Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

3

Also hatte Dorette nicht vergessen! Steegen bewunderte ihre Geschicklichkeit, ihn ihrem Lebenskreis wieder einzufügen. Sie würden wieder zusammen reiten. Ganz allmählich würde es kommen. Niemandem konnte es auffallen. Selbst Karla nicht, wenn sie aufpaßte. Aber es kam da eine Gefahr von jener Seite! Er fühlte es deutlich.

Er fuhr mit dem Autobus den Kurfürstendamm hinunter. Kurz vor Halensee stieg er aus und ging nach links in eine dunkle Straße hinein. Es war gegen halb zwei Uhr. Das Nachtleben reichte nicht bis hierher. Autodroschken hielten schläfrig an der Ecke. Kaum ein Fußgänger war zu bemerken. Die Häuser wuchsen mit finstern Mauern aus den kleinen Vorgärten auf. Hier wohnten stille, ruhige Leute, und es war seltsam, daß sich eine Nachtbar in dieser Gegend halten konnte.

Sie war fast nicht zu bemerken. Das Licht des Fensters war abgedunkelt, die rotgemalte Aufschrift »Vitrine« kaum zu entziffern. Dieses Lokal war offenbar ein kleines Ladengeschäft mit einigen Hinterräumen gewesen. Steegen trat ein. Im Innern herrschte eine angenehme Dämmerung. Die Lampen aus rotem Schleiflack trugen Schirme von dickem Gelbpapier. Der eigentliche Barraum, der wie ein vergitterter Käfig aussah, schwamm in dunkelrotem Licht. Auf den hohen Schemeln hockten zwei Herren und vier Damen. Hinter dem Büfett goß die Bardame, blond und aufgeschwemmt, die Mixturen zusammen. Hinter ihr in einer Ecke saß eine einfache ältere Frau, offenbar die Inhaberin, hatte eine Brille auf der Nase und war mit einer Handarbeit beschäftigt. An den einzelnen Tischen hatten sich verschiedene Menschen niedergelassen. Die Unterhaltung ging im Flüsterton. Das ganze Lokal machte einen seltsam unwirklichen Eindruck. Hier also verkehrte Dorette!

Rolf Steegen setzte sich in eine leere Ecke. Ein schläfriger Kellner kam angeschlürft. Er war es gewohnt, daß die Gäste hier wenig bestellten. Nur manchmal entwickelte sich am Büfett ein großer Abend, der das Geschäft trug, oder irgendeine Liebesbeziehung verlangte nach Sekt. Steegen bestellte einen Weinbrand, nahm die Nachtzeitung heraus und begann zu lesen. Zwei von den Damen kreuzten auffällig an seinem Tisch vorbei. Die beiden Herren an der Bar kamen offenbar aus einer Gesellschaft, in der sie sich gelangweilt hatten. Sie mokierten sich über einzelne Personen. Die Barmädchen lachten in der lautlosen Art, die hier Sitte schien. Wenn ein helleres Lachen aufbrandete, pochte der Häkelhaken der Alten hinter dem Büfett. Nur die zahlenden Herren durften lauter werden.

In einer Viertelstunde trat Dorette ein. Alle wandten sich nach ihr um. Sie grüßte einige Bekannte durch Kopfnicken und reichte der Alten die Hand über den Tisch. In dieser Umgebung schien sie zu Hause. Bei Abercron war sie eben noch die ehemalige Majoratsherrin gewesen, hier bekamen ihre Bewegungen etwas Katzenhaftes. Sie war ein kleines Mädchen, das sich anpirschte. Rolf Steegen stand halb von seinem Stuhl auf. »Dorette!« flüsterte er.

Sie sagte kein Wort der Begrüßung, reichte ihm nicht einmal die Hand. Der Kellner kam. Sie verlangte eine halbe Flasche Sekt und eine kleine Karaffe helles Bier zum Mischen. Der Kellner schien ihr Lieblingsgetränk zu kennen.

»Was ist das?« fragte er erstaunt. Merkwürdigerweise vermied er es bei dieser Frage mit vollem Bewußtsein, sie anzureden.

