Anastasius Grün
Volkslieder aus Krain
Anastasius Grün

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Hochzeit der Vögel.Man vergleiche damit »die lustige Hochzeit«, wendisches Spottlied in Herders Stimmen der Völker, dann »Vogelhochzeit« in Uhlands hoch- und niederdeutschen Volksliedern (Bd. I, S. 34) und das »Lügenmärchen« in Wackernagels deutschem Lesebuch, II. IX. Auffallend ist die Verwandtschaft unseres Liedes, in welchem beim Absingen nach jeder Strophe der Kehrreim wiederholt wird:
Al je čudo, al ni čudo?
Čudo more bitti!
Ist's ein Wunder, ist's kein Wunder?
Wunder muß es sein!

mit zwei andern, ebenfalls bei Wackernagel (a. a. O.) mitgeteilten Volksliedern und zwar aus dem Solothurner Gebiet mit dem Refrain:

's nimmt mi Wunger, über Wunger,
Ungerdesse nimmt's mi Wunger.

aus dem Kuhländchen (nach Meinert, I, 282) mit dem Refrain:

Wounder, Wounder, ieber Wounder!

        Vögel Hochzeit feiern
Auf dem Feld im Freien.

Fink ist der Neuvermählte,
Finkin ist die Erwählte.

FestmeisterEs wird hier nicht am unrechten Orte sein, einiges über die Hochzeitsgebräuche der krainischen Slawen anzuführen. Der Freier pflegt vorerst einen Werber (Snubač) abzusenden und tritt erst selbst auf, wenn der Antrag angenommen wurde; kleine Geschenke beschließen die Unterhandlung. Brautführer und Brautführerin (Drug, Družica) laden nun die Gäste zur Hochzeit, bei welcher in ganz Illyrien der Starašina die Hauptrolle spielt, dem die Besorgung der Festlichkeiten obliegt (darum auch in der Übersetzung Festmeister, Hochzeitmeister genannt). Er führte den Zug des Bräutigams zur Braut, wobei Musik und Pistolenschüsse nicht fehlen dürfen. Die Braut heißt an den meisten Orten Nevesta, die Ungewisse, da sie ehemals förmlich geraubt wurde; wesentlich in ihrem Putze sind Rosmarinzweige und Bänder von allen Farben in die Haare gebunden und vorzüglich der Kranz von schwarzem Samt um die Stirne, Šapel genannt.Auch altdeutsch schapel, schappil, hier wie dort der ausschließlich jungfräuliche Kopfputz, nur bei den Deutschen in reicherer Ausstattung, eine mit Edelsteinen, Perlen, Goldflittern, Kunstblumen u. dgl. durchflochtene Binde (Ziemanns mittelhochdeutsches Wörterbuch); französisch chapel, chapelet, doch in minder ausschließlicher Bedeutung. (Vgl. Le Grand, Fabliaux.) Beim Hochzeitmahle hat der Sarašina den Vorsitz, er macht förmlich den Wirt. Oft wird schon nach der ersten Tracht Speisen einmal getanzt, wobei der Geiger auch wohl den Possenreißer abgibt. Zum Schlusse der Mahlzeit erscheint der große Kuchen PogačaAuch altdeutsch pogaz, latein. focatius, Aschkuchen (Ziemann), in der Schweiz Roggenbrot, franz. fonasse, fouage, ital. fociaccia, panis subcinericius.. (Mone in Aufseß' Anzeiger, 1832.) oder eine große Schüssel Butterkuchen (Strukli). Ein Mann, der den Koch vorstellt, bringt und verteilt dieses Gebäck trotz eines ungeheuren Lärmens mit Ofengabeln und allerlei Küchengeschirr, womit man ihn scheinbar daran zu hindern sucht. Er sammelt dafür Geld auf einem Teller, ebenso ein Geiger, der nach ihm erscheint, ein mit Rosmarin umwundenes Glas herumreichend und während des Trinkens eine Weise spielend. Nach der Mahlzeit wird das Ehepaar nach Hause begleitet, und der Zug geht noch zur Brautmutter usw. die ganze Nacht hindurch. Ist das Paar nicht ganz arm, so dauert die Hochzeit mehrere Tage. Einem Witwer, noch mehr einer Witwe, die wieder heiratet, wird ein Charivari beim Kirchzuge gebracht. – In Unterkrain pflegt die Köchin sich nach der Mahlzeit ein Trinkgeld in einem großen Löffel zu sammeln. Sehr selten sieht man noch die zu Valvasors Zeiten übliche und von ihm beschriebene sogenannte Aschenkomödie. Ein zerlumpter Fiedler erscheint nämlich bei Tische und bietet einen Ochsen zum Verkauf. Nach einer Tracht Prügel, da man ihn für den Dieb des Ochsen hält, macht man für ihn und die übrigen Musikanten eine Sammlung. Hier kommt auch die anderwärts verbreitete Sitte vor, dem Bräutigam zuerst vermummte alte Weiber vorzuführen und endlich nach langer Neckerei die Braut. (Nach A. Schmidl, das Königr. Illyrien. Stuttgart 1840, und Linhart, Versuch einer Geschichte von Krain. Laibach 1791.) Diese wesentlichsten Hauptzüge eines krainischen Hochzeitsfestes unterliegen jedoch nach den verschiedenen Landesgegenden manchen Änderungen, worüber bei Hacquet (Beschreibung der Illyrer, Wenden und Slawen. Leipzig 1801) und bei Valvasor (a. a. O.) genauere Aufschlüsse, bei letzterem insbesondere über ältere, seither abgekommene Gebräuche die anziehendsten Einzelheiten. ist der Geier,
Nickt bei der Tafel statt zweier;

Brautmutter ist die Eule,
Kürzt sich am Tisch die Weile;

Wolf ist heute Metzger,
Drüben das Messer wetzt er;

Hase ist heute Kellner
Bringt den Wein und die Teller;

Hausmagd ist die Katze,
Fegt den Tisch mit der Tatze;

Spielleute sind die Hunde
Mit dem breiten Munde;

Fliege tanzt mit der Mücke,
Geht die Welt fast in Stücke!

Fliege aber beim Holpern
Bricht ein Bein sich im Stolpern;

Schickt um den Bader in Eile,
Daß er den Beinbruch heile!

Ehe der Bader sich sputet,
Längst die Fliege verblutet.


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