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Vierzehntes Kapitel.
Constantin und das Christentum als Staatsreligion

Der Glaube ist ein Bedürfnis, aber auch ein Erzeugnis der Seele. Verschieden daher, gleich dieser selbst, in den Einzelmenschen wie in den Völkern, muß er notwendig auch auf jeder besonderen Entwickelungsstufe derselben eine mehr oder minder veränderte Form und Richtung annehmen.

Davon hat sich selbst die »Weltreligion«, das Christentum, nicht frei zu halten vermocht; wie viel mehr mußten die nationalen Kulte der Heiden dem unterworfen sein.

Der naive Kinderglaube an die Götter Roms, der dessen Anfänge und Blüte kennzeichnete, lebte zwar noch im Volke, ging aber bei den Gebildeten immer mehr in systematischen Unglauben über, wobei die Denkenderen jedoch die trostlose Leere durch Philosophie auszufüllen strebten, welche stets mehr oder minder monotheistisch war: (oft war es eine trübe Mischung von Mystizismus und Philosophie – wie übrigens auch in der christlichen Theologie so oft – was den alten Volksglauben und die Wissenschaft »vermitteln« sollte: wie man sich in solchen Fällen der Unklarheit ausdrückt. D.).

Nur der Staat hielt unverrückt an dem alten, mit seinem Gesamtleben tief verwachsenen Götterdienste fest: und das sicherte diesem noch einen gewissen Respekt bei jedermann: ja der müßige Pöbel war ihm, als einer Hauptquelle der Feste und Schauspiele, dankbar.

Indes genügte dies den Gebildeten natürlich nicht – das abgestumpfte blasierte Gefühl dürstete auch im Gebiet des Übersinnlichen nach neueren schärferen Reizmitteln.

Diese gewährten zuerst die Fremdkulte, welche aus dem Orient herübergebracht wurden.

Zu den bedeutendsten darunter gehörten der des syrischen Baal, und seiner, als große Göttin Syriens, als Mutter des Lebens zu Pesinunt und als phönikische Astarte noch allgemeiner verehrten Genossin. Sinnentaumel und Unzucht umgaben deren Kultus, Jubelgeschrei und Klagegeheul, rasender Tanz und trauernder Flötenklang, Prostitution der Weiber und freiwillige Selbstentmannung der Männer. Das Ganze dieser Greuel ging indes aus Asien, wo Fürstentümer dessen Unterhaltung gewidmet waren, freilich nicht auf Rom über: aber genug davon, die Stadt mit einem Schwarme von Bettlern und Spitzbuben im Geleite der »Mutter des Lebens« zu erfüllen.

Reiner war der Dienst der ägyptischen Isis, der besonders durch Commodus bei den höhern Ständen Mode wurde. Hohe Wichtigkeit gewann ferner in späterer Zeit der Kultus des Mithras, der dem griechischen und römischen Sonnengott, wohl auch dem Baal verwandt, besonders durch seine Mysterien einflußreich wurde.

Bei diesem allgemeinen Haschen nach Neuem und Pikantem, wovon hier nur das hauptsächlichste erwähnt ward, kann es nicht Wunder nehmen, wenn das Heidentum immer mehr in Sekten zersplitterte, deren es, wie der Philosoph Themistius in der letzten Hälfte des vierten Jahrhunderts sagt, über dreihundert gegeben haben soll, »weil die Gottheit auf verschiedene Weise verehrt sein wolle und um so größeren Respekt genieße, je weniger ihre Erkenntnis gleichmäßig jedermanns Sache sei«. (Sokrates, Hist. eccl. IV, 32.) Diese standen sich aber freilich nicht, wie die christlichen, ausschließend, ja feindlich gegenüber: vielmehr konnte man füglich mehreren derselben gleichzeitig angehören.

Wie mannigfaltig aber auch hiernach Gegenstände und Formen des heidnischen Kultus waren, so heischte doch einerseits das Gefühl menschlicher Hilfsbedürftigkeit für dieses wie für jenes Leben, andererseits die allgemeine Wundergier jener Zeit noch unmittelbarere Befriedigung.

Diese suchte man in ersterer Beziehung in den Mysterien, welche, mit den meisten Götzendiensten verbunden, dem Eingeweihten gewissermaßen die persönliche Gunst der Götter, zum Teil aber auch Reinigung und Entmündigung vermitteln sollten. Die des Mithras beruhten sogar auf der Idee der Selbsterlösung durch Übernahme freiwilliger Leiden, zahlloser und furchtbarer Kasteiungen, bei denen das Leben auf dem Spiele stand.

Der Wunderglaube dagegen heftete sich an Astrologie und Magie; wie oft auch die Chaldäer durch kaiserliche Weisheit oder Laune aus Rom vertrieben wurden, so kehrten doch die Unentbehrlichen immer wieder dahin zurück. Durch optische und mechanische Künste wurden da Geister beschworen, Seelen gebannt und Leichname auf Augenblicke wieder erweckt. Daneben dauerte aber der alte klassische Aberglaube mit seinen Orakeln, Augurien und Haruspicien immer noch fort: nur wurden letztere jetzt auch auf die Schau menschlicher Eingeweide ausgedehnt.

Die Philosophie dagegen verfiel und ging immer mehr in Mystik oder in ödem Skeptizismus unter; die mächtigste Schule derselben, die Stoa, scheint nach M. Aurelius kaum wieder einen bedeutenden Vertreter gefunden zu haben. Da ward durch Plotinus (205–270), den Schöpfer des Neuplatonismus, auch diese Richtung der Geister wieder in das Leben gerufen: aber nicht in jener reinen, nüchternen Spekulation der alten Weisen Griechenlands, sondern mit dem mystischen Schwunge, den die Zeitströmung erforderte. Die Lehrsätze dieser Schule waren im Wesentlichen folgende: Ein Gott als Ausfluß aller Dinge und Wesen, in bestimmten absteigenden Graden des Daseins, indem man über dem Menschen noch zahlreiche Dämonen (Untergötter) in förmlicher Rangordnung annahm.

Die Menschenseele eine unmittelbare Emanation des göttlichen Wesens, mit dem sie sich zeitweise ganz wieder vereinigen könne.

Die Idee der ewigen Seligkeit aber fehlte noch: nur Wanderung der Seelen, gewißermaßen ein Avancement derselben nach Verdienst zu höhern Klassen, bei den Besten Versetzung in gewisse Gestirne, ward gelehrt.

Bald aber nach dem Tode des Stifters verfiel auch diese Schule wieder in dumpfen Aberglauben, indem man vorgab, in jener großen Stufenreihe aus Gott emanierter Wesen wirke Geist auf Geist, Geist auf Natur in magischer Weise: und den Schlüssel zu dieser Magie besitze der Eingeweihte, wodurch nun zu Beschwörung von Göttern, Dämonen und Seelen, zu Wunderkuren und geheimnisvollem Spuk aller Art – einer sehr ergiebigen Erwerbsquelle – der Weg gebahnt war.

In all diesem wirren und wüsten Treiben treten jedoch folgende Richtungen entschieden hervor.

Auch die höheren Klassen im Volke, die sonst meist nur von Skeptizismus oder unklarem Monotheismus erfüllt waren, werden jetzt, neben und unbeschadet dieses letztern, nicht ohne Einwirkung der großen Unglücksfälle des Reichs im dritten Jahrhundert, immer mehr von der Wundersucht und dem Aberglauben des gemeinen Volkes ergriffen: ja selbst die neuerwachte Philosophie muß diesem Hange fröhnen.

Neben solchem verworrenen und kindischen Irrwahne, ja zum Teil als Grund desselben, macht sich nun aber doch auch etwas in seiner Wurzel Reineres und Edleres geltend: die Sorge für das trübe Jenseits und das Gefühl der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen.

Die Idee der Unsterblichkeit war den Alten natürlich nicht fremd; (aber, von wenigen Philosophen abgesehen, betrachteten sie die Existenz der »Schatten« als eine traurige, durchaus nicht wünschenswerte.

Der gesunde, natürliche Sinn der Antike war völlig auf die Erde, auf das Diesseits, gerichtet, konnte sich ein glückliches Dasein des Menschen nur unter der goldenen Sonne und der Himmelsbläue denken: bezeichnend ist jenes Wort des Schattens des Achilleus zu Odysseus im Hades, lieber wolle er als der ärmste Taglöhner auf der Erde leben, denn als König über alle Schatten herrschen. In Heldentum und Bürgerpflicht und schönem Lebensgenuß ist dem Heiden das Menschendasein beschlossen: hinter dem Grabe gibt es kein Glück. Da nun mit Ausnahme der wenigen unter die Götter oder auf die seligen Inseln Versetzten alle das Grab erwartet, forderte die heidnische Anschauung ein Heldentum der Resignation, d. h. eine Pflichterfüllung ohne Lohn-Hoffnung, die nicht vieler Leute Sache ist.

Da mußte das Christentum sich empfehlen, welches dem stärksten menschlichen Triebe, dem Heißhunger der Selbsterhaltung, der durch Nichts zu übertreffenden Freude an der ewigen Erhaltung des Ich nicht nur entsprach, sondern obenein für alle Ewigkeit den Genuß einer ganz unaussprechlichen Glückseligkeit garantierte unter der einen, in jenen mystisch gestimmten Zeiten nicht schwierigen Bedingung, statt an viele heidnische Mythen an nicht eben sehr zahlreiche Mirakel zu glauben. Die »ewige Seligkeit« als Belohnung nicht etwa der (heidnischen) Tugend, sondern des Glaubens – mit dieser Waffe hat das Christentum die Seelen erobert. Aber – um gerecht zu sein – nicht nur diese Erlösung von der Todesangst vor der Vernichtung oder einem freudlosen Schattenzustand hat gewirkt: der Ausgleich zwischen Lohn und Verdienst, Strafe und Schuld, welchen das Walten der »Götter« auf Erden oft so grausam und unvernünftig vermissen ließ, ward zwar leider durch die christliche Vorsehung auf Erden auch nicht gebessert – aber dieser Ausgleich ward nun in das Jenseits verlegt: man brauchte nur daran zu glauben.

Dazu kam, daß die moralischen Ansprüche, welche der Religionstrieb an seine Gottheit erhebt, durch die Vermenschlichung der Olympier nicht mehr befriedigt, sondern verletzt wurden, daß das philosophische Bedürfnis, das auch in dem Religionstrieb waltet, durch den Polytheismus nicht mehr befriedigt, sondern verletzt ward: da schien das Christentum Abhilfe zu gewähren, dessen unvergleichlich feineren Anthropomorphismus man nicht erkannte, dessen Monotheismus damals noch nicht durch gewisse Auffassungen von der Dreieinigkeit, der Madonna, den Heiligen so gröblich getrübt ward wie später.

Endlich aber: die heidnische Welt war erschöpft und krank durch das Extrem des Sinnengenusses, der Weltlichkeit: sie warf sich mit Instinkt und mit einer ganz neuen Lustempfindung in das andere Extrem: in die christliche, weltflüchtige, ja weltverachtende und welthaßende Askese.

