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Fünfzehntes Kapitel.
In Matthewsons Gemächern

Charles Matthewson las unmutig den Namen auf der Karte, die ihm eben hereingebracht wurde, – Isaak Trafford. Es war ihm, als lese er zwischen den Buchstaben des Namens, daß dieser Mann ihm noch viel zu schaffen machen werde. Er war bereits entschlossen, ihn nicht anzunehmen, als er sich erinnerte, daß Trafford im Besitz der Papiere sein mußte, die nach dem Tode Wings von seinem Pult verschwunden waren. Diesen Umstand hatte er zur Zeit seiner ersten Unterredung mit Trafford nicht gekannt, und er hielt es für möglich, daß sich jetzt Unterhandlungen wegen ihres Erwerbs anbahnen ließen. So befahl er denn, ihn vorzulassen, doch konnte er sich nicht bezwingen, Trafford wegen seines Eindringens zu tadeln.

»Ich hatte gedacht, daß Sie mich für die Zukunft verschonen würden. So war es wenigstens abgemacht.«

»Oh, gewiß, doch nur, falls ich es als sicher betrachten könnte, daß Ihr Besuch in Millbank nichts mit dem Morde Wings zu tun gehabt habe,« erwiderte der Detektiv.

»Dann muß ich also Ihren Besuch als eine Behauptung Ihrerseits auffassen, daß mein Aufenthalt in Millbank tatsächlich mit dem Morde zu tun hatte?«

Trafford nickte.

»Warum lassen Sie mich denn nicht gleich verhaften?«

»Weil ich überzeugt bin, daß Sie ihn nicht ermordet haben, wohl aber sagen können, wer es tat.«

»Also wäre ich eine Art Mitschuldiger?« fragte Matthewson.

»Nein,« versetzte Trafford, »ich neige zu der Ansicht, daß Ihnen niemals ein Argwohn gegen den Betreffenden in den Sinn gekommen ist. Dagegen bin ich so gut wie sicher, daß Sie den Mörder in jener Nacht gesehen und mit ihm gesprochen haben.«

Matthewson war starr. Er besaß weder die Seelenstärke seiner Mutter und seines Bruders, noch deren Fähigkeit, innere Erregungen gänzlich zu verbergen. Aber er erholte sich schnell.

»Ich lehne es ganz entschieden ab, irgend jemand anzuklagen. Ich habe keine Ursache, zur Überführung eines Verbrechers beizutragen, und ich finde keinen Gefallen daran, die eine Seite eines Netzes zu halten, mit dem ein Beschuldigter – der aber ebensogut auch unschuldig sein kann – gefangen werden soll.«

Trafford hielt es nicht für ratsam, hierauf eine direkte Antwort zu geben, sondern ging, als ob nichts geschehen wäre, weiter vor: »Sie sind in jener Nacht mit Charles Hunter und seinem Bruder Frank zusammen gewesen. Waren das aber alle, die an dem Rendezvous teilnahmen?«

Matthewson trommelte auf seinem Pult und blickte zum Fenster hinaus. Was in aller Welt, so fragte er sich, war der Grund, der ihn in diese Tragödie hineinzog, von der er doch wirklich gar nichts wußte? Hatte dieser Mann etwa auch in Erfahrung gebracht, was Cranston entdeckt hatte? Sollte sich zu guter Letzt aus diesem Mord, von dem er nichts wußte, ein Skandal ergeben, der seine Familie überwältigen und den großen Einfluß, den sie im Staate besaß, endgültig vernichten mußte?

Während er sich diese Fragen vorlegte, wartete Trafford mit mustergültiger Geduld. Wenn etwas seinen Sinn verwirrte, so zeigte er es nicht; er schien es für ganz richtig zu halten, daß Matthewson sich Zeit nahm und ihn auf Antwort warten ließ, bis es ihm paßte, eine zu geben. Schließlich wandte jener sich dem Detektiv wieder zu und sagte: »Ich war in eigenen Privatgeschäften in Millbank und traf dort nur Leute, die mit diesem Geschäft in Verbindung standen – sonst keinen. Und diese Leute sind einer wie der andre ebensowenig fähig, einen Mord zu begehen, wie ich es bin. Und ich muß es ablehnen, auch nur einen von ihnen den Belästigungen auszuliefern, denen ich jetzt unterworfen bin.«

»Hm, ich weiß gar nicht, oh Sie wirklich so unfähig sind, einen Mord zu begehen, aber ich will es doch hoffen. Dagegen bin ich überzeugt, daß Sie in jener Nacht den Mörder Wings gesehen und mit ihm gesprochen haben. Ich muß daher den Namen jedes einzelnen wissen, mit dem Sie in Millbank zusammenkamen, und wenn ich dieses nicht auf die eine Weise herausfinden kann, dann wird dies eben auf eine andre Weise geschehen.«

»Sie belieben zu drohen,« sagte Matthewson, doch konnte er sich eines unruhigen Gefühls nicht ganz erwehren.

