem seine vielen Geschäfte nicht einmal erlauben, mit seiner Gemahlin ungestört eine Stunde zu plaudern. Bemitleiden Sie mich ein wenig, und zeigen Sie mir das dadurch, daß Sie mir künftig gütigst gestatten, in Ihrer Gesellschaft mich von den Geschäften auszuruhen, und nicht von Politik zu sprechen.
Es soll geschehen, wie mein Herr Gemahl und Kaiser es wünscht, sagte die Kaiserin traurig, indem sie den ihr dargereichten Arm des Kaisers nahm, um sich von ihm in ihre Gemächer zurückführen zu lassen.
Eben als sie die Schwelle des kaiserlichen Cabinets überschritt und auf den Corridor hinaustrat, hörte sie die Stimme des Kämmerers, welcher ankündigte: der Courier aus Paris, Staatskanzleihofrath von Hudelist.
Es ist gut, ich komme gleich zurück, rief der Kaiser, und er führte seine Gemahlin mit etwas beschleunigterem Schritt über den Corridor. Vor der Thür am Ende desselben blieb er stehen und nickte der Kaiserin freundlich lächelnd zu.
Ich habe Sie jetzt bis zu der Grenze Ihres Reiches geführt, sagte Franz, erlauben Sie, daß ich nun in das meine zurückkehre. Leben Sie wohl! Also heut' Abend gehen wir mitsammen in's Concert! Gott befohlen!
Ohne eine Antwort der Kaiserin abzuwarten, wandte er sich um und kehrte hastig über den Corridor in sein Cabinet zurück.
Ludovica trat in ihr Cabinet ein und riegelte hinter sich die Verbindungsthür ab. Für immer geschlossen! sagte sie seufzend. Ich wenigstens werde es nicht wieder, versuchen, von dieser Thür Gebrauch zu machen, nicht noch einmal mich dem Spott und Hohn des Kaisers aussetzen. Ich muß also diese Schmach ertragen, ich muß es dulden, verschmäht, verstoßen zu werden von meinem Gemahl, ich – Doch still, unterbrach sich die Kaiserin, es ist jetzt nicht Zeit, über mein persönliches Schicksal zu jammern, wenn das Schicksal von ganz Oesterreich in Frage steht. Es müssen sehr wichtige Nachrichten aus Paris zu melden sein, sonst würde Metternich nicht seinen vertrauten Gehülfen, den Hudelist, senden, sonst würde nicht Andreossy auf so stürmische Weise eine Audienz begehren. Vielleicht werden diese Nachrichten endlich heute eine Entscheidung herbeiführen, oder vielleicht kann man doch dazu beitragen, daß es geschieht. Ich will an den Erzherzog Johann schreiben und ihn herbeirufen! Ihm mag es besser als mir gelingen, den Kaiser zu einem Entschluß zu treiben. Schnell an's Werk!
Sie eilte zu ihrem Schreibtisch und schrieb jenes kleine geheimnißvolle Briefchen, das sie dem Erzherzog Johann in jenem angeblich von ihm entliehenen Buch zusandte.