Felix Dahn
Chlodovech
Felix Dahn

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XXXIII.

Am andern Morgen – ganz früh – stand Guntbert in dem Zelte Chlodovechs, der, heiß erregt, mit kleinen hastigen Schritten auf- und niederging, vermeidend, den Freund anzusehen. »Was denn? Was denn? Ist ja dumm!« sprach er. »Zwei Schurken! Besoffen, wie du selber sagst.« – »Nicht doch! Ich sagte nur: vom Wein gesprächig gemacht. Solche Sachen erfindet der Rausch nicht: er plaudert sie nur aus. Füge doch nicht – ein König – zum feigen Morde die feige Lüge.« »Guntbert!« schrie der Merowing und die Hand fuhr ihm ans Schwert. »Es ist hart, daß ich Basinas Sohn, der hehren Frau, das sagen muß. Mit ihr schied dein guter Folgegeist von dir.« – »Sie ging ja selbst.« – »Ja, sie ging, nicht zu sehen, wie du die alten Götter verleugnest und die alte Treue. Und später, – wie oft schon wollte sie, kamen immer neue Kunden von deinem Fortschreiten zu dem neuen Glauben hin und in neuen Freveln, warnend, mahnend, strafend zu dir eilen . . .« – »Ei, warum kam sie nicht?« Ein häßlich höhnend Lächeln spielte um die schmalen Lippen. »Spare den Spott,« zürnte Guntbert, »schlecht steht er dem Sohne, der die Mutter gefangen hält.« – »Gefangen? Sie mag sich frei ergehen in dem meilenlangen Wodanshain.« – »Ja, aber an den drei Ausgängen der Umhegung stehen Tag und Nacht deine Wächter, die sie nicht heraustreten lassen. Längst hätt' ich sie mit Gewalt befreit . . .« »Hüte dich, Freundchen!« zischte ihn der Merowing an, das rotlockige Haupt zurückwerfend, »Gewalt wider Königsbann kostet die Schwerthand, auch die tapferste.« – »Doch sie verbot es. – Schon lange mußte ich dir Groll tragen: um die Götter und um die Mutter. Aber nun, da ich dich mit Mordblut besudelt sehe, – nun wend' ich mich für immer von dir ab. Ich bereue bitter, daß ich Blutsbrüderschaft mit dir geschlossen habe. Sieh her, so stoß' ich jeden Tropfen deines Blutes, der in meine Adern drang, mit Abscheu aus;« er riß den Dolch heraus und ritzte den nackten linken Arm: hoch spritzte das Blut heraus. »Ah, du Keckling!« schrie Chlodovech. »Das deinem König?« – »Einem Gotte thät' ich's, würd' er ein Mörder. Ich gehe. Du schaust mein Antlitz niemals wieder!« »Hoho! Was denn?« schrie Chlodovech heiser und vertrat ihm mit einem katzenhaften Sprung den Weg zum Ausgang. »Du bleibst und dienst dem König, deinem Herrn, in dessen Heerbann, bis der Krieg zu Ende! Will mein Fahnwart fahnenflüchtig werden? Ei ja, du eilst wohl lieber in Frau Bertradens weiche, weiße Arme, als – morgen schon! – in der Goten harte graue Geere.« – »Du weißt es, daß du jetzt wieder lügst. Wohl. Ich bleibe – ich trage deine Fahne – trotz des Kreuzes, das darüber thront! – in der Goten dichtesten Haufen. Dann aber, kehr' ich lebend heim, verlaß ich mit den Meinen dein Reich und deine Herrschaft und suche die alten Götter und die alte Treue daheim in Thüringland.« Traurig und stolz schritt er hinaus.

»Was denn? Ist ja dumm!« grollte ihm Chlodovech nach. »Ah, der Zungenfreche!« Er drohte ihm nach mit geballter Faust. Dann warf er sich unwirsch auf das Pfühl und preßte die Linke auf die Brust. »Wie das hämmert da drin, das thörichte Herz. Es thut weh, tief weh da drinnen! Wie kann ich nur so dumm sein! – Aber es schmerzt, daß ich ihn verliere. Bah, das ist nur die Macht alter, langer Gewohnheit! Aber doch: war was wert in seiner Kraft und Treue. Den beiden Schützen laß ich die Schwatzzungen ausreißen! Aber nein, dann verlier' ich auch die! Und ich kann sie noch brauchen müssen. Ich lasse sie geißeln bis aufs Blut. Dann mögen sie wieder für mich traben und beißen, meine Wölflein!«

 


 


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