Fritz Mauthner
Aus dem Märchenbuch der Wahrheit
Fritz Mauthner

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Der stille Baumeister

Er war ein kühner Baumeister und wollte ein weites und reiches Gebäude errichten aus allen Völkern der Erde. Er zeichnete seine Pläne. Als er aber zur Ausführung schreiten wollte, erfuhr er, daß es keinen Mörtel gebe, um Völker zu binden.

Hierauf zeichnete er neue Pläne, kleiner als die ersten, aber immer noch recht groß. Einen Kuppelbau seines eigenen Volkes wollte er schaffen. Da erfuhr er, daß die Leute keine Bausteine sein wollten. Nur wenn man. sie hauen ließ, dann wollten sie Bausteine sein. Der Baumeister aber hatte seinen Plan in Liebe auszuführen gedacht; da ließ er sein Volk.

Nun zeichnete, er einen ganz kleinen Plan, ein Häuschen für sich und die Seinen. Mörtel und Steine lagen schon bereit. Da erfuhr er von einem Gesetze, wonach ein Haus nur bauen dürfte, wer eine Scholle besaß, es darauf zu stellen. Der Baumeister hatte keine Scholle Erde zu eigen, und traurig ließ er Stein und Mörtel verwittern.

Um nun doch etwas zu tun, erklärte er den Leuten seine alten Pläne; doch niemand verstand ihn, nicht die Welt, nicht sein Volk, nicht die Seinen. Niemand.

Da ging der Ärmste aus seinem Hause hinaus, aus seinem Volke und aus der Welt und wurde ein stiller Baumeister. Er sprach nur noch mit sich selbst, nannte sich einen Baudichter und baute fortan große und kleine Gebäude ohne Mörtel, ohne Steine und ohne eine Scholle Erde, sie darauf zu stellen.


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