Felix Dahn
Chlodovech
Felix Dahn

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XXIV.

Alles geschah und gelang nach des Königs Willen. Unablässig waren er und die ins Vertrauen gezogenen Männer und Frauen bemüht, unter den vornehmsten und wichtigsten Geschlechtern der Franken – vorsichtig und unter der Hand – Anhänger für die katholische Lehre und Billiger des geplanten Schrittes zu gewinnen. Er mußte gelingen: die Annahme des Christentums durch die Franken war nur eine Frage der Zeit: in dem durchaus römischen und durchaus christlichen Gallien war die Aufrechthaltung des germanischen Heidentums eine Unmöglichkeit: in Städten wie Paris oder Soissons konnte man nicht germanischen Wald-Kult treiben: da rauschten weder Wodans Eschen noch Donars Eichen, da konnte keine Göttin Nerthus aus geheimnisvollem See tauchen: die Franken mußten das Christentum annehmen, als ein wesentlich Stück der römischen Kultur: nur etwa, ob sie wie Burgunden und alle Goten, Arianer oder Katholische werden würden, konnte zweifelhaft scheinen. Es ward von weltgeschichtlicher Bedeutung, daß Chlodovech katholisch ward. Damals ward der Grundstein gelegt zu Karls, ja sogar schon für Ottos römisches Kaisertum: denn es ruhte auf der Schutzpflicht und dem Schutzrecht über die katholische, die römische Kirche.

Auch ziemlich plumpe Gewinnungsmittel: Geschenke von Gold, Land, Verleihung von Ämtern wurden gelegentlich nicht gespart, am meisten aber wirkte der Hinweis auf den offnen Willen der Königin und den, nur den zu Gewinnenden kundgegebenen geheimen des Königs selbst: wer die Gunst des Hofes wollte, durfte dem Schritt wenigstens nicht widerstreben, wollte er ihn noch nicht mitschreiten. Nach wenigen Monaten unablässigen Zusammenwirkens mit den beiden Frauen, mit Remigius, Theoplastus, Cautinus und andern Geistlichen konnte der König jenem frommen Bischof sagen lassen: »Die Ernte ist reif. Bring' sie unter Dach.« Es war die verabredete Losung.

Es ging gegen Weihnachten: eine Zeit, da das christliche Fest und die heidnische Sunwend viele Leute an den Hof zogen, weil der König alsdann eines der kleinen ›Placita‹, das heißt Versammlungen der einflußreichsten Großen, abzuhalten pflegte. Es fiel daher nicht auf, daß dies auch jetzt berufen ward: außer diesen Vornehmen hatte der König aber auch auserlesene Heermänner der nächsten Gaue zu einer Musterung beschieden. Wenige Tage vor dem Fest hielt Chlodovech auf dem weiten freien Platz im Norden vor dem Palatium diese Heerschau ab; er ritt, umgeben von den gewonnenen Großen, auf königlich geschmücktem Roß langsam durch die Reihen, lobte gar manchen Krieger für alte und neue tapfere Thaten oder für stattliche Waffnung und mit vollen Händen teilte er Spangen, Armringe, Schmuckplatten, auch Goldmünzen aus, die ihm in zwei Schilden nachgetragen wurden. Das währte geraume Zeit; dann sprang er ab und bestieg die oberste Stufe der Treppe vor dem Palast, wo er weithin sichtbar und vernehmbar war:

»Hört mich, freie und tapfre Franken, hört eures Königs Wort. Viele von euch haben's mit erlebt, mit angesehen, alle andern haben es erfahren, wie die heiße Alamannenschlacht verlief. In höchster Not rief ich Wodan und die alten Götter an: sie ließen mich im Stich, sie konnten mir nicht helfen gegen jenen Hünen. Da, um mein Leben ringend, gelobte ich dem katholischen Gott Treue und Mannschaft, wolle er mich retten. Mit diesem Worte flog mein Speer, der Riese fiel. Der Gott Hrothehildens hat mir das Leben, euch die Schlacht gerettet. Wohlan, ich halte mein Wort: er hat vorausbezahlt: – anders hätt' ich's ja nie gethan! – ich leiste nach. Am Weihnachtstag nehm' ich die Taufe. Wer von euch folgt seinem König nach –? Im Leben: in den Sieg, im Tod: in die Seligkeit des Himmelreichs?«

Da erscholl von vielen, vielen Stimmen brausender Zuruf: der Beifall der im voraus heimlich Gewonnenen riß gar viele Überraschte, Gedankenlose fort: »Wir werfen von uns,« riefen die Eingeweihten, »die unmächtigen Götter, wir folgen dir, Herr König, zu dem Gott, der dir den Sieg gegeben hat.« Die Mauern erdröhnten von dem Geschrei: dreitausend Männer waren's, die so riefen.

 


 


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