Aber trotz all dieser Leistungen hätte das Christentum nicht gesiegt, wenn die Römer des »heiligen« Constantin noch gewesen wären – Römer: ich will nicht sagen Römer des Cäsar, nur des Tacitus. Denn die römische Religion, wie jede naturwüchsige, war eine Nationalreligion – an die christlichen Ideen hat sich in frühester Zeit bereits Reflexion, mythische Spekulation, angesetzt. Eine Nationalreligion aber wird nur überwunden, wenn die Nation äußerlich überwunden und ihr eine fremde aufgezwungen wird – wie das Christentum so häufig durch die Waffen eingeführt ward – oder, wenn die Nation jenen Charakter verloren hat, aus welchem die Religion geboren war. Der Erfolg hat das gelehrt. Länger als drei Jahrhunderte fand das Christentum bei den Römern nur Verachtung, später Haß: als es Eingang fand, fand es keine Römer mehr: sondern einen entnationalisierten, entrömerten, kosmopolitischen Brei, verdorben durch einen tief und lang entarteten Hellenismus, entnervt durch die Kulte und Lüste Asiens, gestützt, aber barbarisiert zugleich durch Barbaren aller Grenzvölker. Diese Römer, nicht die starken, sondern die tödlich erkrankten hat das Christentum überwunden. Die Germanen aber haben angenommen – die herrschende Staatsreligion des Reichs als solche: wäre im vierten Jahrhundert der Buddhismus oder der Islam römische Staatsreligion gewesen – die Germanen hätten diese Religion angenommen. Daher nahmen ja z. B. die Goten das Christentum in der unrichtigen arianischen Färbung an – weil der Arianismus die Konfession des Kaisers Valens war; zwischen die Hunnen und die vom Kaiser als Preis der Rettung geforderte Taufe gestellt »glaubten sie den Priestern, welche Valens Imperator schickte«. Den Unterschied von ομοιούσιος und ομούσιος verstanden wohl nicht viele von ihnen. D.)

Jene Auflösung und Zersetzung des Heidentums – wer ist so blöden Auges, hierin nicht eine Vorstufe zu dem allgemeinen Siege des Christentums zu erblicken?

Hatte doch schon die Entnationalisierung des alten griechischen und römischen Staatskultus durch Hereinziehung fremder Götter den Boden für die neue Lehre gewißermaßen geebnet, welcher das Vorurteil für alles Orientalische sogar zu direkter Empfehlung diente.

Und doch hätte der Kampf (auch der entarteten Römer gegen die durch und durch anti-römische wie anti-hellenische Lehre D.) gewiß noch lange gedauert, wenn nicht das Schwert der weltlichen Macht den Knoten dieser Wirren durchgehauen hätte.

Dies führt uns auf Constantin und dessen unmittelbaren Anteil an dem größten Ereignis der Geschichte der neuen Welt.

Constantius, dessen Vater, gehörte unstreitig zu den wenigen edlern Gemütern und denkenden Geistern, die in einem, wenn auch unklaren, Monotheismus notdürftige Befriedigung fanden, duldsam gegen Christen aus Grundsatz, ja christliche Tugend hochachtend und auszeichnend. Die Erkenntnis der Alleinwahrheit des Christentums aber war ihm unbezweifelt nicht aufgegangen, was man selbst aus Eusebius (V. C. I, 17) zwischen den Zeilen lesen kann.

Was dieser Schriftsteller (ebenda c. 16) von ihm berichtet, daß er nach Diokletians Edikt seinen christlichen Offizieren und Richtern die Wahl gelassen, ob sie opfern oder ihre Stellen verlieren wollten, nachher aber gerade umgekehrt diejenigen, welche ihren Glauben verleugnet, abgesetzt, die treu gebliebenen aber behalten und geehrt habe, hat zwar unmittelbar darauf in so direkter und schlagender Auflehnung gegen das Gesetz gewiß nicht stattgefunden, mag aber dessen späteres Verhalten gegen seine Diener geleitet haben und kennzeichnet jedenfalls dessen Gesinnung.

Des Vaters Vorbild kann auf den Sohn, wenngleich dieser vom achtzehnten bis zum einunddreißigsten Jahre von ihm getrennt war, ebenso wenig ganz ohne Einfluß geblieben sein, als der Gegensatz der Christenverfolgung zu Nikomedien, deren Augenzeuge er gewesen war, und das blinde Wüten des Urhebers derselben, Galerius, den er überdies aus persönlichen Gründen hassen mußte.

Diesem gemäß kann Constantin von Beginn seiner Herrschaft an nur duldsam, ja freundlich gegen die Christen gesinnt gewesen sein. Andre Interessen, andre Leidenschaften aber erfüllten seine Seele, in der für Glaubensfragen um so weniger Raum blieb, als seine Teilnahme daran wohl kaum eine lebendige gewesen sein mag.

Im Jahre 308 nach Maximians Verrat sehen wir Constantin im Apollotempel zu Autun opfern und diesen reich beschenken (Eumenes Pan. IV, c. 21), ja der Anfang des c. 22 beweist, daß der gewiß scharfblickende Staatsmann Eumenes keine Ahnung davon hatte, er könne dies in Zukunft je unterlassen.

Erst im Jahre 311, nachdem auch Constantin das erwähnte Widerrufsedikt des Galerius mit erlassen hatte, und später, gegen Maxentius rüstend, den ersten Schritt zur Alleinherrschaft tat, drängte sich die Glaubensfrage in den Vordergrund seiner Erwägungen und Entschlüsse. Wie mußte nun ein so genialer Kopf, selbst bei völliger Neutralität des religiösen Gefühls, diese damals politisch auffassen?

Am Schluß einer langen und weisen Regierung hatte der milde Diokletian das der Staatsgewalt über den Kopf wachsende Christentum aus dringenden politischen Gründen zu unterdrücken, ja auszurotten versucht.

Mit Hasseseifer handhabten seine Nachfolger im Orient dies Gesetz. Vergebens – nicht nur die Standhaftigkeit der Christen, auch die Macht der Meinung in allen bessern Heiden widerstrebte. Schon schwebte der Sieg des Christentums in der Luft. Das hatte, wenn auch erst auf dem Totenbette, Galerius, der ärgste Christenhasser, selbst anerkennen müssen.

Da war in der Tat für jeden denkenden Herrscher, ganz abgesehen von persönlicher Vorliebe oder Abneigung, die Frage nicht mehr: Duldung oder Unterdrückung, sondern nur noch: Duldung oder Anerkennung? Jenes aber offenbar eine halbe, dieses eine ganze Maßregel und zwar, besonnen, d. i. billig, gerecht, vor allem ohne Haß gegen das Heidentum, ausgeführt, von sehr hohem politischen Vorteile.

Die Zahl der Christen jener Zeit im Reiche ist ein unlösliches Problem; die Annahmen schwanken (s. Burkhardt S. 157) von ½ bis zu 1/ 20 der Gesamtbevölkerung, unter denen Burkhardt sich für 1/ 12 entscheidet.

Wir möchten, wenn man die Köpfe eben nur zählt, der zahlreichen Landbewohner halber, sogar Gibbons Angabe von 1/ 20 immer noch für sehr hoch halten, müssen aber, wenn man solche wägt, der christlichen Bevölkerung, namentlich in den großen Städten wie Alexandrien, Antiochien u. a. m. eine sehr hohe Bedeutung zugestehen.

Die Christen aber hatten sich unter dem Drucke zu einer festgegliederten Gesellschaft unter dem hierarchischen Regiment der Bischöfe Die Verfassung der ersten Christengemeinde entwickelte sich keinesweges demokratisch, sondern, wiewohl unter Beteiligung der Gemeinden, sofort hierarchisch, was in der Autorität des göttlichen Stifters, die man auf die Apostel und deren Nachfolger für vererbt ansah, seinen Grund haben dürfte. ausgebildet und derjenige Regent, welcher letztere, die damals so leicht zu gewinnen waren, für sich hatte, konnte über eine treue Klientenschar von Millionen verfügen, deren unberechenbare Vermehrung sogleich mit der Anerkennung eintreten mußte. Gewiß war dies in einer Zeit, wo jede Spur eines Bandes von Liebe und Treue zwischen Fürst und Volk fehlte (denn die Römer, auch nur Trajans, waren nicht mehr D.), von doppelter Wichtigkeit. Aber auch der Vergleich zwischen dem Gehorsam christlicher und heidnischer Untertanen mußte, wenn einmal das blinde Vorurteil gegen erstere geschwunden war, von schlagender Wirkung sein. Bei den Heiden war jener Gehorsam jetzt oft nur noch das Erzeugnis von Zwang und Furcht, daher sofort gebrochen, wo diese selbst wegfielen, was sich vor allem in dem Zulaufe kund gab, den jeder Empörer sogleich fand: bei den Christen hingegen war er heilige Glaubenspflicht. Hatten doch die großen Apostel, selbst unter Nero und aus dem Kerker den Gläubigen geschrieben: »Jedermann sei untertan menschlicher Ordnung und der von Gott verordneten Obrigkeit um des Herrn willen«, und: »wer sich wider die Obrigkeit setzet, der widerstrebet Gottes Ordnung«. Wahrlich, selbst ein stumpferer Blick als der des großen Constantin konnte da nicht zweifelhaft sein. Aber auch von hoher unmittelbarer Wichtigkeit für die Entwürfe seines persönlichen Ehrgeizes mußte entschiedene Parteinahme für die Christen sein, wenn auch nicht für den nächsten derselben, des Maxentius Sturz, da dieser weder Feind der Christen noch diese in Rom bedeutend waren; desto mehr aber für die ferneren in Beziehung auf den Orient, wo der Einfluß des neuen Glaubens im ganzen Reiche am größten war.

Um dieselbe Zeit nun läßt Eusebius in dem merkwürdigen 27. Kapitel des ersten Buches von Constantins Leben denselben eine Selbstberatung über die Frage anstellen: ob Gott oder Götzen?

Dabei ist aber nicht von irgendwelchem Glauben oder auch nur religiösem Gefühl, sondern allein von Nützlichkeit die Rede. Schwach, nichtig und trügerisch hätten sich die Götter seinen Vorgängern, Galerius und Severus, erwiesen, die ihnen so eifrig gehuldigt, sein Vater allein, der einen einzigen Gott verehrt, sei glücklich geblieben. Darum habe er sich für letztern entschieden. (Ähnlich wog der blutige Chlodovech hundertundsiebzig Jahre später die durch den Erfolg bewährte Vorzüglichkeit von Wotan, Arius oder Athanasius ab, bevor er der erste katholische Germanenkönig ward: in der Tat: in jedem Sinne: »alter Constantinus«! – Beide Männer wählten ihren neuen Glauben nicht ohne religiöse oder doch mystische Motive – aber beide würden diese unterdrückt haben, wenn nicht politische Motive die Wahl empfohlen hätten. D.)

Merkwürdiges Bekenntnis eines Bischofs, den Burkhardt den widerlichsten aller Lobredner und den ersten durch und durch unredlichen Geschichtsschreiber des Altertums nennt (S. 346 u. 375). Eusebius war eben doch durch die Macht der Meinung seiner Zeit gehindert, dem Glaubensdrange eines frommen Herzens zuzuschreiben, was, wie jedermann wußte, nur dem politischen Interesse des Herrschers angehörte.

