Fritz Mauthner
Aus dem Märchenbuch der Wahrheit
Fritz Mauthner

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Der Diamant im Mörtel

Einmal, ganz zu Anfang der Weltgeschichte, wurde für einen der alten Götzen ein steinernes Haus gebaut, eins von den Häusern, welche bestimmt waren, durch Jahrtausende zu stehen. Sklaven türmten Quadern auf Quadern und legten Mörtelschichten dazwischen.

Das Haus war bestimmt, in seinem innersten Heiligtum die größte Kostbarkeit zu bergen, die der Götze besaß, einen Diamanten. Als das Haus der Vollendung nahe war, tat's ein boshafter junger Sklave: er stahl den Edelstein des Götzen, warf ihn in den Mörtel und rührte ihn ein mit Finger und Spatel. Und mit diesem Mörtel wurden die Wände des innersten Heiligtums gemauert.

Der Götze barg ruhig lächelnd einen falschen Diamanten im Tempel und sagte seinen Priestern gar nicht, daß der echte im Mörtel stecke.

Eine Kreuzspinne zieht ihre Fäden von Wand zu Wand des innersten Heiligtums. Und es ist geweissagt: Wenn die Kreuzspinne mit ihren Fäden die Quadermauern des Tempels zusammenreißen wird, dann wird auch der Diamant im Mörtel zum Vorschein kommen.


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