»Das schmeckt gut!« flüsterte sie zurück. Sie hatte einen ganz sachlichen Ausdruck dabei, als wenn über die Eigenschaften eines Pferdes oder die Qualität eines Stoffes gesprochen würde.

»Was soll diese Zusammenkunft?« fing er an. Er hatte einige Mühe, auch bei dieser Frage die Anrede zu vermeiden. Er wußte nicht mehr, wie er zu ihr stand. Zwei Jahre waren eine lange Zeit, obwohl sie bei Dorette keine Spur zurückgelassen hatten. Man konnte sie noch immer für neunzehn halten.

»Was soll diese Zusammenkunft?« machte sie ihm nach. »Ich sah, daß Sie Stallmeister geworden sind. Also muß es Ihnen schlecht gehen. Ein Beruf für ehemalige Unteroffiziere und Offiziersburschen. Ich wollte Ihnen behilflich sein, Ihr Einkommen zu verbessern. Abercron zahlt Ihnen hundertfünfzig Mark im Monat für eine Stunde Reiten.« Sie hatte »Sie« zu ihm gesagt und wußte, daß sie ihn durch die Erinnerung seines Standes beleidigte.

»Ich wollte in der Stadt bleiben!« sagte er und fühlte eine tolle Erregung, die ihm das Sprechen schwer machte. »Ich wußte, daß ich Sie in Berlin wiederfinden würde. Es hat zwei Jahre gedauert!«

»Es hätte noch länger dauern können. Ich habe nicht nach Ihnen gesucht.«

»Nein, das sehe ich.« Auf einmal brach es aus ihm heraus. »Dorette!« rief er ihr leise zu. Die ganze Qual der unsäglichen Enttäuschung lag darin. »Dorette, weshalb war das alles so? Weshalb hast du nichts mehr von dir hören lassen?«

Sie neigte leise den Kopf. »Weshalb sollte ich von mir hören lassen? Es war alles zu Ende!«

»Nein, es sollte alles anfangen!«

»Damit sie uns festnehmen und ins Zuchthaus stecken, nicht wahr? Denkst du, man hat uns nicht beobachten lassen? Und ich will dir nur sagen, daß man uns jetzt wieder beobachtet.«

»So war es nur Vorsicht?«

»Nicht allein. Ich wollte nicht mehr. Und vielleicht haben Sie ein wenig überschätzt, was zwischen uns spielte.«

»Wir haben uns geküßt!«

Sie lachte auf. »Ja, wir haben uns geküßt!« Es schien ihr spaßig, daß man daraus Rechte ableiten wollte.

»Wir haben uns geküßt!« wiederholte er noch einmal ernst. »Aber es war mehr. Hinter unsern Küssen stand der Wille, uns einmal ganz anzugehören. Es waren nur die äußeren Umstände, die uns daran hinderten.«

»So, hab ich das einmal zu Ihnen gesagt?«

Er dachte nach. Hundert ihrer Gespräche zogen wie ein Traum an ihm vorüber. Hatte sie das gesagt? Vielleicht hatte sie das gar nicht gesagt, nur er hatte hundertfach davon gesprochen und aus ihrem Schweigen die Zustimmung herausgelesen.

»Nein«, sagte er, »du hast es nicht gesagt, aber du hast angehört, wie ich es sagte.«

»Es hat mich belustigt!«

»Es hat dich belustigt? Aber wir haben auch davon gesprochen, daß ich Blankenhorn totschießen werde. Ich habe dir meinen Plan mit allen Einzelheiten auseinandergesetzt.«

»Auch das hat mich belustigt. Ich habe nie daran gedacht, daß du es tun würdest. Und du hast es auch nicht ausgeführt!«

»Du hast deinen Mann gehaßt. Du hast selbst gewünscht, daß er auf die Seite gebracht wird. Alle haben ihn gehaßt, du, die Töchter, ich, alle Menschen, die mit ihm zu tun hatten!«

»Ja«, sagte sie, »wir alle haben ihn gehaßt. Aber an das Schreckliche, daß er ermordet werden würde, hat keiner von uns gedacht. Ich sah, wie du mit dem Gedanken spieltest, und habe dich spielen lassen. Das war alles!«

»Glaubst du, daß ich ihn erschossen habe?« fragte er lauernd.