Darauf habe nun, fährt Eusebius (im 28. Kap.) fort, Constantin zu Gott gebetet, sich ihm kenntlich zu machen und ihm in seinem Vorhaben beizustehen: und in diesem Gebet sei ihm am hellen Mittag ein leuchtendes Kreuz mit der Inschrift: » darin siege (τούτω νίκα)«, am Himmel erschienen, welches Er sowohl als das ganze, auf dem Marsche ihm folgende Heer gesehen habe. Dies klinge unglaublich, sei aber doch wahr: weil der Kaiser es ihm lange Zeit nachher, als er zu dessen Vertrauen gelangt sei, unter eidlicher Beteuerung (όρκοις τε πιστωσαμένον τὸν λόγον) selbst erzählt habe. Schon in der nächsten Nacht nun (Kap. 29) sei jenem der Erlöser im Traum erschienen und habe ihm befohlen, eine Fahne mit diesem Zeichen anfertigen zu lassen und zu seinem Schutz im Kriege zu führen. Diese sei nun folgendergestalt ausgeführt worden: zu oberst der goldplattierten Fahnenstange eine goldene Krone mit Edelsteinen, auf letzterer Dies kann sonach der Natur der Sache gemäß nur klein, von unten kaum sichtbar gewesen, daher lediglich als eine Verzierung erschienen sein. das Monogramm ΧΡ (die griechischen Anfangsbuchstaben von ΧΡιστής der Form oder , unter diesem das an einer quer durchgehenden, die Form eines Kreuzes bildenden Stange befestigte Man hat sich das Labarum nicht in Form einer modernen Militärfahne, sondern in der einer katholischen Kirchenfahne zu denken, bei welcher das Fahnentuch in der Mitte der Querstange befestigt ist. purpurne Fahnentuch, unter diesem endlich das Bild des Kaisers und (später) seiner Söhne.

Dies Feldzeichen war es, das man nachher mit dem Namen Labarum belegte, ein Wort, dessen Ableitung unbekannt ist, das aber auch in allgemeinem Sinne für Fahne gebraucht worden sein soll.

Diese Vision hat in der alten christlichen und in der spätern katholischen Kirche so hohe Wichtigkeit erlangt, daß ihr eingehendere Betrachtung nicht versagt werden darf.

Die Tatsache, daß unter Constantin dem Großen das Labarum aufgekommen ist und auf diesem so wie sonst, namentlich auf Münzen, das beschriebene Monogramm angebracht war, steht zuvörderst unbestritten fest. Das Gründlichste über das Labarum findet sich in J. Gothofredus' Kommentar zu dem Theod. Codex VI, 25 de praepositis laborum (kontrahiert aus laborarum), da, wie er nachweist, für labarum auch laborum vorkommt. (Vergl. auch Tom. II, S. 142/43.) Daß sich das fragliche Gesetz auf die Befehlshaber der für die Heerfahne bestellten Wache bezieht, ist unbezweifelt. Der Ausdruck labarum dürfte sich zuerst in des etwa siebzig Jahre spätem Sozomenos Kirchengeschichte (I, 4) finden, wo er anführt, daß die Römer die gedachte neue Heerfahne labarum nannten.

Wenn Ducange in seinem Glossarium medii aevi, dem auch Pauli (Realencycl. IV, S. 698) folgt, sagt, daß das Labarum schon unter früheren Kaisern auf Münzen vorkomme, so ist damit wohl nur das angeblich christliche Monogramm gemeint.

Die Frage kann sich daher nur noch um folgende Punkte bewegen:

1) Ist es historisch erwiesen, daß ein »Wunder« zu obiger Wahl einer neuen Heerfahne Anlaß gegeben habe?

2) Ergibt sich eine wunderbare Wirkung desselben?

3) Ist eine Beziehung desselben auf das Christentum von Constantin jemals öffentlich ausgesprochen worden?

Zu 1) Es ist zuvörderst sehr bezeichnend, daß zwei christliche Schriftsteller, Eusebius und Lactantius, über ein bei des Maxentius Besiegung vorgekommenes Wunder reden, dies aber in völlig verschiedener Weise berichten. Beide waren Zeitgenossen: beide mit Constantin in naher persönlicher Berührung: Lactantius aber als Erzieher von dessen Sohn Crispus (Hieronym. Chron. v. 10. Regier.-Jahre Constantins) schon um jene Zeit oder doch bald nachher, Eusebius erst mindestens fünfzehn Jahre später.

Lactantius nun sagt (im 44. Kap. d. mort. persec), nachdem er Constantins Ankunft vor Rom und des Maxentius Aufstellung vor der milvischen Brücke erwähnt hat, folgendes:

»Der Tag stand bevor (Imminebat dies), an welchem Maxentius die Regierung angetreten hatte, das ist der 27. Oktober, an welchem die fünf Jahre Diese fünf Jahre sind ein offenbarer Irrtum des Lactantius, da es deren zweifellos sechs waren. Vergl. darüber Manso, Beil. S. 292. derselben abliefen. Da ward Constantin im Schlaf aufgefordert (commonitus est), daß er das himmlische Zeichen Gottes auf den Schildern anbringe und so die Schlacht liefere. Er tat wie befohlen, und indem er den querliegenden Buchstaben X (also ) oben mit einem Haupte (oder mit dem höchsten Haupte) umgab (summo capite circumflexo), bezeichnete er Christus auf den Schilden. Mit diesem Zeichen bewehrt zieht die Armee das Schwert.«

Offenbar ist hier ebenfalls das von Eusebius beschriebene, uns in Münzen noch erhaltene Monogramm gemeint: nur das P, was letzterer für den zweiten Anfangsbuchstaben von Christus erklärt, wird als ein Bild dessen Hauptes ausgelegt.

Wichtiger die Zeitverschiedenheit der Vision, nach Eusebius vor dem Kriege, wie man (nach dem Schluß von I, 32) annehmen muß, nach Lactanz zu Ende desselben in der letzten oder vorletzten Nacht vor der Entscheidungsschlacht, da es nach dessen Worten nicht denkbar ist, derselbe habe einen früheren Vorgang hier nur am ungehörigen Orte mit Weglassung der Zeitangabe eingeschaltet. Wesentlich bleibt ferner die Verschiedenheit der göttlichen Offenbarung selbst, indem nach ersterem eine neue Heerfahne, nach letzterem dagegen eine neue Bezeichnung der Schilde sämtlicher Soldaten vorgeschrieben ward.

Unbefangen betrachtet, würde hier des Eusebius Erzählung die wahrscheinlichere sein, weil die einfachere, auch eine neue Bezeichnung aller Schilde auf dem Wahlplatz unmittelbar vor der Schlacht schon der Zeit nach kaum ausführbar gewesen sein dürfte.

Gleichwohl scheint die des Lactanz durch eine Stelle des Nazarius (Paneg. v. J. 22 c. 14) Bestätigung zu erhalten. Dieser sagt daselbst nämlich: Es sei im Mund aller gallischen Heere, daß von Gott gesandte Geister, die auf Augenblicke sogar sicht- und hörbar gewesen, ihnen vorausgezogen seien. Nachdem er nun die Frage, welches deren Gestalt gewesen, aufwirft, fährt er als Erwiderung darauf fort: »Sie flammten, ich weiß nicht wie, Ehrfurcht gebietend, blitzend von den Schilden (oder Schildbuckeln) und schreckend brannte das Licht himmlischer Schutzwaffen.« (Flagrabant verendum nescio quid umbone corusci, et coelestium armorum lux terribilis ardebat.)

Mag die ganze poetisch-rhetorische Stelle des Panegyrikers ohne sonderliche Bedeutung sein, so bleibt doch die Erwähnung eines von den Schilden blitzenden himmlischen Lichts (poetisch vielleicht für Zeichen) in dieser Rede gewiß etwas sehr Wesentliches.

Da nun des Lactantius Bericht von jenem Ereignis ein der Zeit desselben viel näherer ist als der des Eusebius und überdies noch durch eine andere, ebenfalls gleichzeitigere Quelle unterstützt wird, so verdient er an sich höhern Glauben.

Ist nun auch Eusebius in seiner Kirchengeschichte wohl glaubhafter als Lactantius (de mort. persec.), so ist doch des erstern Leben Constantins eine offenbare Tendenzschrift von so unredlicher Art, daß beide Quellen mindestens gleichzustellen sein dürften.

Allerdings beruft sich Eusebius auf die eidliche Versicherung des Kaisers selbst, der von jener Vision freilich allein sichere Kunde geben konnte.

Schwer denkbar erscheint es aber, daß irgend ein Monarch, namentlich Constantin, eine einem seiner Untertanen gegebene Versicherung ohne allen äußeren Anlaß durch förmliche Eidesleistung bekräftigen werde: wir haben hier daher wohl nur eine erhöhte Beteuerung im Ausdrucke vorauszusetzen, wie solche im gemeinen Leben, z. B. mit den Worten: »ich schwöre dir zu, daß es so war«, auch heute noch vorkommt.

Wer aber die Geschichte und Charaktere römischer Imperatoren und Constantins selbst studiert hat, der wird auch wissen, daß solche mit den seltensten Ausnahmen eine Pflicht der Wahrheitsliebe in Fällen, wo irgendwie die Politik einschlug, gar nicht einmal begriffen, geschweige denn übten; wie denn auch die antike Anschauung in dieser Hinsicht selbst in neuerer, ja neuester Zeit (Geschrieben 1859/60 und wohl auf Napoleon III. bezogen. D.) noch nicht untergegangen ist.

Daß aber Constantin nach dem Jahre 324 aus Politik die Bischöfe und Christen für sich gewinnen und sich als ein Werkzeug Gottes zu deren Schutz darstellen wollte, wird niemand bezweifeln. War nun auch dessen Interesse hierbei kein so dringendes als dasjenige, welches ihn zu Eidbruch und Mord wider seinen Schwager Licinius trieb, so war doch ebenfalls in diesem Fall eine Täuschung in Nebenumständen für diesen »Heiligen« etwas völlig Harmloses. Ist doch die Wahrheitsliebe des Eusebius selbst, der in gedachter Schrift die Kunst, Tatsachen aus politischer, wenn auch guter, Absicht zu verschweigen, zu entstellen und zu verwirren zu solcher Meisterschaft gebracht, wahrlich keine größere gewesen.

Die strengste Rechtgläubigkeit will zwar Eusebius und Lactantius dadurch vereinigen, daß sie, beiden folgend, zwei Wunder annimmt, erwägt aber nicht, daß darin eine unbewußte Blasphemie liegt. Müßte nämlich der Herr nicht das erste für ungenügend und ohnmächtig erkannt haben, wenn er ein zweites notwendig fand? (Dieses Argument würde zu viel beweisen, da auch in andern Fällen mehrere aufeinanderfolgende Wunder »bezeugt« sind. D.)

Zu 2) Um den Sieg eines so hervorragenden Mannes und Helden wie Constantin der Große an der Spitze des kriegsgeübtesten römischen Heeres über den Feigling und Schwelger Maxentius zu erklären, bedarf es gewiß keines Wunders, mag auch die Streitkraft des letztern eine merklich zahlreichere gewesen sein.

Zu 3) ist es völlig zweifellos, daß Constantin jener angeblich durch eine Vision veranlaßten Neuerung, möge diese in einer neuen Fahne oder Schildbezeichnung bestanden haben, damals und auch lange nachher noch keinerlei offizielle Beziehung auf das Christentum beigelegt hat, was natürlich nur durch einen Armeebefehl oder sonstige öffentliche Kundgebung hätte geschehen können. Darüber läßt schon das Schweigen sämtlicher Quellen kaum einen Zweifel zu. Wie hätte Zosimus insbesondere, der die Akte christlicher Gesinnung desselben mit so gehässiger Sorgfalt aufsucht und anklagt, dies übergehen und Constantins Konversion (II, 29) sogar erst in eine vierzehn Jahre spätere Zeit nach dem Hausmorde 326 setzen können? Noch undenkbarer ist es, daß Eusebius selbst in seiner erst im Jahre 326 herausgegebenen Kirchengeschichte eine derartige öffentliche Erklärung des Kaisers – das Fundament einer neuen Ära für das Christentum – hätte verschweigen können, wie er denn auch zugibt, daß er die ganze Visionsgeschichte erst viel später durch Constantin selbst in Erfahrung gebracht hat.