»Nicht zu drohen, sondern Ihnen nur zu zeigen, daß es mir Ernst mit der Sache ist,« versicherte Trafford. »Und ich kann mich noch auf eine andre Weise an Sie halten. Ich nannte Ihnen vorhin zwei Männer, mit denen Sie zusammen waren. Wenn ich nun vermuten muß, daß Sie nur mit diesen beiden zusammen gekommen sind, dann muß ich eben den einen oder den andern von ihnen als den wirklichen Mörder betrachten, und das nur, weil Sie dabei beharren, mir den Namen des schuldigen Dritten zu verheimlichen. Haben Sie ein Recht, so zu handeln?«

»Ebensoviel Recht,« gab Matthewson hitzig zurück, »als Sie haben, auf diese Gentlemen einen Verdacht zu werfen, bloß weil sie in jener Nacht, in der Wing ermordet wurde, mit mir eine eilige Zusammenkunft hatten. Es würde nicht unsinniger sein, wenn Sie mich des Mordes verdächtigten.«

»Oh, es ist durchaus nicht unmöglich, daß ich das noch tun werde,« sagte Trafford.

»Hören Sie,« rief Matthewson aus, »das geht ein bißchen zu weit. Vor fünf Minuten erklärten Sie noch, überzeugt zu sein, daß ich nicht der Mörder wäre.«

»Das geschah, bevor Sie sich weigerten, mir zu sagen, wen Sie getroffen hatten.«

Noch während Trafford sprach, war im äußern Zimmer eine laute Stimme zu vernehmen, welche nach Mr. Matthewson verlangte. Dieser erhob sich und drehte den Schlüssel um, obwohl Trafford eine Bewegung machte, als wolle er ihm Einhalt tun. Als er an sein Pult zurückgekehrt war, fragte Trafford: »Erkennen Sie diese Stimme?«

»Nein,« sagte der andre kurz und unwillig, »aber ich schlage vor, daß wir diese Angelegenheit jetzt hier zu Ende bringen, und zwar, um sie nimmer wieder von neuem zu eröffnen.«

»Es ist Cranstons Stimme,« sagte Trafford gelassen, »des Detektivs, den Sie, Ihr Bruder und Charles Hunter gemietet haben. Ich rate Ihnen, den Mann zu empfangen und mir, während er hier ist, in einem Schrank oder hinter einem Wandschirm ein Versteck zu gewähren.«

»Famos!« rief Matthewson mit schneidendem Hohn, »Sie möchten gern wissen, was er alles herausgefunden hat – ihm sein Wissen stehlen! Wirklich ausgezeichnet!«

»Mr. Matthewson,« sagte Trafford mit so viel Würde im Klang seiner Stimme, daß jener aufmerksam wurde, »ich hätte das Recht, für eine solche Bemerkung Genugtuung zu verlangen, denn Sie sind nicht berechtigt, derartiges auszusprechen. Cranston hat nichts entdeckt, was ich nicht schon seit Wochen weiß. Nun aber ist er in Bangor gewesen, und ich weiß, welche Entdeckung dort zu machen war. Sie selbst haben ihn nach Bangor gesandt, und das war ein grausamer Mißgriff von Ihnen. Wäre es mir möglich gewesen, dann hätte ich seinem Vorgehen Einhalt getan. Aber nun ist er hergekommen, um Ihnen Bericht zu erstatten und um, wenn ich nicht irre, einen Preis für sein Stillschweigen zu verlangen. Sollte ich mit meiner Vermutung im Unrecht sein, dann kann kein Unheil daraus entstehen, wenn ich jetzt den Lauscher spiele. Bin ich dagegen im Recht, dann kann es Ihnen nur zum Nutzen gereichen, mich als Zeugen der Unterredung zu haben; es wäre der beste Schutz, den Sie für alle Zeiten haben können.«

