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XXXI.
Die Flagellation und Bastonnade als polizeiliches und richterliches Strafmittel.

Auch in dieser Beziehung findet sich das Prügeln, Peitschen und Geisseln schon in den ältesten Zeiten und bei verschiedenen Völkern, sodann sehr häufig im Mittelalter und fast am häufigsten in der neueren Zeit, bis etwa nach der französischen Revolution, vor. Unter den Alten zeichneten sich darin besonders die Aegyptier aus und noch auf bildlichen Denkmalen ist die preiswürdige Sitte verewigt Voici comme il est figuré dans un hypogée trouvé en Egypte, creusé et sculpté dans le roc: le patient, mis à nu, est couché sur le ventre; un executeur tient les pieds assujettis, un second lui tient les bras allongés au dessus de la tête pendant qu'un troisième fait agir le fatal baton. Une scène pareille en peinture, se voit dans un monument de Thébes. Dans cet hypogée, le specta le est précisement tel qu'on peut le voir en nature journellement, et plusieurs fois par jour répété avec une grande prestesse, dans les rues et dans les places du Caire. Description de l'Egypte, Planches. Antiq. Vol. IV. pl. 66. etc. Lanjuinais 13. 14., welche Mehmed Ali mit kleinen Abänderungen frisch eingeführt hat.

Bei den Israliten war das Prügeln und Peitschen, als gerichtlicher Akt, durch die mosaische Gesetzgebung, wie wir schon früher angezeigt, so ziemlich geregelt und an den Ausspruch einer Art von Jury gebunden. Die Geprügelten kannten genau die konstitutionelle Zahl der Schläge. Daß sie häufig ausgetheilt wurden, geht aus vielen Stellen des alten Testamentes hervor und Jerobeams bekannte Antwort an die Deputation des Volkes: »mein Vater hat euch mit Ruthen gezüchtigt, ich aber will euch mit Skorpionen peitschen,« ist ein Beleg mehr dafür, wenn sie auch in anderer Hinsicht sinnbildlich genommen werden kann.

Die Indier gebrauchten die Sache ebenfalls fleißig; in dem Manou-Gesetzbuche stehen verschiedene Verordnungen für Bestrafungen der Diebe mit einer Anzahl Stäbe oder mit Eisenstöcken. Mit dem Bambus ward bei sonstigen Vergehen die gerichtliche, wie die häusliche Zucht gehandhabt Die Frau, der Sohn, der Diener, die Magd, der Schüler und der jüngere Bruder standen darunter. Hiernach ist zu berichtigen, was im Eingang dieses Werkes auch von der Mutter als Wittwe, der Tochter und der Schwester irrthümlich, und da man die Quelle nicht gleich zur Hand hatte, gesagt worden ist.. Im Sanskrit heißt die Moral förmlich Dannddaniti oder Stock-Regiment.

In Persien schlug man – wie wir gleichfalls schon einmal angeführt – selbst vornehme Personen mit Ruthen und Stöcken. Sie mußten sich gewöhnlich sodann dafür, als für eine besondere Auszeichnung, bei dem König bedanken Plutarch. Apophthegmata.. Wie sehr Xerxes Liebhaber vom Peitschen war, bewies der an dem Hellespont ausgelassene, kindische Zorn.

Von Persien, Syrien und Indien aus verbreitete sich der Stock- und Ruthengeschmack durch ganz Asien und Afrika.

Am aller eigenthümlichsten erscheint er in China; hier ist seine eigentliche klassische Stätte; hier drehen sich alle Gedanken und Empfindungen um die Veredlung des Menschengeschlechts durch tüchtige Bearbeitung der kompakten körperlichen Theile.

Die gewöhnlichste Strafe – schreibt Zimmermann – bei den Chinesen war und ist noch – denn alles, was früher herrschte, hat sich gleicher halten – das Prügeln mit dem Bambusrohr oder der Pant-sè. Eine zweite, zum Theil härtere, ist das hölzerne Joch, oder die Cangue. Noch in den neuesten Tagen ist beides gegen christliche Gemeinden, in den Gränzprovinzen, welche den Reichsverordnungen zuwider, eine Kirche sich erbaut hatten, angewendet worden. Selbst von den Weibern und Mädchen erhielt jede eine Tracht von hundert Hieben.