Am wichtigsten sind aber in dieser Beziehung die beiden hauptsächlich von dem Sieg über Maxentius handelnden Panegyriker (VIII und IX) von den Jahren 313 und 321.

Das Gewerbe der Lobredner setzte Absicht und Gefallsucht voraus; des Kaisers Ansichten, Neigungen und Wünschen zu schmeicheln war die Aufgabe.

In diesen Reden findet sich nun allerdings zwar keinerlei Beziehung auf Götzendienst, wovon Constantin, wie jedermann bekannt gewesen sein muß, damals wenigstens nichts hielt, eben so wenig aber auch nur die allerentfernteste auf spezifisches Christentum: wohl aber sind sie an sehr vielen Stellen von monotheistischer Anschauung durchwebt, welche man also notwendig für die Constantins gehalten haben muß. (S. z. B. VIII, c. 2, 5; 3, 3; 4, 1 u. 26 u. IX, c. 7, 3 u. 4; 14, 1–5; 16, 1; 19, 2 u. a. m.)

Am bezeichnendsten sind folgende Stellen (VIII, c. 2, 5): »Du hast in der Tat, Constantin, eine geheime Verbindung mit jenem göttlichen Geiste, welcher, nachdem er die Sorge für uns seinen Untergöttern Eine Anschauung des Neu-Platonismus, der, wie wir später finden werden, auch für Constantin großen Reiz hatte. (diis minoribus) übertragen, Dich allein seiner Offenbarung gewürdigt hat.«

Vor allem das Schlußgebet c. 26:

»Wir flehen zu Dir, höchster Urheber aller Dinge, dessen Namen so viele sind als Du den Völkern Zungen gegeben hast, es sei nun in Dir eine göttliche Kraft und Seele, durch welche Du, in die ganze Welt ergossen, Dich mit allen Elementen vermischest und ohne irgendeine Kraft von außen Dich selbst bewegest, – oder Du seiest eine Macht über allen Himmeln und schauest auf Dein Werk aus einer höhern Burg hernieder«, woran sich nun die Fürbitte für Constantin schließt.

Ferner IX, c. 7, 3 und 4, wo von dem als Richter aller Dinge aus der Höhe herabschauenden Gotte die Rede ist, der sich doch auch bisweilen offenbare, das Laster bestrafe, die Tugend aber schütze.

Es scheint uns überflüssig, über diese Frage mehr zu sagen und namentlich aus Constantins eigenen Religionsedikten Gründe für unsere zu 3) ausgesprochene Meinung herzuleiten, da wir nicht denken können, daß ein Unbefangener sie bestreiten werde. Namentlich würde in dem von Eusebius (V. C. II, c. 24–42) wörtlich mitgeteilten, erst nach des Licinius Tod im Jahre 324 erlassenen Edikte (c. 28) der Ort gewesen sein, wo eine frühere entschiedene Kundgebung Constantins für das Christentum fast unvermeidlich zu erwähnen gewesen wäre.

Ausgesprochen hat sich also der Kaiser über Bedeutung und Zweck jenes Monogramms niemals: es kann sich daher nur noch fragen: ob dies nicht auch ohne Kommentar bezeichnend genug gewesen sei?

Neu ist zuvörderst dies Zeichen nicht: denn es kommt (nach Eckhel VIII, p. 89) schon auf attischen Tetradrachmen und ptolemäischen Kupfermünzen vor: das querliegende X oder Andreaskreuz ist gar nicht das Kreuz Christi: somit bleiben nur die angebliche, aber nicht genau beschriebene Kreuzesform der ganzen Fahne, sowie die Anfangsbuchstaben ΧΡ übrig, mit denen zahlreiche griechische Worte, wie Orakel, Schicksal und andere beginnen. Darum war es kein deutlicher Ausspruch, sondern ein Rätsel, das, vielfacher Auflösung fähig, nach Belieben gedeutet werden konnte. Wahrlich, hätte Constantin damals den Erlöser erkannt und diesem die Fahne weihen wollen, so heischte die Ehrfurcht vor der Gottheit deutliche und hauptsächliche Bezeichnung dieses Zweckes, konnte und durfte sich daher nicht auf jene an der Krone, dem Sinnbilde irdischer Macht, angebrachte, noch dazu undeutliche Nebenverzierung beschränken.

Entscheidender würde das Anführen des Eusebius (K.-G. IX, 9 u. V. C. I, 40) sein: der Kaiser habe in der Hand der ihm zu Rom errichteten Statue die Fahne des Kreuzes (του̃ σταυρου̃ σημει̃ον) anbringen, das Fußgestell aber mit folgender Inschrift versehen lassen: »Durch dies rettende Feldzeichen (στημείω), dem wahren Beweise der Tapferkeit (ανδρία), habe ich eure Stadt vom Joche befreit usw.«

Beide merklich unklare Stellen haben nun nach unserer Ansicht folgenden Sinn.

In Rom war, zweifellos vom Senat, nach dem Maxentiussieg außer dem Constantin gewidmeten Triumphbogen noch eine Statue desselben an einem der besuchtesten Orte aufzustellen beschlossen worden, welche nach dem Worte μέγα (V. C. I, 40, Z. 3) kolossal gewesen zu sein scheint. Nachdem diese vollendet war, befahl Constantin sogleich, der Bildsäule eine Fahne in Kreuzesform in die Hand geben und auf dem Fußgestell obige Inschrift eingraben zu lassen.

Diese Fahne kann, da sie in beiden Stellen als σημει̃ον bezeichnet wird, nichts anderes als das beschriebene Labarum gewesen sein und die Kreuzesform eben in nichts anderem als in der Kreuzung der Fahnenstange durch die Querstange, an welcher das Tuch befestigt war bestanden haben.

Es ist daher nur ein willkürlicher Zusatz, wenn Eusebius sie, seiner Tendenz gemäß, einmal geradezu als die Trophäe des erlösenden Leidens, d. i. des Leidens des Erlösers (τρόπαιον του̃ σωτηρίου πάθους), bezeichnet, wofür sie wohl ihm fünfzehn Jahre später, im Jahre 313 aber keinesweges den Römern gegolten haben kann. Wichtiges und Entscheidendes dagegen gibt er nicht an: namentlich die Inschrift nicht in der Ursprache, noch die Zeit sowohl der ersten Aufstellung der Statue als der spätern Hinzufügung jenes angeblich christlichen Emblems, welche je früher um so höhere, je später um so geringere Bedeutung gehabt hätte. Zwar scheint es nach dessen Darstellung, als sei beides unmittelbar aufeinander, ja beinahe noch während Constantins Anwesenheit in Rom erfolgt. Letzteres ist aber, da dieser Rom, um sich mit Licinius in Mailand zu vereinigen, schon im Winter 312/3 wieder verließ und im Frühjahr am Rheine kriegte, gar nicht möglich, weil es zur Herstellung einer solchen Bildsäule, nach sachverständigem Ausspruch, allermindestens eines Jahres bedarf. Ebenso gedenkt Eusebius nirgends des hauptsächlichsten: Constantin gewidmeten Ehrendenkmals, des Triumphbogens, der wahrscheinlich erst zu dessen Decennalen 316 vollendet wurde. Auf diesem ist die Inschrift noch erhalten (s. Anm. 1), welche mit den Worten: instinctu divinitatis beginnend, nur eine deistische, aber keinesweges irgendeine christliche Beziehung hat. Wie ist aber, wenn man mit Eusebius jener Statue die Kraft einer entschiedenen Kundgebung für das Kreuz Christi beilegen will, der Widerspruch beider Inschriften, von welchen doch die des Triumphbogens die spätere war, zu vereinigen?

Übrigens kann die ganze betreffende Stelle in der Kirchengeschichte nur ein späterer Zusatz sein, da jenes rettende Feldzeichen, das vorgebliche Mittel des Sieges, in diesem Werke vorher mit keinem Wort erwähnt wird, so daß der Leser hiernach keine Ahnung hat, worin dies und dessen Wirkung bestanden habe.

Unmöglich kann daher jenem Anführen des Eusebius, das er erst in Folge der ihm von Constantin viel später mitgeteilten Visionsgeschichte nachgetragen haben kann, entscheidender Wert beigelegt werden. Zugleich wird der Leser hieraus ersehen, wie derselbe durch unklare, verfängliche Ausdrücke und Verschweigung wichtiger Nebenumstände, ohne direkte Unwahrheit, deren wir ihn wenigstens nicht beschuldigen wollen, alles entstellt und verwirrt.

Mag dies die gute Absicht aus dem kirchlichen Gesichtspunkt entschuldigen, so kann doch die historische Kritik nur mit großer Vorsicht eine solche Quelle benutzen.

Ja, derselbe würde hier sogar einer groben bewußten Unredlichkeit anzuklagen sein, wenn es wahr sein sollte (was Burkhardt, S. 463 sagt), daß der Anfang der Inschrift auf Constantins Triumphbogen, statt: Instinctu divinitatis, ursprünglich Nutu J. O. M., d. i. Jovis Optimi Maximi, gelautet habe. Derselbe beruft sich dafür auf eine sehr gute Autorität, auf eine Mitteilung des Dr. Henzen zu Rom, nach welcher man die Korrektur entdeckt habe, als zur französischen Zeit der Bogen mit Gerüsten umgeben wurde, um die Bildwerke abzuformen.

Daß aber nach dieser spätern, so entscheidenden Kundgebung die früher aufgestellte Statue keine Beziehung auf das Kreuz Christi gehabt haben könne, liegt auf der Hand.

Da uns jedoch die Mitteilung des Dr. Henzen nicht selbst vorgelegen hat, tragen wir Bedenken, eine so wichtige Nachricht, bei der übrigens leicht ein Irrtum möglich ist, für vollkommen gesichert anzusehen.

Genug, vielleicht schon zu viel über die Wundergeschichten des Eusebius und Lactanz: wir kommen nun auf die urkundlich beglaubigten Regentenhandlungen Constantins.

Die erste öffentliche Kundgebung desselben für das Christentum war das in Gemeinschaft mit Licinius im Juni 313 zu Mailand erlassene Edikt, das sowohl in Lactantius (c. 48), als bei Eusebius (K.-G. X, 5) im Wesentlichen gleichlautend mitgeteilt ist.

Wie das frühere des Galerius vom Jahre 311 ein Gesetz heidnischer Herrscher war, das nur aus Billigkeit und Politik Duldung des Christentums aussprach, so stellt sich dies als ein Akt neutraler, d. i. für keinen der beiden Kulte persönlich Partei nehmender Monarchen dar, wodurch so Christen als Heiden volle Religions- und Gewissensfreiheit gewährt wurde. Indem jedoch darin der neue Glaube der alten Staatsreligion gleichgestellt, ja sogar zuerst genannt wurde, ferner den Christen die Rückgabe der ihnen durch Diokletians Edikt vom Jahre 303 genommenen Versammlungsorte (Kirchen) und Gemeindegrundstücke zugesichert wurde, wofür den berechtigten Inhabern derselben übrigens Entschädigung aus Gnaden verheißen ward, kann man in diesem Edikte allerdings etwas mehr als bloße Duldung, ja gewissermaßen schon eine gesetzliche Anerkennung des Christentums erblicken.

