Oskar Loerke
Atem der Erde
Oskar Loerke

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Das Karussell

        Wie Windes Anhauch in den Haaren,
Die schon Gespiel des Traumes waren,
Schwirrt es vorbei.
Dann bin ich an den Schlaf verloren,
Und in mir paukt, magieverschworen,
Ein Marsch der bunten Reiterei.
Kreisende Laternen bescheinen
Bärtige Reiter, ich kenne keinen.

Warm trifft mich Schaum der Zähne,
Wild überholen Pferde Schwäne,
Maul hetzt an Maul.
Aufschwellend werden die Tiere blasser,
Die Bäume scheinen wie durch Wasser,
Der Garten jagt, ein grüner Knaul.
Es greift mich an den Beinen,
Es schleift mich in den Leinen.

Die Wüsten großer Stutenaugen
Blenden, saugen
Mich fort aus Fleisch und Gegenwart.
Alle Passagiere verwehten,
Aber Orgel und Trompeten
Befeuern mir die Fahrt.
Das Trittbrett schleift an Steinen,
Ich kenne der Wege keinen.

Uns fliegen Raben an, entschlüpfen,
Die leeren Kindersättel hüpfen,
Die Taschen ohne Reisezehr.
Gebirge sinkt mit Eis und Almen,
Savannen drehn, und hinter Palmen
Rollt himmelab das Blau ins Meer:
Am Hang der Unendlichkeit bricht
Ein Schattenheer Disteln aus Licht.

Die Schatten am Distelberge
Waren eben noch Reiter und Ferge.
Zackige Sterne bescheinen
Sie heller: ich kenne keinen.

 


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