Paul de Kock
Der Mann mit drei Hosen
Paul de Kock

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Drittes Kapitel.

Das Ehepaar Poupardot – Ein junger Soldat – Picotin und sein Schild

Eintrat zuerst ein höchstens vierundzwanzigjähriger Mann, der sich jedoch vermöge seiner Kleidung, Frisur und Manieren die gesetzte Miene eines Mannes von reiferem Alter geben zu wollen schien. Sein beinahe immer lachendes Antlitz, sein halbgeöffneter Mund und seine beständig hochgetragene Nase verkündeten mehr Gutmüthigkeit und Neugierde, als Geist und Fähigkeiten. Seine zwar streng republikanische, aber höchst reinliche und sorgfältige Kleidung zeigte einen vermöglichen Mann an, der aus Neigung das populäre Kostüm trug; während des Sprechens hatte er die Gewohnheit, den Kopf auf eine wichtigthuende Weise zu bewegen; alsdann rieb er sich stets selbstvergnügt die Hände.

Dieser Mann hieß Poupardot; er war der Sohn reicher Handelsleute, und hatte, da er sein Vermögen groß genug und für überflüssig fand, es weiter zu vermehren, sich jung verheirathet, um seine Einkünfte in Ruhe zu verzehren, ohne andere Belästigung, als die Verwaltung seine Güter und Häuser. Denn Poupardot besaß außer seinen Renten ein Haus in Paris, ein Pachtgut in der Umgegend von Monterau, ein Landhaus in Clichy und ein kleines Häuschen bei der Barrière d'Enfer.

Madame Poupardot war eine kleine, hübsche, sanfte haushälterische Frau, die ihren Mann an Geist weit übertraf und ihm deßhalb beinahe durchgängig gehorchte; denn kluge Leute geben lieber nach, als daß sie streiten. Indessen betrachtete sie die Ereignisse gewöhnlich von einer andern Seite, als ihr Mann; aber sie wollte Poupardot, der ein glückliches Gemüth hatte, Alles im schönsten Lichte erblickte, Alles billigte, was geschah, und nie etwas Uebles ahnte, nicht durch ihren Widerspruch betrüben.

Mit diesen beiden Gatten trat eine dritte Person ein: ein junger Mann mit sanftmüthiger Miene, dessen Gesichtszüge, ohne gerade regelmäßig zu sein, doch einen angenehmen Ausdruck hatten, und dessen obwohl dunkle Augen höchst zärtlich strahlten, wenn er sie auf ein junges hübsches Frauenzimmer heftete. Es war Roger, den das Aufgebot getroffen hatte, und dem es, nach der lebhaften Euphrasia Behauptung, so wehe that, als sie Anacharsis Picotin heirathete.

Maximus, Roger und Poupardot waren Schulkameraden gewesen, deren Freundschaft immer noch fortdauerte, obgleich sie sich in verschiedenen Lebenslagen befanden, und auch ihre politischen Ansichten von einander abwichen. Wahr ist, daß sie niemals etwas von einander begehrt hatten, und ihr wißt, daß es das beste Mittel ist, seine Freunde zu erhalten, wenn man nie etwas von ihnen entlehnt und ihnen nie etwas leiht.