Die Missionäre nennen die erste Strafe die väterliche Zuchtruthe. Der Missethäter wird mit einem starken, am untersten Ende handbreiten Bambus auf den nackten, und beim weiblichen Geschlechte mit nassen, also sich genau anlegenden Beinkleidern bedeckten Schenkel geschlagen. Als besondere Gnade des Kaisers schenkt man ihm meist den fünften Schlag. Indessen wird diese Strafe doch tödlich, sobald sie über 30 Streiche steigt, und selbst schon bei dem dritten Schlage, wenn bei dem männlichen Geschlechte einzelne Schläge mit Vorbedacht auf die zartesten Theile durch eigene Vorrichtung gerichtet sind.

Dieser harten Strafe ist aber, die kaiserlichen Prinzen ausgenommen, jedermann, selbst der höchste Mandarin, auf Befehl des Kaisers, ausgesetzt. Sie scheint auch den Chinesen nicht schimpflich, denn der Kaiser bezeugt sich gegen die Minister, welche er so eben väterlich fuchteln ließ, nachdem sie für diese leise Warnung dreimal dankbar die Erde geküßt, sehr gnädig. Aber was das merkwürdigste ist, es gibt Chinesen, die sich selber für Geld an der Stelle eines Andern, oft bis auf den Tod prügeln lassen. »Sollten wohl – ruft Zimmermann aus – anjetzo in Europa, bei dem merkwürdigen Ideenwechsel über Ehre und Geld, nicht auch ähnliche Stellvertreter zu finden sein« Auch das ist noch eine Eigenthümlichkeit der Chinesen, daß die Schuldner von ihren Gläubigern durch Prügel an die Bezahlung der Schuld erinnert werden können. Erasmus Francisci..

Zugleich wird diese väterliche Züchtigung sehr häufig nach der Laune eines Mandarinen, oft an den unschuldigsten Personen, ohne weitere Widerrede irgend einer Art, auf das härteste vollzogen.

Als mehrere der zum Fortziehen der Fahrzeuge für die englische Gesandtschaft zusammengebrachten Leuten aus Schwachheit und Alter die Jacht zu langsam fortbrachten, ließ der kommandirende Mandarin diese Unglücklichen auf die grausamste Weise prügeln. Täglich hört man Chinesen unter der Pante-sè schreien und da eigentlich Niemand davor völlig sicher ist, so müssen sogar die größten Lobpreiser der Weißheit der chinesischen Regierung z.B. du Halde, gestehen, diese Regierung bestehe einzig durch Prügel Viel Anderes mehr über die chinesische Prügelwuth enthalten die Werke: Code Pénal de la Chine. Paris 1812. Essai sur la législat. Chinoise par Dellac. Lettres de St. Martin. – Lanjuinais l. c.. Auf Korea oder Kali-China werden die Strafen auf Leben und Tod ausgetheilt; außer der gewöhnlichen Geisselung zerschlägt man den Leuten auch noch mit dünnen Stöcken die Schienbeine. Selbst die Stadthalter und Großen sind denselben unterworfen, und oft werden auch noch ihre armen unschuldigen Frauen und Kinder gepeitscht Zimmermann. IX..

Daß die Chinesen, an welche die Japanesen in manchen Dingen brüderlich sich anschließen, den christlichen Missionarien und den zum Christenthume übergetretenen, von ihnen so entsetzlich verfolgten Landsleuten die Prügel nicht schenken würden, ließ sich erwarten. Die Werke der Jesuiten und Erasmus Francisci berichten schauderhafte Dinge darüber, deren Details zu eckelhaft sind, um hier ausführlich mitgetheilt werden zu können. Ganz eigener Art waren bei den asiatischen Tataren und den Mongolen die Geisselungen der Diebe, was man ebenfalls bei E. Francisci genau beschrieben nachlesen mag. Es herrscht eine Erfindungskraft und eine Phantasie darin, welche die Vielseitigkeit des menschlichen Verstandes auch hierin beweist.

