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Drittes Kapitel.

Frau Waldemar, deren Tod im einförmigen Gang der Tage auf Wittenhagen ein Ereigniß gewesen, war binnen wenigen Monaten vergessen wie ihr Grab. Die Dörfler müssen fischen und weben, und die Hinterbliebenen, Gatte und Tochter, leben der Zukunft.

Waldemar lehrte Helenen all sein Wissen, das vielseitig, und seine Lebensklugheit, die vielleicht einseitig war. Die Thatsache, daß er selbst mit seinem System keinen Erfolg hatte, widerlegte allerdings nicht dessen Werth. Jedenfalls schwur Helene auf ihren Meister. Was er menschliches Glück nannte, galt ihr als solches, und seine Mittel zum Zweck waren ihr die rechten Mittel. Ihre Talente entwickelten sich, der Ehrgeiz oder vielmehr jetzt noch die Phantasie suchte bestimmte Ziele. Für Waldemar hatte sie nicht kindliche Liebe, aber die ganze Ergebenheit einer lernbegierigen Schülerin. Die Natur dagegen hatte ihren Zauber für sie verloren. Helene erkennt den Werth der Zeit, und eben darum vergeht die Zeit ihr wie ein Traum.

Anders Wanda von Wiek! Sie arbeitet nicht an ihrem Schicksal, und alle Welt findet, daß sie es nicht nöthig habe. Was sie in der Schule lernte, weiß sie, was sie im Leben soll, glaubt sie zu wissen. Ihr Herz fühlt Zärtlichkeit für Papa und meint es gut mit der übrigen Menschheit, welche ihrerseits auch Nichts unternimmt, um der hübschen Erbin die Laune zu verderben. Außerdem schlug das Herzchen zuweilen etwas rascher, seitdem ein gewisser von Holberg Gast auf Wiek gewesen. Der »liebenswürdigere« Bruder hatte, ganz nach den Erwartungen und Wünschen des Herrn von Wiek, keinen nachhaltigen Eindruck auf Wanda gemacht. Das Mädchen fand den älteren, ernsten anziehender und widmete diesem ihre Aufmerksamkeit, wenn er zugegen, und ihre Gedanken, wenn er ferne war – soweit die Ansprüche eines vergnüglichen Lebens ihr Muße dazu ließ.


Zwei Jahre waren seit dem Morgen vergangen, an welchem Herr von Wiek seinem Kinde zum ersten Mal die Holberge nannte. Die Wälder ringsumher standen in ihrer Pracht, und das Meer ruhte sich von den Stürmen aus. Das Schloß beherbergte mehr Gäste, denn je. Große Dinge bereiteten sich vor.

Derjenige, welcher der Held des Ereignisses sein sollte, empfing am Morgen des wichtigen Tages den ersten Gruß von seinem Bruder.

Beide waren von hohem Wuchse, doch sonst in ihrer Erscheinung einander nicht ähnlich. Der schlankere Egon hatte einen in allen Linien schönen Kopf, feurige Augen, dunkles krauses Haar. Tadellos gebaut, hatte er die Kraft eines Athleten und war doch vom Scheitel bis zur Sohle ein Elegant. Dem Anderen dagegen saß der gewaltige Schädel auf kurzem Halse, sein Gesicht, soviel davon der dichte Vollbart sehen ließ, war mongolisch – es wäre abstoßend häßlich, wenn nicht gewisse Falten und Grübchen über und zwischen den Brauen ihm einen schwermüthigen, fast schmerzlichen Ausdruck gäben. In Richard's grauen Augen glimmte nur zuweilen ein irres Flämmchen auf, er hatte struppiges Haar, unverhältnißmäßig große Hände und Füße, war schwerfällig wie ein Bär – aber nichtsdestoweniger der Erbe des gräflich Helm'schen Majorats.

»Der Himmel will Dir wohl,« sagte Egon. »Ein herrlicher Tag!«

»Ich wollte lieber, daß es regnete,« erwiederte der Andere von der Sophaecke aus. »Ich weiß nicht, warum, aber ein Regentag schiene mir geeigneter.«

»Und Du bist noch im Déshabillé?«

Richard warf einen trägen Blick auf seinen japanesischen Schlafrock. »Ich bin bald angekleidet,« entgegnete er.