Hieran schließen sich nun als dritter Akt der Gesetzgebung die im Jahre 324 nach des Licinius Sturz ergangenen Erlasse Constantins, von denen der erste (Eusebius V. C. II, 24–42) als ein Rundschreiben an die Heiden, der zweite (II, 48–60) als ein in Gesetzesform abgefaßtes Manifest an die Völker des Orients bezeichnet wird.

Hier ist das Verhältnis gerade das Umgekehrte des Edikts von 311: das Christentum wird darin als die allein wahre Religion, das Heidentum für Irrwahn erklärt, letzterem jedoch (c. 56) volle Duldung zugesichert. »Um den Frieden im Volke vollkommen zu erhalten, gestatte ich, daß diejenigen, welche noch in den Irrtümern des Heidentums befangen sind, derselben Ruhe sich erfreuen wie die Gläubigen. Mögen diejenigen, welche sich dem Gehorsam gegen Gott entziehen, ihre der Lüge geweihten Tempel behalten, weil sie es so wollen« usw.

Von diesem Jahre an kann man das Christentum als die Staatsreligion des Reiches bezeichnen.

Die Begünstigungen, welche die Kirche im Abendlande bereits wirklich genoß, wurden nun auch auf den Orient ausgedehnt, in welchem das Edikt vom Jahre 313 unter Licinius teils nicht vollständig ausgeführt, teils wieder rückgängig gemacht worden war.

Eine lange Reihe von Eusebius und sonst berichteten Regierungsakten Constantins vom Jahre 312 ab kennzeichnet unzweifelhaft dessen Politik in kirchlichen Dingen.

Den Frieden in der durch heftige, oft blutige Spaltungen zerrissenen Kirche wieder herzustellen und zu erhalten, war sein erstes Bestreben, wozu das in Afrika, als es nach des Maxentius Sturz ihm zufiel, ausgebrochene Schisma den ersten Anlaß bot. Dazu dienten sorgfältige Erörterung, versöhnlicher weiser Zuspruch, Berufung von Konzilien zur Vermittlung und Entscheidung; wo dieses alles aber nicht ausreichte, Einschreiten des Staatsgewalt durch Verbannung der Widerspenstigen. Ungleich wichtiger ward die durch den Presbyter Arius zu Alexandrien um 318 oder 319 in die christliche Kirche geschleuderte Brandfackel, deren wir, der weltgeschichtlichen Wichtigkeit dieser Glaubensspaltung halber, im Anhange zu diesem Kapitel besonders zu gedenken haben.

Die christliche Kirche, durch etwa 1800 Bischöfe vertreten, ward als Korporation anerkannt, indem man ihr die Fähigkeit, Erbschaften zu erwerben (C. Theod. XVI, 2, 4), ja sogar ein beschränktes Erbrecht am Nachlaß von Märtyrern (Euseb. V. C. II, 21 u. 37), die Vollstreckung bischöflicher Erkenntnisse in Kompromißfällen der Parteien durch den weltlichen Richter (Sozomenos I, 9), sowie die Befreiung der Geistlichen von den so lästigen Munizipalämtern, ja in beschränktem Maße selbst von der Gewerbesteuer (Cod. Theod. XVI, 2, 2 u. 7) bewilligte.

Auch reiche Geldspenden gewährte die kaiserliche Freigebigkeit, namentlich für Kirchenbau: ja in Jerusalem, Nikomedien, Antiochien, Konstantinopel und sonst wurden die prachtvollsten durch den Kaiser selbst erbaut (Euseb. K.-G. X, 6 u. V. C. II, 45; III, 30 u. 50.)

Die Heiligung des Sabbats ward geboten und in den Heeren ein gemeinsames Gebet eingeführt, welches freilich seinem rein deistischen Inhalte nach zugleich auf die Heiden berechnet war. (Euseb. V. C. IV, 19 u. 20.) Die Gladiatorenspiele wurden wenigstens im Orient, wiewohl nur aus allgemeinen polizeilichen Gründen, als blutig und grausam verboten. (Cod. Theod. XV, 12, 1 vom Jahre 325.)

Mit besonderer Huld und gleicher politischer Klugheit suchte Constantin die Bischöfe zu gewinnen, gewiß, mit den Hirten zugleich die Herden sich treuergeben zu machen. Darum wählte er erstere vorzugsweise zu Gesellschaftern, Tischgenossen und Reisebegleitern. Daß er sich auch in der christlichen Religion unterrichten ließ, unterliegt keinem Zweifel, wenngleich des Eusebius Angabe (V. C. I, 32), daß er sofort nach jener Vision Katechumene geworden sei, wie dies mindestens die Überschrift: όπως κατηχηθεὶς Κωνσταντι̃νος anzudeuten scheint, nur mit Vorsicht aufzunehmen ist. Es ist wichtig, daß jenes angebliche Verbot (II, 45) vor letzterem Edikt erwähnt wird, daher mit diesem späteren unmöglich in Widerspruch stehen kann. Es ist aber auch Eusebius wohl zuzutrauen, daß er den in ersterem gebrauchten zweideutigen Ausdruck είργων, der gewöhnlich zwar verbieten bezeichnet, sich aber auch auf ein bloßes Abhalten durch Abmahnung beziehen läßt, mit Absicht gewählt habe.

Besonders gefiel er sich im Anhören und Halten theologischer Reden. Die seinigen bezweckten vor allem die Bekehrung seiner noch heidnischen Umgebungen und sicherlich fand seine große Eitelkeit in dieser vermeintlich apostolischen Wirksamkeit besondere Befriedigung. (Euseb. V. C. IV, 29.) Ob die von Eusebius uns erhaltene an die Versammlung der Heiligen (ad sanctum coetum IV, 32) in ihrer jetzigen Fassung echt sei, was stark bezweifelt wird, wagen wir nicht zu entscheiden, halten sie jedoch jedenfalls bei deren Übersetzung aus dem Lateinischen für mehr oder minder überarbeitet.

Wer möchte nach dem zuletzt Angeführten noch zweifeln, daß Constantin ein wahrer, treuer, glaubenseifriger Christ gewesen sei? Und doch ist dies – im Wesentlichen seines christlichen Lobredners Schilderung – nur eine Seite des Bildes.

Betrachten wir nun die andere.

Dabei ist vor allem dessen Verhalten gegen das Heidentum ganz außer acht zu lassen: einmal, weil dabei Herrscherpflicht und Politik einschlugen: zweitens aber auch, weil die christlichen und heidnischen Quellen hier wieder ganz auseinander gehen. Nach zwei Stellen des Eusebius (V. C. II, 45 u. IV, 23) könnte man ein allgemeines Verbot des Götterdienstes durch Constantin annehmen.

Wir vermeiden eine erschöpfende Widerlegung und bemerken, abgesehen von der oben schon erwähnten Beraubung heidnischer Tempel zur Ausschmückung von Konstantinopel, wodurch der Kultus nicht behindert ward, nur kurz, daß diesem Anführen nur zweierlei zu Grunde liegen kann: 1) allgemeine Abmahnung vom Heidentume, wie sich solche ja schon in dem 2. Buch, 14. Kap. angezogenen Edikte an die Orientalen (Euseb. V. C. II, 56) ausspricht, und 2) die Unterdrückung von einzelnen unzüchtigen Kulten, wie des zu Aphaca und Heliopolis (Euseb. III, 55, 56 u. 58), der Privatopfer und Haruspicien, auch wohl sonstiger Mißbräuche.

Entscheidend ist für diese Frage nämlich der Gegenbeweis der unzweifelhaften Fortdauer des heidnischen Kultus unter Constantin. Dieser ergibt sich a) vor allem aus folgenden im Cod. Theodos. enthaltenen Verordnungen:

1) und 2) IX, 16 de maleficis I. 1 u. 2, beide vom Jahre 319.

3) Ebendaselbst I. 3 vom Jahre 321.

Nach diesen werden nur die Privatharuspicien, nicht aber die öffentlichen und die incantationes, d. i. die Zaubereien, nur für unerlaubte Zwecke, nicht aber für erlaubte, z. B. Abwendung von Unwettern verboten.

4) XVI, 16 de paganis, sacrificiis et templis I. 1 vom Jahre 321, welche nur Opfer und Eingeweideschau in den Häusern (sacrificia privata), nicht aber in den Tempeln untersagt.

5) und 6) XII, 1 de Decurionibus I. 21 vom Jahre 335 und ebenda J. S. quemadmodum munera civilia. I. 2, P. P. XII. Kal. Jun. Karthag. P. P. d. i. proposita bezeichnet die zu Karthago am 18. Mai erfolgte Publikation. Die Erlassung durch den Kaiser dürfte daher schon im April erfolgt sein. 337.

Durch letztere wird denjenigen, welche ein heidnisches Priesteramt bekleidet hatten oder als lebenslängliche (perpetui) Flamines noch angestellt waren, das Vorrecht der Befreiung von gewissen lästigen Kommunalämtern ausdrücklich aufrecht erhalten.

Letztere Verordnungen sind besonders wichtig durch die späte Zeit der Erlassung und dadurch entscheidend, daß, nach gesetzlicher Unterdrückung alles Götzendienstes, Flamines perpetui nicht mehr denkbar gewesen wären.

b) Die Nachricht des Zosimus, daß Constantin in der neuen Hauptstadt drei heidnische Tempel erbaut habe, wird zwar durch dessen Gehässigkeit verdächtigt, er muß aber dieselbe doch aus einer gleichzeitigen Quelle entnommen haben, von der es beinahe undenkbar ist, daß sie eine Tatsache, welche Millionen Menschen bekannt gewesen sein muß, willkürlich habe erdichten können.

Auch bestätigt Malalas – ein freilich wenig zuverlässiger Schriftsteller des sechsten oder siebenten Jahrhunderts – die Existenz dreier heidnischer Tempel in Konstantinopel, welche schon früher vorhanden, von Constantin ihrer Einkünfte beraubt, aber beibehalten worden seien, daher nicht die von Zosimus erwähnten gewesen sein können.

c) Der christliche Firmicus fordert in seiner Schrift: de errore profanar. religionum, die (nach der Ausg. von Munter, Kopenh. 1816, Vorr., S. IX) zwischen 343 und 350, wahrscheinlich 348, verfaßt ist Kap. 17, S. 65 u. 30, S. 119), Constantins Söhne in den heftigsten Ausdrücken zu gewaltsamer Zerstörung des Götzendienstes auf, was also durch den Vater noch nicht geschehen sein kann.

Diesem allem steht ein einziger beachtungswerter Zweifel entgegen: das von Constans im Jahre 341 für Italien erlassene allgemeine Verbot des Götterdienstes – das erste dieser Art –, worin auf ein schon von dessen göttlichem Vater erlassenes Gesetz Bezug genommen wird. (Cod. Theod. XVI, 10, l. 2.) Wirklich hat dies auch J. Gothofredus in seinem Kommentar (Teil VI, p. 290) zu der Annahme bestimmt, daß ein ähnliches Gesetz schon von Constantin dem Großen, wiewohl nur in der allerletzten Zeit seiner Regierung, d. i. etwa von 335 ab, wirklich ergangen sei.

