Friedrich von Hagedorn
Versuch in poetischen Fabeln und Erzehlungen
Friedrich von Hagedorn

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Liebe und Gegenliebe.

              Vom schweren Dienst der Eitelkeit,
Von theuren Freunden voller Neid,
Den Henkern unsrer Lebenszeit,
Eil' ich den Freuden und der Ruh
An deinem vollen Busen zu.
Laß itzt mein Herz von dir erlernen,
Die Sorgen scherzend zu entfernen.
Zum irdschen Himmel wünscht es sich
Nur dieß dein Schlafgemach und dich.
Der Gott der Liebe schliess' uns ein;
Sonst komme niemand! er allein
Soll Pförtner, Zeug' und Hüter seyn.

    Ich seh den unzufriednen Haufen
Nach Höfen und Pallästen laufen,
Wo Schmelz und Gold und helle Pracht
Gefahr und Knechtschaft schimmernd macht.

    Doch will auch ich von deinen Knien
Zu solchem Sitz der Ehrsucht fliehen,
Und wünsch' ich mir ein höher Glück,
Als dieses Lächeln, diesen Blick;
So folge Qual und Ungemach
Dem Meineid zur Bestrafung nach;
Und, daß der Fluch vollkommen sey,
Seh' ich mich groß, dich ungetreu!

    »So zeigt, mit eingemengten Küssen,
»Leander, wie man heftig liebt,
»Dem, als bezaubert hingerissen,
»Die Schöne dieß zur Antwort giebt:

    Was kann mich auf der Welt betrüben,
Willst du, mein Schatz, mich ewig lieben?
Du, dessen Huld mich stolz gemacht,
Mein Wunsch bey Tag' und Traum bey Nacht.
O würde, wie ich dir geneigt,
Durch mehr, als Weibermuth, bezeugt!
Mich schrecket nichts, denn, dir zu gut,
Vergiesst Elmira gern ihr Blut,
Wenn ihre Grabschrift nur erzehlt,
Daß sie den Tod für dich erwählt.

    Hofft meine Sehnsucht nicht vergebens,
Du Trost und Kleinod meines Lebens;
So trennt den Bund der Zärtlichkeit
Kein steigend Glück, kein stürzend Leid.

    Und sollten Schätze, Reich' und Kronen
Den Wechsel tausendfach belohnen;
So hiess ich, aus getreuem Sinn,
Weit lieber deine Buhlerinn,
Als eine grosse Königin.Deum testem inuoco, si me Augustus vniuerso praesidens mundo matrimonii honore dignaretur totumque mihi Orbem confirmaret in perpetuo praesidendum, charius mihi & dignius videretur Tua dici meretrix, quam Illius Imperatrix. Heloissa in Epist. I. ad Abaelardum, p. 50. (edit. Ricardi Rawlinson, Lond. 1718.)

    Wie viel ist mir an dir verliehn!
Wird mein Verlangen nicht zu kühn;
So müssen sich noch unsre Schatten,
Mit wiederholter Eintracht, gatten.

    Ihr Götter! scheints euch selbst nicht schön,
Zwo Selen so vereint zu sehn?

    »Sie seufzt und reicht, zum Unterpfand,
»Die weisse, weiche, warme Hand.
»Ist dieses Par nicht zu beneiden?
»Doch dauren auch der Menschen Freuden?
»Nachdem er sich noch was verweilt,
»Und ihr den Abschiedskuß ertheilt,
»Eilt er von seiner Herrscherin
»Den Augenblick zur Hofstatt hin,
»Sie aber auch den Augenblick
»In ihres Cleons Arm zurück,
»Der damals, als Leander kam,
»Zum Winkel seine Zuflucht nahm.

*
    O schönes Beispiel gleicher Triebe!
O wahres Muster heutger Liebe!

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