Das römische Recht vorzüglich beschützte, was die europäischen Völker betrifft, das Peitsch- und Prügelsystem in seiner Eigenschaft als ritterliches und polizeiliches Strafmittel. In der älteren Zeit machte Tarquinius der Stolze um die Widereinführung desselben bei den Römern, wo es eine Zeitlang aufgehört zu haben schien, sich verdient Isidori Origg.. Aus einer Stelle Cicero's, welche Augustin uns aufbewahrt hat, lernt man, daß die Decemvire, welche das Gesetz der zwölf Tafeln abgefaßt, für Injurien, die durch die Schrift veröffentlicht wurden, die Strafe des Prügelns bis zu erfolgtem Tode verfügt hatten. In der Folge befreite die Lex Portia jeden Bürger, welcher die Verbannung den Prügeln vorzog, davon. Allein unter der Kaiserzeit kamen sie gar bald wieder auf, wiewohl mit Unterschied, je nach dem bürgerlichen Range der Staatsangehörigen. Auch die Pandekten enthalten allerlei Verfügungen über den fraglichen Punkt; es ward jedoch durch eben dieselben verfügt, daß diese knechtische Züchtigung keinerlei Art Infamie nach sich ziehen solle. Justinian d. Gr. selbst war ein großer Freund der Schläge und seine Gemahlin Theodora, welche in ihren früheren Lebensberufen mehr als einmal Peitsche und Ruthe gekostet haben mußte, gab ihm hierin nichts nach. Ersterer unterwarf sogar die Geistlichen derselben. Die Peitsche ward jedoch den freien Bürgern nur für Diebstähle auf das bloße Fleisch zuerkannt; die Sklaven erhielten sie sans phrase für jedes Vergehen. Sie zählte, was die Zusammensetzung des Instrumentes selbst betraf, allerlei Variationen, Lederriemen, Gerten, Fahrenwadel, Ruthen u.s.w. Bisweilen war es der einfache Stock, welcher die Gebote der heiligen Themis vollzog.

Unter den merkwürdigen Fällen dieser Art von Rechtspflege wird von Suidas besonders die Scene mit dem Philosophen Hierokles mitgetheilt, (demselben, welcher in Chateaubriands Märtyrern eine Rolle spielt); er bekam Peitschenhiebe bis auf's Blut, ohne eigentliches Verhör, als er in Alexandrien einst, in Träumereien vertieft, lustwandelte. Die römische Peitschweise traf ziemlich genau mit jener der s. g. barbarischen Völker zusammen, welche nach dem Sturze des Weltreichs sich in dasselbe getheilt. Die Bastonnade auf das nackte Fleisch war darin etwas gewöhnliches; es stieg die Zahl der verabreichten Streiche oft auf sechszig bis hundert, ja dreihundert. Die Züchtigung war oft auf den Tod berechnet, und Gregorius von Tours liefert schauerliche Beispiele hievon.

Mit dem erneuerten und immer eifrigem Studium des römischen Rechtes mehrt sich auch in den Gesetzgebungen die Wuth des Geisselns und Prügelns und hing genau mit der durch die mönchische Ascetik genährten Manie zusammen. Das Spießruthenlaufen an öffentlichen Orten und das Geisseln mit Ruthen und Strängen im Gefängniß oder sous la custode wurde zur täglichen Gewohnheit; bisweilen nahm man jedoch die honetten Leute (honestiores) aus. Noch in Ordonnanzen Heinrichs IV. und Ludwigs XIV. finden sich Stellen, wodurch sogar Edelleuten für begangene Jagdfrevel öffentliche Auspeitschung durch Henkers Hand zuerkannt wird.

