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Sechstes Kapitel

In Paris erwartete ihn ein Kummer: Chopin war ihm böse. Mit reumütigem Lächeln reichte Franzi ihm die Hand, als er ihn unmittelbar nach seiner Ankunft besuchte. Er hatte gedacht, er würde seinen Freund wegen des kleinen Streiches um Nachsicht bitten und dann würde alles wieder in Ordnung sein. Aber Chopin war so kalt und frostig, daß er ihn nicht wiedererkannte. Statt des lieben Kameraden stand ein steifer, fremder Mensch vor ihm. Franzi war ganz betroffen:

» Amico, warum das? Ich habe einen Fehler begangen, aber deswegen sind wir doch gute Freunde, zum Teufel noch mal.«

»Das ist kein Fehler, das ist mehr als das. Dort an der Wand hängt das Bild meiner Mutter und meiner Schwester. Meine Wohnung, auf die ihr Blick fällt, ist heilig.«

Franzi konnte darauf nichts erwidern. Erst jetzt kam er zur Besinnung. Wirklich, das Stelldichein in der fremden Wohnung war sehr unbesonnen gewesen! Er kannte doch Chopin und besonders die altjüngferliche Empfindlichkeit, mit der er auf seine Wohnung und seine Sachen achtete. Er wußte doch, daß dieser Mensch mit den Bildnissen seiner Eltern und seiner Schwester, mit seinen Briefen, mit all seinen Angelegenheiten und mit sich selber in einem Elfenbeinturm lebte, auf dessen Unantastbarkeit er außerordentlich bedacht war. Damit hatte er doch rechnen müssen. Chopin stand jetzt frostig vor ihm, sah aus dem Fenster und trommelte mit den Fingern auf der Kante des Klavieres. Dieses Verhalten deutete zur Genüge an, daß ihm die Unterhaltung nicht behagte. Franzi bot seine ganze Überredungskunst auf, um den beleidigten, geliebten Freund wieder zu besänftigen. Aber Chopin hörte ihm nur schweigend zu und blieb hart wie ein Felsen.

»Können Sie mir denn so eine Kinderei nicht verzeihen, Amico?«

»Verzeihen selbstverständlich, aber vergessen nicht.«

Franzi zog ratlos seine Schultern hoch. Dann sagte er Adieu und entfernte sich, ohne dem Freunde die Hand zu reichen, denn er wollte sich einem lauen und als lästig empfundenen Handschlag des Amico nicht aussetzen.

Für das Zerwürfnis mit dem einen Freund bot die Freude des anderen Trost: Berlioz fiel ihm um den Hals und fing in seiner Seligkeit an zu weinen. Harriet Smithson hatte ihn endlich erhört und war gewillt, seine Frau zu werden. Nur den Tag ihrer Hochzeit wollte sie auf den Herbst verschieben, weil ihr gebrochener Fuß noch immer sehr schmerzte. Im Herbst wollten sie sich aber trauen lassen und sich ein ruhiges, bescheidenes Heim einrichten, in dem sich gut arbeiten ließ.

»Und wie sieht die Angelegenheit finanziell aus?« fragte Franzi.

»Irgendwie wird es schon gehen. Von der Musik kann man zwar nicht leben, wenigstens nicht von einer Musik wie der meinigen. Ich erhalte mich aber durch Zeitungsschreiben, ich habe vier Zeitungen, die meine Artikel annehmen, und wenn sie auch schlecht bezahlen, werde ich doch irgendwie davon mein Auskommen haben. Schlimm ist nur, daß mir keine Zeit zum Komponieren bleibt. Ich möchte aber eine Oper komponieren, denn damit könnte ich vielleicht etwas verdienen. Auch eine neue Symphonie lebt in mir, die mit einfiel, als ich Byron las. Das wäre aber keine Arbeit, sondern ein Vergnügen. Und schon deshalb wage ich nicht einmal, daran zu denken, besonders nicht, wenn ich heirate. Aber das alles schadet nichts, die Hauptsache, mein Alter, ich bin unsagbar glücklich.«