»Wenn ich glaubte, daß du ihn erschossen hast, hätte ich dich dem Untersuchungsrichter angezeigt!« sagte sie ernst. »Ich würde es noch heute tun. Jetzt! Sofort! Sage: hast du ihn erschossen?«

Er senkte den Kopf und schüttelte ihn schwer hin und her. »Nein, ich habe ihn nicht erschossen!«

»Ich wußte es!«

»Und wenn ich ihn erschossen hätte, so – wärest du mein geworden?«

»Nein, ich hätte dich angezeigt. Ich hatte alle Beweise in der Hand!«

»Ja, du hättest alle Beweise in der Hand gehabt. Ich habe dir meinen Plan in allen Einzelheiten geschildert. Aber Blankenhorn ist doch genau so ermordet worden, wie ich ihn ermorden wollte. Alle meine Vorbereitungen hat – der andre, der es getan hat, benutzt. Du allein kannst jenen andern in mein Geheimnis eingeweiht haben. Du mußt wissen, wer es getan hat!«

Dorette sah ihn lächelnd an. »Ich weiß es nicht. Wenn ich es gewußt hätte, würde ich auch ihn angezeigt haben. Du wunderst dich darüber?«

»Ja, ich wundere mich. Du haßtest Blankenhorn. Du mußtest wünschen, daß er beseitigt wird!«

»Ich habe es aber nicht gewünscht! Im Ernst habe ich es nicht gewünscht!« Plötzlich veränderten sich ihre Züge. Sie bekamen das Weiche, das er an ihr liebte. »Sieh, ich hatte ihn geheiratet. Wenige Wochen nach der Hochzeit wußte ich, daß wir nicht zusammenpaßten. Er war roh, er war unausstehlich, aber Swantemühl war da. Ich liebte Swantemühl! Weißt du, wie es ist, wenn man sich in seiner Jugend überall herumgestoßen hat und nun plötzlich eine Heimat besitzt? Ich hatte eine Heimat gefunden! Ich liebte das Schloß, ich liebte das Gut, die Pferde, die Felder, die Jahreszeiten. Ich liebte seine alte Mutter, und selbst die beiden Mädels liebte ich, obwohl sie mich nicht ausstehen konnten und es nie zu einer richtigen Aussprache zwischen uns kam. Ich wachte morgens auf, und draußen sangen die Vögel, und die Bäume des Parks rauschten. Kleine Kälber wurden geboren, Küken krochen aus, abends sangen die Mägde im Dorf, und die Burschen spielten Handharmonika.«

Er sah sie mit träumenden Augen an. So hatte sie auch damals sprechen können. Das waren die Augenblicke, in denen er ihr rettungslos verfiel. Etwas Müdes, Gehetztes lag in ihrem Gesicht. »Das bildest du dir nur jetzt nachträglich ein!« fuhr er sie rauh an. Er wollte die Gefühle zurückdämmen, die ihn zu überwältigen drohten. Zwei Jahre! dachte er. Wie habe ich Dorette zwei ganze Jahre entbehren können!

»Du glaubst mir nicht, aber es war dennoch so. Ich hätte es schöner gefunden, wenn Blankenhorn überhaupt nicht dagewesen wäre. Das ist richtig. Aber ich konnte warten. Er hatte ein wüstes Leben geführt, es mußte einmal ein Ende mit ihm nehmen. Und bis dahin wollte ich einen Sohn haben. Du weißt, daß Swantemühl Majorat ist.« Sie sah ihn plötzlich spöttisch an. »Ich habe übrigens jetzt diesen Sohn!«