Wir halten jedoch diese Ansicht, so gewagt es auch scheint, einer solchen Autorität zu widersprechen, aus den in der Anm. Dies Gesetz würde mit dem im Codex Theodos. XII, 1, 1. 2 (aus dem letzten Lebensmonate Constantins) völlig unvereinbar sein. Auch ist es fast undenkbar, daß die Sammler des Theodosianischen Codex, welche so unbedeutende Spezialverordnungen aufgenommen haben, ein so wichtiges allgemeines Gesetz übergangen haben sollten. Constantin hatte aber allerdings die so gewöhnlichen Sacrifica privata überhaupt und die publica in gewissen Tempeln untersagt. Indem nun dessen Nachfolger ein allgemeines Verbot der heidnischen Opfer erließ, war das partielle seines Vorgängers darin mit inbegriffen, konnte daher auch in dessen Gesetze, so im Allgemeinen, wie dies geschieht, füglich mit erwähnt werden. entwickelten Gründen für durchaus irrig.

Wären aber auch alle diese Beweise für unsere Meinung nicht vorhanden, so würde es doch schon von Constantins hoher Regierungsklugheit, ja selbst von dessen, wo nicht seine persönliche Leidenschaft, namentlich die Herrschsucht, einschlug, nicht zu bezweifelnder Gerechtigkeitsliebe, noch mehr aber von seiner Klugheit, gar nicht zu erwarten gewesen sein, daß er, im Widerspruch mit der feierlich zugesicherten Gewissensfreiheit, die Mehrzahl seiner Untertanen durch gewaltsame Unterdrückung ihres Kultus wider sich aufgeregt haben werde.

Wir haben bisher nur vom Herrscher gehandelt: wir wenden uns nun zu der Person Constantins, und zwar, an das Vorige knüpfend, zunächst zu dessen, von seinem Lobredner so hoch gepriesenen Christentume. Dazu soll er sich nun, nach diesem, schon früh, d. i. 311 bis 313, bekehrt haben.

Was kennzeichnet nun aber eine Bekehrung zu Christo? Die Wiedergeburt, die Erneuerung von Geist und Herz. »Darum, sagt der Apostel (2. Cor. 5, 17), ist jemand in Christo, so ist er eine völlig neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe: es ist alles neu geworden.«

Mag dies der Schwachheit menschlicher Natur in den meisten Fällen unerreichbar geblieben sein, so mußte doch mindestens die Erkenntnis des Bedürfnisses und ein Streben nach christlicher Erneuerung vorhanden sein, wenn man überhaupt von einer innerlichen Bekehrung sprechen wollte.

Davon aber findet sich bei Constantin keine Spur, auch nicht die leiseste, ja wir müssen Gibbon darin vollkommen beipflichten, wenn er (Kap. 20 vor Not. 69) sagt: »je mehr derselbe in der Kenntnis der Heilswahrheiten vorschritt, um so weniger übte er deren Vorschriften«, drücken dies aber schärfer so aus: je christlicher der Herrscher, um so sündhafter wurde der Mensch. Fällt doch das Konzil von Nikäa im Jahre 325, in welchem der Kaiser den Vorsitz führte, nach des Licinius Tötung und vor jenen entsetzlichen Hausmord im Jahre 326.

Auch stimmen alle unbefangenen Profanschriftsteller (Eutrop X, 7; Aur. Vict. 40, 15 u. Epitom. 41, 16) darin überein, daß Constantin im Anfange seiner Regierung, namentlich in den ersten zehn Jahren, weit besser und edler war, als in der spätern Zeit derselben.

Blieb aber auch das Herz verstockt, so fand doch dessen Geist vielleicht volle Genüge in den Heilswahrheiten des Christentums?

Leider war auch dies nicht der Fall, wie dessen merkwürdiges Verhältnis zu dem Neuplatoniker Sopater außer Zweifel setzt, das uns vor allem aus des Eunapius (gebl. 344–346) Leben der Philosophen und Sophisten (in Aedesio, Ausg. v. Boissonade, Amsterdam 1822, S. 21), ferner aus Zosimus (II, 40), Lydus (de mensitus und zwar de Jano), Suidas (s. v. Sopater), daneben aber auch aus Sozomenos (I, 5) genau bekannt wird.

Der heidnische Philosoph muß eine höchst bedeutende Persönlichkeit gewesen sein. Mag Eunapius, der ihn zu Constantin eilen läßt, um dessen tyrannische Richtung (hier ist wohl die Begünstigung des Christentums gemeint) umzuwandeln, übertrieben haben, wenn er ihn als dessen Beisitzer, und zwar zur Rechten, bei öffentlichen Gelegenheiten bezeichnet, so nennt doch auch der christliche Lydus ihn Mitarbeiter bei Konstantinopels Erbauung: jedenfalls ist an dessen großem Einfluß auf den Kaiser schon um deswillen nicht zu zweifeln, weil er schließlich durch eine Intrige der Vornehmsten in Staat und Hof, namentlich des Praefectus Praetorio Ablavius, gestürzt und auf Constantins Befehl getötet ward. (Eunapius, Zosimus und Suidas a. a. O.)

Daß Suidas letzterem hierbei das Motiv unterlegt: um zu beweisen, daß er in der Religion nicht mehr heidnisch gesinnt sei, läßt sich, ganz abgesehen davon, daß dieser Schriftsteller erst dem elften oder zwölften Jahrhundert angehört, mit obigem wohl vereinigen, da Sopaters Feinde auch das religiöse Moment gegen ihn geltend gemacht haben mögen.

Selbstredend aber konnte ein Herrscher, der auch nur christlich dachte, sich, und zwar gerade in der letzten Zeit seiner Regierung, einem langjährigen innigen Verkehr mit einem heidnischen Philosophen nicht hingeben. Gesteht doch auch Sozomenos (I, 18) selbst, daß Constantin zu Byzanz dergleichen Philosophen den Zutritt gestattete und deren Philippiken gegen das Christentum anhörte.

Einzuschalten ist hierbei übrigens, daß es ein abgeschmacktes, von dem Haß der Heiden erdichtetes Märchen ist, wenn sie den Beweggrund zu Constantins Konversion daraus ableiten, daß der Heide Sopater jede Absolution desselben von der Sünde des Hausmords als unmöglich dargestellt habe, diese aber von den christlichen Bischöfen willig gewährt worden sei.

Dies wird schon von Sozomenos, der ihm natürlich widerspricht (I, 5), etwa sechzig bis siebzig Jahre nachher, erwähnt und von dem spätern Zosimus (I, 40) wiederholt, bedarf aber in der Tat keiner Widerlegung. Die schlagendste Widerlegung liegt in dem zwei Jahre vorher schon erlassenen Edikte vom Jahre 324.

Endlich ist über Constantins Kundgebung seiner christlichen Gesinnung noch einer Gattung von Quellen, und zwar der zuverlässigsten aller, der Münzen, zu gedenken.

Ältere, kirchlich befangene Schriftsteller haben auch hieraus, namentlich durch falsche und unleserliche Inschriften irregeleitet, Gründe für Constantins Christentum entlehnt, wie dergleichen noch von Gibbon zitiert werden.

In der Tat ist aber die alte Münzkunde erst durch Eckhels klassisches Werk festgestellt worden, der über die angeblichen christlichen Münzen Constantins (Th. VIII, besonders p. 88 u. 89) so gründlich als überzeugend handelt.

Nicht hierauf allein aber, sondern auf die Monographie, die unter der Überschrift: Medailles de Constantin et de ses fils, portants des signes du christianisme von Fenardent in der von Mitgliedern der französischen Akademie herausgegebenen Revue numismatique, T. I, Paris 1856, p. 247 u. ff. abgedruckt ist, beziehen wir uns, weil diese nicht allein die älteren Werke, sondern auch Eckhel, dem sie im Wesentlichen beipflichtet, benutzt hat.

Nach dieser befinden sich unter den zahlreichen, von Constantin uns erhaltenen Münzen, deren erst neuerlich an einem Orte allein 5000 bis 6000 Stück gefunden worden sind (p. 247), nur sechs mit christlicher Bezeichnung, welche nebst noch einer von Constantius auf der Kupfertafel VII abgebildet sind. Von diesen sollen jedoch nur drei mit Sicherheit für echt zu erklären sein.

Diese sind nun alle in Konstantinopel, also nicht vor 330, geprägt. Der Verfasser vermutet, dies sei bei Gelegenheit der Reichsteilung im Jahre 335 mit der Absicht, diese dadurch zu heiligen, geschehen.

Die christliche Bezeichnung besteht bei allen, die verdächtigen und die des Sohnes eingeschlossen, lediglich in dem Monogramm. Dies befindet sich bei den meisten auf einem zwischen zwei Soldaten in der aus der angefügten Nachbildung Diese hat die doppelte Größe des Originals. ersichtlichen Form aufgestellten Feldzeichen, bei zweien derselben aber isoliert auf dem Felde der Münze.

Wichtig ist dabei, daß sich bei diesem Feldzeichen, welches unzweifelhaft das Labarum vorstellen soll, keinerlei Spur von Kreuzesform findet. Mag auch hierbei die Kreuzung durch die Fahnenstange nur aus Raumersparnis weggelassen worden sein, so scheint sich doch daraus zu ergeben, daß eben nur jenes Monogramm, nicht aber das Kreuz als das Entscheidende betrachtet worden sei.

Neben so wenigen christlichen finden sich dagegen zahlreiche Münzen Constantins mit heidnischen Beziehungen auf Jupiter, Mars und Herkules, besonders häufig aber auf den Sonnengott mit strahlendem Haupte, soli invicto comiti, und auf den Genius populi Romani.

Die Zeit derselben läßt sich allerdings nur für diejenigen, auf welchen auch Crispus und Constantin der Jüngere als Cäsaren mit dem Sonnengotte vorkommen, auf 317 bis 326 bestimmen, und Eckhel kann vielleicht Recht haben, wenn er (p. 79) annimmt, daß dergleichen nach des Licinius Besiegung, d. i. vom Jahre 324 an, nicht weiter geprägt worden seien. Indes ist bei den Münzen aus Constantins Periode eine sichere Zeitbestimmung, weil die frühern gewöhnlichen Angaben dafür fast immer fehlen, überhaupt nicht mehr möglich und die ungemeine Menge der mit soli invicto comiti überschriebenen gestattet wohl einen Zweifel gegen Eckhels Ansicht.

Gleichwohl halten wir Burkhardts Behauptung (S. 391), daß unter fünf Münzen Constantins dergleichen wohl vier vorkämen, doch für übertrieben. Im Dresdner Münzkabinett wenigstens haben wir unter hundertundneunzig dergleichen nur fünfundzwanzig mit der Inschrift: soli invicto com., auch viele mit der andern: genio pop. Rom., gefunden.

Hiernach ergibt sich mindestens als unzweifelhaft, daß Constantins Münzen weit mehr gegen als für dessen Christentum zeugen.

Wir haben in Vorstehendem unsere Ansicht über diese Frage umständlich ausgesprochen, fassen dieselbe aber nochmals in folgendem kurz zusammen.

Von Natur war Constantin mild und wohlwollend für die Christen. Während der ersten fünf Jahre seiner Regierung erfüllten die Pflichten des Herrschers und Feldherrn, die er so rastlos übte, den Vordergrund, die Entwürfe der Herrschsucht den Hintergrund seiner Seele. Da war für religiöse Betrachtungen kein Raum übrig. Plötzlich trat nach dem Edikte des Galerius 311 mit Constantins Rüstung wider Maxentius die Christenfrage als politische auf den Plan. Ein so tiefblickender Kopf konnte diese gar nicht anders lösen, als es geschah.

Diese Politik ward seine Bundesgenossin gegen Licinius, mußte daher, nach dessen Vernichtung im Jahre 324, noch entschiedener herrschend werden.

