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Antworten auf eine Enquête der Moskauer »Literaturzeitung«

Vorbemerkung der Redaktion:

Die »Literaturzeitung« in Moskau richtet an verschiedene namhafte Schriftsteller Deutschlands die folgenden vier Fragen:

  1. Wie verhalten Sie sich zur Oktoberrevolution?
  2. Welchen Ausweg sehen Sie aus der gegenwärtigen wirtschaftlichen und kulturellen Krise in Europa?
  3. Welches ist Ihre Einstellung zur Sowjetliteratur?
  4. Arbeiten Sie gegenwärtig an einem Werke, und welche Probleme werfen Sie darin auf?

1. Ich war schon 48 Jahre alt, als die Revolution des Oktjabr das russische Proletariat befreit und den ersten gewaltigen Schritt zur Befreiung des Weltproletariats getan hatte. In diesem meinem vorgeschrittenen Alter habe ich die Verwirklichung all jener Arbeit, Wünsche und Hoffnungen gesehen, die mein Leben bis zur Oktoberrevolution geführt hatten. Seither bin ich ohne nennenswerte Schwankungen mit dem, was in Rußland die Revolution geschaffen hat, im Einverständnis und in tätigem Kontakt geblieben und werde es bleiben, solange ich arbeiten, denken und fühlen kann.

2. Ich sehe in Europa und Amerika die Vorbereitungen zum entsetzlichsten Krieg der Weltgeschichte. Ein Vorgang, welcher durch Protestkundgebungen und vereinzelte Aktionen nicht aufzuhalten ist. Es handelt sich darum, durch Revolutionen den noch immer in seiner Agonie schwer bezwingbaren Kapitalismus zu zerschlagen. An eine Evolution glaube ich nicht. Halbe Maßregeln und sozialdemokratische Paktiererei sind zu nichts nütze. Der große kommende Krieg wird überall den Nationalismus zerstören und sich in Klassenkrieg umwandeln. Der Ausgang dieses Weltschicksals wird in den Weltkommunismus führen.

3. Ich halte die Sowjetidee für dermaßen gefestigt, daß die Sowjetliteratur (die kommunistische Literatur aller Länder) den Kreis ihres Betätigungsgebietes über das rein propagandistische hinaus spannen darf. Die Sowjetdichter haben durch die von Sieg zu Sieg der Sowjetidee schreitende Epoche von 15 Jahren diese Idee dermaßen in ihr Fleisch und Blut aufgenommen, daß die entlegensten Gebiete der Phantasie und der Realität in den Kreis der Sowjetdichter ohne Schaden für die Idee des Oktjabr einbezogen werden können.

4. Ich habe soeben ein Buch: »Die Legende Morosoff« beendet, das in rhythmisch gehobener Prosa das wunderbare revolutionäre Leben des noch heute in Leningrad wirkenden Astronomen Nicolai Alexandrowitsch Morosoff sowie seiner heroischen Gefährten der »Narodnaja Wolja«-Bewegung behandelt. Der Verleger meiner Bücher S. Fischer in Berlin glaubt, dieses Buch den deutschen Zeitumständen gemäß gegenwärtig nicht veröffentlichen zu können. Ich rechne für die Veröffentlichung dieses für mein Gefühl gelungenen und bedeutsamen Buches auf die tätige Hilfe meiner russischen Genossen.


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