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22. Das Leiden unseres HErrn JEsu.

Mel.: O Mensch, bewein dein Sünde groß.

1. O Mensch, beweine deine Sünd,
Um welcher willen Gottes Kind
Ein Mensch hat müssen werden.
Er kam von seines Vaters Thron,
Ward einer armen Jungfrau Sohn,
Tat große Ding auf Erden:
Die Kranken macht' er frisch und stark,
Und risse, was schon lag im Sarg,
Dem Tod aus seinem Rachen,
Bis daß Er selbst durch Feindes Händ
Am Kreuze seines Lebens End
In Schmerzen mußte machen.

2. Denn als nun wieder Ostern war,
Nahm Er zu sich der Jünger Schar,
Und sprach mit treuem Munde:
Nach zweien Tagen kommt die Nacht,
Da man das Osterlämmlein schlacht't,
Dann ist auch meine Stunde.
Da ging die ganze Klerisei
Zu Rat, wie sie ihm kämen bei,
Hingegen, die ihn liebte,
Salbt' ihn gar schön in Simons Haus
Der HErr strich diese Tat heraus,
Schalt den, der sie betrübte.

3. Das war der bös' Ischarioth,
Der seinen HErrn der bösen Rott
Geschworen zu verraten.
Das fromme Lamm, der Heiland, kam,
Aß süßes Brot und Osterlamm,
Wie andre Juden taten.
Drauf stiftet' Er sein Fleisch und Blut,
Des Neuen Testamentes Gut,
Zu trinken und zu essen,
Und stund hernach von seinem Ort,
Wusch seine Jünger, redte Wort,
Die nimmer zu vergessen.

4. Er kam zum Heilgen Oeleberg,
Da, da ging an das hohe Werk
Mit Zittern und mit Zagen;
Die Erde nahm den Blutschweiß an,
Der häufig aus ihm drang und rann,
Der Himmel hört ihn sagen:
O Vaterherz, gefällt es dir,
So gehe dieser Kelch von mir,
Wo nicht, gescheh dein Wille.
Und tat also zum drittenmal;
Indessen lag der Jünger Zahl
Im Schlaf und süßer Stille.

5. Ach! sprach das liebe treue Herz,
Ihr liegt und schlaft, mich hat der Schmerz
Und Todesangst umfangen.
Ach, wacht und betet! betet, wacht,
Damit ihr von des Feindes Macht
Nicht werdet hintergangen.
Nun ist mein Stündlein vor der Tür,
Steht auf, da kommet her zu mir
Mein Jünger und Verräter.
Er hatte kaum gehöret auf,
Umringt ihn Judas und sein Hauf
Als einen Uebeltäter.

6. Der Führer küßt ihn mit dem Mund
Und war doch nichts im Herzengrund
Als bittres Gift und Fluchen.
Doch trat der Heiland frei dahin,
Sprach klar und deutlich: Seht, ich bin,
Den eure Augen suchen.
Sucht ihr denn mich, so lasset gehn,
Die ihr hier sehet bei mir stehn.
Meint hiemit seine Jünger.
Und da des Petri strenger Sinn
Den Malchum schluge, heilt er ihn
Am Ohr mit seinem Finger.

7. Steck ein das Schwert, sprach unser Licht,
Solch Arbeit dienet hierher nicht,
Mein Kelch muß sein getrunken.
Drauf ist der Richter aller Welt
Den Hohenpriestern dargestellt;
Und da ist auch gesunken
Des Petri Herz und Leuenmut,
Nicht zwar durch Schwert und Feuersglut,
Nur durch ein bloßes Fragen:
Ob er nicht JEsus Jünger sei?
Da fällt sein Glaube, Lieb und Treu,
Weiß nichts als Nein zu sagen.

8. Auf diesen Fall kam große Reu,
Er fing an, da der Hahne schrei,
Sehr bitterlich zu weinen.
Das Auge, das die Herzen sieht,
Tat einen Blick, ließ Gnad und Güt
Dem armen Petro scheinen.
Die falschen Zeugen traten dar,
Und redten viel, so nimmer war,
Auch niemals wird geschehen;
Drum auch der HErr unnötig schätzt,
Daß Er sein Wort dagegen setzt,
Läßt's durch den Wind zerwehen.

9. Dem aber, dem Er ward verklagt,
Antwortet Er, da er ihn fragt,
Ob Er von Gott geboren?
Ja, ich bin Mensch und Gottes Sohn,
Der Welt zum Heil, zur Freud und Kron
Vom Vater auserkoren.
Ihr werdet meine Herrlichkeit
Hoch in den Wolken mit der Zeit
Zur Rechten Gottes sehen.
Das nennt der Lästrer Lästerwort,
Da schrie ein jeder Tod und Mord,
Da ging es an ein Schmähen.