Beim Namen »Bangor« war Matthewson erst bleich und dann wieder rot geworden. Es war ihm klar, daß der Detektiv diesen Namen nur erwähnte, um ihm zu verstehen zu geben, daß er das Geheimnis seiner Mutter kannte. Er war so erregt über diese Entdeckung, daß er den Detektiv am liebsten aus dem Hause geworfen hätte. Aber er gedachte des Mannes auf der andern Seite der Tür, an dessen Gegenwart er durch das Rütteln am Türgriff erinnert wurde. In welchen von diesen beiden setzte er das größere Vertrauen? Er konnte nur die Frage aufstellen, die Antwort blieb er sich schuldig. Und diese neue Drohung jetzt, mit der ihm Cranston vermutlich kommen würde? Nun, die wollte er bis zum Ärgsten kennen lernen; das stand für ihn fest.

»Gehen Sie durch diese Tür in das Zimmer nebenan,« sagte er leise zu Trafford, »daselbst werden Sie eine Tür finden, die in ein Kabinett führt, von wo eine zweite Tür nach diesem Alkoven geht. Sobald Cranston eingetreten ist und in jenen Alkoven hineingesehen hat – denn das wird er tun – kommen Sie vorsichtig aus dem Kabinett heraus und dann – lauschen Sie.«

Nachdem Cranston eingetreten war, tat er genau, wie Matthewson vorausgesagt hatte: er warf einen prüfenden Blick in den Alkoven, ehe er sich auf den Stuhl niederließ, den Matthewson ihm anbot.

»Dort ist niemand drin,« sagte Matthewson.

»Ich kann nicht vorsichtig genug sein,« versetzte der andre in herausforderndem Ton, »denn was ich jetzt zu berichten habe, muß unter uns beiden gesagt werden; das werden Sie selbst zugeben, wenn Sie es gehört haben.«

Matthewson wurde rot vor Ärger und hatte eine zornige Antwort auf den Lippen. Aber er bezwang sich und fragte gelassen nach dem Grunde dieses Besuches.

»Ich bin gekommen, um Bericht zu erstatten,« sagte Cranston und fügte, als der andre schwieg, hinzu: »Ich habe nun meine Arbeit in Bangor beendet,« und nach einer abermaligen Pause: »Ich habe in Bangor Dinge erfahren, die auch Sie wissen sollten.«

»Mit Bezug auf den Mord.«

»Nein, nicht direkt, sondern mit Bezug auf die Mutter Theodor Wings.«

Er sprach voll Trotz, als ob er jedem Streit den Boden entziehen wolle.

Matthewson kostete es eine gewaltige Anstrengung, seine Selbstbeherrschung zu bewahren, aber er wußte, daß ein Versagen seiner Kraft nur eins zur Folge haben konnte: daß jenes Schreckliche, das bisher unausgesprochen geblieben, nunmehr in nackten Worten gesagt werden würde.

»Ich bin zu der Überzeugung gekommen,« sagte er langsam und bemüht, sich zu beherrschen und ruhig zu erscheinen, »daß die Identität der Mutter Wings keinerlei Bezug hat auf den Mord oder die Entdeckung des Täters. Lassen Sie daher diesen Teil Ihrer Untersuchung fallen und beschränken Sie sich auf das Übrige. In diesem Punkt stimmen alle, die Sie engagiert haben, überein.«

»Seit wann?« fragte Cranston in unverschämtem Ton.

»Das bleibt sich gleich,« sagte Matthewson gelassen. »Sie sind jetzt über diese Tatsache informiert, so daß Ihre neuen Instruktionen von diesem Augenblick datieren.«

»Nun ist's zu spät für Sie, durch diesen Kniff etwas zu erreichen,« sagte Cranston. »Ich habe bereits herausgefunden, wer Wings Mutter ist. Die Geschichte ist Geld wert! Und ich gebe Ihnen die erste Chance, sie zu kaufen. Haben Sie Lust dazu?«

Matthewson zitterte, als er die volle Bedeutung dieser Forderung erkannte. Vielleicht noch besser als seine Mutter wußte er, wie eine solche Geschichte von der Welt aufgenommen werden würde, wie unmöglich es sein würde, ihr, wenn sie einmal unter die Leute gebracht war, Einhalt zu tun oder sie niederzuarbeiten. Dennoch nahm er eine kühne Haltung an.

