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Elftes Kapitel.

Wie war das Feuer entstanden? Niemand hatte jetzt Zeit und Fassung, daran zu denken. Wer entdeckte das Unglück zuerst? Der Eine wohl früher, als der Andere, Jeder zu spät. Jener wurde vom Brandgeruch und Rauch geweckt, Diesen rüttelte ein Stubennachbar mit der Schreckensnachricht wach, dem Förster that es beim Pürschgang der rothe Wiederschein am Himmel, den Dörflern das Feurio des Wächters kund.

Damit kein Lärm die Nachtruhe des Fürsten störe, wurde nach Elf Niemand mehr im Schloßhofe und in den Corridoren geduldet. Die Landleute kehrten heim, die Herrschaften zogen sich in ihre Gemächer zurück, die Diener wurden entlassen. Als der junge König in heimlicher Hast die Pferde satteln ließ, waren nur noch wenige Fenster erhellt.

Auch der Legationsrath, von Jenem gnädig verabschiedet, begab sich sofort in sein Zimmer, das eine Treppe höher lag.

Dort erwartete ihn Herr Titus. In erregter Stimmung. Er hatte nämlich im Corridor den ersten züchtigen Kuß auf Fräulein Sophiens Wange gedrückt.

»Da sind Sie ja, mein lieber Titus,« redete sein Chef ihn an. »Wann kamen Sie an?«

»Vor einer halben Stunde, Herr Legationsrath.«

»Haben Sie die Briefe besorgt?«

»Ich trug das Portefeuille selbst nach Bergsdorf zur Post.«

»Das war schön von Ihnen, lieber Titus. Und nun wünsch' ich Ihnen eine gute Nacht.«

Der Secretär seufzte. Er hätte den Chef so gern ins Vertrauen gezogen. Er war vom Wiedersehen so erregt …

Aber Burg wünschte allein zu sein – wie immer, wann der Affect die schöne Ordnung seiner Ideenkreise bedrohte … Er verlöschte das unruhige Kerzenlicht, sobald Titus die Thür hinter sich geschlossen, rollte einen Stuhl ans Fenster und erwartete von der Ruhe umher Entlastung.

Aber über ihn kam Ruhe nicht so bald!

Die Wünsche, die einst beim Rauschen der See seine Seele erfaßt, locken wieder; er vernimmt zwischen Bergen plötzlich die Sirenenstimme. Gewißlich ist das Zusammentreffen mit Helene Waldemar nur ein Zufall. Ein Zufall indeß, der die ernsten Züge eines Verhängnisses trägt. Denn – und bei dem Gedanken springt Burg empor – denn was soll ihm jetzt die Musik der Liebe!? Furcht und Sehnsucht, Wonne und Weh!? Ist er um einer Gebirgsidylle willen, die mit einer Hochzeit oder – einem Korbe schließt, den weiten Weg aus der Heimath gekommen? Ihm winken höhere Ziele!

Und wenn er auch nur eines Läufers Antheil hätte an dem Schachkampf, der zwischen Nord und Süd in der ländlichen Einsamkeit sich abspielt – die Losung lautet: Schach einem König!

Er mußte über sich lächeln.

Was würde mein Chef dazu sagen, dachte er, wenn der wüßte, daß ich vorhin auf den Fürsten, dessen Gemüth ich überreden, dessen Verstand ich überzeugen soll, eifersüchtig wurde, weil er die Schöne schön fand! … Oder steckte hinter der flüchtigen Bemerkung etwa Mehr? Warum verfiel er sofort auf den Jugendstreich, mitten in der Nacht um einige Blumen den Hals zu wagen, die er durch jeden Reitknecht holen lassen oder ebenso gut hier bekommen könnte?

Und wenn es so wäre?! – –

Was wäre dann meine Pflicht? Mir in Helenen eine Verbündete zu sichern!

Der Zweck heiligt nicht Jedes, aber erlaubt Manches. Und ich wäre ja nicht der Erste, der zwei sündlich schöne Augen zum Anwalt einer guten Sache macht. Was hat die Moral mit der Politik zu thun! – – –

Er verläßt diese Ueberlegungen, indem er sich seufzend eingesteht, daß der Umgang mit einem romantisch gestimmten Jüngling ansteckend wirkt.

