Oskar Loerke
Atem der Erde
Oskar Loerke

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Seitenstraße

          Vor manchen Läden stehn wie Krankenbahren
Im Regen magre Lichterstreifen.
Es knackt und surrt vorbei auf Gummireifen –
Das ist, als würden Leiber überfahren.
Der Nebel zuckt, ein rasches Raffen,
Ein hastiges Beiseiteschaffen.

Dann trittst du über den klebrigen Schein
Aus dunklem Ja in leeres Nein.

Nichts geschieht hier für Pressen und Annalen,
Tropfen treffen dich ohne zu zielen,
Still sammeln sich die kleinen Qualen
Am Rande der Seele, am Ausgang des Lichts,
Die Zehen in den Schuhen spielen –
Es ist fast nichts.

Die staubigen Plakate wie beschmutzte Laken,
Gelüftet nach verfegtem Feste.
Gewürz und Frucht hängt abgewürgt am Haken.
In Gläsern, Tüten, Beuteln welken Reste
Der Welt, die nicht mehr schmecken und nicht riechen.

Landschaft für Süchte, die kein Blut mehr haben,
Wie lautlos rinnende dumme Schaben
Die Fühler eifrig regen und ihr Feld bekriechen!

Aus Dunklem hängt der Guß in dichten Strähnen,
Der Gully schmatzt ihn ein mit langen Zähnen.

 


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