Oskar Loerke
Atem der Erde
Oskar Loerke

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Aus den Augen gelesene
Der Weisheit Schluß
        Ich war bedürftig und begabt,
Ich sah euch gehn wie kommen:
Da ihr mir nicht gegeben habt,
So habt ihr mir genommen.

Der Körper nährt sich noch, der seelenkahle,
Durch seiner Hände Betreuung,
Doch zwischen Mund und Fingern rauscht das schale
Dumpfe Meer der Zerstreuung.

Bettler
Längst schreibt auf keine Wand ein Griffelspeer
Seine glühenden Zeichen,
Und von den Päpsten kommen keine Münzen mehr,
Die inbeschrieben wären: Weh euch Reichen.
Einsamer
Ich treibe mich um in den Menschenhorden;
Sie sind ohne Sünde;
Ich bin milde geworden.
Sie haben mich nicht hören wollen.
Wo sind meine Gründe,
Ihnen zu grollen?
Nur weil das Meine werter war
Als andres, das begehrter war?
Höchstes Stockwerk
Manchem gründete Sankt Peter
Den Felsen überm Wasserlärm:
Mein Horst im hupenden Gezeter
Ist Rabitzwand und Rohrgedärm.

Will mich das schwellende Getöse
Von meiner Wahrheit überführen?
Es schallt nur, schallt nicht gut und böse –
Ich darf die Erde nicht berühren.

Ausblick
Raubzeug geht in Schluft und Schächte.
Schmerz und Ängste werden eben.
Am Rande der Nächte
Müssen sich immer Sonnen erheben.
Intellektuelle
Das Vieh hat süßes Gras für seinen Magen,
Wir aber sind die bittren Rhizophagen.

 


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