Wir führen doch kein Intriguenstück auf! – –

Er beschließt, schlafen zu gehen.

Ja, und um mich mit einem braven Wort schlafen zu legen – Wie sagen die Juristen? – Aequum et bonum!

Das von Natur Nützliche und nach ewigem Maßstab Billige sei uns – sei uns Richtschnur! – – – –

Aequum et bonum!

Mit diesem »braven Wort« entschläft er und aber erwacht mit dem Gedanken »Helene!«, da wüster Lärm die Stille der Nacht unterbricht, und ein schlimmeres Roth, als Alpenglühen in seine Fenster leuchtet.

Des Grafen erste Frage, da er die Schreckenskunde hörte, war nach dem König.


Die Scene war von wilder Romantik.

Das Feuer, das durch fluchwürdige Hände an mehreren Stellen gelegt zu sein schien, fand Anfangs nur Nahrung, keinen Widerstand. Die Löschanstalten waren nicht in Ordnung, zudem lähmte der erste unsagbare Schrecken die kräftigsten Arme. Denn der Feind zeigte sich den Erwachten sogleich in seiner ganzen Furchtbarkeit. Dampf überall, dem allenthalben bald die Flammen entzüngelten. Diese haschten und vereinigten sich, hier prasselten sie als Garbe hoch über das Dach empor, dort schlugen sie schon aus den tieferen Stockwerken … Die Kirche allein stand noch verschont, nur angeglüht. Das Schloß dagegen war bald eine lohende Esse. Der gewaltige Bau zeigte seine Gliederung, seine Thürme, Säulen und Balustraden in entsetzlicher Lebendigkeit. Der Brand warf seinen Schein weithin, auf die bewaldeten Kuppen und kahlen Schroffen.

Ein grauenvolles Getümmel herrschte im Hofe. Zwischen stampfenden Pferden und brüllenden Rindern eilten Männer und Frauen hin und her. Die Einen jammerten, Andere fluchten. Aus dem lodernden Innern gellte es dort und da um Hülfe. Leitern wurden angelegt, die Niemand bestieg. Aus einigen Fenstern flogen Kisten und Kasten auf das Pflaster herab, wo sie zerschellten. Und jetzt schallte in all den dämonischen Lärm der tiefe Ton der Kirchenglocken, welche einige verzweifelnde Schloßmägde zu läuten begannen.

Sie tönten ebenso ruhevoll und rein, wie wann sie Sonntags zum Hochamt laden.

Endlich kam Hilfe aus dem Thal. Die Helmburger zuerst, dann die Mannschaften aus entfernteren Gemeinden. Bald flogen die Eimer von Hand zu Hand, es zischte der Strahl, es knatterten die Funken. Das Furchtbare beginnt ein Schauspiel zu werden. Maurer und Schornsteinfeger geben wahre Bravourstücke zum Besten, und Nachahmer finden sich, denn wo Peter wagt, will Hans nicht zurückbleiben.

Egon Holberg gehörte zu den Kühnsten. Er hatte Helene, als sie unerklärlich lang im brennenden Hause zögerte, mit Lebensgefahr in den Flammen gesucht und sie ihnen entrissen. Die tapfere That machte ihn berauscht, sein Muth ward vermessen, seine Kraft war erstaunlich.

Der alte Graf jedoch sieht, nachdem er des Fürsten wegen beruhigt worden, mit stumpfer Trübsal auf das Vernichtungswerk, die Hände gefaltet, große Thränen weinend. Legationsrath Burg stand wacker in Reih und Glied; Herr von Wiek hatte sich seiner Damen angenommen und sie ins nahe Försterhaus gebracht, wo Wanda und Sophie laut jammernd sich umschlungen hielten, indessen Helene, von der Todesgefahr dieser Nacht und ihrer zweiten Rettung erschüttert, kraftlos zusammenbrach.

