Ludwig Eichrodt
Gedichte in allerlei Humoren
Ludwig Eichrodt

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Es wird so viel gesungen

        Es wird so viel gesungen,
Gedichtet in der Welt,
Doch Keinem ist gelungen,
Was Allen wohlgefällt.

Wär' auch ein eitel Ringen,
Und Schmach für unsre Kunst;
Mir soll es nie gelingen,
Zu stehn in Aller Gunst!

Es sollen meine Lieder
Nur starke Seelen freun;
Nur meine Glaubensbrüder,
Die keine Wahrheit scheun.

Verhasset will ich leben
Den Thoren, die, verzagt,
Vor der Erkenntniß beben,
Und zittern, wenn es tagt.

Die im Vergang'nen schwärmen
Und Eig'nes nie gedacht,
Und sich am Feuer wärmen,
Das Andre angefacht.

Die nach der Mondenscheibe
Verzücken ihren Blick,
Und ohne Herz im Leibe
Für einfach Menschenglück.

Die heute sich verschwören
Und morgen nicht bereit,
Und für »die Welt« erklären
Ihr Bischen Zank und Streit.

Die stets die Nasen rümpfen
Und für die Tugend glühn,
Und diese zu beschimpfen,
Sich Tag für Tag bemühn.

Die sich die Welt verleiden
Und sie verdammet sehn –
Und dennoch ihren Freuden
Nicht können widerstehn.

Auch für das Jenseits fechten
Und für das Diesseits blind,
Die selig werden möchten
Und niemals lustig sind.

Und nach dem Himmel jammern,
Wo ihre Sehnsucht weilt –
Und sich an's Leben klammern,
Wenn sie der Tod ereilt.

Euch will ich lautenschlagen,
Die mit dem Geist gesiegt,
Und auch zu leben wagen,
Wenn aller Wahn verfliegt!

 


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