»Was Sie auch entdeckt haben mögen, es geschah, während Sie in unsrem Sold standen. Ihre Geschichte, wie Sie es nennen, gehört daher bereits uns, und Sie sind nicht berechtigt, damit Handel zu treiben.«

»Mag sein,« erwiderte Cranston höhnisch, »aber was ich herausgefunden habe, ist soviel wert, daß ich getrost einige Gefahren auf mich nehmen kann. Wenn Sie das Objekt kaufen wollen, können Sie es für einen bestimmten Preis haben. Wenn nicht, dann erhält es eben derjenige, der das höchste Gebot macht, und in einem Staate, wo die Familie des Exgouverneurs Matthewson sich so viele Feinde gemacht hat wie in Maine, dürfte es nicht schwer fallen, einen Käufer zu finden.«

»Den Namen meines Vaters in den Staub zu treten, liegt kein Grund vor,« sagte Matthewson.

»So? Woher wissen Sie das?« fragte der andre. »Vielleicht werden Sie noch überrascht sein über die Namen, die wir in den Staub treten werden, bevor wir fertig sind.«

Matthewson war drauf und dran, diesen Mann – ohne Rücksicht auf alle Folgen – zur Türe hinauszuwerfen; doch vor seinen Augen stand ein Bild – ein Gesicht, das liebevoll und zärtlich über ihn gewacht hatte, solange er zurückdenken konnte – ein Gesicht, das er erst vor wenigen Tagen um Hilfe bittend gesehen hatte wie nie eins zuvor. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, doch um jenes Gesichts und jener Liebe willen legte er sich Zügel an.

»Nun gut, um die Sache endlich zu Ende zu bringen, wieviel verlangen Sie für diese kostbare Geschichte?«

»Wünschen Sie nicht erst zu wissen, was es überhaupt ist?« fragte der Detektiv. – »Oh,« fuhr er fort, als er in Matthewsons Gesicht Ablehnung las, »dadurch, daß ich es offenbare, geht mir nichts verloren. Ich erzähle es ebenso gern vorher wie nachher. Nicht die Tatsachen sind es, was ich verkaufe, sondern mein Stillschweigen darüber.«

»Ich brauche es gar nicht zu hören,« sagte Matthewson, »ich weiß sehr wohl, was es nur sein kann. Ich warne Sie sogar, es zu wagen, ein Wort davon auszusprechen.«

Der Lauscher im Alkoven verriet sich beinahe, als er dieses erstaunliche Bekenntnis hörte.

»Bedrohte Menschen leben lange,« sagte Cranston gelassen. »Wollen Sie eine höfliche Sprache mit mir führen, dann sollen Sie die Sache billig haben. Wenn Sie mich dagegen dumm machen wollen, dann werde ich vielleicht so närrisch sein, mein Schweigen überhaupt nicht zu verkaufen.«

»Ihr Vorschlag ist also, daß Sie, wenn ich Ihren Preis bezahle, über Ihre Entdeckung bezüglich Wings Mutter Stillschweigen bewahren; tue ich dieses nicht, dann verkaufen Sie Ihre Entdeckung an den nächsten Besten, der Sie dafür bezahlt, ungeachtet des Unrechts, das mir oder einem der Meinigen dadurch geschehen würde.«

»Ganz recht. Kurz und klar ausgedrückt.«

»Und Sie meinen, daß diese Entdeckung an die Öffentlichkeit gebracht, mir und den Meinigen großen Schaden bereiten würde?«

»Ich wüßte nicht, welch ein Schade größer für Sie sein sollte. Es würde einfach das Ende der Familie Matthewson in gesellschaftlicher und politischer Beziehung bedeuten.«

Es kostete Matthewson unbeschreibliche Mühe, seinen Drang, diesen Schimpf zu rächen, zu bezwingen, und er verlor einen guten Teil seiner Selbstachtung dadurch, daß er diesen Burschen nicht auf der Stelle aus dem Zimmer warf.

»Nun, und wieviel soll mich also Ihr Stillschweigen kosten?«

»Fünfundzwanzigtausend Dollars,« antwortete Cranston.

Matthewson sah ihn starr an.

»Sagen Sie, Mann, sind Sie verrückt?« rief er aus.

»Allerdings,« versetzte Cranston, »ich sollte eigentlich hunderttausend fordern, aber ich will nicht zu hart sein. Und so habe ich meinen Preis auf fünfundzwanzigtausend festgesetzt.«

»Und Sie werden mit fünftausend zufrieden sein,« gab Matthewson zurück.

