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Schluß

Erde und Mensch sind eins.

Auch die Erde arbeitet mit der treuen und geduldigen Kraft der Tiere und Bauern.

Auch zwischen den Ländern will nicht Frieden werden: sie lehnen sich gegeneinander auf und kämpfen. Vielleicht sind die Länder noch viel feindseliger als der Mensch selbst.

Deshalb lassen sie keine Versöhnung zu.

Wenn es nun die Länder sind und nicht deren Bewohner: wie soll dann Frieden kommen?

Frieden, ohne daß die Erde gefragt wird, Frieden, den die Erde selbst nicht will?

Wenn sie von Natur feindselig ist: wie können wir uns erkühnen, über ihr kampfstarrendes Haupt hin Frieden zu verkünden, mit dünnen, säuselnden Worten!

Ein Friede, der wirklich ist, muß von unten auf durch alle Schichten und Lagen der Erde hindurchgewachsen sein.

So ungefähr wie die Sonne noch mit allen Wintern fertig geworden ist.

Wenn es eine Meisterschaft gibt, die die Erde erreicht hat: so ist dies der Haß: so ist dieses die Feindseligkeit.

Der harte, starre, schwellende Samen der Feindschaft.

Wie schön das Salve der Alten, der Gruß, der den Eintretenden als Gast einer Schwelle empfängt: noch schöner aber die Neuzeit, die es verstanden hat, diesen Gruß so sinnig in Blei zu gießen und mit diesem bleiernen Gruße den herannahenden Fremdling gebührend zu empfangen!

Ach du mein liebes Mittelalter, was für ein Stümper bist du noch gewesen: zwar das Pulver hast du erfunden, mit der einen Hand dem Krieger die ferntötende Waffe zugereicht, mit der andern aber hast du in törichter Verkennung der treibenden Kräfte einem unnützen Menschenkinde das unnützgefährlichste Geschenk gemacht, hast das erste gedruckte Buch in seine Hände gelegt.

Als ob es der Entstellung noch nicht genug gewesen, als ob wir uns auch nicht so schon weit von der Heerstraße der Natur entfernt gehabt hätten!

Mächtig wie auch die Woge des Wissens und Wähnens, schwankender Sicherheit und törichter Vermutung, wie sie auch immer anschwellen mag: der Haß steigt mit, ohne daß er dazu besonderer Veranstaltungen bedarf, der Haß steigt mit und verfeinert sich ohne Unterricht und ohne Buch. Er ist der rechte, der rüstige Sohn der kriegerischen Erde.

Haß ist das, was aus dem Menschen sich gibt, Haß ist es, den seine Erfahrungen in ihm wuchern lassen müssen, sofern er anders nur einsichtig und bei Sinnen ist.

Sollt' es aber Liebe sein: so müßte diese Liebe schon sehr groß sein!

So müßte sie wie eine starke wurzelnde Flamme aus dem Herzen der Dinge kommen! Müßte nicht mit schüchternem Lächeln versuchen wollen, das mächtige Antlitz der ringenden Wutkraft zu entarten, das nur ein Bildner von innen heraus so groß und mächtig goß: der Haß. Der Haß, der auf seinem mächtigen Haupte eine ungeheuere Krone trägt: eine Krone von ungeheuerm blauen Stein.

Was will sich in den Weg stellen dem Zorn des Urgebirges, der wuchtige Felsen von grünschwarzem Basalt bereithält in knorriger Faust, bereit, jeden Nahenden zu erschlagen.

Mein Schloß hier indes, das die Hassenburg heißt, sie soll eine Burg der Liebe sein, der großen Liebe: ohne Minnesang.

Denn das Nebenher, was ich mir vorgenommen, das ist die große Hauptsache geworden.

Die kleine Liebe: nur zu einem hinüber, die hab ich hingegeben, an Naturen, die keine Allnatur waren und das nötiger hatten als ich es habe.

Die hätten sich ohne das nicht heben können, die wären gesunken, hätte sie nicht was geleitet, das eigentlich selbst geleitet sein sollte.

Was kommt darauf an, ob ich dies oder das einen andern habe aufsuchen lassen: es blüht ja immer weiter.

Es gibt ein ganzes Geschlecht, dessen Sinn blühen ist, bewundert zu werden und zu erfreuen.

Und will ich, und ist es mir so bestimmt, nun, so halte ich es mit Goethe:

»Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen
Das war mein Sinn.

Im Schatten sah ich
Ein Blümchen steh'n
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.

Ich wollt' es brechen,
Da sagt es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?

Ich grub's mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ich's
Am hübschen Haus.

Und pflanzt es wieder,
Am stillen Ort,
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.«

Mein Schloß, die Hassenburg, es ist gerade kein Liebesschloß im Mädchensinn; es wartet nicht und geht nicht auf die Freite.

Ich will mein Herz noch ruhig was fasten lassen. Wie's da um die Linde weht, sind es Blätter, sind es große Vögel, die da kreisen?

Ich bin mir selber Gesetz: Raum aber hat es nicht nur für die Welt, so weit sie ist - vielleicht dabei für ein Tautröpfchen, ein schelmisch Tautröpfchen.

Noch einmal: so wie es geworden ist, so ist es naturgemäß.

Für mich naturgemäß.

Das Weite erst, die klare Geistesarbeit überall hin, alle Räume des Lebens klar: dann erst kommt der Mensch zu seinem Recht.

Mann sein heißt Geist sein. Gefühlsworte sollte seine Seele nicht haben, nur tätige Liebesworte.

Und stark muß er schon sein, alle Himmel müssen sich an ihm halten können. Und Wärme müssen sie haben, die Sonnensöhne, als Zeichen ihrer Herkunft; und alles, Leben und Tod, den Starken ist es Spiel. Welt ist Mut.

Ich bin, also ist Schönheit.

 

Inhalt

Es fängt an

Willebasen

Andere Leute

Mein Schloß 33

Wieder in Willebasen 37

Die Grävenburg 42

So ein Tag 49

Der Weg von einander 53

Wandlungen 56

Wie's kam 59

Der Kurdirektor 61

Nun kann's losgehen 65

Alarm 69

Niedergang 74

Schöne Tage 79

Brautseele 82

Andere Schützlinge 87

Die Kinder 92

Glücksfall 99

Beichtvater 104

Trauriger Weg 111

Unter den Farnkräutern 115

Erlöst 119

Schluß 120


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