Anastasius Grün
Volkslieder aus Krain
Anastasius Grün

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Vom Ableben des Königs Matjasch.Es dürfte schwierig sein, den Ursprung dieses Liedes auf historischem Wege aufzufinden. Die Bezeichnung der Stadt Cilli als Schauplatz der Handlung mag auf die vielleicht nicht ganz verwerfliche Annahme hinleiten, die Volkstradition habe sich der Kunde von dem blutigen Ausgange des letzten der Grafen von Cilli (Ulrich) bemächtigt, ihn mit einem der zahlreichen Liebesabenteuer, um derentwillen dieses ganze Geschlecht so berufen war, in Verbindung gebracht, zum geeigneten Träger des Ganzen aber den populären Helden Kralj Matjaš erkoren. Mathias Corvinus hätte sonach im Volksliede zu seiner sonstigen Glorie und Herrlichkeit gar noch die Liebesdrangsale der Grafen von Cilli auf sich nehmen müssen, obschon er selbst – der jener Maria Claus ein Schloß mit zwei Dörfern geschenkt hatte, »ob nimiam delectationem corporis nobis ab illa praesitam« (Hormayr, Taschenbuch 1841) – in dieser Hinsicht einiges auf seinen starken Schultern zu tragen vermöchte.

        Seht, dort steht ein weißes Städtlein,
Cilli, heitres, schönes Städtlein,
Drin die Linde grün sich spreitet,
Drunter ist ein Bett gebreitet.
Weiche Federn sind gebettet,
Reine Linnen weißgeglättet,
Teure Kissen, Decken oben,
All' aus türk'schem Stoff gewoben.
Dort ist Königs Matjasch Lager,
Dort liegt krank im hellen Tag er.
Zu Schön Trommlerin geschlichen
Hat einst Trommler ihn beschlichen
Und im Zorn ihn todverwundet,
Daß er nimmer wohl gesundet.

In Verband, voll Blut, geschlagen,
Tat Matjasch die Schwester fragen:
»Wolle nach den Wunden spähen,
Ob sie rot, ob schwarz zu sehen?
Wenn sie rot sind,« spricht er, »sage
Daß zum Arzte einer jage,
Herben Tod mir abzuwehren;
Doch wenn schwarz die Wunden wären,
Schwester, dann gesund' ich nimmer,
Schick ums heil'ge Öl nur immer.«

»Bis ins Herz die Wunden gehen,
Schwarz sind, Bruder, sie zu sehen!
Fort und fort mocht' ich dich warnen,
Nicht die Weiblein zu umgarnen;
Fremde Weiber, Herzenswunden!«

Drauf Matjasch dies Wort gefunden:
»Gott nur so viel Kraft mir reiche,
Daß ich nochmals zu ihr schleiche!«

Aber kaum dies Wort verhallte,
Als die Bahn des Tods er wallte.
Durch ganz Cilli Glocken tönen,
Bei Sankt Peter fünf mit Dröhnen
Von dem weißen Turm her beben.
Trommler saß zur Mahlzeit eben,
Junge Trommlerin ihn fraget:
»Sprich, wer starb, daß um ihn klagend
Durch ganz Cilli Glocken tönen,
Bei Sankt Peter fünf mit Dröhnen
Von dem weißen Turm her beben?«
»Deuten kann ich dir's, mein Leben,
König Matjasch fährt zur Erden,
Eh' ihm's glückte, alt zu werden,
Diesem läuten unsre Glocken.«
Trommlerin da ganz erschrocken,
Ließ den Löffel fallen nieder.

Trommler frägt sein Weibchen wieder:
»Ist der Löffel dir entwichen,
Weil dein Vetter, Ohm verblichen,
Weil der Tote dein Verwandter?«
»Nicht ist er mein Anverwandter,
Nicht mir Vetter, Ohm verblichen;
Ist der Löffel nur entwichen,
Weil zugleich wir Lehr' empfingen
Und zugleich zur Kirche gingen.«

Zorn hat Trommlern überkommen,
Hat ein Messer scharf genommen
Und durchbohrt sein junges Weibchen,
Junges, ungeratnes Weibchen.
Als er so sein Weib erstochen,
Hat er drauf zum Knecht gesprochen:
»Knecht, du flinker, eile, eile,
Daß ich hier nicht länger weile,
Sattle schnell der Rößlein zweie,
Rasche, wie der Vöglein zweie,
Eins soll dir, eins mir sich schicken,
Wirf das Ränzlein auf den Rücken,
Daß uns keine Zeugen finden,
Daß uns keine Schergen binden!«
Denkt und spricht bei sich das Knechtlein:
»Will's mir doch zu Kopf nicht recht ein,
Fortzurennen flücht'gen Leibes
Ob des ungeratnen Weibes!«


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