»Die Elemente haben kein Erbarmen,« murmelte Herr Titus, der im Schlafrock vor dem Ungeheuren stand, auf dem Kopf einen alten Cylinderhut. Den hatte er gerettet, hingegen Fräulein Sophiens lyrische Gedichte, im Manuscript ihm anvertraut, mit der Helmburg untergingen.


Der Tag brach durch brauende Nebel, die den Grat der Felsen verhüllten und wie Rauch von der Feuersbrunst über den Tannenwäldern zögerten. Um sieben Uhr war der Himmel eine Last tiefhängender Wolken, und Regen fiel.

Der Brand wurde als gelöscht betrachtet. Vom Schlosse ragten noch die geschwärzten, dampfenden Mauern, und nur das Untergeschoß blickte wohnlicher, als eine Ruine. Die Kirche war der Gefahr entgangen.

Ein schöner junger Mann, den ein Diener sorglich in den Mantel hüllte, bot dem Schloßherrn seinen Arm und führte ihn mit sanfter Gewalt von dem traurigen Schauplatz.

Daß Graf Helm auf diesen Arm sich stützen durfte, gewährte ihm in schwerer Stunde den besten Trost.

»Majestät,« sagte er mit einem Versuch, zu lächeln: »ein Feuerwerk stand allerdings nicht in meinem Festprogramm.«

Sie gingen ins Försterhaus. Es lag kaum hundert Schritte weiter unten, am Waldsaum.

Im niedrigen, dämmerigen Gastzimmer, wo es nach Aepfeln und feuchter Wäsche roch, trafen sie den Legationsrath bemüht, die Damen aufzurichten.

Letztere saßen am Eichentisch und ließen die Köpfe hängen. Vom Kaffee, den ihnen die Försterfrau in ungeheuren Tassen credenzte, nippten Wanda und Helene, aus Höflichkeit. Die stoische Sophie leerte auch noch diesen Leidenskelch.

Herr Titus war zwar anwesend, schämte sich aber, seiner Toilette halber, hinter dem Ofen hervorzukommen.

Papa Wiek fand zu seinem Troste in der Nebenkammer ein reinliches Bett – er schlief.

Das Wiedersehen machte die Thränen fließen, doch legte die Gegenwart des Fürsten Allen Mäßigung auf.

Während Graf Helm seine Schwiegertochter ans Herz drückte, ihr die Wange streichelte und drei neue Schlösser für das alte versprach, trat auch Egon herein. Seine Kleider waren versengt, zerrissen und trieften, sein Gesicht war rauchgeschwärzt, allein es hatte einen kühnen, freudigen Ausdruck, und seine Augen hatten solch ein Feuer, daß Helene, die der erste Blick traf, ihre Wimpern niederschlug.

Da wurden sie Alle von Wanda's Ausruf erschreckt.

»Wo bleibt Richard?«

Sie sahen fragend einander an.

»Ist er denn hier nicht?« sagte Egon. »Ich dachte ihn längst bei Euch.«

»Richard!« schrie Wanda und machte sich vom Grafen frei. »Sophie, sagten Sie nicht, daß Sie ihn gesehen?«

»Allerdings – ich glaube– – ich habe –« stotterte das Fräulein.

»Richard! Richard! es ist ihm ein Unglück zugestoßen.«

Man suchte die Jammernde zu beruhigen. Ihr Bräutigam werde noch auf der Brandstätte sein. Auch Egon erinnerte sich, ihn gesehen zu haben.

»Auf Wort, und sogar erst vor kurzem – Sahen Sie ihn denn nicht auch, lieber Onkel?«

Der alte Herr fährt sich wild in die Haare.

»Ich – ich? – Jesus Maria! – ich glaube –« Der Gedanke, daß er nur für den Untergang seines Hauses Augen gehabt, schnürt ihm die Kehle zu.

Wanda will, nachdem sie ihre Vertraute, Mademoiselle Sophie, trotz der Anwesenheit Seiner Majestät eine dumme Person genannt, zur Brandstätte …

Die Männer, erschrockene Blicke wechselnd, halten sie zurück.