»Ich bewundere Deine Ruhe.«

»Hm, mit meiner Ruhe ist's ein eigen Ding. Ich hatte eine schlaflose Nacht.«

»Dies Schicksal theilst Du wahrscheinlich mit Allen. Es war heute Nacht eine Unruhe im Schloß! ein ewiges Auf und Ab auf Treppen und Corridoren! Herr von Wiek setzt zum heutigen Fest Erd' und Himmel in Bewegung.«

»Er erweist mir damit keinen Gefallen. Wozu der Lärm und das Aufgebot so vieler mir gleichgiltigen Personen! Kann denn dergleichen nicht in der Stille geschehen? Müssen denn Krethi und Plethi Zeugen sein?«

Egon sah den Mißmuthigen lächelnd an. »Bruder,« sagte er, »wenn Einer Dich hörte, der Dich nicht kennt – oder läge die Ursache Deiner üblen Laune wirklich tiefer? Du bekommst doch nicht plötzlich das Lampenfieber?«

»Es handelt sich heute um Mehr, als eine Komödie!« entgegnete ärgerlich der Aeltere, trennte sich schwerfällig von der Sophaecke und stellte sich vor den Bruder hin.

»Vergiß nicht,« fuhr er fort, während sein Gesicht sich purpurn färbte, »vergiß nicht, daß es sich keineswegs um mein Glück allein handelt! Meine Gemahlin wird einst die Herrin von Helmburg. Ihre Stellung und ihr Reichthum repräsentiren eine Macht!«

»Welche Wanda nie mißbrauchen wird!« fiel Egon mit Wärme ein. »Sie hat das beste Herz von der Welt.«

»Nun ja, freilich, das hoff' ich auch,« murmelte Richard. Das brüderliche Urtheil über Wanda schien ihm eine Last vom Herzen zu nehmen, sein Gesicht heiterte sich auf, und er machte ziemlich lebhaft einen Gang durchs Gemach. Aber bald klagte er wieder:

»Es ist, um den Verstand zu verlieren, wenn ein Mann mit meiner Verantwortlichkeit freien muß. Die Mädchen von heute sind so eitel, veränderlich, herzlos –«

Bruder Don Juan zeigte alle seine schönen Zähne.

»So waren sie, seitdem die Welt sich dreht.«

»Aber Wanda? Sagtest Du nicht, Wanda –?« rief Richard, nun wieder verzweiflungsvoll.

»Wanda ist besser, als tausend andere. Wenigstens heuchelt sie nicht.«

»Aber ihr Herz!? Ich verlange ein Herz –«

Egon fühlte eine grausame Lust, den Schwachmüthigen zwischen Erd' und Himmel hangen zu lassen, aber unterdrückte den Hohn und sagte: »Warum erst heute diese Zweifel? Du kennst doch Fräulein von Wiek lange genug, um Dir aus ihren guten und bösen Eigenschaften ein Facit gemacht zu haben. Mehr Sirene, als Engel ist jede. Aber dafür ist ja die Liebe da. Liebst Du denn Wanda nicht?«

Der Aeltere ließ sich stöhnend in einem Lehnstuhl nieder.

»Liebe ist ein Zauber,« begann er dann … »Du, glücklicher Leichtsinniger, weißt am besten, wie blöd und scheu ich immer den Frauen gegenüber war. Die Nähe eines dieser blendenden Geschöpfe und gar eines Mädchens verschloß mir den Mund, lähmte und bedrückte mich. Wanda war die Erste, die mich ihren Bann angenehmer fühlen ließ. Sie ist so heiter, so natürlich, ihr Lachen thut mir so wohl! Und daß ich's nur gestehe – auch andere Rücksichten wirkten auf mich ein … Ich habe nicht Deine Vorzüge, Egon. Manche Schöne schmeichelt dem Erben, während sie den armen Richard Holberg keines Blickes werth halten würde. Fräulein von Wiek ist selber reich – aus guter Familie … Sodann hat sie keine Verwandten, was ebenfalls ins Gewicht fällt.«