»Was hat denn Der?« fragte Poupardot, den Goulard beim Hinausstürzen beinahe umgeworfen hatte, »dem pressirts teufelmäßig ... Er hat mir beinahe einen Zahn eingeschlagen ... Doch, gleichviel, das hindert mich nicht, der Gesellschaft einen guten Abend zu wünschen ... Wie steht's mit der Gesundheit, Bürgerin Bertholin?« – Sehr gut, Bürger Poupardot ... ich danke Dir. – »Ich, ich befinde mich ganz herrlich ... nur besitze ich einen häßlichen Schnupfen, der mich am Athmen hindert ... Und hier seht ihr meine Frau, die so dick wird, wie eine Wachtel ... Das Dicksein ist hübsch ... nur genirts beim Gehen!« – Gott sei Dank, so weit bin ich noch nicht!« entgegnete die junge Frau, während sie auf Frau Bertholin zuging und sie küßte. – »Es ist sehr schön von euch, daß ihr mich besuchet,« sagte Maximus' Mutter. – Ja,« versetzte Poupardot, »wir beabsichtigten es schon längst ... nur gerade heute Abend dachte ich nicht entfernt daran ... Ich war sogar im Begriff, meine Frau ins Schauspiel ... ins Feydeautheater zu führen, um die Entführung der Sabinerinnen vom Bürger Picard zu sehen ... Man sagt, das Stück sei gut ... Er hat Geist, der Bürger Picard! ... er ist ein Schriftsteller, der sich einen Namen machen wird ... Aber während wir auf dem Wege nach dem Schauspielhause waren, begegneten wir Roger. Er sagte: Ich gehe zu Maximus, um von ihm und seiner werthen Mutter Abschied zu nehmen. Da sagte meine Frau zu mir: Statt in's Feydeau zu gehen, sollten wir Roger zu Deinem Freunde begleiten. Ich stimme stets mit meiner Frau überein ... weil sie mir nie widerspricht ... und so kamen wir mit Roger hierher. Wo ist denn Maximus?« – In seiner Druckerei; er wird aber nicht mehr lange ausbleiben, denn er hat von der Bürgerin Picotin erfahren, daß Roger kommen werde, und mir aufgetragen, ihm zu sagen, er möchte warten.«

Als Poupardot den Namen Euphrasiens aussprechen hörte, die ihm unbekannt war, machte er ihr ein tiefes Compliment, und seine Frau examinirte sie mit jener kleinlichen Neugierde, die die Frauen antreibt, sich gegenseitig zu betrachten und die sie auf den ersten Blick die schwache Seite des Gesichts, des Anzugs und der Haltung finden läßt.

Was Euphrasia betrifft, so warf diese Roger seit seiner Ankunft häufig Liebesblicke zu, welche böse Zungen auf eine für die Stirne des Horatius-Cocles Picotin nicht befriedigende Weise hätten deuten können.

Prosper hatte sich in eine Ecke gesetzt: seit seinem Zwiste mit Goulard war er in Nachdenken versunken und schien auf das, was um ihn her gesprochen wurde, nicht mehr zu achten.

»Nun! mein armer Roger, Du wirst also zur Armee abgehen?« fragte Frau Bertholin, den jungen Soldaten mit Theilnahme betrachtend. – »Ja, meine gute Mutter, ich werde gegen Frankreichs Feinde kämpfen, und ich bin wahrlich sehr erfreut darüber! – »Schön, was Du da sagst, Bürger,« raunte ihm Euphrasia ärgerlich zu. »Es scheint Dir um Niemand in Paris leid zu thun?« – Doch, Bürgerin, ich lasse Freunde ... geliebte Personen zurück; aber auf der andern Seite bin ich es satt, fortwährend Hinrichtungen und Schaffotte zu sehen. Bei der Armee muß ich doch wenigstens diesen schrecklichen Anblick nicht ertragen; empfängt man dort seinen Tod, so geschieht es, während man sich vertheidigt oder seinen Feind tödtet; man kann Ruhm erwerben, und beim Teufel! das gehört sich für einen Franzosen. – »Oh! ich wette, Du kommst als General zurück, Bürger,« versetzte Euphrasia, ihre Blicke auf Roger heftend. – »Ich weiß nicht, ob ich zurückkomme und als was ich zurückkomme; aber das ist gewiß, daß ich mich eher tödten lassen, denn als gemeiner Soldat zurückkehren werde ... Nun! Prosper, bist Du nicht meiner Ansicht? ... An was denkst Du denn ganz allein dort hinten? ... Willst Du nicht auch unters Militär treten?«