10. Man schlug, man speit' ihm ins Gesicht,
O Wunder, Wunder, daß hier nicht
Die Erde sich zerrissen!
O Wunder, daß nicht Gottes Grimm.
Mit seiner starken Donnerstimm
Vom Himmel drein geschmissen!
Sie bunden ihm die Augen zu,
Und hatten weder Maß noch Ruh
Im Höhnen und im Schlagen:
Denn, wenn sie schlugen, fragten sie:
Sag an, wer tat's, du kannst es hie
Als ein Prophete sagen.

11. Und damit war es noch nicht aus;
Am Morgen ward Er in das Haus
Pilati hingeführet.
Der Judas dacht den Sachen nach,
Sein frecher Mut sank hin und brach,
Sein Herze ward gerühret.
Es war ihm leid, er hatte Reu;
Weil aber kein Trost ward dabei,
Ging Seel und Leib zugrunde,
Er nahm ein grausam, schrecklich End.
Er und sein Name bleibt geschändt
Noch bis auf diese Stunde.

12. Da JEsus vor Pilato stund,
War sehr viel Klag und gar kein Grund;
Das meiste, das man triebe,
War, daß Er nichts mehr tu und lehr,
Als was die Untertanen kehr
Vons Kaisers Pflicht und Liebe,
Dieweil Er sich zum Kön'ge macht'.
Pilatus ward dahin gebracht,
Daß er den HErren fragte:
Ob Er der Jüden König war?
Der HErr sprach Ja, zu Gottes Ehr,
Er wäre, was Er sagte.

13. Weil nun Herodes, dessen Hand
Sonst herrscht' im Galiläer-Land,
Gleich damals war zugegen,
Schickt' ihm Pilatus Christum hin;
Des freut' er sich in seinem Sinn,
Ließ ihm zu Spott anlegen
Ein weißes Kleid, ein' arme Tracht,
Und da man seiner gnug gelacht,
Da schickt er ihn zurücke
Pilato heim, der ging zu Rat,
Und fand ihn rein von arger Tat,
Unschuldig aller Tücke.

14. Er nahm den Mörder Barrabam,
Dem jedermann sonst war sehr gram,
Den stellt er in die Mitten.
Hier sind der Uebeltäter zwei,
Sprach er zum Volk, es steht euch frei,
Ihr möget einen bitten.
Halt JEsum, sprach die tolle Schar,
Laß Barrabam, wie er vor war,
Frei, ledig in das Seine.
Was fang ich denn mit JEsu an?
Ans Kreuz, ans Kreuz mit diesem Mann!
Antwortet die Gemeine.

15. Da gab Pilatus JEsum hin
Dem Kriegesvolk, das geißelt' ihn
Ohn alle Gnad und Schonen.
Der freche Haufe trat zu Hauf,
Und setzten unserm König auf
Von Dornen eine Krone.
Er ward behandelt als ein Tor,
Sie äfften ihn mit einem Rohr,
Und schlugen ihn nicht wenig.
Du bist ein König, sagten sie,
Drum beugen wir dir unsre Knie,
Glück zu, o Judenkönig!

16. Als er nun übel zugericht't,
Führt ihn Pilatus ins Gesicht
Des Volks und sprach daneben:
Seht, seht doch, welch ein armer Wurm!
Nun wird sich euer Grimm und Sturm
Einmal zufrieden geben.
Nein, nein! sprach die vergällte Rott,
Zum Kreuz, zum Kreuz, nur immer tot!
Pilatus wusch die Hände,
Und wollt im Kote reine sein;
Dem aber, der in allem rein,
Bestimmt er Tod und Ende.

17. Das Leben ging zum bittern Tod,
Und mußte seine letzte Not
Mit eignen Schultern tragen.
Er trug sein Kreuz und unsern Schmerz,
Darüber führt manch Mutterherz
Ein hochbetrübtes Klagen.
Weint nicht, sprach Christus, über mich,
Ein jeder weine über sich
Und über seine Sünde.
Es kommt die Zeit, da selig wird
Gepreiset, die da nicht gebiert
Und gar nicht weiß vom Kinde.

18. Da man nun kam zur Schädelstatt,
Da ward, der's nicht verdienet hat,
Bis in den Tod gekränket.
Zwar also, daß ein Mörderpaar
Zur Seiten wurde hier und da,
Er mitten ein gehenket.
Man nahm ihm Leben, Ehr und Blut:
Den sanften Sinn, den frommen Mut,
Den mußten sie ihm lassen;
Er liebte, die ihm weh getan,
Rief seinen Vater für die an,
Die ihm sein Herz zerfraßen.

19. Pilatus heftet oben an
Ein' Ueberschrift, die jedermann,
Der bei dem Kreuz gewesen,
Hebräer, Römer, Griechenland,
Und wer Vernunft hatt' und Verstand,
Hat gar wohl können lesen.
Die Krieger nehmen ihm sein Kleid,
Und teilen sich in diese Beut;
Der Rock bleibt unzerstücket,
Er wird dem Los anheim gestellt:
Des soll er sein, wem jenes fällt,
Laßt sehen, wem es glücket.