»Sie könnten sich den Tod holen, mein liebes Fräulein,« übernahm der Fürst die Aufgabe, die Drängende zum Bleiben zu zwingen. »Die Luft ist eisig – der Regen gießt jetzt in Strömen. Ueberlassen Sie es den Herren, ihn zu holen. Wahrscheinlich hält ihn mein Adjutant dort zurück. Ich bitte Sie, hier zu warten.«

Eines Königs Bitte übt immer ihre Wirkung. Er geleitete Wanda zum Sopha, während der Graf und Egon aus dem Hause eilten. Auch Herr Titus benutzte die Verwirrung, sich und seinen Schlafrock den königlichen Blicken zu entziehen.


Die Zurückbleibenden sind um Fräulein von Wiek beschäftigt, nur Helene schreitet – schwerer, schwankender, als sonst, – ans Fenster und sieht Jenen nach. Mit welch einem Blick! Die Lippen im blutlosen Antlitz sind fest geschlossen, und ihre Hand ballt sich über dem Herzen.

Helene weiß es: Sie bringen Richard nicht zurück.

Alle Erlebnisse der vergangenen Nacht stellen sich ihr vor die Seele.

Von ihrem Erwachen im Schloß bis zum Eintritt in dieses Haus.

Erlebnisse – grausend sagt sie sich's – keine Träume!

Auch das ist Wahrheit: Hätte sie gestern, trotzdem Alles sich um den Besuch des Fürsten drehte, Richard's Onkel zu einer Unterredung gezwungen und vom Vorgang auf dem Mönchstein unterrichtet, so wäre das Fürchterliche nicht geschehen. War es nur zarte Rücksicht auf den Vielbeschäftigten, nur Schonung des Verwandten gewesen, was sie abgehalten hatte?

Es fröstelte sie, wenn sie sich danach fragte.

Auch dann wäre noch Zeit gewesen, als der König sich zurückzog … Doch da fühlte sie sich so müd und abgespannt, und die geschwätzige Cousine wich ihr nicht von der Seite …

So blieb es ungesagt. Sie ging in ihr Zimmer, schloß es ab, entkleidete sich rasch und lag bald in tiefem Schlaf.

Wie lang, weiß sie nicht … Ein Geräusch an der Thür erweckte sie. Mit einem Ruck richtete sie sich auf und spähte umher.

Sie hatte die Lampe ausgelöscht, doch ein Mondstrahl lief vom Fenster quer durchs Gemach, und ihm folgend, blieb der Blick Helenens an der Flügelthür haften.

Eine Weile war es still, und schon begann sie an eine Sinnestäuschung zu glauben.

Doch da regte sich's draußen, so leise, dennoch vernehmbar.

Jemand, der an ihrem Zimmer gehorcht hatte, schlich hinweg – ganz sachte – mehr langsamen und vorsichtigen, als leichten Schrittes – –

Dann wieder Grabesstille.

Vorgebeugten Leibes lauschte sie angestrengt.

Nichts! Dennoch pochte ihr Herz mit immer hastigeren Schlägen, eine wachsende Angst, die Ahnung eines Unheils befiel sie, überlief sie wie Fieber, kalt und heiß.

Ihr Zustand wurde unerträglich. Endlich ermannte sie sich so weit, aufzustehn. Sie schlüpfte in einen weiten, leichten Morgenrock und huschte an die Thür.

Dort hielt sie den eigenen Athem an, um jeden Athemzug zu hören: Alles still!

Muthiger geworden, drückte sie leise auf die Klinke. Die Thür war fest geschlossen.

Da – tapp, tapp, tapp, schallt' es über ihr. Und doch wurden die Räume droben, wie sie wußte, nicht bewohnt.

Ein Uebermaß von Angst macht beherzt. Rasch entschlossen, öffnete sie und trat in den dämmerigen Corridor.

Das Erste, was ihr auffiel, war ein eigenthümlicher, brandiger Geruch … Etwas legte sich ihr auf die Brust, das Athmen erschwerend – –

Rauch!

Wie ein Pfeil schoß sie den Gang entlang. Sie wollte die nächste Treppe erreichen und hinab und an das erste bewohnte Zimmer klopfen.

Doch anstatt nach links, hatte sie sich nach rechts gewendet und fand sich zuletzt am Ende des Corridors, wo, seitlich in der Mauer, eine schmale Wendeltreppe nur hinauf, nicht hinunter führte.