Prosper blickte Roger an, strich mit der Hand über die Stirne, als ob er seine Gedanken sammeln wollte, und entgegnete sodann: »Ja ... ich gehe auch zur Armee ... aber jetzt noch nicht ... man könnte mich hier nöthig haben ... und wer sorgte ... wenn ich nicht da wäre, für ...« – Für wen?« fragte Roger lächelnd. Aber Prosper wendete sich ab und murmelte: »Das ist meine Sache.« – O! man erräth es leicht,« sagte Euphrasia, »denn Du hast Dich so eben verrathen, als Du den Portier durchprügeln wolltest. – »Bürger,« begann Poupardot, eine Dose aus der Tasche ziehend und der Gesellschaft zu schnupfen anbietend, »Bürger, ich wundere mich, daß ihr euch über den Gang der Regierung beklaget. Mir kommt es vor, es gehe Alles gut ... sehr gut sogar ... Ich bin für die neuen Ideen! nur wäre es mir lieber, wenn Alles ohne Aufopferung von Menschenleben geschehen könnte.« – Ich liebe die Revolutionen nicht!« flüsterte kopfschüttelnd seine Frau. – »O! Du, Elisa, bist ein ängstliches Ding ... die Republik will nur unser Bestes!« – Ja, unser Geld und Gut; denke nur an unser hübsches Haus in der Straße der Petites-Ecuries,« erwiderte Madame Poupardot seufzend, »kam ihnen nicht der Einfall, es zu untersuchen, die Wände abzukratzen, und daran zu lecken, ob sie Salpeter enthielten? und das Resultat davon ist ... daß sie unser Haus abreißen wollen. – »Ja,« sprach Poupardot dagegen, »weil ich es an sie verkauft habe, man bezahlt mir aber den dreifachen Werth desselben!« – Ja! es ist wahr, man bezahlt es Dir ... in Assignaten! – »Nun! was macht das? die Assignaten sind im Kredit etwas gesunken, aber sie werden sich wieder erholen ... o! sie werden wieder steigen, und dann habe ich ein sehr gutes Geschäft gemacht!« – Ich hätte unser Haus weit lieber behalten!«

»Ich bin derselben Ansicht, wie die Bürgerin,« sprach Euphrasia, »das baare Geld scheint mir weit zuverlässiger, als eure Papierfetzen, und da ich Herrin im Hause bin, so habe ich es nicht geduldet, daß Picotin unser Mobiliar gegen Assignaten vertauschte. Da ich übrigens gerade von meinem Manne rede, so möchte ich doch auch wissen, was aus ihm geworden ist? ich fange an unruhig zu werden, obgleich ich überzeugt bin, daß er unfähig ist, sich zu compromitiren und in Streitigkeiten einzulassen.« – Ich höre im Hofe singen,« versetzte Roger, »ich erkenne Picotins Stimme. – »Er singt!« sagte Euphrasia, »dann fürchtet er sich, und da muß ihm etwas zugestoßen sein.«

Kaum konnte Euphrasia ihren Satz beendigen, so öffnete ihr Gatte die Thüre und trat herein. Anacharsis Picotin war ein junger, großer, aber unvortheilhaft gestalteter Mann, dessen Gang etwas Lendenlahmes an sich hatte; geschah es aus Gewohnheit, um nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen, oder war es eine Folge seines Körperbaues; bei jedem Schritte, den er machte, schwankte er von einer Seite auf die andere, wie ein Mensch, der sich fürchtet, mit dem Fuße in eine Lache zu treten. Sein Angesicht war lang, mager und spitzig. Seine dicken Haare fingen gleich über den Augenbrauen an; mit seiner Carmagnole endlich und besonders mit seiner Mütze auf dem Kopfe suchte er sich ein abstoßendes Aeußere zu geben, was durchaus nicht zu seiner Physiognomie paßte.

»Da bin ich!« sagte Picotin eintretend, »guten Abend, Bürger und Bürgerinnen, Gruß, Brüderschaft oder Tod. Liebe Frau, Du wußtest nicht, was aus mir geworden war ... Du warst sicher fürchterlich in Sorgen ... Du dachtest schon: ist wohl mein Horatius, ohne mich davon zu unterrichten, gegen die Feinde des Vaterlandes zu Feld gezogen?« – O! nein, das dachte ich zufällig nicht!« rief Euphrasia aus. – »Nun! meine werthe Gemahlin, ich schwebte nichts desto weniger in großer ... in ungeheurer Gefahr.« – Das ist nicht möglich! – »Auf Sansculottenparole ... ich werde der Gesellschaft auseinandersetzen, in welch' höchst kritischem Falle ich mich befand! Die Sache verhält sich so: vor allen Dingen muß ich jedoch für Solche, die mich nicht kennen, vorausschicken, daß ich Kürschner bin und mit Pelzwaaren, Tiger-, Bären-, Fuchs- und andern Fellen handle, kurz, daß ich alle Dinge, auf die ich mich lege, tüchtig verarbeite ... meine Frau, die zugegen ist, kann es bestätigen.« – Nein, mein lieber Anacharsis, das kann ich zu meinem Bedauern nicht durchweg bestätigen, aber fahre dennoch fort,« entgegnete Euphrasia ungeduldig, »und spute Dich ein wenig, denn auch im Erzählen, bringst Du nichts fertig.«