20. Maria, voller Lieb und Treu,
Stund an dem Kreuz, und auch dabei
Den unser Heiland liebte.
Sieh hier, sprach JEsus, Weib, dein Sohn!
Und, Jünger, siehe deine Kron
Und Mutter, die Betrübte!
Die laß dir ja befohlen sein!
Dies Wort, das drang ins Herz hinein
Johanni, dem Geliebten.
Er nahm die auf und tat ihr wohl,
Die andre machten Jammers voll
Durch Bosheit, die sie übten.

21. Viel Lästrer redten böse Ding,
Auch einer, der zur Seiten hing,
Goß auf ihn seinen Geifer;
Der aber an dem andern Ort
Straft ihn und seine Lästerwort
Mit großem Ernst und Eifer,
Sprach JEsum an: O Himmelsfürst,
Gedenke meiner, wenn du wirst
Nun in dein Reich eingehen!
Fürwahr, fürwahr, ich sage dir,
Sprach JEsus, du wirst heut bei mir
Im Paradiese stehen!

22. Der Mittag kam, und war doch Nacht,
Die Sonn, die alles fröhlich macht,
War selbst mit Leid erfüllet.
Des Lichtes Schöpfer fühlet Pein,
Drum muß mit finstern Schatten sein
Das schönste Licht verhüllet.
Eli! rief JEsus, Gott! mein Gott!
Wie läßt du mich in meiner Not
Und Angst so gar alleine!
Und bald darauf: Mich dürstet sehr.
Das alles hört der Juden Heer,
Und weiß nicht, was er meine.

23. Sie sind vom Zorne taub und blind,
Hart wie ein Stein, der nichts empfindt,
Auch gar nicht zu erweichen.
Sie nehmen aus dem Essigfaß,
Und machen einen Schwamm mit naß,
Den lassen sie ihm reichen.
Ihr Herz ist voller Bitterkeit,
Und damit sind sie auch bereit,
Den, der jetzt stirbt, zu laben.
Viel machen aus dem Ernst ein Spiel,
Und sprechen: Halt, laßt sehn, er will
Eliä Hilfe haben.

24. Er aber sprach: Es ist vollbracht!
Und darauf ward Er von der Macht
Des Todes überfallen.
Er neigte sich zur sanften Ruh,
Er schloß die schwachen Augen zu,
Und schrie mit großem Schallen:
Nimm auf, nimm auf, HErr, meinen Geist!
Du, mein herzliebster Vater, weißt,
Wie du ihn sollst bewahren.
Und also ist der große Held,
Der Himmel, Erd und alles hält,
Von dieser Welt gefahren.

25. Er fuhr dahin. Im Augenblick
Zerriß der Vorhang in zwei Stück,
Die Erd erschrak und bebte,
Die Felsen sprungen in die Luft,
Auch öffnet' sich der Gräber Gruft,
Und das darinnen lebte.
Der Juden Herzen blieben hart;
Allein der Hauptmann, dem da ward
Die Wach am Kreuz befohlen,
Der glaubt' und mit ihm sein Gesind,
Es wäre JEsus Gottes Kind,
Und sagten's unverhohlen.

26. Man brach den Schächern ihre Bein,
Mein und dein Heiland blieb allein
An Beinen ungebrochen.
Das aber ist wahr und gewiß,
Daß ein Soldat mit seinem Spieß
Die Seite ihm zerstochen,
Aus welcher Wund ein edle Flut
Von Blut und Wasser uns zugut
Und Trost herausgeflossen.
Zuletzt ward Er vom Kreuz gebracht,
Und wohl beschickt noch vor der Nacht
In Josephs Grab geschlossen.

27. Die Juden hatten wohl gehört,
Er würde, wie Er selbst gelehrt,
Von Toten auferstehen;
Das halten sie für unwahr sein,
Sie bilden ihnen aber ein,
Es möchte List ergehen;
Drum siegeln sie des Grabes Tür,
Und legen starke Wache für,
Umsonst und gar vergebens:
Der HErr dringt durch, kein Fels und Stein,
Kein Wächter mag zu mächtig sein
Dem Fürsten unsers Lebens.

28. Nun seh und lern ein jedermann,
Wie sehr viel Gutes uns getan
Der Bräutgam unsrer Seelen.
Er nahm auf sich all unsre Schuld,
Und ließ aus treuer Lieb und Huld
Sich unserthalben quälen.
Zerknirschtes Herz, betrübter Geist,
Den seine Sünde nagt und beißt,
Laß Sorg und Kummer fallen,
Weil unser Heiland, JEsus Christ,
Ein Sündenopfer worden ist,
Dir und uns Menschen allen.

29. Du aber, der du sicher stehst
Und ohne Buße täglich gehst
In ungescheute Sünden,
Betrachte, was für Straf und Last,
Wenn du dein Maß gefüllet hast,
Dich endlich werde finden.
Denn tut man das am grünen Baum,
So denke, was für Ort und Raum
Der dürre werd erlangen.
O JEsu, gib uns deinen Sinn,
Und bring uns alle, wo du hin
Durch deinen Tod gegangen.


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