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Fünfzehntes Kapitel.
Societas pro moribus poliendis, oder zu deutsch: die Theegesellschaft


Als der Professor Fünfkäs merkte, daß die Herren Pillendrechsler und Calamister ihre Besoldungen durch einen Pfiff erhöhet hatten, so beschloß er, die seinige eben so zu erhöhen: denn er wollte doch auch zeigen, quid virtus et quid sapientia possit. Er ging also mit einer wichtigen Miene zum Kanzler, und meldete ihm, daß er einen Anschlag von Wichtigkeit habe, die rohen Sitten der Studenten zu verbessern, und ihnen eine feine Lebensart anzugewöhnen.

Na, Herr, sagte der Kanzler, das wäre ja ganz excellent! Ich hab mich schon oft geärgert zum Teufelholen über die Rökeley der Studenten, zumal neulich da des Abends: Sie wissen's ja! Die Leute führen sich auch auf, wie die Gassenbuben, mein Seel! Lassen Sie aber mal Ihren Anschlag hören!

Prof. Fünfkäs: Mein Anschlag ist ganz simpel, Ihr' Excellenz. Die Studenten sind ungesittet, weil sie keine Gelegenheit haben, mit gesitteten Leuten umzugehen: sie liegen nur unter sich herum, und da lernt einer vom andern Grobheit, Zoten und alles Böse.

Kanzler: Aber wer will denn gern haben, daß Studenten in seinem Hause aus- und eingehen! Jeder honette Mensch geht ihnen ja aus dem Wege! Die Leute sind oft wie die Esel!

Prof. Fünfkäs: Die Zusammenkunft der Studenten muß so eingerichtet werden, daß ein Mann von Ansehen, am beßten ein Professor, immer dabey sey, oder vielmehr, daß die jungen Leute in dem Hause dieses Mannes zusammen kommen, sich da unter sich und mit andern Männern, auch mit honettem Frauenzimmer, anständig unterhalten, etwan eine Tasse Thee oder Kaffee dabey trinken, und wohl auch dann und wann ein frugales Abendbrodt einnehmen. Ich stehe dafür, so eine öffentliche Assamblee, woran jeder wohlgesittete Mann Theil nehmen darf, wird sehr viel zur Cultur der akademischen Sitten beytragen.

Kanzler: Das glaube ich auch, Herr! Und da Sie den Vorschlag gethan haben, so will ich die Sache ans Curatorium berichten, und Sie zum ersten Direktor der neuen Gesellschaft vorschlagen.

Professor Fünfkäs war sehr froh, daß sein Vorschlag so schnell angenommen wurde: denn an der Approbation von Colchis aus zweifelte er gar nicht. Er rechnete auf den Sekretär Schneller, und dieser richtete den Bericht auch so vortheilhaft ein, daß dem Professor Fünfkäs die Einrichtung der Gesellschaft ganz überlassen wurde, und er noch zur Bestreitung der Unkosten, das heißt, für zwey Tassen Thee auf die Person, jährlich achthundert Thaler Vorschuß erhielt.

Professor Fünfkäs hatte zwey schöne Töchter, welche aber, um die jungen Herrlein nach deren Gegenwart lüsterner zu erhalten, nicht gleich mit zur Gesellschaft kamen, sondern erst sichtbar wurden, wenn man zu Nacht essen wollte. Anfänglich bath er die Herren, die zum Thee gekommen waren, zweymal zu Tische: das dritte Mal aber hieß es:

Meine Herren, ich würde es mir zur Ehre rechnen, wenn ich Sie jedesmal an meinem Tische bewirthen könnte: allein meine Einkünfte machen mir das unmöglich; und ich muß daher dieses Vergnügen entbehren. Aber wenn meine Herren etwan eine Subscription eröffnen und alle Vierteljahr eine Kleinigkeit zur Bestreitung der Kosten bezahlen wollten: so würde ich alsdann auch allemal die Ehre haben können, Sie jedesmal zum Abendessen da zu behalten.

Die Studenten zahlen herzlich gern, wenn man sie wichtig macht. Der Vorschlag wurde also einhellig angenommen, und man fragte den Herrn Fünfkäs: wie viel er vierteljährig verlange? Allein Herr Fünfkäs stellte das der Schenerösität der Herren heim, und diese waren auch so schenerös, daß ihrer vierzig subscribirten, und jeder einen Luidor vorausbezahlte. Weil aber vierzig Personen auf einmal zu viel waren: so traf man die Einrichtung, daß jedesmal Zehen zu Tische behalten wurden, und daß also die Herren für drey sehr frugale Abendmahlzeiten gerade einen Luidor bezahlt hatten. Herr Fünfkäs befand sich sehr wohl dabey, und konnte mit seiner ganzen Familie auf Unkosten der Studenten zu Nacht essen.

Die Studenten merkten freilich, daß sie geprellt wurden, aber die Ehre, bey einem Professor zu speisen, und das Vergnügen, mit den Mamsellen scharmiren zu können, machte ihnen die Prellerey erträglich; und die Gesellschaft, welcher man den Namen der Polirenden Societät gab, existirte sehr lange in Schilda.

Professor Fünfkäs hatte noch einen Vortheil bey dieser Gesellschaft: er konnte dadurch sich Anhang und Zuhörer für seine Vorlesungen verschaffen: und von dieser Zeit an war sein Hörsaal auch immer voll. Als es endlich Winter und kalt ward, forderte er obendrein von seinen Theegästen auch noch Holzgeld; und er bekam so viel, daß er für sich und sein ganzes Haus Holz die Fülle kaufen konnte. Die Präsenter an Kleidungsstücken, Tüchern, Fächern u. dgl., die seine Frau und Töchter erhielten, ersparten ihm für diese jährlich auch noch weit über hundert Thaler.


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