»Hoffentlich sprichst Du das nicht aus eigner trüber Erfahrung?«

»Was fällt Dir ein! Aber es sind eben nur Wenige so glücklich darin, wie ich es bin … Kurz, alle diese Erwägungen überredeten mich, um die Hand des Mädchens anzuhalten. Ihr Vater zog mich mit einer Freude, welche unmöglich Maske sein oder aus Eigennutz entquellen konnte, ans Herz, und Wanda sagte nicht Nein. Aber nun es Ernst wird, steigen mir Bedenken auf, ob ich die Suche auch ernst genug genommen habe!«

»Viel zu ernst nimmst Du sie, und viel zu gut bist Du! Wie kann man sich mit Deinen Gaben und Aussichten das Leben so schwer machen! Nein, mein theurer Hypochonder, ich gratulire Dir zum heutigen Tage von ganzem Herzen und wünsche nicht nur, sondern prophezeie Dir alles Glück.« Und Egon schüttelte dem Bruder beide Hände.

Ein Diener meldete den Arzt.

»Nehmen Sie Platz und eine Cigarre, lieber Doctor,« sagte Richard zu dem Eintretenden.

» Gratulor ex toto animo,« rief dieser mit lachendem Gesicht.

»Gratuliren Sie mir nicht, ich hatte wieder eine schlimme Nacht –«


Es war fünf Uhr Nachmittag. Die Gesellschaft, welche sich nach der Tafel zerstreute, hatte sich auf der Terrasse wieder zusammengefunden. Die Damen waren in sommerlicher Balltoilette, die Herren im Gesellschaftsanzug. Denn das ländliche Ballfest begann, und zu den Gästen, die im Schlosse wohnten, stießen die aus der Umgegend Geladenen. Herr von Wiek ging ruhelos von einer Gruppe zur anderen. War er schon bei Tisch nicht der muntere Amphitryon wie sonst gewesen, so war er jetzt, je tiefer die Sonne sank, je weniger im Stande, seine Aufregung zu verbergen. Er stellte wunderliche Fragen und gab verkehrte Antworten; sein Gesicht glühte, und die Schleife der weißen Halsbinde saß ihm im Nacken.

»Der gute Papa!« sagte Wanda, welche ihrerseits heute sehr oft die Farbe wechselte und bald zu laut, bald zu einsilbig war. Sie vermied es, Richard anzusehen, und richtete Fragen, die eigentlich diesem galten, an seinen Bruder. Der war heute wie immer, redselig, galant, mit Gott und aller Welt und namentlich mit sich zufrieden.

Endlich gewann Papa Wiek so viel Fassung, neben Wanda Platz zu nehmen und ein wenig auszuathmen. Im Kreise, der um seine Tochter sich gebildet hatte, ward von der herrlichen Lage Wieks, von den Ausflügen nach dieser und jener nahen Ortschaft gesprochen. Jemand erwähnte das Fischerdorf Wittenhagen.

»Mein Gott,« fuhr der Schloßherr empor, »da fällt mir ja ein: Eine Ueberraschung für Dich, Wanda! Der Einsiedler von Wittenhagen hat für sich und seine Tochter zugesagt … Das erste Mal … Darauf kannst Du Dir was einbilden … Sie alle,« fuhr Wiek, seine Nachbarn anblickend, fort, »Sie alle haben unzweifelhaft von dem wunderlichen Paar gehört?«

Die Einen: Ja; die Anderen sind sehr neugierig.

Was Herr von Wiek vom »Einsiedler« weiß, ist nicht Viel; er hat ihn und sein Kind nur aus der Ferne, nur flüchtig gesehen. Soviel er sich erinnern kann, mache der Fremde – Waldemar sei sein Name; man munkle, ein angenommener – den Eindruck eines Gentleman, und was die Tochter anbelangt –

Egon Holberg hat dieselbe in nächster Nähe gesehen. Bei einem Ritt am Strande.

»Sie soll sehr schön sein,« sagte Wanda, den Fächer schwingend, und blickte dabei unwillkürlich den älteren Holberg an.

»Aber stumm,« wagte ihre Gesellschafterin, allerdings mit Erröthen, zu bemerken.

