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Tausend und eine Nacht. Band IX
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Der Prophet und die göttliche Gerechtigkeit.

Ferner erzählt man, daß einer der Propheten sich auf einem hohen Berge der Anbetung Gottes gewidmet hatte, an dessen Fuß sich eine rieselnde Quelle befand; und der Prophet pflegte den Tag über auf dem Gipfel des Berges zu sitzen, damit ihn niemand sähe, wenn er Gottes, des Erhabenen, Namen anrief und die Leute, die zur Quelle kamen, beobachtete. Während er nun eines Tages wieder einmal dasaß und zur Quelle hinabschaute, sah er einen Reiter herankommen, welcher bei der Quelle abstieg, einen Ranzen von seinem Nacken ablegte und dann vom Wasser trank und sich ausruhte, worauf er wieder fortritt aber den Ranzen stehen ließ. In dem Ranzen befand sich jedoch Gold; und mit einem Male kam ein anderer Mann zur Quelle und nahm den Ranzen mit dem Geld, trank dann von dem Wasser und ging unbeschadet von hinnen. Nach ihm kam ein Holzhauer mit einer schweren Ladung Holz auf dem Rücken und setzte sich an die Quelle, um von dem Wasser zu trinken, als mit einem Male der Reiter aufgeregt zurückkam und den Holzhauer fragte: »Wo ist der Ranzen, der hier lag?« Der Holzhauer erwiderte: »Ich weiß nichts von einem Ranzen;« und nun zog der Reiter sein Schwert, versetzte dem Holzhauer einen Streich und tötete ihn, worauf er seine Kleider durchsuchte; da er jedoch nichts bei ihm fand, ließ er ihn liegen und zog seines Weges. Da sprach der 44 Prophet: »O Herr, der eine hat tausend Dinare gestohlen, und der andere wird ungerechter Weise ermordet.« Gott antwortete ihm jedoch: »Beschäftige dich mit deiner Andacht, denn die Weltregierung ist nicht deine Sache. Siehe, der Vater dieses Reiters hatte tausend Dinare dem Vater des zweiten Mannes geraubt; deshalb gab ich dem Sohne das Geld des Vaters wieder. Der Holzhauer aber hatte den Vater des Reiters erschlagen, weshalb ich den Sohn Vergeltung üben ließ.« Als der Prophet dies vernahm, sprach er: »Es giebt keinen Gott außer dir; Preis dir, der du das Verborgene kennst!«

 


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