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Drittes Kapitel.
Der Herr von Ekolsbach


Schneller ging, nachdem er aufgestanden war, und seine Kleider und Haare, wie es gehen wollte, zurecht gemacht hatte, nach dem Pfarrhause, und klopfte an. Man rief: herein, und er stand da, wie vom Blitz gerührt, als er die Frau Pastorn zu Gesicht bekam. Er erkannte seine Base, die Tochter seines Vormunds. Voller Erstaunen rief er endlich aus: Jule, bist du's oder bist du's nicht?

Freilich, bin ich's, lieber Carl! Aber, um Gottes Willen, rede leiser! Niemand muß wissen, daß wir uns kennen. Ich habe meine Gründe dazu! Aber ums Himmels willen, wie kömmst du hieher?

Schneller erzählte ihr, was wir schon wissen. Gleich darauf kam ein Bote, mit dem Vermelden: daß der Herr Pastor mit dem Hrn. von Ekolsbach auf die Jagd gegangen sey, und erst gegen Mittag wieder käme: die Frau Pastorn mögte indeß ins Wirthhaus schicken, und den fremden Herrn, der dort übernachtet hätte, zu sich bitten lassen, und ihn gut bewirthen, bis der Herr Pastor zurück käme.

Schneller war hoch erfreut; die Frau Pastorn noch höher: jezt hatten sie Zeit, ungestört auszuplaudern: denn ihr Mann durfte ihre frühere Jugend-Geschichte nicht erfahren.

Die Frau Pastorn hatte ihrem relegirten Herrn Vetter ihre Geschichte kaum auserzählt, als der Herr Pastor mit dem Herrn von Ekolsbach hereintrat.

Bon jour, schrie Lezterer, meine Beßte! Tausend Sakkerment, das heißt eine Jagd heute! Vierzehn Hasen, neunzehn Rebhühner und einen Fuchs: heißt das nicht Glück? Wahres Sau bonheur, mich soll der Geyer holen!

Frau Pfarrern: Gratulire, Herr Baron!

Baron: Ja Mütterchen, heute hab' ich Freude erlebt! Aber mein großer Hund, mein Markyus, das ist auch ein Hund, der stammt zuverläßig von Kaiser Alexanders des Großen Leibhund Bucephalus ab.

Frau Pfarrern: Aber, gnädiger Herr, ich habe immer gehört, Alexanders Bucephalus sey ein Pferd gewesen.

Baron: Warum nicht gar ein Pferd! Ein Jagdhund war's mit einem wilden Schweinskopf! Das hat mir mein Hofmeister, der jezige Professor Sauerus zu Schilda mehr als einmal gesagt: und der muß so was doch besser wissen, als wir. Ist ja 'n Professer!

Frau Pfarrern: Nun gut, Herr Baron! Aber der Herr Baron werden Appetit haben: was steht zu Diensten, Herr Baron?

Baron: Apropos, Frau Pastern: Baron ist zwar nicht geschimpft; aber ich habe von Seiner Durchlaucht, unserm gnädigsten Fürsten, die Stelle eines Kanzlers der Universität zu Schilda erhalten, mit dem Prädikat Excellenz.

Frau Pfarrern: Also gratulire, Ihr' Excellenz, Herr Kanzler!

Schneller, welcher die ganze Zeit über da gestanden war, ohne etwas weiter, als einen stummen Diener, anbringen zu können, machte große Augen, als er hier einen Kanzler vor sich sehen sollte. Seine Miene ward beißend, und sein Unmuth trieb ihn ans Fenster, wo er die Worte: »So ein Spiritus Rindvieh Kanzler einer Universität« – wie in den Garten hinausstieß, doch so, daß der Pastor Unrath befürchtete, und ihn einlud, auf ein paar Minuten in den Garten mitzugehen.

Freund, sagte er zu ihm, wenn Sie wollen, so ist Ihr Glück so gut wie gemacht, wenigstens kommen Sie aus aller Verlegenheit. Herr von Ekolsbach ist, wie Sie gehört haben, Kanzler der Universität zu Schilda. Ich habe Sie ihm empfohlen, und er will für Sie sorgen. Er ist zwar äußerst ungeschliffen und kurzsichtig, aber so jemand ist eben recht für einen gescheuten Kopf. Man sieht das an den Höfen am besten. Also, was meynen Sie: wollen Sie mit nach Schilda?

Schneller: Nach Schilda, ich? Was Henker sollt' ich zu Schilda machen? Hab' ich doch in Halle, Jena, Göttingen, Erlangen, Würzburg, Gießen und Marburg studiert! Es wäre mir ja eine ewige Schande, wenn ich, nachdem ich so viele hochberühmte Universitäten besucht –

Und von allen diesen hochberühmten Universitäten bin relegirt worden, fiel ihm Pastor Silander ein. Gehn Sie! Ihre Delikatesse ist übel angebracht: denn auf allen Ihren hochberühmten Universitäten gehen tausend Schildaische Streiche vor. Seyen Sie also kein Thor, und ziehen Sie mit dem Herrn Kanzler nach Schilda. Ubi bene, ibi patria; und wer durch die Welt will, muß sich fügen, oft wie Bileam.

Meinetwegen, erwiederte Schneller: hab' so nichts zu verlieren!


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