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32. Kapitel.
Die drei Bäume

Der Marsch durch die Sumpflandschaft dünkte Anthony ein beängstigender, endloser Traum. Er hatte jeden Zeitbegriff verloren. Hinter ihm und durch eine Leine mit ihm verbunden, ging Felicia. An der Spitze marschierte der Führer, dem das Gewehr nachlässig über der Schulter hing. Gleichmütig paffte er an seiner schwarzen Zigarre. Weiter hinten folgte Carquinez mit den übrigen. Sie waren schwer bewaffnet und in lebhafter Unterhaltung begriffen, hin und wieder hörte man eine laute Lachsalve. Man kam nicht sonderlich schnell vom Fleck, aber das schien die Räuber wenig zu stören.

Schließlich blieben die zahlreichen Lagunen und Tümpel zurück, und man näherte sich einem baumbestandenen Hügelgelände, über dem die heiße Luft flimmerte. Bald daraus erreichte die Gesellschaft überraschenderweise einen wirklichen Wald und noch etwas weiter eine große Lichtung, auf der sich die Asche eines erloschenen Lagerfeuers vorfand. Hier befahl Carquinez zu halten. Die Männer warfen sich müde auf den Boden. Sie schienen enttäuscht und ärgerlich zu sein.

»Wo zum Henker steckt José mit dem Stoff?« rief einer. »Du hast doch gesagt, daß wir ihn hier treffen sollen. Bis zum Hauptlager sind's noch 'n paar Meilen und wir haben einen Höllendurst!«

»Nur Geduld«, tröstete Carquinez. »Wir rasten hier ein Weilchen. José wird schon kommen, und mittlerweile wollen wir sehen, was unsere Gäste, die der vornehmen Welt angehören, an Barmitteln bei sich führen. – Vielleicht gibt's auch noch einen anderen Zeitvertreib.«

»Sie werden sich freuen, zu hören, daß wir fürs erste am Ziel unseres kleinen Ausfluges angelangt sind«, wandte er sich an die Gefangenen. »Finden Sie nicht auch, daß ich mir ein idyllisches Fleckchen für die kleine Unterhaltung ausgesucht habe, die ich meinen braven Leuten versprach? – Inzwischen will ich aber wenigstens den Strick abschneiden, der Sie an Ihre Gefährtin bindet, Capitan. Nichts schrecklicher für einen Mann, als immer an eine Frau gefesselt zu sein.«

Er zog ein kurzes Jagdmesser und zerschnitt die verbindende Leine.

»Sehen wir uns inzwischen den Schmuck der Dame etwas genauer an, den sie bei ihrer Schönheit wirklich nicht nötig hat.«

Er trat einen Schritt auf Felicia zu. Im selben Augenblick fühlte Kirkpatrick sich von kräftigen Fäusten gepackt und zurückgehalten. Er hörte Felicia schreien und mit Berserkerwut suchte er sich freizumachen. Fast wäre es ihm wenigstens auf kurze Zeit gelungen. Einer seiner Stiefelabsätze traf die Kniescheibe des Halunken Pepé, so daß dieser mit einem Wehgeheul auf den Boden rollte. Aber die Kräfteverteilung war denn doch zu ungleich, und in weniger denn einer Minute wurde der Seemann wieder überwältigt und in aufrechter Haltung an eine Palme gefesselt.

Ein halbes Dutzend Schritte entfernt stand Felicia in ähnlicher Verfassung. Für kurze Zeit übermannte ihn derart die Raserei, daß er wie unsinnig an seinen Banden zerrte. Der einzige Erfolg bestand in zerschundenen Handgelenken. Gleichzeitig wurde seine Kleidung von einigen der Räuber auf Wertsachen durchsucht. Triumphierend brachte Pepé ein Bündel Banknoten im Werte von vierhundert Dollars zum Vorschein. Außerdem nahm man ihm Taschenmesser, Pfeife und Tabaksbeutel ab.

Zwei andere Kerle verfuhren ähnlich mit Felicia, der sie geschickt einen Ring vom Finger zogen. Ferner erbeuteten sie eine kleine Goldbrosche, sowie ein Paar Onyx-Ohrringe. Carquinez breitete mittlerweile seine rote Schärpe aus der Erde aus und befahl seinen Leuten, alles Gefundene darauf niederzulegen.

»So«, sagte er, nachdem das geschehen war, »nun ich Sie da habe, wo ich Sie haben wollte, Capitan, will ich Ihnen einige Erklärungen geben.«


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