»Gleich, meine liebe Gemahlin. Ich wollte einen Schild haben ... ich hatte noch keinen ... und ein Laden ohne Schild scheint mir sehr einfältig. Ich weiß wohl, daß man oft sagt: Ein guter Wein braucht keine Etikette! aber nie: Ein guter Pelzladen braucht keinen Schild. Während ich hierüber nachsann, fiel mir etwas sehr Hübsches und besonders für meinen Stand Passendes ein. Ich hatte meiner Frau nichts gesagt, um ihr eine Ueberraschung zu bereiten, und die Ausführung einem berühmten Schildmaler übertragen! Diesen Morgen überbrachte er mir den Schild und ich unterstellte ihn der Billigung meiner Sektion. Hattest Du gar keine Vermuthung, Euphrasia?« – Nun, was war denn auf dem Schilde? – »Eine sehr schöne, prächtige Angorakatze, mit einem herrlichen Pelze, sie saß bei einem Teller, worauf sich noch der Ueberrest einer ungeheuren Pastete befand; die Katze hatte, wie man ihrem Bauch ansah, so eben ihr Mahl beendigt, überdies ließ ich mit großen goldenen Buchstaben darunter setzen: » Zum schönen, vollen Kater! Dies war mein Schild; ich meine, der Gedanke war nicht übel.«

Die Gesellschaft lächelte, statt zu antworten; Picotin fuhr fort: »Ich begebe mich also, meinen Schild unter dem Arm, in den Sektionsausschuß; aber kaum hatte ich ihn den Augen des Präsidenten enthüllt, so rief eines der Mitglieder aus: Du bist ein Aristokrat! Du willst die Luxuskatzen wieder bei uns einführen! wir wollen keine Angorakatzen, keine Möpse, keine Bologneser und keine Pasteten mehr. Dein Schild ist eine Satyre auf die republikanische Einfachheit; zu einer spartanischen Suppe hättest Du eine ehrliche französische Katze setzen sollen! – Ich blieb starr vor Schrecken; ich hatte diese Anschuldigung so wenig erwartet, daß ich keiner Antwort fähig war. Hierauf schrieen mehrere Stimmen: Man muß diesen Menschen festnehmen ... er conspirirt gegen die Republik. – Da aber kam mir die Sprache wieder und ich rief aus: Aber, Bürger, ich hätte nie geglaubt, dadurch die Republik zu beleidigen, daß ich als Kürschner einen großen Kater malen ließ, wovon ich nur den Pelz bewundern lassen wollte! – Aber Du hast eine Angorakatze, eine Luxuskatze malen lassen, welche auf weichen Polstern liegt und Pasteten frißt, während das souveraine Volk hungert; das ist eine Verhöhnung! rief eine Masse Leute aus, worunter besonders eine alte Fischhändlerin, die Mutter Gueuleton, die beinahe beständig betrunken ist und nun ihre Zeit in den Sektionen und Clubs zubringt, wo sie sich die Mutter der Kracher und ihren Sohn den Krachius nennen läßt, weil man in ihrer Gegenwart einmal von Cornelia, der Mutter der Gracchen, gesprochen hat, deren einer Sohn, Gracchus, bei Vertheidigung des Vaterlandes starb. Ich befand mich folglich in einer widerlichen, ich darf sagen gefährlichen Lage, als zum Glück für mich der Präsident, dem mein Bürgersinn und meine Grundsätze bekannt sind, das Wort nahm und sprach: Bürger, ich kenne Horatius-Cocles-Picotin und glaube nicht, daß er die Absicht hatte, es an Achtung gegen die Republik fehlen zu lassen, noch auch die Angorakatzen wieder einzuführen; es war allerdings ein Irrthum von ihm, Worte auf seinen Schild zu schreiben, die als eine Ironie auf das hungernde Volk betrachtet werden können; er wird sie aber ausstreichen und andere darauf setzen lassen.«