Fast bei allen übrigen Nationen ist die Gesetzgebung hierin so ziemlich analog. Die Soldaten ließ man Spießruthen laufen; unsittliche Weiber peitschte man an den Straßenecken. Frauen und Mädchen von weniger schlimmen Kaliber in Spinnhäusern oder Gefängnissen meist auf den nackten Unterkörper; auf den Galeeren erhielten die Sträflinge, bis an die Nieren entblößt, mit Gerten furchtbare Hiebe, und Lanjuinais, welcher den Deutschen, den Preußen, den Oberösterreichern und Engländern mit sichtbarer Partheilichkeit einen besondern Vorzug in der Prügellust zuwälzen möchte, gesteht, indem er ein schauderhaftes Bild von einer solchen Züchtigung entwirft En un instant la chair est déchirée, de tumeurs nombreuses s'élèvent, se gonflent, se crèvent, et une rigole saglante est creusée sous les coups redoublés. Ah! s'il se pouvait qu'un homme sensible, un magistrat fût présent à cette exécution! quelle ne serait pas son indignation, si, voyant les lambeaux de chair pendante, le sang sui ruisselle, il entendait les plaintes du patient et l'accent féroce de celui qui crie au bourreau: Pique, garçon; l'on dirait que tu es mort; pique donc, coupe, coupe! – – Vergl. auch das wichtige Werk: Considerations sur les Bagnes etc., mit Seufzen, daß die Sache noch jetzt in Frankreich getrieben werde.

Fürchterlich ist der Anblick des Stäupens auf öffentlichem Markte und meist auf dem Pranger selbst, das in Holland noch stattfindet. Freilich muß es im Ganzen genommen, oft noch als eine bedeutende Milderung gelten, da die Todesstrafe oder langjährige Kerkerstrafe dafür erlassen wird; aber nichtsdestoweniger ist diese Art Züchtigung eine der empörendsten für das Menschengefühl, wegen der langen Zubereitungen, des schimpflichen Bindens und Heraufziehen mit Kordeln, an den ziegelroth übermahlten Schandpfahl den nächsten Nachbar des ebenfalls darauf angebrachten Galgens. Das Geschrei des Unglücklichen, dem wehrlos angefesselt der bis zum Gürtel entblößte Rücken mit Ruthen, welche aus langen Besen bestehen, oft zu 30, 60, ja auch 70 Streichen zerfleischt wird, die blasse Farbe des Angesichtes, endlich noch der fürchterliche Zusatz des Brandmarkens auf die eine oder andere blutige Wunde erregen stets das tiefste Mitgefühl der Zuschauer und selbst junge Mädchen unter dem Ring und Damen unter den Fenstern, welche sich Tagelang auf das kurzweilige Spiel einen Mann stäupen zu sehen, gefreut, fühlen den Kitzel und die Neugierde durch eine menschlichere Empfindung besiegt.

Zur Ehre der holländischen Gesetzgebung muß bemerkt werden, daß das Stäupen der weiblichen Personen, wenigstens das öffentliche, abgeschafft ist.

In Italien wechselt je nach Land, Provinz und Stadt, die körperliche Züchtigungsweise auf die mannigfaltigste Weise. Die Carbonaris, die Fastenbrecher und die Gotteslästerer werden wohl am härtesten und raffinirtesten gepeitscht. Man erinnere sich nur an die Cavalkade und die wunderliche Guillotine in Rom Santo Domingo, Tablettes romaines.. Aus Neapel, besonders vor und während der Revolutionszeit und der Regierung Aktins und der Königin Karoline erzählt man schauderhafte Dinge Gorani: Mémoires sécrètes sur l'Italie. 3 Bde.. In Spanien ist es von 1814 bis 1823 und von 1823 bis 1830 den des Liberalismus bezüchtigten Personen nicht minder schlecht ergangen.

Daß die Muselmänner nicht hinter den christlichen Staaten blieben, versteht sich von selbst; doch sind ihre körperlichen Strafen nicht so grausam raffinirt, und beschränken sich hauptsächlich auf die Bastonnade, wie bekannt.