Auch im Kreise seiner anderen Freunde erwartete Franzi nur Freude und herzliches Wiedersehen. Victor Hugo arbeitete rastlos, sein Ruf als Romantiker wuchs sieghaft über die Partei der Klassiker. Musset verbrachte seine ganze freie Zeit mit einer interessanten Schriftstellerin, einer jungen, geschiedenen Frau, die unter dem Pseudonym George Sand sehr lebensvolle, fesselnde Romane schrieb. Franzi hatte von Berlioz ihren Namen schon nennen hören, jetzt erfuhr er aber Näheres. Sie war ein Pariser Original. Manchmal zog sie Hosen an wie die Männer und rauchte dicke Zigarren. Er hatte sie bisher noch nicht kennengelernt, weil sie sich in ganz anderen gesellschaftlichen Kreisen bewegte als er. Musset war vollständig im Banne seines neuen Götzen und erzählte, daß er erst wüßte, was Liebe sei, seit er diese Frau kenne. Sie beabsichtigten, zusammen nach Italien zu reisen. Das würde die wahre Seligkeit bedeuten, denn es gebe keine größere Freude auf der ganzen Welt, als mit dem Menschen zu reisen, den man liebe …

Franzi sah Hiller wieder und auch Habeneck und alle anderen. Alle empfingen ihn mit herzlichen Umarmungen, Balzac hielt sogar ein seltenes Geschenk für ihn bereit: er widmete ihm sein neuestes Werk, das den Titel » La duchesse de Langeais« trug. Jeder hatte ihn gerne, jeder strahlte, wenn er ihm begegnete, nur die Verärgerung Chopins stach wie ein Dorn. Und dieser Dorn ließ sich einfach nicht wieder entfernen. Nach wie vor waren sie zwar oft beisammen, sie musizierten viel miteinander, ihr Ton war herzlich, aber Franzi wußte, daß in ihrer innigen Freundschaft ein Riß klaffte und daß ihre brüderlichen Beziehungen sich nicht wieder herstellen ließen. Das tat ihm sehr weh und ging ihm nicht aus dem Sinn. In solchen Augenblicken dachte er zum Trost an die Gräfin D'Agoult.

Sie schrieben sich oft. Heuchlerische Briefe, die dieselbe gefühlsmäßige Pose zeigten, in der sie sich in Croissy gefallen hatten. Und wenn der in literarische Form gekleidete moderne Weltschmerz auch nicht ganz erlogen war, so fehlte den Briefen doch die volle Wahrhaftigkeit. Die literarischen Ergüsse des jungen Mannes wollten im Grunde genommen nichts anderes sagen, als »ich will dich besitzen, ich bin schon sehr ungeduldig«, die schöngeistigen Briefe der Frau gestanden im Grunde genommen auch nichts anderes als »quäle mich nicht, ich werde immer schwächer.«

Franzi bereitete sich auf die große Erfüllung vor, wie ein Feldherr, der einen Kriegsplan ausarbeitet. Er begann damit, daß er zu Hause tagelang seiner Mutter vorjammerte, er brauche Ruhe, um arbeiten zu können. Aufs Land könne er aus hunderterlei Gründen nicht reisen und in seiner Wohnung würde er dauernd gestört. Als er das seiner Mutter täglich wie eine Arznei eingegeben hatte, meinte er plötzlich, er wolle seinen sämtlichen Bekannten eine Reise vortäuschen und zu Erards übersiedeln. Dort würde er fleißig und ruhig an der Berlioz-Phantasie arbeiten, und nur seine Mutter würde von seinem Aufenthalt wissen. So geschah es auch, und dieser Plan bewährte sich sehr gut. Nach ein paar Tagen brachte er dann vor, er könne Erards nicht länger zur Last fallen, man müsse irgendwo ein kleines Zimmer mieten, wo er sich verstecken könne. Wie er es vorausgesehen hatte, mußte er mit der Sparsamkeit seiner Mutter einen schweren Kampf ausfechten. Die wirtschaftlichen Sorgen hatte er ihr bisher vollständig überlassen, und jetzt mußte er diese Sonderausgabe aus ihr förmlich herauspressen. Endlich siegte er. Er mietete sich ein kleines Zimmer in der zweiten Etage des Hauses Nummer 21 in derselben Straße, in der Erards wohnten, und nicht weit von dem Hause entfernt, in dem sie das erstemal abgestiegen waren, als sie nach Paris kamen. Die Gräfin kam bald aus Croissy nach Paris herüber, um Einkäufe zu machen, zum Zahnarzt zu gehen und wegen allerlei anderer Sachen. Nur auf einen Tag. Sie verbrachten diesen ganzen Tag zusammen und Franzi wartete sehnsüchtig auf eine Wendung des Gespräches, die es ihm möglich gemacht hätte, ihr zu sagen, daß er ein heimliches Nest für ihre Liebe gefunden habe. Aber er getraute sich nicht, dieses Thema auch nur zu streifen.