Von dieser Treppe zog sich, im Zwielicht deutlich, ein leichter Flor.

Die Begier nach Gewißheit überwog alle Bedenken. Die ersten Stufen schritt Helene zaudernd, die anderen flog sie hinan.

Aus einer offenen Eisenthür wie aus dem Höllenthor quoll Gluth und Qualm Helenen entgegen.

Dennoch betrat sie die Schwelle und blickte in den ungeheuren Raum, der das Dachgesparre und den Dachstuhl enthielt. Nicht in Finsterniß lag er, sondern wie ein von hundert Fackeln erleuchteter Dom, denn da und dort loderten, hochgeschichtet, Flammenbündel und warfen ihren Schein um Leviathan's Riesenrippen.

Der Schatten einer menschlichen Gestalt bewegte sich im Gluthmeer hin und her.

»Hilfe! Mordbrenner!« schrie Helene, ihrer Sinne nicht mehr mächtig, gellend auf – da näherte sich ihr durch Qualm und Gluth der Dämon dieser Hölle, Richard!

Mit einem zweiten Schrei sprang sie zurück, gewann die Thür und schlug dieselbe donnernd ins Schloß.

Dann floh sie hinab, hinab und weiter, schrie noch einmal auf und fiel dann bewußtlos zur Erde …

Sie erwachte, als sie, von starken Armen getragen, im Säulengang die Nachtluft athmete und deren Kälte an den nackten Schultern fühlte.


Alle diese Vorgänge hatte sie sich jetzt zurückgerufen, und ein Grauen befällt sie vor dem eigenen Ich, denn wie ist's möglich, daß sie das alles überlebt, wie möglich, daß sie, gerettet, von dem Rettungslosen schweigen kann!

Wer taucht plötzlich am Fenster auf und legt den Finger auf bleiche Lippen?

Egon.

Sie wendet sich schaudernd ab und ins Zimmer zurück.

Die Thür öffnet sich – der Graf steht zögernd auf der Schwelle.

Wanda, emporzuckend, liest in seinem Gesicht und ruft dann: »Wo?!«

»Fasse Dich!«


Der Fürst, den Schmerz der Familie ehrend, zog sich mit seinen Begleitern in aller Stille zurück.

Auf dem Wege zum Wagen fragte er den Adjutanten:

»Ist er todt?«

»Todt, Majestät.«

»Wie ist das zugegangen?«

»Man hat nur noch Vermuthungen. Der Leichnam wurde halbverkohlt unter eingesunkenen Dachsparren gefunden.«

»Schrecklich!« ……

Das königliche Zweigespann hielt unter den Bäumen, in deren Blättern der Regen rauschte. Der Leibjäger Seiner Majestät winkte mit seinem Federhut, und der rothbejackte Reitknecht, welcher den Kutscher vertrat, schwang sich rasch in den Sattel.

Es ging nach Schwaneck zurück, im geschlossenen Wagen mit den nebelbeschlagenen Fenstern eine traurige und wegen des Wetters doppelt beschwerliche Fahrt.

»Haben Sie, lieber Legationsrath,« unterbrach der König einmal das Schweigen; »haben Sie zufällig Fräulein Waldemar beobachtet, als der Graf wiederkam? Der Kopf der milonischen Venus mit dem Ausdruck der Gorgone In der griechischen Mythologie eine der drei geflügelten Schreckgestalten, die jeden, der sie anblickt, zu Stein erstarren lassen.

Es trat abermals eine lange Pause ein. Dann fragte der König plötzlich: »Irgendwo sagt Kant, daß es gegen die Wirkung der dichtenden Einbildungskraft des Verliebten nur ein Mittel, die Ehe, gebe – er führt dabei das Beispiel eines deutschen Fürsten an, der eine Bürgerliche heirathete. Wissen Sie, wen er damit meinte?«


In derselben Nacht war die Helmburger Schloßkirche durch Wachsfackeln erleuchtet. Ein Katafalk stand inmitten aufgebahrt – der Sarg mit Richard von Holberg.



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