Felix Dahn
Chlodovech
Felix Dahn

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XXXI.

Wenige Monate später wurden die Geheimnisse jener nächtlichen Zwiesprache der Gatten aller Welt kundig.

Im März hielt Chlodovech vor den Thoren von Paris eine große Heerschau ab, zu der er zum erstenmal die Aufgebote all' seiner Landschaften – auch der Alamannen rechts vom Rhein – berufen hatte. Die Aufbieter hatten jedem Heermann eingeschärft, die besten Waffen, die vollste Rüstung mitzuführen: denn es gehe sofort aus dem Märzfeld in den Krieg, in einen reichste Beute verheißenden, in herrlichen Ländern: daher brauchten sie Verpflegung nicht mitzubringen: – die würden sie reichlich und üppig in Feindes Land finden, das ihnen zur Plünderung überlassen sei.

Lockten nun solche Aussichten alle Germanen im Reiche, die nicht minder nach Beute als nach Kampf und Ruhm begehrten, so ward den Christen unter ihnen und den Römern angedeutet, der Krieg werde ein frommes, gottwohlgefälliges Werk sein: denn er gelte schlimmen Ketzern: welchen, ward noch nicht verraten: aber Burgund und Westgotien waren gleich verlockend, wie gleich ketzerisch. So strömten denn die Zehntausende, nach denen nun bereits das Heer des einst so kleinen Gaukönigs von Tournay zählte, von den Ufern der Schweizer Seen, vom Bodensee, von der schwäbischen Alb, vom Neckar, vom Rhein, von Straßburg und Metz, von Reims im Osten, die Kelten aus der Bretagne im Norden, die Chamaven, die Bataver, die Thoringe von Maas, Schelde, Waal, Yssel und den Rheinmündungen in ihren besten Waffen und mit freudigster Kriegsstimmung zusammen auf dem weiten Blachfeld im Norden der Seinestadt.

Prachtvoll war der Anblick, als im strahlenden Frühlingssonnenschein der König, in glänzender Waffenrüstung, auf feurigem Roß, vorübersprengte an den mannigfaltigen, in Waffnung und Tracht, Gestalt und Gesichtsbildung so verschiedenen Reihen: hinter ihm trug Guntbert den Gunfanon, die alte scharlachrote Merowingenfahne: die heidnischen Wölfe und den Adler Wodans hatte Chlodovech trotz aller Bitten seiner Königin nicht daraus entfernt: sie mußte sich bescheiden, daß an Stelle der Speeresspitze des Schaftes ein großes Kreuz trat.

Der König war in bester Stimmung: – noch nie hatte er auf einer Märzschau Waffen und Ausrüstung aller Heermänner so warm, so ausnahmslos gelobt. Als er nun auch die letzten Scharen – die bunten Clane der Kelten aus der Bretagne – gemustert hatte, ließ er alle Versammelten einen Kreis bilden und in dessen Mitte, auf dem hohen Kriegshengst, allen sichtbar und vernehmbar, rief er ihnen zu: »Hört mich, ihr Männer: tapfre Franken, trotzige Alamannen, kluge Römer, scharfe Bretonen! Hört mich alle, ob ihr an Christus glaubt oder Wodan und Tius opfert oder dem Theutates die heilge Mistel schneidet. Ich rufe euch zu Kampf, zu Sieg und Beute. Allzulang haben äußere Feinde sie nicht mehr verspürt, die Schneide unsrer Waffen. Unerträglich ist es, daß starke Männer auf rauhem, schlechtem Boden, unter kaltem Himmel sitzen, karger Scholle mit harter Arbeit karge Frucht abringend, indessen Weichlinge mühelos auf herrlichen Gefilden schwelgen, wo der Ölbaum sprießt und die Rebe nickt. Und unerträglich ist es für uns zumal, ihr meine katholischen Glaubensbrüder, daß diese Bevorzugten, die den schönsten Teil dieses Landes Gallien eignen, schnöde Ketzer sind. Wohlauf, meine Schildgesellen, ziehen wir aus, schlagen wir die verfluchten Westgoten und nehmen wir ihnen mit unsern Freunden, den feurigen Burgunden, ihr Land und ihr Gold.«

Brausender Jubel des Heeres war die Antwort: die Germanen schlugen die Waffen an die Schilde: da erschien plötzlich hoch auf einem reichgeschmückten Wagen, der bisher im Hof einer königlichen Villa zurückgehalten war, die ehrwürdige Gestalt des Remigius, seine geistlichen Begleiter überragend, im reichen bischöflichen Ornat: er hob in der Rechten den gebogenen Bischofstab über die Häupter der Christen, die sich bei seinem Anblick auf die Knie warfen, streckte die linke Hand über sie aus, segnete ihre Waffen und sprach: »Ziehet aus, ihr frommen Franken, des Himmels erstgewonnene Söhne unter dem blonden Volk der Germanen! Ziehet aus im Dienst der heiligen Kirche, deren Lieblinge vor allen Völkern ihr geworden: ihre Fürbitte sichert euch den nächsten Platz, den ersten Rang – das Prestigium! – vor allen an Gottes Thron. Ziehet aus zum heiligen Kampfe gegen die Ketzer. Der Herr ist mit euch und, ich weissage es, vom Geist erfüllt, der sichere Sieg!«

 


 


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