Am grausamsten wohl erscheinen die Strafbestimmungen mittelst körperlicher Züchtigung in den beiden Ländern, welche man sonst als die beiden Gegensätze der Civilisation hinzustellen liebte, in England und Rußland. Die Barbarei der Engländer darin ist weltbekannt, und sie erstreckt sich auf die polizeilichen und richterlichen, wie auf die militärischen und pädagogischen Strafen. Die Peitsche des Büttels ist in mehr als einem Drama und Lustspiel Shakespeare's verewigt; Dortchen Lakenreisser ist die Repräsentantin eines zahlreichen Geschlechts. Selbst junge Leute unter 16 Jahren, welche Geldstrafen, zu denen sie verurtheilt worden, nicht bezahlen können, werden oft drei Monate hindurch jeden Tag mit 40-80 Ruthenhieben gezüchtigt Révue Encyclopédique. 1824..

Wie die Russen zu strafen pflegen, ist schon aus dem früheren Kapitel ersehen worden. Die Stockschläge, die Ruthen (Rosgi), die Batoggen, die Plette und die Knute wechseln hier ab.

Die Batogge wird selbst an Mädchen von 14-15 Jahren oft vollzogen; der Abbé Chappe, in seiner Reise durch Sibirien, erzählt einen solchen Vorfall, der ihn mit Entrüstung erfüllte. Zwei leibeigene Knechte schleppten eine wohlgebildete Dirne dieses Alters bis in die Mitte des Hofes. Hier entkleideten sie ihr den Körper bis an die Hüften. Darauf legten sie sie mit dem Gesicht auf den Boden, knieeten nieder und zwar so, daß der eine ihren Kopf, der andere ihre Füße zwischen seine Kniee nahm, und nunmehr fingen sie an, den Rücken des armen Kindes mit dünnen Stäben zu bearbeiten. Nach der Execution, als man die Unglückliche aufhob, war sie kaum mehr kenntlich. Das Gesicht und der ganze Körper waren mit Blut und Koth besudelt. In älteren Zeiten machte man die Batoggen noch grausamer dadurch, daß sie auf allen vier Seiten angewendet wurden. Wenn der Rücken zerfleischt war, entblößte man dem Delinquenten auch Hüften und Schenkel und hieb sie wund; darauf legte man ihn auf den Rücken und auf die Seite und prügelte auf diese und den Bauch. Noch besteht in Rußland als wilde Drohung der Ausruf sprüchwörtlich; ich lasse dir die Batoggen auf alle vier Seiten geben. Die entsetzliche Strafe ist nunmehr abgeschafft Geißler und Richter: Strafen der Russen..

Die Plette wird auf folgende Weise ausgetheilt. Man legt den Verbrecher auf die Erde; seine Hände sind fest an ein Holz geschnürt und die Füße werden gehalten. Der Rücken ist entblößt und zwei Häscher oder Desanzki's schwingen die Peitschen, welche wechselsweise auf den Rücken des schuldigen niederfallen und blutige Spuren zurücklassen. Die Strafe wird immer öffentlich ausgetheilt Ebendaselbst..

Wir haben Deutschland bis zuletzt gespart. Leider können wir aus dem Vaterlande der Philosophie nicht viel Erfreulicheres mittheilen und wenn auch die körperlichen Züchtigungen, als Mittel der gesetzlichen Strafgewalt, an und für sich einen milderen Charakter, wenigstens theilweise, tragen, so nehmen wir nicht selten ein um so schimpflicheres Raffinement gewahr.