»O nein,« sagte Cranston, »selbst mit vierundzwanzigtausendneunhundertneunundneunzig Dollars und neunundneunzig Cents wäre ich nicht zufrieden. Ich habe meinen Preis festgesetzt, entweder – oder.«

»Ist auch ganz richtig von Ihnen,« höhnte Matthewson. »In welcher Form wünschen Sie denn dieses leichtverdiente Geld zu empfangen?«

»In guten, echten Banknoten und – noch ehe ich das Zimmer verlassen habe.«

»Natürlich geben Sie mir aber eine Bescheinigung über die erhaltene Summe, nicht wahr, auf der auch die Bedingungen dieses Vertrages stehen?«

»Aber nein, auf keinen Fall!« rief Cranston. »Sie müssen schon auf meine Ehrenhaftigkeit vertrauen, die ist Ihr Schutz.«

»Dann soll unsre Abmachung also derart sein, daß Sie gegen Zahlung von fünfundzwanzigtausend Dollars über die Geschichte Stillschweigen bewahren. Zahle ich nicht, dann benutzen Sie die Geschichte zu meinem Schaden –«

»Zu Ihrem Verderben,« unterbrach ihn Cranston. »Ich werde Sie und Ihre Familie zum Staate hinausjagen, ich werde Ihren Einfluß bis auf den letzten Rest vernichten, und all das mit Hilfe der Geschichte.«

»Und andre Bedingungen, andre Mittel, mit denen ich Sie zum Schweigen veranlassen kann, gibt es nicht?«

»Selbstredend nicht. Das wissen Sie gut. Und wenn dieses Geschwätz noch lange dauert, dann verdopple ich meinen Preis.«

»Nun, dann wollen wir jetzt haltmachen. Ich erkaufe also Ihr Stillschweigen mit fünfundzwanzigtausend Dollars und gebe Ihnen hier fünf Dollars als Anzahlung zur Besiegelung des Handels. Ich werde nun zur Bank schicken und den Rest holen lassen, um Ihnen denselben auszuzahlen, bevor Sie gehen. Nicht wahr, das sind Ihre Bedingungen?«

»Wenn Sie das Geld schnell genug bekommen, ja.«

Matthewson lachte höhnisch. »Das glaube ich! Nun aber sage ich Ihnen, Sie erbärmlicher Schurke von Erpresser, wenn Sie nicht auf der Stelle machen, daß Sie zu meinem Bureau hinauskommen, dann werfe ich Sie einfach zum Fenster hinaus. Hinaus mit Ihnen! Und zwar so schnell wie möglich, denn es juckt mir in allen Fingern. Ich bin fertig mit Ihnen.«

Einen Augenblick lang war Cranston sprachlos über den plötzlichen Umschlag der Dinge. Er hatte geglaubt, das Geld bereits so gut wie in der Hand zu haben, und statt dessen erntete er nun Verachtung und Schmähung und mußte sich die Türe weisen lassen. Aber seine Verblüffung dauerte nur einen Augenblick. Dann erfaßte ihn eine sinnlose, an Wahnsinn grenzende Wut. Er empfand nur einen Drang, und der war, sich auf diesen Mann zu stürzen, der ihn an sich gelockt hatte, bloß um ihn wieder von sich zu stoßen. Eine Pistole glänzte in seiner Hand, als er schrie: »Aber ich bin, bei Gott, noch nicht mit Ihnen fertig.«

»Dessen bedarf es gar nicht, um Sie hinter Schloß und Riegel zu bringen,« sagte da eine Stimme hinter ihm, und eine fremde Hand erfaßte mit eisernem Griff seinen Arm und entriß ihm die Pistole. Wie vom Blitz getroffen, wandte er sich um und – sah Trafford stehen.

»Bei Gott, Trafford, das ist ein ganz erbärmlicher, gemeiner Trick von Ihnen!« stammelte er, keuchend.

»Das finde ich auch,« sagte Trafford kalt und zog die Patronen aus dem Revolver, den er dann Cranston zurückreichte, »aber unglücklicherweise gerät man im Leben mitunter in Situationen, bei denen einem gar nichts andres übrig bleibt, als so zu handeln, und dies scheint mir eine solche Situation zu sein.«

»Wollen Sie nun endlich gehen?« fragte Matthewson, »einen Moment lasse ich Ihnen noch Zeit.«

»Ich gehe schon,« murrte der Mann, »aber noch sind wir nicht fertig miteinander.«

»Wenn Sie Lust verspüren,« gab Matthewson zurück, »im Gefängnis zu Thomaston freies Quartier zu beziehen, dann brauchen Sie sich bloß noch einmal bei mir zu melden. Bis dahin bleiben Sie lieber fern.«

*


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