Friedrich von Hagedorn
Versuch in poetischen Fabeln und Erzehlungen
Friedrich von Hagedorn

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Diese Sammlung enthält Versuche in der Kunst zu erzehlen oder freie Nachahmungen der Alten und Neuern, welche sich in dieser Kunst hervorgethan haben.

Bey dem Verzeichnisse dieser Kleinigkeiten sind diejenigen angeführet worden, deren Beispiele mich zu dieser Schreibart aufgemuntert haben und in welchen man dasjenige antrifft, was ich in meinen poetischen Fabeln und Erzehlungen nicht selbst erfunden. Ich habe solches für dienlich erachtet, damit desto leichter wahrzunehmen stehe, daß ich in meinen Vorgängern, und insonderheit dem La Fontaine auf eine eben so freie Art gefolget sey, als dieser dem Phaedrus, Ovidius, Ariosto, Boccaccio und Marot nachgeeifert hat.

Wider diesen so beliebten La FontaineAus fast unzähligen Lobsprüchen, welche man dem La Fontaine mit so vielem Rechte gegeben hat, will ich hier nur wiederholen, was die berühmte von Sevigny von ihm und von seinen Verächtern in dem vierten Bande der Büssy-Rabutinischen Briefe, im 24tten Br. urtheilet: Il y a de certaines choses qu'on n'entend jamais quand on ne les entend pas d'abord. On ne fait point entrer certains esprits durs & farouches dans le charme & dans la facilité des Balets de Benserade, & des Fables de la Fontaine. Cette porte leur est fermée, & la mienne aussi. Ils sont indignes de jamais comprende ces sortes de bautez, & sont condamnez au malheur de les improuver & d'être improuvez aussi des gens d'esprit. Nous avons trouvé beaucoup de ces pedans. Mon premier mouvement est toûjours de me mettre en colere, & puis de tâcher de les instruire; mais j'ai trouvé la chose absolument impossible. C'est un bâtiment qu'il faudroit reprendre par le pied; il y auroit trop d'affaires à le reparer: & enfin nous trouvions qu'il n'y avoit qu'à prier Dieu pour eux, car nulle puissançe humaine n'est capable de les éclairer. C'est le sentiment que j'aurai toûjours pour un homme qui condamne le beau feu & les vers de Benserade, dont le Roi & toute la Cour a fait ses délices, & qui ne connoît pas les charmes des Fables de la Fontaine. Je ne m'en dédis point; il n'y a qu'à prier Dieu pour un tel homme, & qu'à souhaiter de n'avoir point de commerçe avec lui. hat sich unlängst ein gewisser Graf erkläret, dessen Andachten in gebundenen Zeilen denen vollkommen gleich sind, welche ihn in ungebundener Rede so bekannt machen. Mich wundert dieses so sehr nicht, als ich mich wundern würde, wenn die gräflichen Poesien einem La Fontaine, falls er noch lebte, im geringsten gefallen sollten.

Hätte ich aber nicht vielmehr des strengen Herrn von Muralt erwehnen sollen, der seinem Entschlusse, sich der Welt zu entäussern, weit grössere Fähigkeiten und vielleicht lebhaftere Empfindungen aufgeopfert hat, als jener? Ihn rühren die Schönheiten der Fabeln des La Fontaine; hingegen verhärtet er sich gegen den Reiz seiner Erzehlungen. Doch ihn entschuldigen seine Einsichten in andre Dinge und eben diejenigen Verdienste und Gaben, welche seine Selbstverleugnung zuletzt unter seine geringsten mag gezählet haben, seitdem er denen beigetreten ist, welche alles, was man in der politen Welt Witz, Kenntniß und Geschmack nennet, in einen gewissen Geist der Prüfung verwandeln, den sie selbst nicht erklären können. Man weiß, wie der Hr. von Muralt veranlasset worden, den Boileau, Bayle, Fontenelle und zum Theil den sinnreichen La Fontaine zu verabscheuen; und wem würde es schwer fallen, die Art solcher Sprödigkeit aus denen Schriften zu bestimmen, welche er nach seinen Briefen von den Engländern und Franzosen herausgegeben hat?

Was gegenwärtigen Versuch anbetrifft; so sind zu einigen Stellen gewisse Anmerkungen unentbehrlich gewesen. Von den übrigen wird es genug seyn, wenn selbige nur nicht unangenehm sind.

Ich muß noch erinnern, daß ich eine Auflage meiner ersten Gedichte ans Licht zu stellen gedencke. Viele Veränderungen in denenselben werden bezeugen, wie wenig sich mit der Ausgabe zufrieden bin, welche vor neun Jahren dem Drucke von mir überlassen worden. Hamburg, den 27. August, 1738.


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