Die älteren Gesetzbücher und die Archive der Polizei und Rechtspflege gewähren dem Forscher der Sittengeschichte eine betrübend reiche Ausbeute. Die Polizeistuben, die Zucht- und Spinnhäuser bildeten fluchwürdige Schandbühnen der mißhandelten und mißhandelnden Menschheit und sind wahre Nachtstücke der Hölle für ein veredeltes Gemüth; man erschrickt oft, nur den Vorhang zu lüften. Die »heimliche Staud«, der »Willkomm und der Abschied«, das »Krautbänklein«, der »polnische Bock«, der »Meister Fitz Fetz«, die »Karbatsche«, der »Stockschilling«, der »Staupbesen« sind lauter Varianten eines und desselben teuflischen Hohnes, welcher mit der menschlichen Natur lange Zeit getrieben worden C. A. Menzel in seiner neueren Geschichte widmet diesen Dingen eine beherzigungswerthe Stelle.. Besondern Spott fügte die Gerechtigkeit oft noch zur Grausamkeit bei dem weiblichen Geschlechte hinzu und die Lüsternheit erhielt ebenfalls ihre Stelle. Was nicht völlig verborgen war, wurde es erst recht an jenen Schauerorten und die thierische Behandlung macht nicht selten das gezüchtigte Individuum zum wirklichen Thiere. Die Kirchenbußen, das Strohkränzlein, der Pranger und die Ehrenverrufung thaten das Ihrige. Oft war es Rachsucht, nicht nur grausame Strenge und Libertinage, Intriguen hartherziger Verwandten oder vornehmer Personen, welche selbst schuldlose weibliche Geschöpfe unter die Ruthe des Spinnhauses brachten, wo liederliche Weiber oder Büttel den Namen der Gerechtigkeit brandmarkten.

Durch besonders grobe Mißbräuche zeichneten lange sich auch die Polizei- Raspel- und Zuchthäuser der Schweizer aus, worüber vielerlei geschrieben worden ist In Basel entdeckte man vor etwa 8 Jahren, daß das s.g. Raspel- oder Spinnhaus, worin man, wenigstens in früherer Zeit, flagellirte, in ein förmliches Bordell für vornehme und reiche Herren eingerichtet worden war. Der Zuchtmeister war im Vertrauen und erhielt einen Theil des Entré's. Das Flagelliren diente bei diesem Institute sodann zu einem andern Zwecke, als dem ursprünglichen.; erst spät reformirte man hierin und traf menschlichere und zweckmässigere Korrektionsanstalten Die österreichische Gesetzgebung milderte schon unter Maria Theresia vieles an den gerichtlichen Strafen; das peinliche Gesetzbuch regelte namentlich die Art der Züchtigung der Weiber auf einen anständigen Fuß.. In der Schweiz, wie in Deutschland hatten die Polizei und Amtleute, die Unterrichter u. s. w. gar zu unkontrolirte Gewalt. Für den kleinsten Anlaß wurde die Peitsche oder der Stockschilling zuerkannt, und zwar nicht allein bei Freudenmädchen, sondern selbst bei Personen, die bloß einzelner Vergehen sich schuldig gemacht, der Heimathlosen und der in Untersuchung Befindlichen nicht zu gedenken, welche letztere man dadurch mit einer Art Folter zu Erzwingung von Geständnissen, belegte Man erinnere sich noch der neuesten Vorfälle in Luzern, die Bande Clara Wendel u.s.w. betreffend..