»Was?« fuhr er erstaunt auf. »Du hast einen Sohn?«

»Ja, ich habe einen Sohn! Vierzehn Tage nach dem Mord wußte ich, daß ich ein Kind von Blankenhorn trage. Ich habe es damals niemand gesagt. Aber es war so!«

»Du, du hast ein Kind von ihm? Einen Sohn? Von ihm?«

»Ja! Und deshalb bin ich jetzt hier. Ich will die Rechte meines Sohnes wahren. Er ist der Majoratsherr von Swantemühl!«

»Wissen Karla und Sabine davon?«

»Ja, sie wissen es und versuchen alles, um meine Ansprüche zu hintertreiben. Sie suchen sogar eine nochmalige Untersuchung des Mordfalls durchzusetzen.« Sie sah ihn scharf an. »Was sagst du dazu? Eine nochmalige Untersuchung!«

Rolf Steegen biß sich auf die Lippen und konnte nicht verhindern, daß sein Blick unsicher wurde. »Es kann dir auch nicht angenehm sein«, sagte er schließlich. »Vielleicht noch weniger angenehm als mir!«

»Wieso?«

»Blankenhorn war in schwerer finanzieller Bedrängnis. Alle und das ganze Gut litten darunter. Er hatte eine große Lebensversicherung aufgenommen. Zweihunderttausend Mark! Ich weiß selbst, welche Mühe es machte, zu den Quartalsersten die Summe für die Policen aufzubringen. Es waren jedesmal über tausend Mark. Es wurde Vieh verkauft und Holz geschlagen. Diese Versicherung war auf deinen Namen ausgestellt!«

»Weshalb hatte er diese hohe Versicherung aufgenommen?« fragte sie ihn mit listigem Ausdruck. »Denkst du, meinetwegen?«

Er wurde stutzig, sah sie fragend an. »Natürlich deinetwegen! Du hast ihn beredet, die Versicherung aufzunehmen! Und nach weniger als einem Jahr war er tot.«

»Ach«, sagte sie, »so war es ja gar nicht. Er hat die Lebensversicherung aufgenommen, weil er Geld darauf bekommen konnte, das er sonst nirgends mehr bekam! Die Police war verpfändet!«

»Das wußte niemand!« sagte er. »Du hast auf diese Versicherung gehofft! Wegen dieser Versicherung hast du gewünscht, daß er stirbt!«

»Zwei Tage vor seinem Tod hat er mir gestanden, daß die Versicherung verpfändet ist.«

»Das – das kannst du nicht beweisen, und ich glaube es dir nicht!«

»Aber es war so!«

»Dann hast du aus Ärger darüber seinen Tod gewollt!«

»Ich habe gewünscht, daß Blankenhorn nicht da wäre«, sagte sie, »nie aber habe ich gewünscht, daß er ermordet würde! Keiner von uns hat das gewünscht!«

»Ich aber habe gedacht, daß du es willst!« sagte er zögernd.

»Und so hast du ihn erschossen?«

»Nein, aber ich hätte ihn erschossen, wenn nicht – –«

»Man wird dich trotzdem für den Mörder halten«, sagte sie und reichte ihm einen Brief hinüber. »Lies ihn aufmerksam durch!«

Er griff hastig nach dem Schreiben. Es war ein gewöhnlicher Geschäftsumschlag. Der Stempel wies den Ort Swantemühl auf. »Aus Swantemühl?« fragte er erstaunt. Sie nickte. Der Brief war vor acht Tagen angekommen. Die Anschrift war an Dorette Blankenhorn gerichtet. Er ersah aus ihr, daß sie wenige Häuser von dieser Bar entfernt wohnte.

»Du wohnst hier in der Nähe?«

»Ja, ich habe zwei möblierte Zimmer genommen und wohne hier – mit meinem Kind.«

»Gnädige Frau!« las er. »Es wird Sie interessieren, daß auf Veranlassung der Familie Ihres verstorbenen Gatten der Fall aufs neue untersucht wird. In einigen Tagen wird der Berliner Rechtsanwalt Dr. van Holten mit einem Polizeikommissar hier eintreffen, um nach etwaigen Spuren zu suchen. Ich würde Ihnen und Ihren Verbündeten raten, sich in Sicherheit zu bringen. Von dem Ergebnis der Untersuchung werde ich Sie rechtzeitig benachrichtigen.« Eine Unterschrift fehlte.

