Anastasius Grün
Volkslieder aus Krain
Anastasius Grün

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Des Woiwoden Janko Hochzeit.»Der Woiewode Janko«, »der Siebenbürger Janko«, so heißt bei den Serben und anderen Südslawen der große Gubernator Ungarns, der ritterliche Türkenbesieger Johann Hunyady (unter seinen Titeln auch Vaivoda Transilvaniae), der zugleich den Türken und ihren Kindern ein Widerhall des Schreckens. (Janko heißt auf türkisch das Echo. J. v. Hammers Gesch. d. osmam Reiches. I, 316.) Der Sekol unseres Liedes (bei den Serben Sekula) ist Johann Szekely (von ältern deutschen Geschichtschreibern, z. B. Gebhardi, Johann von Zeckel genannt). Er war ein Schwestersohn, nach Gebhardi Schwestermann des Hunyad und Banus von Slawonien. Die serbischen Volkslieder bezeichnen ihn als einen großen Helden. Er fand seinen Tod in der Schlacht am Kossowo polje, dem berühmten »Amselfelde« der serbischen Volkslieder, welche Hunyad 1448 gegen die Türken verlor. – Hunyads Gemahlin war Elisabeth Szilágy.

Ein im Stoffe und Gange der Erzählung mit unserem Liede ziemlich übereinstimmendes, nur viel längeres, in den Einzelheiten ausgeschmückteres Volkslied aus der slawonischen Militärgrenze (mitgeteilt in S. Jowisch, Ethnographischem Gemälde der slawonischen Militärgrenze. Wien 1835) nennt die Stadt Temesvar als den Schauplatz der geschilderten Brautwerbung:

        »Als der Siebenbürger Janko freite,
Ging er alle Schlösser durch und Burgen,
In Bosnien und Herzegowina,
Dalmatien, Likka, Korbavien;
Nirgends konnte er eine Braut sich finden
Als in Temesvar die schöne Janja.« usw.
Die Hochzeit des Joh. Hunyad« nach Jowisch.)

Dieser Umstand mit dem Hinblicke auf die dakowalachischen Bewohner des Banats, die sich selbst Rumuni (Römer) nennen, und deren Sprache das verdorbene Latein der römischen Ansiedler ist, mag den richtigsten Fingerzeig geben,. wo die »Lateiner« unseres Liedes zu suchen sind.

            Hat verlobt sich der Woiwode Janko
In der Ferne, im Lateinerlande.
Schreibt gar schlau der schelmische Lateiner
Einen Brief dem Woiwoden Janko:
»Lade, Janko, schmucke Hochzeitgäste,
Nur den Helden Sekol mir nicht lade,
Der nicht ißt, nicht trinkt vor Überklugheit,
Der ein Schalk voll List und Schelmereien.«

Janko ladet schmucke Hochzeitgäste,
Nur den Helden Sekol er nicht ladet.
Spricht Held Sekol traurig diese Worte:
»Gott mit Euch, mein Mütterlein, mein altes!
Wie verwirkten wir des Oheims Gnade,
Daß er uns nicht lud zum Hochzeitmahle?«
Gab sein altes Mütterlein ihm Antwort:
»Steig aufs Roß, daß es der Ohm nicht wisse,
Nimm dein Schwert, daß es der Ohm nicht merke,
Menge so dich zu den Hochzeitgästen.«
Also zog er zum Lateinerlande.

Trat vor sie der schelmische Lateiner,
Gab das erste Probestück zu lösen;
Also sprach der schelmische Lateiner:
»Gott sei gnädig dir, Woiwode Janko,
Hast du nicht in deiner Schar den Helden,
Der drei gleiche Lanzen überspringe!«
Ward nicht gut zumut den Hochzeitgästen,
Alle sahn beschämt zur Erde nieder;
Trat hervor Held Sekol aus der Menge,
Übersprang gewandt drei gleiche Lanzen.

Trat vor sie der schelmische Lateiner,
Gab das zweite Probestück zu lösen,
Spießt' auf eine Lanze einen Apfel,
Und so sprach der schelmische Lateiner:
»Gott sei gnädig dir, Woiwode Janko,
Hast du nicht in deiner Schar den Helden,
Der den Apfel auf dem Speer durchschieße!«
Ward nicht gut zumut den Hochzeitgästen,
Alle sahn beschämt zur Erde nieder;
Doch nicht also hat getan Held Sekol,
Hat am Speer den Apfel rasch durchschossen.

Trat vor sie der schelmische Lateiner,
Gab das dritte Probestück zu lösen,
Stellte vor sie hin neun schöne Jungfraun,
Ähnlich ganz an Aug' und Antlitz alle,
Und so sprach der schelmische Lateiner:
»Gott sei gnädig dir, Woiwode Janko,
Wählst du nicht aus diesen Neun die Rechte!«
Ward nicht gut zumut den Hochzeitgästen,
Alle sahn beschämt zur Erde nieder;
Trat gar flink Held Sekol aus der Menge,
Breitet' auf den Grund den Seidenmantel,
Legte drauf drei blanke Golddukaten:
»Frisch heran nun, ihr Lateinermädchen!
Nimmt nicht Jankos wahre Braut die Münzen,
Haut mein Säbel allen ab die Köpfe.«
Lief heran die wahre Braut des Janko,
Hob empor die blanken Golddukaten,
Nahm vom Boden auch den Seidenmantel,
Warf ihn wieder hin dem Helden Sekol.

Als zu seinem weißen Schloß er kehrte,
Sprach Held Sekol fröhlich diese Worte:
»Gott mit Euch, mein Mütterlein, mein altes!
Meinte dort der schelmische Lateiner,
Daß kein Held sich find' in unsrer Mitte,
Der sich messe seinen Schelmenkünsten!«


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