Zugleich offenbarte sich aber auch da schon jener Konflikt frühesten Ursprungs und unabsehbarer Dauer zwischen Staat und Kirche, den Constantin mit meisterhaftem Geschick dadurch umschiffte, daß er – der Ungetaufte – sich selbst an die Spitze der letzteren stellte, was ihm die Bischöfe gern gewährten.

So beutete der Kaiser das Christentum für sich aus: des Menschen gewaltig wollende Seele dagegen konnte die Religion der Geduld, der Demut, der Selbstverleugnung und Liebe seiner Feinde, sogar der politischen, unmöglich ansprechen: darum behielt er sich seine persönliche Überzeugung frei. Fühlen mochte er wohl, daß das Christentum eigentlich der Weg und die Wahrheit sei, aber zur Bekehrung des stolzen Herzens kam es nicht.

Nur das Vorgefühl seines Todes etwa vom Jahre 336 ab mag ihn der innerlichen Bekehrung näher gebracht haben, die auf dem Totenbette vielleicht eine wirkliche ward.

So wäre denn Constantins seit anderthalb Jahrtausenden so hoch gefeiertes Christentum nur Schein, ja Heuchelei gewesen? Man hüte sich, einen solchen Mann mit dem Maßstabe alltäglicher Moral zu messen.

Wie der erste Napoleon in Frankreich, ohne gläubiger Katholik zu sein, die durch die Revolution umgestürzten und besudelten Altäre seiner Kirche aus Staatsraison wieder aufrichtete, so legte aus gleichem Beweggrunde Constantin den Grundstein zur Weltherrschaft des Christentums.

Wir wenden uns nun zu dem Schlußurteile über den Kaiser und Menschen im Allgemeinen.

Rom war unter Gallienus nicht bloß am Rande des Abgrunds, nein, bereits im Versinken in diesen. Große Kriegsfürsten schafften augenblickliche Hilfe, waren aber zu dauernder Erhaltung kaum geschaffen, selbst der edelste unter ihnen, Probus, nicht.

Da kam Diokletian und nach ihm Constantin auf den Thron. Jener mußte diesem vorausgehen, »denn (sagt Burkhardt S. 365 richtig) ohne Diokletian gab es keinen Constantin, d. h. keine Gewalt, welche mächtig genug gewesen wäre, das Reich aus dem alten Zustand in einen neuen hinüberzuführen und die Schwerpunkte der Macht an andere Stellen zu rücken, gemäß der Notwendigkeit des neuen Jahrhunderts.«

Also vorbereitet fand Constantin das Reich. Reich begabt vereinte er die Politik Augusts mit dem Feldherrngeiste Trajans, denen er mindestens nahe kam; dazu trat noch persönliche Tapferkeit. (S. oben HREF="#voe1213">2. Buch, 13. Kap.)

Voll Sinnes für Bildung gefiel er sich, nicht ohne Eitelkeit, im Lesen, Schreiben und in öffentlicher Rede, liebte und pflegte schöne Künste, vor allem aber die Wissenschaft.

Das Gemüt spielte, wie in römischen Imperatoren überhaupt, so in seinem Charakter insbesondere, eine sehr untergeordnete Rolle: doch war das Constantins von Natur unzweifelhaft mild, wohlwollend, besonders für Freunde, und gerecht.

Aber seine Seele war vor allem der dämonischesten aller Leidenschaften, der Herrschsucht, durch und durch verfallen. Daraus floß all sein Dichten und Trachten: und darum ward seine, ausschließlich auf dies eine gerichtete Politik zugleich – sein Gewissen, so daß nur, wo letztere völlig außer dem Spiele war, die gutartige Natur hervortreten konnte: (freilich ein übles Lob! D.).

Dazu kam eine rücksichtslose Energie des Willens, durch die er alles durchsetzte, was er wollte. Dadurch ward er groß: aber auch schrecklich, wenn irgendwo, selbst außer dem Gebiete der Politik, die gereizte Leidenschaft in ihm erwachte.

Diese Eigenschaften geben uns auch den Schlüssel zu den Untaten, welche sein Andenken beflecken.

Man hüte sich aber, diese allein aus dem modernen Gesichtspunkte zu beurteilen.

Was zuvörderst Constantins Verhalten gegen Licinius betrifft, so erschien allen römischen Machthabern gegen gefährliche politische Feinde, die selbst besiegt unzweifelhaft oft noch auf Verrat und Mord sannen, deren Tötung das naturgemäße Gebot erlaubter Selbsthilfe.

War aber auch die Tat, nach antikem Begriff, entschuldbar, so beweist freilich der damit verknüpfte Wort- und Eidbruch, daß Constantins unmittelbar zuvor so feierlich proklamiertes Christentum eine Lüge war.

Den greulichen Hausmord haben wir oben zu erklären versucht. Vergessen wir dabei aber auch nicht, daß die väterliche und eheherrliche Gewalt bei den Römern etwas ganz anderes war als in neuerer Zeit. Insbesondere würde der Gedanke, daß der Kaiser innerhalb des Bereichs seiner Hausgewalt gerichtlicher Formen bedürfe, um diejenigen, von deren Schuld er überzeugt war, zu bestrafen, der römischen Anschauung unbegreiflich erschienen sein.

Auf das Tiefste muß aber Constantin damals gereizt, empört gewesen sein, gegen Crispus unstreitig, weil er sich an der wundesten Stelle, d. i. in seiner Herrschsucht (Alleinherrschaft) bedroht glaubte, gegen Fausta und deren Genossen, weil er nach der erschütternden Erkenntnis seines Unrechts die intellektuellen Urheber jenes Mordes darin erblickte.

Merkwürdig ist in Constantin der Gesinnungswandel am Wendepunkte seines politischen Lebens. So dürftig auch die unbefangenen Quellen, die einzig brauchbaren, namentlich über die letzten dreizehn Jahre sind, so stimmen sie doch in seiner Verschlimmerung alle überein. Er war weicher, milder, rücksichtsvoller in der Zeit des Ringens nach der Alleinherrschaft: mit deren Erlangung finden wir vom Jahre 324 an Härte, Willkür der Leidenschaft und Hingabe an seine Charakterfehler immer mehr hervortreten.

Indem der Stolz des natürlichen Herzens alles dem eignen Verdienste beimißt, bildet sich ein Kultus des eignen Geistes und Willens aus, der sich vom Glauben an deren Unfehlbarkeit endlich bis zur höchsten Selbstverblendung steigert.

Bei Constantin konnte sich dies nur noch im Innern, in den Kreisen seines Privat- und Staatslebens zeigen: nach außen hatte er auf der zivilisierten Erde nichts mehr zu unterwerfen.

Gerügt wird an Constantin, namentlich von dessen letzterer Zeit, durch die Epitome des Aurelius Victor (c. 41, 13 und 16) im Allgemeinen, d. i. von obigen Untaten abgesehen, eigentlich nichts anderes, als übermäßige Lust an Lob und Schmeichelei und Verschwendung aus Baulust und Freigebigkeit; durch Aurelius Victor d. Caes. (c. 41, 20) die Anstellung wenig Würdiger, mit dem Zusätze jedoch, daß dies, häufig vorgekommen, nur durch den Gegensatz zu so hohem Geist und seltenem Verdienst um den Staat schärfer hervorgetreten sei. Die wichtigsten Zeugnisse unbefangener Quellen über Constantins Persönlichkeit, deren Anführung die Ausführlichkeit unserer Charakteristik desselben entschuldigen möge, lauten wie folgt: Eutrop. X:

c. 5. Constantinus tamen, vir ingens et omnia efficere nitens, quae animo praeparasset, simul principatum totius orbis affectans, Licinio bellum intulit.

c. 7. Vir primo imperii tempore optimis principibus, ultimo mediis comparandus. Innumerae in eo animi corporisque virtutes claruerunt. Militaris gloriae appetentissimus, fortuna in bellis prospera fuit, verum ita, ut non superaret industriam.

Civilibus artibus et studiis liberalibus deditus: affectator justi amoris, quem omni sibi et liberalitate et docilitate quaesivit: sicut in nonnullos amicos dubius, ita in reliquos egregius; nihil occasionum praetermittens, quo opulentiores eos clarioresque praestaret.

Aurel. Vict. de Caes., Kap. 41:

4. Um 313: Hinc pro Conditore seu Deo habitus.

17. Nach dessen Tod: Quod sane populus Romanus aegerrime tulit; quippe cujus armis, legibus, clementi imperio, quasi novalum urbem Romanam arbitraretur.

21. Fiscales molestiae severius pressae cunctaque divino ritui palia viderentur, ni parum dignis ad publica aditum concessisset.

Epitome Aur. Vict., Kap. 41:

13. Fuit vero ultra, quam aestimare potest, laudis avidus.

14. Commodissimus tamen rebus multis fuit: calumnias sedare legibus severrimis; nutrire artes bonas, praecipue studia literarum, legere ipse, scribere, meditare, audire legationes et querimonias provinciarium.

16. Irrisor potius quam blandus. Unde proverbio vulgali Trachala, decem annis praestantissimus, duodecim sequentibus latro, decem novissimis pupillus ob profusiones immodicas nominatus.

In der Tat war der gewaltige Mann an sich eine edle Natur: das Gemeine war ihm fremd: namentlich von den bei römischen Imperatoren, zum Teil selbst den bessern und besten, so häufigen Verirrungen niederer Sinnlichkeit keine Spur. Selbst die Vergeudung, deren er beschuldigt wird, war löblichen Ursprungs, daher um so entschuldbarer, da weder irgendwo verlautet noch zu vermuten ist, daß sie zu Finanzzerrüttung geführt habe.

Wie glänzend würde daher sein Andenken in der Geschichte dastehen, wenn nicht die Frevel, wozu unbändige Leidenschaft ihn fortriß, dasselbe verdunkelten und entstellten.

Für das Reich war er, freilich nur in Verbindung mit Diokletian, ein zweiter Gründer, wie ihn die Quellen auch ausdrücklich bezeichnen. (Aur. Vict. d. C. 41, 4.) Er verließ es nach außen größer und mächtiger Roms Grenze unter Constantin im Westen kennen wir zwar nicht genau, müssen aber annehmen, daß die Schutzherrschaft über rechtsrheinische Völker: Bataver, Friesen, Mattiaken und wohl auch die über Quaden jenseits der Donau aufgehört hatte, auch das Zehntland, vielleicht mit Ausnahme einiger Plätze in Rätien, in germanischem Besitze war. Dieser geringe Machtverlust ward aber durch den viel größeren Gewinn gegen Persien durch M. Aurelius und Diokletians Eroberungen weit überwogen., wenn gleich viel bedrohter als es unter August gewesen war. Die krieg- und landdürstenden Germanen an Rhein und Donau hat kaum ein Herrscher vor und nach ihm so wirksam, besonders auch so nachhaltig, keiner aber freilich auch durch so furchtbare Mittel in Zucht und Schreck erhalten.

Im Innern überall Ordnung, Sicherheit, unbedingter Gehorsam; Auflehnung und Empörung, die schon nach ihm wieder auftauchen, vor seinem großen Geiste verschwunden.

Mächtig griff er mit eiserner Faust in die Speichen des rollenden Zeitenrades: doch hat er dessen Ablauf zum Untergange nur zu hemmen, nicht abzuwenden vermocht. Zwei seiner Werke allein reichen weit über sein Jahrhundert hinaus: die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion und die Gründung von Konstantinopel.