»Wer hat diesen Brief geschrieben?« fragte er hastig.

Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Irgend jemand aus Swantemühl. Es ist eine verstellte Handschrift. Ich habe vorgestern noch einen zweiten Brief erhalten. Hier ist er.«

Es war genau die gleiche Handschrift. »Gnädige Frau!« lautete dieser zweite Brief. »Die Herren sind hier gewesen und haben die Spuren entdeckt.« Das war alles. Er kehrte den Brief um und um. Der Kutscher oder der Schmied oder ein Pferdepfleger konnten ihn geschrieben haben. Die Handschrift war kindlich und ungebildet, auch wenn man von der Verstellung absah. Oder ein Dienstmädchen hatte ihn geschrieben. »Und haben die Spuren entdeckt!« wiederholte er. »Welche Spuren?«

Sie sah ihn spöttisch an. »Welche Spuren? Die Spuren, die der Mörder hinterlassen hat! Aber du bist es ja nicht. Du kannst ruhig sein.«

»Weshalb hast du die Briefe nicht der Polizei übergeben?«

»Du meinst, es hätte einen guten Eindruck gemacht?«

»Vielleicht das! Ich weiß nicht! Wenn du unschuldig an diesem Mord bist, dann müßtest du alles unterstützen, was zur Ergreifung des Täters führen könnte. Oder kennst du diesen Täter?« herrschte er sie an. »Kennst und liebst du ihn vielleicht? So muß es sein: Du kennst und liebst ihn. Mich hast du nur benutzt, um die Vorarbeit zu leisten und die Spur von ihm abzulenken. Den andern aber, den hast du wirklich geliebt! Vielleicht hast du den nicht nur geküßt! Vielleicht ist dein Kind von ihm!«

»Du bist wahnsinnig! Weshalb spielst du mir diese Komödie vor? Denkst du etwa, ich weiß nicht, daß du Blankenhorn ermordet hast? – Kellner, noch einmal!«

Der Kellner schlürfte vorüber. Sie mußten schweigen. »Ich will das auch!« sagte Steegen und zeigte auf Dorettes Mischung. Die zierliche kleine Dorette! Sie sog das seltsame Getränk mit einem Strohhalm auf. Vielleicht schlief sie nicht mehr ohne diesen Trunk. Sie hatte sich kleine Laster angewöhnt, steckte hier, wo sie sich gehen ließ, eine Zigarette an der andern an. Wie hatte seine Reitschülerin gesagt? »Die sitzt doch ewig in den Nachtbars herum!«

Noch immer mußten sie mit der Fortsetzung ihres Gesprächs warten, bis der Kellner das Gewünschte gebracht hatte. Das Getränk war von einem herben und bitteren Reiz. Es stimmte zu ihrer Lage.

»Du irrst dich!« sagte er, als der Kellner fortgegangen war. »Ich bin es nicht gewesen!«

In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, und ein später Gast trat ein. Es war höchstens eine Viertelstunde vor Polizeischluß. Ein dunkler großer Herr mit schwarzer Hornbrille. Er sah sich suchend in dem Lokal um und ließ sich an einem kleinen Tisch nieder, so daß er Dorette vor sich hatte.

Steegen sah sie fragend an. »Das ist doch –?« Ohne die Begegnung in der Tauentzienstraße vor wenigen Tagen wäre ihm der Name nicht eingefallen. Jetzt wußte er: dieser Mann war Professor Stüwe, der Bildhauer. Er hatte Dorette nicht gegrüßt, und doch spannte es sich von ihm zu ihr hinüber. Jedermann in dem Lokal mußte sehen, daß dieser Mann nur ihretwegen hierher gekommen war. Vielleicht nicht, um sie zu sprechen, sondern um sie anzustarren.


 << zurück weiter >>