»Mittags gehe ich zu meinem Beichtvater«, sagte die Gräfin, »Sie können mich dorthin begleiten, und mich draußen, ohne Aufsehen zu erregen, wieder erwarten.«

Unmittelbar vor der Beichte schien es ihm nicht aussichtsreich, die tief religiöse Dame zu verführen, unmittelbar nach der Beichte gleichfalls nicht. So ging der junge Mann mit seiner quälenden Sehnsucht an der Seite einer betörend schönen Frau und konnte sich mit ihr über nichts anderes unterhalten, als über Musik, Literatur, seine Arbeit und seine Gesundheit. Als die Dämmerung hereinbrach und die Gräfin nach Croissy zurückkehrte, verabschiedete er sich von ihr mit einem ätherischen Handkuß, dann schlich er in das geheime Zimmer der Rue du Mail und ließ seiner sehnsüchtigen Phantasie freien Lauf. Er stellte sich vor, die Gräfin trete zur Tür herein, er nehme sie sofort in seine Arme … ihre Lippen fänden sich … und dann versänken sie blind und berauscht in die trunkene Wonne der Erfüllung …

Aber wiederum berührten sich nur ihre Briefe statt ihrer durstigen Lippen.

»Endlich ein Brief von Ihnen«, schrieb der junge Mann, »Gott sei Lob und Dank! Ich war verzweifelt! Ach, wundern Sie sich nicht über die Trockenheit, den kalten Ton meiner Briefe; Sie kennen mich, Sie wissen, wieviel Hohn mitunter in meiner Resignation ist, und wieviel Bitterkeit in dieser scheinbaren Ruhe (meine zweite Natur, wie Sie sehr treffend sagten). Außerdem schreibe ich so alltäglich; was ich sagen kann, scheint mir so unbedeutend, daß ich mich schäme, weiterzuschreiben, selbst wenn ich Lust hätte noch zu schwatzen. Entsinnen Sie sich des Verses von Petrarca: › Chi po dir, com egli arde, è'n picciol foco – wer sagen kann, wie sehr er brennt, ist nur ein kleines Feuer.‹«

Und die Frau erwiderte:

»Sie haben mir einmal gesagt, Sie liebten mich so, daß Sie es nicht einmal nötig hätten, mich zu sehen. Dieser Gedanke frappierte mich; ich empfinde heut, wie wahr er ist … Sie sind da, immer da, und ich finde Sie selbst in den nichtigsten Einzelheiten meines Lebens wieder. Wenn meine Zofe mich frisiert, sehe ich meine Stirn an, weil Sie sie lieben. Und wenn ich mich auf einen Baumstamm setze, oder eine Steinbank, und mich mit meinen guten Bauern unterhalte, freue ich mich über ihre naiven Antworten, weil ich mir einrede, daß Sie sie auch hören … Und dann das Klavier, an dem ich wieder weinen kann. La Captive, die Abgeblühte Linde, und dann abends vor dem Schlafengehen Ihr Heft, in das ich hineinschreibe, was mir bei meiner Lektüre aufgefallen ist.«

Der junge Mann:

»Ich soll Ihnen auch sagen, was aus mir wird? Nun, mein Gott, Sie wissen ja ungefähr, was ich mein Leben nenne, das weiter nichts ist als die Entwicklung einer Idee: diese Idee ist Gott.«

Die Frau:

»Was ich mir schwer erklären kann, ist der unfaßliche Einbruch (verzeihen Sie mir dies Wort) des religiösen Gefühls in mein ganzes Wesen … Mein Leben ist ein Gebet, eine fortwährende Anbetung. Wenn es nicht so lang wäre, würde ich Ihnen jetzt das Gedicht ›Segen Gottes in der Einsamkeit‹ abschreiben. Nie kann vollkommener wiedergegeben werden, was ich empfinde. Indessen habe ich einige schreckliche Tage durchlebt, auf die sich das ›was auch immer geschehe‹ (was Sie vielleicht mißverstanden haben) bezog, mit jenen Angstzuständen, die bisweilen zu Wahnsinn oder Selbstmord führen, aber Gott hat sich meiner erbarmt. Ich wollte Ihnen sagen, daß, welches auch meine gegenwärtigen oder künftigen Leiden sein sollten, Sie nichts bedauern dürften, denn Sie haben mir mehr Gutes getan, als Sie mir je Schlimmes zufügen könnten.«

Im Laufe des Sommers stattete Franzi abermals in Croissy einen Besuch ab. Sie sehnten sich so sehr nacheinander, und zwischen dem ersten und dem neuen Besuch war genügend Zeit verstrichen, so daß die wiederholte Einladung nicht auffallen konnte. Diesmal blieb Franzi nicht so lange. Es fügte sich glücklicherweise so, daß sie in einer Bauernhütte drei volle Stunden zu zweit verbringen konnten. Auf einem Meierhof wollten sie eine Bauersfrau besuchen, deren Kind erkrankt war. Sie fanden aber weder die Frau noch das Kind zu Hause. Also setzten sie sich in die Bauernstube, um zu warten. Und nun entbrannte eine tobende Schlacht ungestümer, zorniger Umarmungen. Ihre irrsinnigen Küsse krallten sich förmlich ineinander. Sie quälten sich maßlos und vergaßen die Zeit vollständig. Das Gesicht der Gräfin glühte mohnblumenrot.

»Das ist furchtbar«, stöhnte sie heiser, »das kann man nicht ertragen.«

»Sehen Sie«, entgegnete hastig der junge Manu, »warum schenken Sie Ihrer Sehnsucht kein Gehör? Was hat es bloß für einen Sinn, mich und auch sich selbst so entsetzlich zu quälen? Versprechen Sie mir, daß Sie Montag, wenn Sie nach Paris fahren, zu mir kommen.«

»Nein, nein«, wehrte die Frau, von seinen Armen umschlungen, zitternd ab.

»Bitte. Sagen Sie ja. Ja?«

»Nein, es darf nicht sein. Verlangen Sie es doch nicht immer wieder, es ist unmöglich.«

»Versprechen Sie es!« drängte Franzi störrisch. »Sagen Sie ja oder erwidern Sie gar nichts, das bedeutet dann ›ja‹. Nicht wahr, Sie kommen zu mir?«

Die Frau schwieg. Und vor Siegesfreude trunken, preßte er sie noch heftiger an sich.

»Mein liebes, einziges, angebetenes Alles …«

»Aber nun gehen wir. Wieviel Uhr ist es? Schrecklich! Es wird aufgefallen sein im Schloß. Wir müssen uns beeilen.«

Am anderen Tage reiste Franzi ab. Mit der nächsten Post bekam er einen Brief. Die Gräfin machte ihr stillschweigendes Versprechen zwar nicht rückgängig, stellte aber die Bedingung, daß er sie nicht einmal küssen dürfe. Sie machte ihm heftige Vorwürfe, daß er in ihr nur das zu erbeutende Weib sehe und nicht die Seele, daß er nur begehre, aber nicht liebe. Er antwortete sofort, deutsch, damit es niemand verstehen könne, wenn der Brief in unberufene Hände gelangen sollte:

»Ihre Vorwürfe sind hart, aber ich habe sie vielleicht verdient. Wie dem auch sei, ich freue mich, daß Sie mich so einschätzen. Sie haben nur die Worte schlecht gewählt. Ich werde den ganzen Tag auf Sie warten, hier, einundzwanzig in der Straße von Erard, zweiten Stock, die Tür rechts – ich bin immer allein.«

Er fügte noch ein Verszitat dazu:

»Ich, dessen Seele gleich dem Kompaß stets
Hartnäckig sucht den unbekannten Pol.«

Am Spätnachmittag glaubte er nicht mehr daran, daß der so nahe schimmernde Traum noch Wirklichkeit werden könne. Von morgens an hatte er in unbeschreiblicher Erregung gewartet und war bei jedem Geräusch zusammengefahren. Alle, die sich der knarrenden Holztreppe näherten, an seiner Tür aber vorübergingen, verfluchte er zähneknirschend. Von dem nervenzerreißenden Warten wurde er tödlich müde. Trotzdem konnte er nicht länger als zwei Minuten auf dem Sofa liegen, sprang wieder auf und ging in dem Zimmer von der Tür zum Fenster und vom Fenster zur Tür ruhelos auf und ab. Um fünf Uhr öffnete sich geräuschlos die Tür. Verschleiert huschte die Gräfin herein. Er nahm sie sofort in seine Arme. Die Frau machte sich frei und schlug den Schleier zurück.

»Ich kann nur ein paar Minuten lang bleiben. Ich muß gleich wieder gehen. Aber ich bin gekommen, weil ich es Ihnen versprochen habe. Schwören Sie, daß Sie mich nicht einmal küssen.«

Franzi wich zwei Schritte zurück und entgegnete blaß:

»Wie Sie befehlen. Nehmen Sie aber wenigstens Platz.«

Die Frau setzte sich. Sie kreuzte ihre verführerischen Beine, deren sich unter dem Rock abhebende Linien Franzi jetzt mit einem bitteren, trotzigen Zorn erfüllten. Er zog sich einen Stuhl heran und nahm in angemessener Entfernung Platz. Er schwieg. Die Gräfin bemühte sich, unbefangen und natürlich zu scheinen, aber ihre Hände zitterten.

»Nun? Unterhalten Sie so Ihren Gast?«

Franzi erhob sich. Seine Stimme war rauh, sein Ton unwirsch:

»Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie gekommen sind, aber jetzt wäre es besser, wenn Sie nicht … wenn …«

»Wenn ich fortginge?« ergänzte bestürzt die Frau.

»Ja. Für mich ist es eine größere Qual, wenn Sie in dieser Weise hier sind, als wenn Sie nicht hier wären.«

»Bitte«, entgegnete die Gräfin sich erhebend, »verzeihen Sie, daß ich Sie gestört habe. Anscheinend verstehen wir uns nicht.«

»Ja, es scheint so. Auf Wiedersehen.«

Die Frau zog die Schultern hoch und schritt langsam auf die Tür zu. Als sie von dort nochmals zurücksah, hatte sich Franzi schon auf das Bett geworfen. Ein wütendes Schluchzen brach aus ihm hervor, die seit früh gemarterten Nerven versagten, der Zorn über die Enttäuschung und der Trotz des Liebenden machten sich gewaltsam Luft.

Sofort war die Gräfin neben ihm. Sie neigte sich über ihn und umfaßte seine Schultern. Sie drückte ihr Gesicht an das tränenüberströmte Antlitz.

»Um Gottes willen, Franzi, was ist das? … Seien Sie doch vernünftig …«

»Gehen Sie«, stammelte Franzi mit zuckenden Lippen, »gehen Sie, denn Sie lieben mich nicht. Sie wollen mich nur quälen. Sie spielen mit mir … vornehme Dame … weil Sie eine Gräfin sind, denken Sie, Sie haben das Recht, mit mir zu spielen … gehen Sie …«

Jetzt fing auch die Frau an zu weinen.

»Franzi, versündigen Sie sich nicht. Wie können Sie mir solche fürchterliche Dinge ins Gesicht sagen, mir, die Sie so liebt …«

Der junge Mann stützte sich auf seine Ellenbogen. Aufgewühlt umschlang er mit einem Arm die Schultern der Frau.

»Du liebst mich und ich liebe dich. Ich sehne mich nach dir und du sehnst dich nach mir. Alles andere sind leere Worte. Bleibst da jetzt hier oder nicht? Darauf antworte mir.«

Die Frau neigte demütig ihren Kopf.

»Ich bin am Ende«, sagte sie leise.


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