Anhang zu Kapitel 14
Der Arianismus

Arius, ein Presbyter zu Alexandrien, über das unerforschliche Geheimnis der Dreieinigkeit grübelnd, hatte, zunächst wohl in einem Religionsgespräche mit seinem Bischöfe, den Satz aufgestellt: weil der Sohn vom Vater gezeugt sei, müsse letzterer auch vor dem Sohne vorhanden gewesen, daher als Urquell alles Daseins, selbst jenes des Sohnes, höherer Natur sein.

Alexander, sein Bischof, suchte ihn von dieser Irrlehre abzubringen: da dies aber fruchtlos blieb, schloß er ihn, nach Rat und Spruch der versammelten Geistlichkeit Alexandriens, von der Kirchengemeinschaft aus.

Arius aber fand Anhang unter den Bischöfen des Orients, unter denen vor allem der einflußreiche Eusebius von Nikomedien, aber auch unser Kirchenhistoriker Eusebius von Cäsarea, auf seine Seite taten.

Die Spaltung, die bereits das Volk in Alexandrien ergriffen hatte, verbreitete sich nun auch über den ganzen Orient und dauerte so unter Licinius etwa von 319 bis 324 fort.

Als Constantin auch in diesem Reichsteil zur Regierung gelangte, war die Herstellung des Friedens sein erstes und ernstes Bemühen. Er sandte dafür den Bischof Hosius von Cordova, den er hochgeschätzt in seinem Gefolge hatte, nach Alexandrien ab. Des Kaisers, von Eusebius (v. C. II, 74–79) und Sokrates (I, 7) uns erhaltenes Schreiben an Alexander und Arius wird vom strengtheologischen Standpunkt aus getadelt, weil er darin nicht für die richtige Meinung Partei nimmt, ist aber aus dem politischen unzweifelhaft ein Meisterstück. Er erklärt den Streit über etwas an sich Unerforschliches für müßig.

Dem Bischofe machte er zum Vorwurfe, daß er seinen Geistlichen eine solche Frage vorgelegt, dem Arius aber, daß er unbedacht herausgesagt habe, was er nicht hätte denken und, gedacht, nicht hätte aussprechen sollen.

Darauf beredte und dringende Ermahnung an beide, der Kirche den Frieden wiederzugeben und schließlich die persönliche Bitte, auch ihm die schwere Sorge wieder abzunehmen, da er den Orient nicht eher besuchen könne (was man wohl dringend wünschen mochte), als nachdem die Eintracht im Volke wieder hergestellt worden sei.

Vergebens, der Glaubenseifer blieb unbeugsam. Darauf berief Constantin, zum Austrag dieses Streites so wie des über die Zeit der Osterfeier, im Jahre 320 das erste allgemeine Konzil nach Nikäa in Bithynien, auf dem sich dreihundertundachtzehn Bischöfe (nach Eusebius nur mehr als zweihundertundfünfzig) versammelten, der Bischof von Rom jedoch nur durch Abgeordnete vertreten war. Constantin führte den Ehrenvorsitz, Hosius leitete die Verhandlung.

Der hohe geistige Einfluß, mehr aber gewiß noch die Autorität des Allgewaltigen schlichtete den Hader. Das nikäische Glaubensbekenntnis, welches jetzt noch von der gesamten Christenheit angenommen ist, ward von sämtlichen Anwesenden bis auf zwei unterschrieben. Am heftigsten war der Streit über den für den Sohn gebrauchten Ausdruck: gleichen Wesens, ομοούσιος (consubstantialis), mit dem Vater, den die Widerstrebenden gewiß mehr aus Unterwürfigkeit als aus Überzeugung annahmen.

Die Ablehnenden nebst Arius wurden ihrer Ämter entsetzt und verbannt.

So schien die Spaltung geschlossen: aber dies war nur deren erster Akt: bald brach sie aufs neue und zwar heftiger aus, um noch drei jahrhundertelang unheilvoll fortzudauern.

Schon im Jahre 329 wußten sich die Arianer, durch des Kaisers Schwester Constantia unterstützt, bei diesem wieder in Gunst zu setzen. Die Verbannten, und mit ihnen Arius selbst, wurden zurückgerufen. Letzterer legte nun ein neues, scheinbar echt katholisches Bekenntnis vor, worin nur die Wesensgleichheit fehlte. Constantin, erkennend, daß der jetzige Friede ein erzwungener, aber kein redlicher sei, mochte die so wünschenswerte volle Versöhnung der Gemüter für möglich halten, sandte daher den Arius mit warmer Empfehlung nach Alexandrien zurück. Da war inzwischen Athanasius an Alexanders Stelle getreten, einer der größten Charaktere der orthodoxen Kirche, der, mit eiserner Festigkeit an der erkannten Wahrheit haltend, ihr Gut und Blut zu opfern bereit war. Er widerstand den Bitten wie den Drohungen des Kaisers: und dieser gab nach.

Die Arianer, deren Haupt der erwähnte Eusebius von Nikomedien war, nicht wagend, den Abfall vom nikäischen Glaubensbekenntnis offen auszusprechen, ersannen hierauf das böse Mittel, die angesehensten der rechtgläubigen Bischöfe durch Anklagen von ihren Sitzen zu verdrängen, um durch deren Besetzung mit ihren Kreaturen die Mehrheit für sich zu gewinnen. Dies gelang wider mehrere: namentlich, durch die Aussage einer falschen Zeugin, welche sich auf dem Totenbette zu dieser Sünde bekannte, wider Eustathius zu Antiochien.

Nur an des Athanasius Reinheit und Ansehen scheiterten Verleumdung und Anklage, bis seine Feinde endlich den Kaiser im Jahre 334 dahin brachten, dessen Berufung vor ein Untersuchungskonzil zu gestatten. Zwar nicht vor diesem, aber vor einem neuen, auf dessen Protest nach Tyrus verlegten, mußte der Beklagte wirklich erscheinen.

Auch hier schien die Intrige durch die Macht der Unschuld entwaffnet zu werden: als aber die Absendung einer durchaus parteiischen Kommission zur Lokalerörterung in Ägypten durchgegangen war, wartete Athanasius deren Rückkehr nicht ab, sondern eilte, auf den Kaiser sich berufend, zu diesem nach Konstantinopel, der nun auch die Ankläger, dessen erbittertste Feinde, dahin berief. Nicht durch die alten genügend widerlegten Beschuldigungen, sondern durch die neue, noch albernere, Athanasius habe die Getreideflotte von Konstantinopel zurückzuhalten gedroht, soll nun Constantin im Jahre 335 zu dessen Verbannung nach Trier bewogen worden sein. Die Verleumder hatten hier geschickt den wundesten Fleck getroffen, da Constantin einerseits abergläubisch, andererseits von der Sorge um die neue Hauptstadt auf das äußerste erfüllt war. Vermutlich war dem alternden Manne die Geduld ausgegangen, so daß er sich um jeden Preis Ruhe verschaffen wollte.

Im Jahre 336 starb Arius eines plötzlichen Todes zu Konstantinopel, nachdem er im Jahre zuvor von dem Konzil zu Tyrus wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen worden war.

Von den ferneren Schicksalen des Arianismus ist, um nicht später wieder darauf zurückkommen zu müssen, hier nur folgendes kürzlich zu erwähnen.

Von Constantins Söhnen waren Constantin der Jüngere und Constans für die rechtgläubige Kirche, Constantius dagegen, obwohl zunächst wenigstens unter dem Schein einer gewissen Unparteilichkeit, für die Arianer.

Im Jahre 338 erlaubte Constantius auf seines Bruder Constans Empfehlung die Rückkehr des Athanasius auf seinen Sitz, was nach einer spätern Quelle schon dessen Vater auf dem Totenbette angeordnet haben soll.

Schon im Jahre 341 ward derselbe jedoch durch ein arianisches Konzil wieder entsetzt und dessen unwürdiger Nachfolger Georgius durch Waffengewalt unter scheußlichen Mißhandlungen der Rechtgläubigen auf dessen Stuhl gesetzt und erhalten. Sein würdiger Vorgänger, zum Tode verurteilt, entfloh in die Wüste und entrann, von den frommen Einsiedlern unterstützt, glücklich seinen Verfolgern.

Die nun folgende Geschichte der kirchlichen Zerwürfnisse ist so ermüdend als empörend. Binnen zweiundzwanzig Jahren wurden neunzehn Kirchenversammlungen gehalten, auf denen meist nur eine der beiden Parteien die herrschende war, während die zu Sardica 347, zu Mailand 355 und zu Rimini 359 mehr einen gemeinsamen Charakter trugen. Das öffentliche Fuhrwesen ward (nach Amm. Marcellin XXI, 16) durch das Hin- und Herreisen der Bischöfe allein beinahe zu Grunde gerichtet! Schlimmer noch aber waren die Mittel, deren die Parteiwut sich bediente: ränkevolle Anklage der rechtgläubigen Bischöfe, durch falsches Zeugnis und Meineid unterstützt, ja wo die Schergen der öffentlichen Gewalt im Dienste der Arianer (Jedoch ist zu erinnern, daß wir hier nur katholische, nicht auch arianische Zeugen reden hören. D.) waren, Mord, Plünderung und Schändung der Rechtgläubigen; die diokletianische Verfolgung schien wiedergekehrt.

Besonders von des Constans Tode im Jahre 350 an ging auch Constantius zu offener Gewalt über: verbannte rechtgläubige Bischöfe wurden bei der Deportation umgebracht (Sokrates II, 26) und um das Verdammungsurteil wider Athanasius vom Konzil zu Mailand zu erlangen, dessen standhafteste Verteidiger in Haft und Verbannung geschickt. Auch der dabei nicht anwesende Bischof von Rom, Liberius, ward wegen seines Festhaltens an Athanasius exiliert und nach einigen Jahren erst durch Zwang und List zur Unterwerfung gebracht: ja der hundertjährige Hosius, der vertraute Freund und Ratgeber des großen Constantin, durch körperliche Mißhandlung zu gleicher Nachgiebigkeit gezwungen.

Zahlreiche neue Bekenntnisse wurden aufgestellt: doch war offener Widerruf des nikäischen von Constantius nicht zu erlangen: nur durch neuen Wortschwall und Umgehung der entscheidenden Wesensgleichheit«, weil, wie man vorgab, der Ausdruck ουσία (Wesen) in der Schrift nicht vorkomme, wußte man ihn zu gewinnen.

Aber die Gewissen der Rechtgläubigen ließen sich nicht beugen: und die Arianer selbst spalteten sich wieder in viele Sekten, Eunomianer, Heterousianer, besonders aber Halbarianer oder Homoiusianer (von ομοιούσιος, ähnlich), die sich gegenseitig verketzerten und verfolgten.

So tief war die Kirche gesunken, welcher ihr göttlicher Stifter die Liebe als höchstes Gebot vorgeschrieben hatte.

Des Constantius Nachfolger Julian rief alle durch ersteren verbannte Bischöfe wieder zurück, gestattete aber dem mit stürmischem Jubel empfangenen Athanasius doch nicht, auf seinem Sitze zu bleiben. Die Beweggründe dieses Kaisers werden wir bei dessen Geschichte erörtern.

Während der kurzen Regierung Jovians, der letzterem folgte, wurden die Orthodoxen, von Valens 365 bis 379 aber wiederum und zwar auf die entschiedenste Weise die Arianer begünstigt, bis Gratian die Verfolgten in Schutz nahm und seit 380 die Strafgesetze des Kaisers Theodosius gegen alle Ketzer den Sieg der nikäischen Formel im römischen Reiche entschieden. Nur die inzwischen zum Christentum übergetretenen Germanen, meist Goten, beharrten in der arianischen Lehre.


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