»Jedenfalls ist Fräulein Waldbauer – heißt sie nicht so? – nicht taub,« warf Egon lächelnd ein, »denn sie hörte ihrem Begleiter, einem alten Herrn, offenbar mit Verständniß zu.«

»Und Sie haben das mysteriöse, um nicht zu sagen, abenteuerliche Paar eingeladen?« wendete sich eine Dame mit rosenfarbiger Coiffüre und röthlicher Nasenspitze an Herr von Wiek.

»Pardon, meine Gnädige,« erwiederte letzterer, welcher heute gern die ganze Welt nach Wiek entboten hätte; »die beiden Leutchen genießen, abgesehen von ihrer Zurückgezogenheit, den besten Ruf – er soll eine erstaunliche Gelehrsamkeit besitzen – den Wittenhagenern ist er Arzt, Rechtsanwalt, Oekonom – und dann wollte ich namentlich dem armen Mädchen einmal ein Vergnügen gönnen.«

»Herr und Fräulein Waldemar!« meldete ein Bedienter.

» Lupus in fabula,« sagte Egon Holberg. Die verschiedenen Gruppen, in welche die Gesellschaft sich gliederte, lösten und vereinigten sich in eine einzige. Jeder wollte die Fremden sehen, deren geheimnißvolle Existenz zu manchem Kaffeekränzchen zwischen Wittenhagen und Möln die Unterhaltung lieferte.

»Sie ist schön,« sagte Wanda zu ihrer Gesellschafterin.

»Ich finde ihren Teint zu lebhaft,« bemerkte diese pflichtschuldigst.

»Milch und Blut,« spottete Wanda, »wie die Gänsehirtinnen, die im Märchen Prinzessin werden.«

Richard sah seine Zukünftige mit einigem Erstaunen an, dann wandte er den Blick nach der Angekommenen.

Ja, sie war schön, siegend unwiderstehlich schön! Das Antlitz, die Gestalt – und wie sie grüßte – wie sie züchtig erröthete und doch so anmuthig sicher sich bewegte! Nicht nur die Augen Richard's schwelgten, sein ganzes Herz wallte diesem holden Mädchen aus der Fremde entgegen. Und seinen Affect zu steigern, begann das Orchester, das der Park den Blicken verbarg, eine rauschende Weise.

Wanda hatte indessen bald ihre Gutmüthigkeit wiedergefunden, sie eilte auf Helene zu und begrüßte sie wie eine Schwester.

… Schon faßte die Terrasse der Gäste Zahl nicht mehr. Man begab sich in den Park hinab. Die herrliche Natur im Abendlichte, das Schloß dort mit seiner Marmortreppe, die Musik – all das übte seine Wirkung auf die Sinne aus; auch der Stillste fühlte seine Pulse rascher schlagen, fühlte von der Freude des Lebens einen warmen Hauch. – Sogar Herr von Wiek kam zum Genuß seines Triumphs als Geber des Zauberfestes. Er war selig über seine Tochter, welche an der Seite der neuen Freundin, die Nymphe neben der Göttin, wandelte, und war bezaubert von Helenen. »Das interessanteste Mädchen, das mir vorgekommen,« versicherte er dem jüngeren Holberg, »und dabei durchaus nicht überspannt! Und von angeborener Noblesse! Mit einem Wort: eine Dame, eine Erscheinung!«

Weniger war er vom Vater Einsiedler erbaut; das Gesicht desselben, heute in der Nähe besehen, ist ihm fatal, es erinnert ihn – er weiß nicht woran; an Jemand – er weiß nicht an wen, keinesfalls an einen Freund.

Beim Anbruch der Dämmerung kehrte man in den kerzenerhellten großen Saal im Erdgeschoß zurück, wo Fräulein von Wiek sich als Klavierkünstlerin zeigte, und Egon Holberg mit viel Ausdruck und wenig Schule einige Lieder zum Besten gab.

Später, während Wanda die Complimente einiger Offiziere anhörte, wendete sich Richard an Fräulein Waldemar.