Es gab Städte, wo man die weiblichen Deliquentinnen in eine Art künstlicher Maschine steckte, in welcher sie sich nicht wehren konnten, um desto bequemer die Schläge fallen zu lassen. Wo es noch anständig zugieng, ließ man den Gezüchtigten zum mindesten das Hemd; und Weiber vollzogen die Strafe; in vielen andern aber hielt man diese Schonung für überflüssig. Bisweilen geschahen die Züchtigungen öffentlich in dem Hofe des Polizei- oder Gerichtsgebäudes. Es war bei diesen, wie auch bei den heimlichen, meist ein Festtag für die Personen, welche sie angeordnet, und die Familie und die Freunde nahmen oft Theil daran. Dem Verfasser ist ein vielbesprochener Polizeimann bekannt, welcher weibliche Personen dutzendweise mit Ruthen auf den völlig oder bis aufs Hemd entblösten Unterkörper hauen ließ. Mit gebildeten Damen in Gesellschaft sah er dem Spiele zu und schnupfte Tabak. In seiner früheren Zeit gab er den Polizeiagenten zu M. und V. jedesmal einen Dukaten für die Erlaubniß, Mädchen oder Weiber, welche nach 8 Uhr ohne Begleitung auf der Straße sich hatten blicken lassen, und welche daher nach der Wache gebracht worden waren, züchtigen zu sehen. Von einem der Hepp! hepp! im Jahr 1819 ließ er, ebenfalls in brillanter Gesellschaft, über 20 eingebrachte, zum Theil sehr anständige Dienstmädchen, jämmerlich durchstäupen. Er kam später in Ungnade, weil er einer vornehmen Dame eine Prise Tabak aus einer Dose anbot, worin die Stäupung eines jungen Frauenzimmers abgebildet zu sehen war. Eine andere Dame seiner Bekanntschaft war weniger kitzlicher Natur; sie suchte ihre Kammerjungfern und Köchinnen in den Betten auf, und hieb sie mit den Ruthen heraus; ihr Hauptvergnügen war, die schönen Zofen, welche sie hatte, mit dem Pantoffel auf den nackten Leib zu schlagen, bis derselbe braun und blau war. Unter dieser Bedingung machte sie ihnen von Zeit zu Zeit Geschenke. Bei einer Execution der Hepp-hepp-Heldinnen nahm sie bisweilen dem Büttel, der ihr allzumild zuzuhauen schien, die Ruthe aus der Hand, und ergänzte ihn; der Polizeidirektor gönnte ihr herzlich das Vergnügen und erklärte, daß ihre Streiche nicht mitzählen sollten. Eine junge hübsche Feldwebelsfrau, in die er sterblich verliebt war, ließ er, dem Scheine nach, zur Strafe für einen verfehlten Holzdiebstahl der Soldaten, in seinem eigenen Zimmer durch den Profoßen züchtigen.

Er hatte den Geschmack hauptsächlich aus Ungarn mitgebracht, woselbst er früher gedient und eine Menge Beispiele erlebt hatte. Von der Prügellust der Ungarn wußte er nicht genug zu erzählen, auch behauptete er, daß die Damen vorzüglich viel Geschmack daran fänden, und das Peitschen und Gepeitschtwerden sehr gewöhnt seien Die Sucht zu Prügeln und dem Prügeln zuzusehen, soll bei den Ungarn und Slowaken ganz besonders national sein, und manches, was in fremden Ländern auf Rechnung der Deutschen cursirt, ist auf die ihrige zu setzen. Karbatschen, Haselstöcke, Röhre, Gerten, Fahrenwadel, Ruthen wechseln hier ab. Die Mädchen, welche wegen Ausschweifungen bestraft werden, erhalten Streiche bald auf das gespannte Hemd, bald auf das bloße Fleisch. In einigen Orten nennt man die Dosis: ungar'sehe Tränke. Die Weiber reden ungemein gern von einem gewissen Theile ihres Körpers, den Lucian, Athenäus und Wieland so gern beschrieben, als einer besondern Zierde ihrer nationalen Race, ebenso von Spannern und Ruthen, und die vielen Executionen, denen sie täglich zusehen, machen sie allerdings mit den Prügeln sehr vertraut. In Pesth ist nach Ellrich oft kein Platz mehr zu finden, wenn die Marktweiber, unter denen sich oft hübsche Mädchen befinden, mit den Fahrenwadel collationirt werden. (Vgl. damit Ellrichs: die Ungarn wie sie sind.) Ich habe einen ungar'schen Rittmeister gekannt, welcher besonders gern die Kornette und Cadetten mit sogenannten Bubenröhren prügeln ließ; noch lieber that er es mit Ruthen bei Mädchen, welchen er unter irgend einem Rechtstitel etwas anhaben konnte. Diese Leidenschaft wuchs bei ihm in so hohem Grade, daß er einige junge Leute, die er sonst sehr wohl leiden mochte, in Frauenzimmerkleidern, geschnürt und coëffirt, stäupen ließ oder selber stäupte, und dabei jedem einen weiblichen Namen gab, und sie demnach, wenn sie »Ludwig oder Joseph« hießen, mit »Fräulein Louise oder Josephine« anredete..


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