»Mit größtem Vergnügen!« rief ich dann aus. »Der Präsident hat mich ganz richtig verstanden; da man nichts von meinem schönen, vollen Angorakater will, so erbiete ich mich, eine magere französische Katze malen und darunter setzen zu lassen: Zum tapfern sansculotten Kater! Kaum hatte ich diese Worte beendigt, als Beifall von allen Seiten des Saales her ertönte; man drückte mir die Hand, man beglückwünschte mich; die Mutter Gueuleton wollte mich durchaus küssen, obgleich sie den Schluchzer hatte, und ich verließ die Versammlung mit meinem Schilde, von dem ich bereits im Weggehen anfing, die darauf geschriebenen Worte abzukratzen.«

»Das ist ein weitgehender Patriotismus der Ausschußmitglieder,« versetzte Roger lachend. »Am Ende könnte man den Stand eines Kürschners als aristokratisch verdächtigen, weil er mit Artikeln handelt, die nicht jedes Mitglied des souverainen Volks sich anschaffen kann.«

»Das wolle Gott verhüten,« rief Picotin ängstlich, »da könnte man zuletzt zu Ehren der untheilbaren Republik auf der Straße erfrieren!«

»Jedenfalls,« sagte Euphrasia, »wirst Du Dir daraus die Lehre abnehmen, in Zukunft nichts mehr ohne mich zu thun ... ich bedanke mich vor Ueberraschungen, bei denen Gut und Blut auf dem Spiele steht; wir konnten bisher ohne Schild leben ... und der tapfere sansculotte Kater wird eine saubere Figur über unserer Ladenthüre machen? ... Und wie steht es um mein Gesuch, die Göttin der Freiheit vorzustellen, bin ich angenommen?«

»Ha! meiner Treu ... das war nicht der Augenblick, ein Gesuch vorzutragen, wo mich die ganze Versammlung durchprügeln wollte,« erwiderte der arme Picotin, sich mit verlegener Miene in eine Ecke setzend.

»Wie! Du willst die Freiheit machen, Bürgerin?« fragte Roger, Euphrasia mit etwas spöttischer Miene anblickend. – »Warum nicht? ich meine, ich habe Alles, was dazu gehört.«

»Mir wäre es auch recht gewesen,« sagte Poupardot, »wenn diese Ehre meiner Frau zu Theil geworden wäre, nur hätte ich befürchten müssen, sie möchte sich in dieser leichten Kleidung einen Schnupfen holen; allein die Bürgerin, welche ich zur Frau habe, will sich nicht durch so etwas auszeichnen, und sagt, sie wolle lieber ihre Haushaltung besorgen.«

»Deine Frau hat Recht,« versetzte Roger, »das weibliche Geschlecht soll sich nichts um Politik bekümmern. Frauen, die sich in den Bereich der Männer eindrängen, setzen einen großen Theil ihrer Liebenswürdigkeit aufs Spiel.«

»Soll etwa ein Mann die Freiheit darstellen?« fragte Euphrasia mit ärgerlicher Miene. – »Nein,« entgegnete der junge Soldat, »aber ich glaubte eben nicht gerade Du, Bürgerin.«

Euphrasia schien erzürnt, sie blickte seitwärts und sprach nicht mehr; Roger war verstimmt; Prosper schwieg fortwährend; Picotin gab keinen Laut mehr von sich, seit ihn seine Frau gezankt hatte; Madame Bertholin schien sich ihren Betrachtungen zu überlassen; Poupardots Frau war ohnehin nicht besonders redselig, somit blieb nur er zur Unterhaltung des Gespräches übrig, und trotz all seiner Anstrengungen und seiner »nur,« gelang es ihm nicht, die Unterredung in Gang zu bringen; er führte bereits seit einiger Zeit allein das Wort, als die Thüre aufging. Maximus kehrte zurück.


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