»Sie lieben gewiß sehr die Musik?«

»Darf ich Ihrer Antwort vorgreifen, mein Fräulein?«

Helene warf einen raschen Blick auf den zweiten Frager, einen jungen Diplomaten, der bei den Klavierstücken die Noten umblättern half. Er hatte ein schmales, blasses, bartloses Gesicht, eine Denkerstirn, Augen, welche lieber forschen, als verrathen, und feingeschnittene Lippen, welche nur Ueberlegtes sprechen.

»Wenn Sie daran zweifeln, daß mir Musik sympathisch sei,« entgegnete Helene nach einigem Zaudern, »so täuschen Sie sich. Ohne musikalisch zu sein, höre ich Musik sehr gern.«

»Wird in Wittenhagen viel musicirt?« fragte Richard treuherzig.

»Gewiß,« fiel der Andere wieder ein und lächelte bedeutsam, »das einsame Meer hat für manche Menschen ganz besondere Gesänge.«

»Ich glaube nicht an Sirenen,« versetzte Helene kalt und gelassen.

Richard wurde in diesem Augenblick leicht von einem Fächer gestreift. Nur leicht; dennoch schrak er zusammen.

»Papa winkt Ihnen,« flüsterte Fräulein von Wiek, und ihr Gesicht erglühte, »er will uns sprechen, vermuth' ich.«

Holberg bot Wanda den Arm und begab sich mit ihr auf die Terrasse, wohin Herr von Wiek vorangegangen.

Ein röthlicher Schimmer fiel aus den Saalfenstern, aber drunten im Garten waren nur sanfte Helle und ruhige Schatten.

Hier unterm Sternenhimmel, der wenigstens Zweien von ihnen – Wanda und ihrem Vater – als ernstester Zeuge galt, legte Herr von Wiek die Hände des jungen Paars in einander – – –

Dann kehrten sie in den Saal zurück, wo es plötzlich still geworden, und der Schloßherr verkündigte bewegt die Verlobung seiner Tochter Wanda von Wiek mit Richard von Holberg.

Allgemeine Aufregung! lärmender Jubel! Tusch vom Garten her!

Nachdem Braut und Bräutigam und Brautvater die Glückwünsche von Hoch- und Wohlgeboren eingeerntet hatten, wurden die Gäste zu einem Gang durch den Park geladen.

Dort glänzten Triumphbogen von farbigen Lampions, und außerdem waren alle Dienstmannen vom Schloß und von den Vorwerken, Jäger und Lakaien, Knechte und Stalljungen aufgeboten, um mit Windlichtern den Waldweg zu erleuchten.

Musik voran, wand sich der laute Menschenschwarm durch die schweigende Wildniß und gelangte sodann in eine Schlucht, welche in wachsender Breite zum Strande sich hinabsenkt.

Hier wurde Halt gemacht, die Musik verstummte, die Lichter verlöschten. Das Meer lag schwärzlich da, nur leis und leicht und kaum zur Welle sich hebend.

Papa Wiek hatte etwas abseit von den Gruppen der Zuschauer an der einen Waldseite sich aufgestellt, aber er blieb nicht lange allein; Herr Waldemar gesellte sich ihm zu.

»Eine herrliche Nacht,« sagte derselbe. Seine Stimme berührte trotz ihres Wohlklangs Herrn von Wiek, jetzt im Finstern, eigenthümlich – sehr unangenehm.

Da entglomm am Strand ein bläuliches Flämmchen, gleich darauf zischte und rauschte eine Rakete empor, beschrieb den weiten Funkenbogen am wolkenlosen Nachthimmel und zerstob mit lautem Knall, ihr folgte eine zweite – dritte – Feuerräder kreisten, und Schwärmer zuckten prasselnd über die Fluth.

Die Zuschauer klatschten in die Hände und riefen Bravo und geriethen außer sich, als zuletzt bengalische Flammen sie selbst und Wald und Himmel und Meer mit unheimlicher Gluth beleuchteten.

»Sehr schön,« sagt Waldemar, sich dichter an den Schloßherrn schmiegend, »aber Effect gegen Effect, Ueberraschung für Ueberraschung! Ich hatte vorhin keine Gelegenheit, Ihnen zur Verlobung Ihrer Fräulein Tochter Glück zu wünschen; gestatten Sie es mir nachträglich: Ich gratulire Ihnen von ganzem Herzen, mein lieber Schwager!« – –



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